„Indien braucht keine sozialen, sondern politische und wirtschaftliche Maßnahmen.“, Aadittos Aussage hört sich im ersten Moment ganz schön heftig an. Was, keine sozialen Maßnahmen? Wer einen Schritt auf indischen Boden setzt, kann sich des Anblicks der unendlichen Armut, des Drecks, der Menschen auf der Straße kaum erwehren. Das sieht Aaditto auch. Gerade er, der mit seiner Babli Farm das Sozial(!)-Projekt seiner Eltern fortsetzt und den Menschen in der Umgebung Job, Land und somit Lebensgrundlage gibt.
„So denkst du als eine, die aus dem Westen kommt,“, lässt sich Aaditto von seiner Meinung nicht abbringen, als ich es mit einem Einwand versuche, „aber in Indien ist es nicht einmal ein Tropfen auf den heißen Stein, wenn ich vierzig Menschen eine Arbeit gebe.“ Ich schlucke. Ja, indische Dimensionen sind anders. Hier, in dem Land, in dem eine mittelgroße Stadt mehr Einwohner hat als ganz Österreich.
Ja, aber… Die Hilflosigkeit steigt ins Unermessliche. Was kann ich tun? Wie soll ich mit diesen Fakten umgehen?
Es gibt drei Wege – zumindest drei, die ich gefunden habe:
- Man ignoriert das Ganze, steckt den Kopf in den Sand und kümmert sich nicht. Andreas Altmann würde dazu sagen: „Wer das Land im selben Zustand verlässt, wie er es betreten hat, kam schon als Leiche.“
- Man zieht nach Indien und geht entweder in Politik oder Wirtschaft. Viel Spaß!
- Man geht nach bestem Wissen und Gewissen mit der Situation um. Für mich bedeutet das, wie auf allen Reisen unterwegs dort Geld „loszuwerden“, wo es direkt den Menschen zugute kommt. Auch beziehungsweise vor allem mit dem Wissen, dass es sich dabei bloß um Einzelfälle handelt, und ich wohl eher mein Gewissen beruhige als wirklich etwas verändere. Wobei ich ja vielleicht bei Einzelnen doch Spuren hinterlassen kann.
Das Gute dabei: In Indien entdeckt man wirklich an (beinah) jeder Straßenecke eine Nonprofit-, eine Hilfsorganisation oder ähnliches, bei denen man helfen, Zeit und/oder Geld investieren kann. Ich persönlich bin der Meinung, dass es am Sinnvollsten ist, Hilfe zur Selbsthilfe zu geben – also den Menschen Eigenverantwortung lehren, nicht (finanzielle) Abhängigkeiten schaffen. Eine der Organisationen, die so arbeitet, ist Salaam Baalak Trust in Delhi, die seit Jahren erfolgreich Kinder von den Straßen der Stadt holt und ihnen eine Zukunft gibt. Unterstützen kann man sie zum Beispiel durch den Besuch einer ihrer Delhi-Touren.
Helfen kann man aber auch im Schlaf: Bei einfachen Homestays wie der Makaibari-Teeplantage zum Beispiel, bei denen man einzelnen Familien bis hin zu ganzen Dörfern finanzielle Hilfe leisten kann. Oder auch ganz luxuriös-nachhaltig wie auf der Babli Farm in West Bengal oder dem Sarai at Toria. Oder von der Hand in den Mund, in dem man in Lokale geht, die Hilfsprojekte unterstützen. Viele davon finden sich im Lonely Planet, man erfragt sie sich oder man stolpert darüber – wie zum Beispiel über die deutsche Brown Bakery in Varanasi, die nicht nur Bio-Essen anbietet, sondern auch in lokale Erziehungsprogramme wie Learn for Life investiert.
Wer sich die Suche ersparen möchte, kann übrigens auch Tour-Anbieter und „Reise-Gestalter“ wie Shanti Travel buchen, die mich auf meine ersten 14 Tage in Indien eingeladen haben. Sie gestalten individuelle Touren ganz nach eurem Geschmack und vermitteln auch gerne lokale Kontakte, Übernachtung bei Einheimischen oder den Besuch von Hilfsprojekten. Ein anderer Anbieter ist The Blue Yonder, der ausschließlich mit Communities zusammenarbeitet und sich auf Reisen spezialisiert hat, die ökologisch sowie sozial so verantwortungsbewusst wie möglich ablaufen. Kostet natürlich dementsprechend, aber das kann es einem schon – zumindest punktuell – wert sein!
So, ihr dürft drei Mal raten, welcher von den dreien MEIN Weg durch Indien war…