Eco. Life. Style.

Autor: Doris

Interview mit einer buddhistischen Nonne

Manche Begegnungen hinterlassen Spuren, berühren etwas tief in dir drinnen, können nicht ungeschehen gemacht werden. Es ist mittlerweile vier Jahre her, dass ich Bianca kennen gelernt habe. Damals haben wir…

Manche Begegnungen hinterlassen Spuren, berühren etwas tief in dir drinnen, können nicht ungeschehen gemacht werden. Es ist mittlerweile vier Jahre her, dass ich Bianca kennen gelernt habe. Damals haben wir zusammen Service bei einem Vipassana Zehn-Tages-Kurs in Österreich gegeben, gemeinsam gekocht, geputzt und uns um die Meditierenden gekümmert. Nur drei Tage lang. Doch die Begegnung mit Bianca war und ist für mich eine solche. Eine, die ich in meinem Herzen trage.

Knapp Anfang 20 war sie damals, hatte aber etwas an sich, das mich – die zehn Jahre Ältere – staunen ließ: Ernsthaftigkeit, Konsequenz, tiefes Verständnis – und das hinter der hübschen Schale einer zierlichen, langhaarigen Blondine, die wohl jedem Mann ins Auge stach, und deren spitzbübisches Lachen ihre Lebenslust verriet.

Wir sind in Kontakt geblieben: Getroffen haben wir uns selten später, sie war viel unterwegs, ist zu ihrem Liebsten nach Italien gezogen, doch über Facebook klappte es gut. Und irgendwann war genau dort so in etwa zu lesen: „Ich lebe jetzt in Thailand und bin buddhistische Nonne.“

Wow!

Das war vor über einem Jahr. Jetzt auf Heimaturlaub habe ich Mae Chee Bianca, wie die gebürtige Österreicherin nun heißt, einige Fragen gestellt. Sie hat sie mir geduldig und ausführlich beantwortet, und ich darf ihre Einsichten mit euch teilen.  Unter der Bedingung, dass die Antworten „zum Wohle für die Allgemeinheit veröffentlicht“ werden und ich „kein Geld damit verdiene“. Versprochen:

Doris: Mae Chee Bianca, wie sah dein Weg zu diesem Leben aus?

Mae Chee Bianca: Es war ein langsam wachsender Prozess. Meine Eltern haben mich von klein auf sehr alternativ erzogen, doch Religion war bei uns eigentlich kein besonderes Thema, schon gar nicht Buddhismus. Unabhängigkeit war für mich immer sehr wichtig. Ich habe früh, mit 15 Jahren, zu arbeiten begonnen, bin dann kurze Zeit später alleine in eine Wohnung weg von der Familie gezogen und musste/wollte somit relativ schnell selbstständig und erwachsen sein.

Nachdem ich mit 18 meine Buch-und Medienwirtschaftslehre abgeschlossen hatte, ging ich für fast ein Jahr nach Israel zur Freiwilligenarbeit ins Kibbutz. Dies war die erste Begegnung mit einer religiösen Gemeinschaft, aber damals war es mehr das Abenteuer das mich anlockte – Religion hatte damals noch keine Bedeutung für mich. Als ich dann nach Österreich zurückkehrte merkte ich, dass mir irgendetwas fehlte. Ich war einfach nicht glücklich.

Die Jahre vergingen und ich probierte viele verschiedene Jobs, Schulen, Männer und Länder. Doch kein Glück war in Sicht. Die Verzweiflung war groß, damals war ich wirklich an einem Punkt, an dem ich oft nur mehr sterben wollte – weil nichts im Leben mehr Sinn ergab.

Irgendwann in Indien traf ich dann eine deutsche Frau, die mir von Vipassana Meditation erzählte. Es klang spannend. Nach Indien bereiste ich England und im Hertfordshire fand ich ein Meditationszentrum, so probierte ich einen Zehn-Tages-Kurs. Dies war meine erste (bewusste) Begegnung mit der Meditation, ich war gerade 21 geworden und mein ganzes Leben sollte sich durch diesen Kurs ändern, der ausschlaggebend für meine spirituelle Entwicklung war.

In der Meditation machte ich sehr tiefe Erfahrungen, es kam viel Ruhe, Zufriedenheit aber auch Weisheit und Einsicht über die wahre Natur dieser Existenz. Ich wusste: „Eines Tages werde ich in Asien leben und den Menschen helfen“.

Doch damals war mir noch nicht bewusst in welcher Form – über Buddhismus wusste ich äußerst wenig -, und das Alltagsleben holte mich zu schnell wieder ein, somit vergaß ich bald  was ich erlebte. Doch das Unglück riss nicht ab, nichts konnte mich zufrieden stellen, so reiste ich weiter hin und her, arbeitet dies und das.

Vor fast zwei Jahren kam dann die Einsicht: „Entweder ich verändere mein Leben JETZT oder ich kann so nicht mehr weiter machen.“ So buchte ich einen Flug bis nach Yangon in Burma und blieb dort für drei Monate in einem buddhistischen Kloster/Meditationszentrum um mich der intensiven Vipassana Meditation zu widmen. Wir meditierten jeden Tag bis zu 18 Stunden. Anfangs war es sehr schwer, doch nach einiger Zeit begann ich mich zu verändern, es kamen viele der alten Einsichten wieder und noch viele neue dazu und langsam stellte sich ein tiefer Gleichmut und Zufriedenheit ein.

Nach den drei Monaten wusste ich nur noch eines: „Ich will mein Leben der Meditation widmen – um mir selbst und all den Menschen, die leiden und auf der Suche sind, zu helfen – denn es gibt einen Weg heraus, es gibt tiefes Glück und Zufriedenheit bereits IN UNSerem Herzen – wir müssen es nur wieder finden und uns öffnen.

Nachdem ich diesen Entschluss getroffen hatte reiste ich nach Thailand und ordinierte als Mae Chee (8-Regel Nonne) in der Buddhistischen Thai Theravada Tradition. Seitdem lebe ich in Thailand, einem Land in dem viele Menschen die wahren Werte und Gründe unserer Existenz noch nicht vergessen haben.

Gab es einen besonderen Moment der Entscheidung – oder war das ein schleichender Prozess?

Es war mehr oder weniger ein „schleichender“ Prozess. Ich hätte mir früher niemals vorstellen können Nonne zu werden, ich war alles andere als brav. Doch die Meditation hat mich geläutert und belehrt was im Leben wirklich wichtig ist, wie man ein wirklich guter Mensch wird, sein Leben richtig nützt und auch anderen damit hilft.

Die Ordination war das Ergebnis tiefer Einsicht, es gab Momente da war ich einfach eins mit allen/m und der Sinn des Lebens war vollkommen klar, ich wusste ich bin bereits vollkommen, und es muss nichts und niemand mehr dazukommen.

Ich weiß, du hattest ein Meditationsvisum zum Einstieg – was ist das genau?

Für Burma hatte ich ein dreimonatiges Meditations- oder Religious-Visum. Man benötigt momentan eigentlich nur einen Einladungsbrief vom Meditationszentrum, den man per Mail bei den jeweiligen Klöstern beantragen kann. Manchmal dauert es etwas länger. Das Visum habe ich bei der Myanmar Embassy in Bangkok beantragt, es dauerte nur zwei Tage, aber manchmal kann es auch zwei Wochen oder länger dauern und möglicherweise wird es nicht jedem gewährt.

Das Drei-Monats-Visum kann man dann im Land (nach Erlaubnis) auch auf ein Ein-Jahres-Visum verlängern. Man verpflichtet sich jedoch mit diesem Visum in dem Zentrum zu bleiben, zu praktizieren und keine touristischen Reisen zu unternehmen. Man kann jedoch mit den zuständigen Lehrern sprechen. Wenn man vielleicht noch zwei Wochen reisen will, wird das sicher auch möglich sein, aber das Kloster ist in der Zeit der Visumsgültigkeit für dich verantwortlich, deshalb ist es so streng.

Wie hat dein Umfeld reagiert, du warst ja unter anderem auch in einer Beziehung, wie leicht fiel das Abschiednehmen?

Ja, ich war damals in einer Beziehung, doch mein Wunsch nach Befreiung und Einheit mit mir selber war so stark, dass es mir nicht schwer fiel die Beziehung zu beenden. Mein Freund hat das vollkommen verstanden, er fand es sogar gut und wir konnten im Reinen auseinandergehen (er hat ja auch meditiert). Aber natürlich war der Abschied etwas traurig.

Meine Familie, vor allem meine Eltern, haben mich sehr unterstützt – geistig sowie materiell, was sehr hilfreich ist, denn Mönche und Nonnen leben rein von Spenden. Das tun sie immer noch, und auch der Rest meiner Familie. Ich war immer schon ein bisschen „anders“ und sie waren radikale Entscheidungen von mir gewöhnt. Dies war natürlich noch mal ein weiterer Schritt, denn ich hatte nun fast zwei Jahre (aufgrund von intensiven Retreats) zu fast niemandem Kontakt. Doch wir alle wissen, dass wir im Herzen miteinander verbunden sind und dass man letztendlich von allem loslassen muss, denn nichts gehört uns auf dieser Welt…

Mae Chee Bianca ist dort angekommen, wo sie zuhause ist. Foto: Mae Chee Bianca

Mae Chee Bianca ist dort angekommen, wo sie zuhause ist.

Wie kann man sich das Leben im Kloster vorstellen?

Es ist in jedem Kloster unterschiedlich. In Burma haben wir am Tag 18 Stunden meditiert, da gab es sonst nichts, außer Essen und eine halbe Stunde putzen am Tag. Es war wie ein Gefängnis, es wurde auch nichts gesprochen. Doch ich habe das anfangs gebraucht sonst hätte ich nie Disziplin entwickelt.

In Thailand, wo ich jetzt bin, ist es gemäßigter. Wir haben als fixen Tagesplan täglich drei Mal für eine Stunde Chanting, zwei Mal Essen, Säuberung des Klosters und die restliche Zeit haben wir für uns um zu meditieren, zu helfen oder um uns mit anderen auszutauschen. Ein Mal im Monat geben wir einen siebentägigen Retreat, und es kommen sehr viele Westler zu uns in den Tempel, um Meditation zu lernen, da helfe ich gerne mit. Das Tätigkeitsfeld ist vielfältig.

Wie sieht die Gemeinde des Klosters aus?

Der Sangha (die Gemeinschaft, das heißt diejenigen, die dauerhaft hier leben) besteht aus ca. 20 Mönchen, manchmal kommen oder gehen ein paar, drei Nonnen und zwei Laienfrauen. Es kommen aber immer wieder Mönche, Nonnen oder Laien auf Besuch, die für eine Weile bleiben. Auch ich gehe manchmal in den Norden Thailands – wir haben dort ein Waldzentrum, das zu uns gehört, da kann man gut praktizieren wenn man mal etwas mehr Stille braucht, denn der andere Tempel ist nahe zu Bangkok und etwas „geschäftiger“. Es ist also eine kleine Gemeinschaft, was ich als sehr angenehm empfinde.

Wie hast du deinen Lehrer gefunden?

Dies ist eine schwierige Frage, ich würde sagen ich habe ihn nicht gefunden, er war plötzlich einfach da. Manchmal verbringt man lange Zeit nach jemandem zu suchen, aber findet doch nie das oder den RichtigenMan muss sich selber entwickeln und reifen und dann wenn man bereit ist, dann ist der Lehrer plötzlich da. Das ist auch der Punkt an dem man dann seine Anweisungen richtig verstehen und umsetzen kann. Letztendlich müssen wir dann auch lernen, unser eigener Lehrer zu sein, denn Erleuchtung kann nur durch eigene Anstrengung erfolgen. Der Lehrer kann nur den Weg weisen…

Mae Chee Bianca in ihrer Gemeinschaft. Foto: Mae Chee Bianca

Mae Chee Bianca in ihrer Gemeinschaft.

Du bist gerade auf Heimaturlaub: Wie ist das für dich?

Es ist eigentlich ganz normal – für mich zumindest. Die Leute reagieren manchmal überrascht, weil sie „so etwas wie mich“ selten sehen, aber meistens gibt es positive Reaktionen und die Leute zeigen Interesse. Jeder ist doch im Grunde auf der Suche nach irgendetwas, die meisten füllen diese Lücke mit materiellen Dingen, aber im Grunde suchen doch alle nach Einheit…

Wenn man eine Weile praktiziert kommt man irgendwann an den Punkt, wo man sich wirklich und wunderbar in sich selber zu Hause fühlt und dann ist es egal wohin man geht, man fühlt sich überall zu Hause und alle sind deine Familie, dies ist ein Ergebnis der Herzöffnung, die Differenzierungen fallen weg.

Hast du Unterschiede festgestellt, darin, wie dich Leute behandeln, aber auch, wie du (be)handelst?

Ja, es gibt Unterschiede, das liegt aber sicherlich auch an der Kleidung (hier in Österreich – in Thailand kennen sie das ja, aber auch nicht unbedingt von Westlern). Manche sind zuerst etwas skeptisch, doch im Laufe des Gesprächs können sie sich meist öffnen.

Man muss den Leuten mit einem offenen Herzen begegnen, ohne Vorurteile, dann kann nicht viel schiefgehen. Die Lehre des Buddhas ist das Dhamma, oder das Gesetz der Natur, damit konnte ich bis jetzt jeden „überzeugen“, denn es ist ja nicht mein Gesetz oder das Gesetz des Buddhismus, es ist ein „Gesetz“ das für alle da ist, egal von woher wir kommen.

Ich behandle die Menschen nun viel behutsamer als früher, denn ich habe gelernt wie wichtig es ist, seine Worte weise zu wählen und vor allem auf den Ton der Stimme zu achten, in dem man mit Menschen spricht. Wir können so viel spüren und so leicht verletzen. Wenn man respektvoll zu den Leuten spricht, dann sprechen sie (früher oder später) auch respektvoll zu einem, das ist ein Teil von Karma und auch Teil des Edlen Achtfachen Pfades: Rechte Rede.

Bist du jetzt dein Leben lang Nonne – oder kannst du wieder in ein weltliches Leben zurück?

Mein Wunsch ist es Nonne zu bleiben, denn es ist meine Berufung. Ich habe nicht nur einfach den Kopf rasiert und die Kleidung gewechselt – es war eine wirkliche Bewusstseinsveränderung und Entwicklung.

Manchmal ist es nicht einfach, doch das ist ja in jedem Leben so und man muss einfach jeden Tag sein Bestes geben –  immer wieder aufstehen, egal wie oft man hinfällt. Der ganze Weg, ist ein Weg der Reinigung – des Geistes/der Herzöffnung. Wir müssen uns frei machen von jeglichen Erwartungen im Leben und versuchen im Hier und Jetzt zu leben, die Gegenwart ist das einzige was zählt – die einzige Realität, alles andere ist entweder vergangen oder noch nicht da.

Ich habe viele Dinge im Leben getan und dies ist sicher der bis jetzt schwierigste Weg, aber gleichzeitig auch der Schönste. Er gibt mir soviel Sinn.

Wir können wieder in ein weltliches Leben zurück, doch meistens wenn man einen bestimmten Punkt überschritten hat, will man das gar nicht mehr, es ist einfach kein Verlangen nach vielen weltlichen Dingen mehr da…

Danke für das wundervolle Gespräch, Mae Chee Bianca!

 

„Mögen wir alle voller Frieden und Freude sein, möge unser Geist voll Licht und Zuversicht strahlen, mögen wir Toleranz und Mitgefühl für uns selbst und unsere Mitmenschen entwickeln und unseren Geist erheben für eine bessere Welt – für eine Einheit.“ Mae Chee Bianca

 

NAMO TASSA BHAGAVATO ARAHATO SAMMA-SAMBUDDHASSA
Verehrung dem Erhabenen, Heiligen, vollkommen Selbst-Erwachten

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Das Geheimnis von Le Somail

Gastbeitrag von Gesa Neitzel von Bedouin Writer Es gibt Orte auf dieser Welt, an denen die Uhren ab und an stehen bleiben. Einfach so, von Zeit zu Zeit, hören die Zeiger…

Gastbeitrag von Gesa Neitzel von Bedouin Writer

Es gibt Orte auf dieser Welt, an denen die Uhren ab und an stehen bleiben. Einfach so, von Zeit zu Zeit, hören die Zeiger auf sich zu drehen. Betrittst du einen solchen Ort, schreiten deine Füße und schweift dein Blick. Eile kennst du nicht mehr. Nur noch den Moment. Ich fand einen solchen Ort im Süden Frankreichs, unweit der spanischen Grenze. Er heißt Le Somail.

Le Somail, das sind eine Handvoll Sandsteinhäuser, die sich entlang des Canal du Midi reihen. Am Ufer lagern Hausboote. Und französische Herren mit Angelruten. Durch enge Gassen brausen Motorroller. Und hinter blauen Fensterläden singt Charles Trenet im Radio. Hier, versteckt in einem unscheinbaren Hinterhof, liegt ein Geheimnis. Ein wahrer Schatz, möchte ich meinen.

Nun gibt es natürlich Geheimnisse, die lieber solche bleiben sollten; die sich nicht umsonst verstecken, weil sie nicht für alle da sind. Von denen darf ich nicht erzählen. Es gibt aber auch Geheimnisse, die geteilt werden sollten, damit sie nicht in Vergessenheit geraten. Das Geheimnis von Le Somail ist eins davon.

Denn was sich in dem unscheinbaren Hinterhof am Canal du Midi versteckt, ist ein magischer Ort namens Le trouve tout du Livre – eine Librairie ancienne, ein Antiquariat. Bis unter die Decke, liebevoll aneinandergereiht, sitzen hier alte Bücher in den Regalen und warten gespannt auf ihre Entdecker. Geschrieben wurden sie von Jules Verne bis Carlos Ruiz Zafon, gekommen sind sie aus der ganzen Welt – und da wollen sie auch wieder hin. Sie wollen mitgenommen werden. Hier sind sie nur auf Zeit.  Ja, Le trouve tout du livre am Canal du Midi ist einer von diesen Orten, an denen die Uhren stehen bleiben. Wenn auch nur für eine Weile.

Le trouve tout du livre
28 Allée de la Glacière
11120 Le Somail, 
Saint-Nazaire-d’Aude, Frankreich

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Wilde Granatäpfel in Montenegro

Gastbeitrag von Justin P. Moore von The Lotus and the Artichoke – Vegane Rezepte eines Weltreisenden Am Faszinierendsten beim Reisen ist es für mich, bei Einheimischen zu bleiben und so…

Gastbeitrag von Justin P. Moore von The Lotus and the Artichoke – Vegane Rezepte eines Weltreisenden

Am Faszinierendsten beim Reisen ist es für mich, bei Einheimischen zu bleiben und so das wahre, echte Leben eines anderen Landes und einer anderen Kultur hautnah zu erfahren. Natürlich macht es Spaß, sich berühmte Sehenswürdigkeiten anzuschauen und in renommierten Restaurant zu essen, aber das wirkliche Vergnügen liegt in den alltäglichen kleinen Details und Ereignissen. Es sind die unerwarteten und spontanen Besuche und Geschehnisse, die am wertvollsten sind und mir am meisten bedeuten.

Vor gar nicht so langer Zeit beschlossen zwei meiner Freunde, einige Monate in Herceg Novi in Montenegro zu verbringen. Vor ihrem Besuch und einigen wenigen Reisegeschichten anderer hatte ich kaum etwas über diese Region gehört. Dies war also die erste Gelegenheit für mich, mir selbst ein Bild vom Balkan zu machen. Meine Freunde organisierten mir für eine Woche eine kleine Wohnung in dem Haus, in dem auch sie untergekommen waren, und ich buchte meine Flüge und besorgte mir einen serbokroatischen Sprachführer.

Gleich bei meiner Ankunft lud uns der Hauseigentümer zum Mittagessen zu sich nach Hause ein. Nichts geht über eine herzliche Begrüßung! Der Blick vom Balkon aus war fantastisch. Es war unbeschreiblich schön, mit meinen Freunden schnackend bei einem Kaffee draußen auf dem Balkon zu sitzen und dabei die Aussicht über Baumwipfel und Dächer bis hin zum tiefblauen Wasser der Bucht von Kotor zu genießen.

Es mag sich nicht sehr spannend anhören, aber meine schönste Erfahrung bei dieser Reise war ein nachmittäglicher Ausflug aufs Land mit meinen Freunden. Wir liehen uns ein Auto und fuhren einfach drauflos. In einem kleinen Café gleich am Wasser machten wir Mittagspause und schlenderten dann durch die mittelalterliche Stadt Kotor. Auf der Rückfahrt, auf den sehr kurvenreichen Landstraßen, gerieten wir in einen heftigen Regen. Es war wie eine Reise in die Vergangenheit. Wir sahen alte, verfallene kleine Häuser und Bauten, urige Kirchen und alte Friedhöfe und eine Landschaft voller Obst- und Olivenbäume an uns vorbeifliegen.

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Und dann tauchten plötzlich Granatapfelbäume auf! Wir hielten am Straßenrand, ich sprang aus dem Auto und pflückte mir ein paar Granatäpfel direkt vom Baum. Dann ging es weiter, und ich saß fröhlich auf der Rückbank, mümmelte an einem der Granatäpfel und ließ tief beeindruckt die fantastische Landschaft an mir vorüber ziehen…

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Liebes Bulgarien!

Gastbeitrag von Gudrun Krinzinger von reisebloggerin.at Liebes Bulgarien, du bist eine Herausforderung. Du verkaufst Kaffee zum Davonlaufen, dünn und geschmacklos. Du versteckst deine Schätze und Heiligtümer in abgedunkelten Kathedralen, die von außen unscheinbar…

Gastbeitrag von Gudrun Krinzinger von reisebloggerin.at

Liebes Bulgarien, du bist eine Herausforderung. Du verkaufst Kaffee zum Davonlaufen, dünn und geschmacklos. Du versteckst deine Schätze und Heiligtümer in abgedunkelten Kathedralen, die von außen unscheinbar und langweilig daherkommen und erst im Inneren ihre volle Pracht entfalten. Dein Straßenpflaster in Sofia fordert mich als Touristen auf, des Nachts mit einer Taschenlampe den Weg zu beleuchten, denn Straßenbeleuchtung ist Mangelware und deine Gehsteige sind rissig und holprig. Deine Kinder küssen Ikonen, die Gläubigen stehen Schlange bei einem Bild und die Priester daneben lächeln ihr geheimnisvolles Lächeln.

Liebes Bulgarien, du bist spröde und abweisend, lässt dir nicht in die Karten schauen. Du wirkst arm und erledigt, aber deine Herzlichkeit ist echt. Du bist gastfreundlich, offerierst mir deinen Wein und schenkst mir ständig nach. Du bist stolz auf deine Geschichte und erzählst mir mit Begeisterung davon.

Die Kellnerin, die sich vor Lachen verschluckt, als ich mich am bulgarischen Wort für danke versuche, der Akkordeonspieler, der huldvoll nickt, als ich ihm eine Münze in seinen Pappbecher werfe, die Schachspieler im Park in Plovdiv, die sich stolz aufrichten, als ich frage, ob ich sie fotografieren darf und der Guide in der Moschee, der mir sein Gebetshaus zeigt. Du steckst voller Begegnungen mit lebenslustigen und wunderbaren Menschen, die ein Funkeln in den Augen haben.

Und während der Akkordeonspieler sein nächstes Lied anstimmt (Time to say Goodbye) und ich mich summend umdrehe, weiß ich schon, du und ich, wir werden Freunde!

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Bolivien – Auf dem Mond mit Flamingo und Lama

Gastbeitrag von Anja Beckmann von Travel on Toast Eine der bizarrsten Landschaften, die ich auf meiner Weltreise gesehen habe? Definitiv das Gebiet um die Salzwüste Salar de Uyuni. Sie ist ein…

Gastbeitrag von Anja Beckmann von Travel on Toast

Eine der bizarrsten Landschaften, die ich auf meiner Weltreise gesehen habe? Definitiv das Gebiet um die Salzwüste Salar de Uyuni. Sie ist ein Prachtstück, ebenso wie die Salvador-Dali-Wüste mit ihren interessanten Gesteinsformationen und den tierischen Bewohnern der Gegend.

13 Stunden im Nachtbus brachten mich vom bolivianischen Regierungssitz La Paz zum Ziel. Es war eine lange Fahrt im vollgestopfen Bus, unser Fahrer fuhr ohne Halt durch. Am und um die höchste Salzpfanne der Welt (auf 3.653 Metern) herum waren wir drei Tage lang mit einem Jeep unterwegs. Wir aßen draußen und übernachteten in einfachen Unterkünften, duschen ging in dieser Zeit nicht. Tagsüber war es schön warm in der Sonne, nachts schnatterte ich vor Kälte in meinem Bett. Ich zog meine Jacke über Pulli und T-Shirt, zog die Decke eng um mich – nichts half so richtig.

Doch ich wurde dafür reichlich entschädigt: Mit meiner Gruppe sah ich sensationelle Bilder. Die Salar war im Januar in der Regenzeit mehr ein See als eine Wüste. Wir fuhren mit dem Jeep durch das flache Wasser, vorbei an kantigen Salzbrocken. Natürlich machten wir – wie viele andere Besucher auch – Bilder von der weiten Wasserfläche, in der sich die Wolken spiegelten. Von dort aus ging es in die sandfarbene Wüste mit schneebedeckten Bergen und Vulkanen. Auch sehr beeindruckend waren eine rote Lagune, Geysire und heiße Quellen.

Leider litt ich irgendwann unter der Höhe (bis zu 5.000 Meter), ich hatte Kopfschmerzen und mir war schwindelig. Doch Halluzinationen waren es nicht, die mich neben der
Mondlandschaft auch Lamas und rosafarbene Flamingos sehen ließen. Alles echt, alles unglaublich farbintensiv.

Diese Tour war kein großer Schritt für die Menschheit, doch ein unvergessliches Erlebnis für mich.

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Blast from the past – Die Reise nach Zimbabwe

Gastbeitrag von Vera Wolters von Finding the Universe Weihnachten 1990. Alles läuft wie am Schnürchen: Morgens Geschenke verpacken, mittags ein leichtes Essen, nachmittags schick anziehen und in die Kirche, wieder…

Gastbeitrag von Vera Wolters von Finding the Universe

Weihnachten 1990. Alles läuft wie am Schnürchen: Morgens Geschenke verpacken, mittags ein leichtes Essen, nachmittags schick anziehen und in die Kirche, wieder zurück zum Singen vor dem geschmückten Baum, anschließend Bescherung und als Weihnachtsmahl Fondue. Schön!

Doch halt, zu früh gefreut: Auf einmal wird mir speiübel, und ich kotze das ganze Essen wieder aus. Das hängt mir nach. Da gibt’s einmal im Jahr Fondue und dann so was! Ursache ist das Lariam, das ich während der nächsten Wochen als Malaria-Prophylaxe einnehmen soll.

Was denn, Weihnachts-Malaria? Aber nein: Meine Patentante hat mich für die Weihnachtsferien nach Zimbabwe in Afrika eingeladen! Während der letzten Jahre hat sie dort bei „Ärzte ohne Grenzen“ gearbeitet und nun ist ein Besuch fällig – mit mir, dem elfjährigen Patenkind, im Schlepptau.

Und so geht’s los. Beim Stop-Over in Lissabon fahren wir zum Frühstücken in die gerade erwachende Stadt. Ein kleines Abenteuer, das seine Krönung findet mit der Taube, die meiner Patentante auf den Kopf kackt. Diese findet das nicht ganz so lustig wie ich, erklärt aber: „Das bringt Glück!“

In Zimbabwe wohnen wir bei Freunden. Eine nichtsahnende Spinne, die ich in einem Winkel meines Zimmers erspähe, beunruhigt mich so sehr, dass der gutmütige Herr des Hauses extra eine Leiter holt, um das Tierchen entfernen zu können. Auch entdecke ich ein Stäbcheninsekt, das ich aber großzügig für harmlos befinde, obwohl es dreimal größer ist als die Spinne. Schon klar, Vera.

Oh ja, die Tier- und Reptilienwelt Zimbabwes! Nichts, was betatscht werden darf, ist vor mir sicher; nicht mal Schlangen und kleine Krokodile. Eine Schildkröte, die ich von einer Straße rette, pinkelt mir zum Dank über die Hand. Jetzt grinst meine Patentante. Bringt das auch Glück?

Wir sehen Gazellen, Gnus, Elefanten, Krokodile, Flusspferde, Kraniche und anderes Getier. Darunter auch faustgroße schwarze Käfer, die mich aber eher weniger faszinieren, da sie zu Hunderten in dem Pool treiben, in dem ich schwimmen wollte. Dann halt nicht.

Fast am Ende der Reise nehmen wir eine uralte Dampflok zum Zambezi River, und von da aus geht es zu den Victoria Falls. Ich verschieße vor lauter Aufregung mindestens einen Film. Zu Hause stellt sich heraus, dass von den ganzen Fotos kein einziges die Schönheit der gewaltigen, sich in die Tiefe ergießenden Wassermassen wieder gibt. Ich klebe sie trotzdem alle in mein Album ein. Sie erinnern mich daran, dass man manche Dinge eben selber gesehen haben muss.

Ich habe bis vor gar nicht langer Zeit gedacht, dass meine Patentante schon irgendwie Perlen vor die Säue warf, als sie mich als Elfjährige auf so eine tolle Reise eingeladen hat, aber mittlerweile bin ich anderer Meinung. Denn warum hopse ich so unbedarft durch die Weltgeschichte und bin diese Weihnachten wieder mal ganz weit weg, Malaria-Prophylaxe inklusive? Weil ich Orte durch meine eigenen Augen sehen und erleben will. Selbst wenn mir dabei manchmal ein Vogel auf den Kopf kackt. Bringt doch Glück!

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Gesichtslose Reisebekanntschaft

Gastbeitrag von Gerhard Liebenberger von Andersreisen Grußlos lässt er sich in den blauen Sitz am Vierertisch im Eurocity von Salzburg nach München fallen. Meinem „Servus“ entgegnet er erst mit strengem Blick…

Gastbeitrag von Gerhard Liebenberger von Andersreisen

Grußlos lässt er sich in den blauen Sitz am Vierertisch im Eurocity von Salzburg nach München fallen. Meinem „Servus“ entgegnet er erst mit strengem Blick und erwidert den Gruß in breitem Bayerisch. Dann drückt er den olivfarbenen Rucksack neben sich zwischen die Lehnen damit niemand mehr Platz hat.

Die Haut ist noch straff aber mit Halbglatze und Brille wirkt der junge Mann älter. Vermutlich hat er den 30. Geburtstag gerade erst hinter sich. Die drei nicht ganz verheilten Löcher im linken Ohr passen nicht zum biederen Auftreten des Mannes. Weißes T-Shirt, beiges Leinenhemd, graubraune Weste und ein gleichfarbiges Gilet trägt er im Lagen-Look übereinander. Die petrolblaue Jacke hängt bereits am Haken, eingetrockneter Schmutz klebt am Rücken und dem Ärmelbund.

„Guten Morgen, Fahrscheine bitte!“ tönt es vom Wagenende. Gemeinsam mit dem Ticket holt er ein dickes Buch aus dem Rucksack. Und auch das Telefon, das gerade zu zwitschern beginnt. Der bayerische Akzent ist nun verflogen, nur Wortfetzen hören die Sitznachbarn. „Spaß ist immer gut.“ spricht er, ohne die Mine zu verziehen, ins Mobiltelefon. Dann ist von einer „Gesichtsoperation“ und „neuem Gesicht“ die Rede. Die Finger streichen während des Telefonats über den Buchdeckel. „Einweihung“ steht in Druckbuchstaben am unteren Rand. Darüber eine düstere Abbildung eines Gesichtes. Kantig, mit strengen Linien.

Er legt auf, blättert im Buch und gibt nicht mehr von seinem Leben preis. Ich könnte nachfragen und nachbohren. Könnte mehr wissen wollen über die Gesichtsoperation und warum trotz akkurater Kleidung Schmutz an der Jacke klebt. Aber es bleibt bei einer kurzen, wortlosen Reisebegegnung. Nach dem Aussteigen ist sie wieder vergessen wie die meisten Begegnungen im Zug. „Unser nächster Halt: München Ost!“ kracht es im Lautsprecher. Der Mann nimmt Rucksack und Jacke und verlässt den Platz. Ein grußloser Abschied. Diesmal gibt’s auch von mir kein „Servus“.

Dich lasse ich aber nicht grußlos ziehen. Nämlich zum nächsten Adventsöckchen. Vielleicht findest Du es am 10. Dezember im meinungs-blog.de, zwischen den Büchern im eliterator.blog.de oder riskiere einen Blick durchs vierfärbige Fenster beim windowsbunny.de.

Dieser Beitrag ist Teil eines Blogger-Adventskalenders, der bereits zum 5. Mal stattfindet. Jeden Tag öffnet sich ein Türchen in einem anderen Blog.

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5 Yen

Gastbeitrag von Steven Hille von funkloch.me Es war gegen 20 Uhr, als ich nach meiner Ankunft in Japan durch die Gassen Tokyos ging. Es war dunkel, und die Gegend um…

Gastbeitrag von Steven Hille von funkloch.me

Es war gegen 20 Uhr, als ich nach meiner Ankunft in Japan durch die Gassen Tokyos ging. Es war dunkel, und die Gegend um den Bahnhof Kuramae war ruhig und verlassen. Das sollte das hektische Tokyo sein, wenn sich zu dieser Zeit schon niemand mehr auf den Straßen befand? Es war eine ganz sonderbar ruhige Atmosphäre – fast schon gespenstisch!

Der lange Flug und die anschließende Zugfahrt hatten mich durstig gemacht. Zu meiner Rechten befand sich glücklicherweise ein kleiner, sehr unscheinbarer Supermarkt. Ich ging hinein und grüßte. Die Verkäuferin grinste über das ganze Gesicht, sah mich an, verbeugte sich und sagte etwas, das sicher „Guten Abend!“ bedeutete. Eine eisige trockene Kälte kroch durch die Gänge. An diese Klimaanlagen werde ich mich wohl nie gewöhnen, dachte ich.

Ich griff eine Flasche Wasser, die 95 Yen kostete und ging direkt zur Kasse. Erst jetzt bemerkte ich das junge Alter der Verkäuferin. Ich stellte das Wasser auf den Tresen und sah ihr zu, wie sie sich schon wieder vor mir verbeugte und dabei lautstark schmunzelte. Es war mir unangenehm. Ihr vielleicht auch. Wir waren im gleichen Alter und beide Kinder von Großstädten. Es gab keine Rangfolge zwischen uns – wir waren gleich. Ganz egal, dass einer einkaufte und der andere verkaufte. Keiner war dem anderen würdiger. Und trotzdem tat sie es. Immer und immer wieder. Ihr Schmunzeln deutete mir, dass es einfach eine Tradition, eine nette Geste, eine Angewohnheit – nein, die Verkörperung von „Na, wie geht es dir?“, während man schon den Nächsten begrüßte – war.

Doch was dann passierte war keinesfalls einstudiert und kein Relikt uralter Traditionen. Sie gab mir mein Wechselgeld, indem sie beide Arme ausstreckte und ihre Hände formte, als hätte sie etwas dort drin, das sie behüten wollte. Ganz so, als ob man ein wenige Stunden altes Küken vor den Einflüssen der riesigen Welt schützte. In ihren Händen lagen 5 Yen. Sie nahm meine rechte Hand, drehte sie um, so dass meine Handinnenfläche nach oben zeigte. Dann legte sie die Münze in meine Hand und legte die Ihre oben drauf. Ich war verdutzt und gerührt zugleich. Anschließend sagte sie, dass diese Münze eine gute Bedeutung in der japanischen Kultur hat. Solange ich gut auf sie aufpassen würde, sollte ich Glück und gute Beziehungen zu den Menschen haben.

Ich nahm die 5 Yen an mich, die ab diesem Moment irre viel für mich bedeuteten und legte sie behutsam in ein kleines Reißverschlussfach meines Rucksacks. Am folgenden Tag kaufte ich vor einem Tempel ein Band. Seit diesem Tag trage ich die Münze immer bei mir.

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Das kleine 3 Mal 3 für Tramper zur See

Gastbeitrag von Timo Peters von Bruder Leichtfuß An die letzte Adventszeit denke ich in diesen Tagen ziemlich häufig, denn letztes Jahr steckte ich gerade in dem größten Abenteuer meines Lebens: Ich…

Gastbeitrag von Timo Peters von Bruder Leichtfuß

An die letzte Adventszeit denke ich in diesen Tagen ziemlich häufig, denn letztes Jahr steckte ich gerade in dem größten Abenteuer meines Lebens: Ich war unterwegs irgendwo auf dem Atlantischen Ozean – als Tramper zur See. Am Ende war ich mit verschiedenen Segelyachten einmal per Anhalter über den Atlantik gereist, von Spanien nach Brasilien.

Das hört sich vielleicht erst einmal an, als ob man dafür irgendetwas Besonderes können muss, das stimmt aber nicht. Man muss nicht einmal segeln können. Ich hatte vorher ein bisschen gesegelt, aber an Bord und in den Atlantikhäfen einige Tramper kennen gelernt, die vorher noch nie auf einen Fuß auf ein Segelboot gesetzt hatten.

Damit vielleicht auch ihr einmal so ein Abenteuer erleben könnt, habe ich hier mein kleines drei Mal Drei für Tramper zur See:

Drei Gründe für das Mitsegeln:
– Du bist abenteuerlustig! Wenn ich eines über meinen Trip im letzten Jahr sagen kann, ist es: Das war ein echtes Abenteuer, mit dem ich noch meine Enkel nerven werde, falls mal welche kommen.
– Du liebst die Natur und das Meer! Die hohe See ist einer der letzten Orte, an denen wir noch echte Wildnis erleben können – oft sind Delfine oder sogar Wale inklusive. Oft allerdings auch Plastikmüll, meist in Tütenform.
– Du bist philosophisch angehaucht! Tausende Seemeilen vom nächsten Festland lässt es sich gut philosophieren und nachdenken. Ich glaube, dass ich nichts kenne, was inspirierender ist als das endlose Blau der See.

Drei Orte zum Mitsegeln:
– Im Herbst verlassen die meisten Segler das Mittelmeer und verlegen ihre Boote in wärmere Gefilde. Einen Ort passieren sie auf dem Weg auf jeden Fall: Gibraltar ist zwischen September und November voll mit Segelyachten auf dem Weg gen Süden.
– Von dem Atlantik in den Pazifischen Ozean kommt man auf genau zwei Wegen. Entweder man umsegelt das stürmische und berüchtigte Kap Hoorn, oder man fährt durch den Panamakanal. Deshalb ist hier die Wahrscheinlichkeit recht hoch, eine Mitsegelgelegenheit zu finden.
– Die Ostsee ist eines der schönsten Segelreviere der Welt und deshalb sind hier jede Menge Boote unterwegs. Bei handgegenkoje.de kann man wunderbar einfach in Kontakt zu Skippern kommen, die MitseglerInnen oft auch nur für einen Wochenendtörn suchen (hier gibt’s mehr Crewbörsen).

Drei Gründe, warum Skipper dich mitnehmen:
– Unterhaltung: Alleine auf hoher See kann es recht schnell einsam werden. Du spielst ein Musikinstrument, bist ein lustiger Vogel oder mit dir kann man einfach super quatschen? Spitze!
– Sicherheit: Damit das Segelboot auf hoher See keinen herumtreibenden Container, andere Boote oder das Land rammt, ist es praktisch, wenn einer immer guckt. Auch, wenn der Skipper gerade mal schläft. Logisch, oder?
– Komfort: Du kannst gut kochen? Kannst Dinge reparieren oder hast medizinisch was drauf? Du kannst die Kinder des Skippers an Bord unterrichten oder dem Käpt’n unterwegs eine neue Sprache beibringen? Herzlich willkommen an Bord!

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Die Armut in Indien und wie du mit ihr umgehen kannst

„Indien braucht keine sozialen, sondern politische und wirtschaftliche Maßnahmen.“, Aadittos Aussage hört sich im ersten Moment ganz schön heftig an. Was, keine sozialen Maßnahmen? Wer einen Schritt auf indischen Boden…

„Indien braucht keine sozialen, sondern politische und wirtschaftliche Maßnahmen.“, Aadittos Aussage hört sich im ersten Moment ganz schön heftig an. Was, keine sozialen Maßnahmen? Wer einen Schritt auf indischen Boden setzt, kann sich des Anblicks der unendlichen Armut, des Drecks, der Menschen auf der Straße kaum erwehren. Das sieht Aaditto auch. Gerade er, der mit seiner Babli Farm das Sozial(!)-Projekt seiner Eltern fortsetzt und den Menschen in der Umgebung Job, Land und somit Lebensgrundlage gibt.

„So denkst du als eine, die aus dem Westen kommt,“, lässt sich Aaditto von seiner Meinung nicht abbringen, als ich es mit einem Einwand versuche, „aber in Indien ist es nicht einmal ein Tropfen auf den heißen Stein, wenn ich vierzig Menschen eine Arbeit gebe.“ Ich schlucke. Ja, indische Dimensionen sind anders. Hier, in dem Land, in dem eine mittelgroße Stadt mehr Einwohner hat als ganz Österreich.

Ja, aber…  Die Hilflosigkeit steigt ins Unermessliche. Was kann ich tun? Wie soll ich mit diesen Fakten umgehen?

Indien_Ungerechtigkeit

Es gibt drei Wege – zumindest drei, die ich gefunden habe:

  1. Man ignoriert das Ganze, steckt den Kopf in den Sand und kümmert sich nicht. Andreas Altmann würde dazu sagen: „Wer das Land im sel­ben Zustand ver­lässt, wie er es betre­ten hat, kam schon als Leiche.“
  2. Man zieht nach Indien und geht entweder in Politik oder Wirtschaft. Viel Spaß!
  3. Man geht nach bestem Wissen und Gewissen mit der Situation um. Für mich bedeutet das, wie auf allen Reisen unterwegs dort Geld „loszuwerden“, wo es direkt den Menschen zugute kommt. Auch beziehungsweise vor allem mit dem Wissen, dass es sich dabei bloß um Einzelfälle handelt, und ich wohl eher mein Gewissen beruhige als wirklich etwas verändere. Wobei ich ja vielleicht bei Einzelnen doch Spuren hinterlassen kann.

Das Gute dabei: In Indien entdeckt man wirklich an (beinah) jeder Straßenecke eine Nonprofit-, eine Hilfsorganisation oder ähnliches, bei denen man helfen, Zeit und/oder Geld investieren kann. Ich persönlich bin der Meinung, dass es am Sinnvollsten ist, Hilfe zur Selbsthilfe zu geben – also den Menschen Eigenverantwortung lehren, nicht (finanzielle) Abhängigkeiten schaffen. Eine der Organisationen, die so arbeitet, ist Salaam Baalak Trust in Delhi, die seit Jahren erfolgreich Kinder von den Straßen der Stadt holt und ihnen eine Zukunft gibt. Unterstützen kann man sie zum Beispiel durch den Besuch einer ihrer Delhi-Touren.

Helfen kann man aber auch im Schlaf: Bei einfachen Homestays wie der Makaibari-Teeplantage zum Beispiel, bei denen man einzelnen Familien bis hin zu ganzen Dörfern finanzielle Hilfe leisten kann. Oder auch ganz luxuriös-nachhaltig wie auf der Babli Farm in West Bengal oder dem Sarai at Toria. Oder von der Hand in den Mund, in dem man in Lokale geht, die Hilfsprojekte unterstützen. Viele davon finden sich im Lonely Planet, man erfragt sie sich oder man stolpert darüber – wie zum Beispiel über die deutsche Brown Bakery in Varanasi, die nicht nur Bio-Essen anbietet, sondern auch in lokale Erziehungsprogramme wie Learn for Life investiert.

Wer sich die Suche ersparen möchte, kann übrigens auch Tour-Anbieter und „Reise-Gestalter“ wie Shanti Travel buchen, die mich auf meine ersten 14 Tage in Indien eingeladen haben. Sie gestalten individuelle Touren ganz nach eurem Geschmack und vermitteln auch gerne lokale Kontakte, Übernachtung bei Einheimischen oder den Besuch von Hilfsprojekten. Ein anderer Anbieter ist The Blue Yonder, der ausschließlich mit Communities zusammenarbeitet und sich auf Reisen spezialisiert hat, die ökologisch sowie sozial so verantwortungsbewusst wie möglich ablaufen. Kostet natürlich dementsprechend, aber das kann es einem schon – zumindest punktuell – wert sein!

So, ihr dürft drei Mal raten, welcher von den dreien MEIN Weg durch Indien war…

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