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Kategorie: Knowledge.

Suppe mit Sinn: Wo gibt es die Charity-Suppe in vegan?

Obwohl Österreich eines der reichsten Länder weltweit ist, gibt es jedes Jahr viel zu viele Menschen, die es sich nicht leisten können, ihre Wohnung zu heizen oder sich Essen zu…

Obwohl Österreich eines der reichsten Länder weltweit ist, gibt es jedes Jahr viel zu viele Menschen, die es sich nicht leisten können, ihre Wohnung zu heizen oder sich Essen zu kaufen. Durch die enormen Preissteigerungen bei Strom und Gas, aber auch bei Lebensmitteln sind dieses Jahr noch mehr Personen in Österreich von Armut betroffen. Schon in 2021 waren 17,3 Prozent der Bevölkerung armuts- oder ausgrenzungsgefährdet, 1,8 Prozent – rund 160.000 Menschen – zählten zu den erheblich sozial und materiell benachteiligten Personen.

 

Was ist die „Suppe mit Sinn“?

Die „Suppe mit Sinn“ ist die jährliche Winterhilfsaktion der österreichischen Tafeln. Über 200 engagierte Gastronomiebetriebe in Österreich widmen jedes Jahr vom 1. November bis 31. Dezember – in vielen Lokalen sogar bis Ende Februar – eine Suppe auf ihrer Speisekarte der WIENER TAFEL. Von jeder verkauften Suppe wird ein Euro an die Organisation gespendet. So kann man nicht nur selbst eine wärmende Suppe genießen, sondern auch zehn (!) Menschen in Armut mit einer Mahlzeit versorgen.

Seit dem Projektstart in 2007 wurden durch diese Aktion rund 500.000 „Suppen mit Sinn“ gegessen, was 500.000 gespendeten Euro beziehungsweise fünf Millionen Mahlzeiten für bedürftige Menschen entspricht.

 

Wo gibt es vegane „Suppen mit Sinn“?

Unter den rund 200 sozial engagierten Gastronomiebetrieben gibt es natürlich auch Lokale mit veganem Angebot. Damit ihr schneller zu eurer veganen „Suppe mit Sinn“ kommt, findet ihr hier alle Locations, bei denen die Charity-Suppe explizit vegan gekocht wird:

Wien

burg.ring1: In der Wiener City wurde die Linsensuppe zur „Suppe mit Sinn“ erkoren und kann mit Blick auf die Ringstraße genossen werden.

bröselei: Jede verkaufte Suppe wird hier eine „Suppe mit Sinn“, zusätzlich werden Spenden für die WIENER TAFEL gesammelt und der Gesamtbetrag am Ende der Aktion auf die nächsten 100 Euro aufgerundet.

das café: Im ehemaligen „das möbel“ wird die tägliche Suppe zur „Suppe mit Sinn“.

ditta: Die (mit)tägliche Suppenschüssel ist hier die „Suppe mit Sinn“, Vorbestellung wird empfohlen!

Karma Food: Bei allen vier Wiener Standorten wird aus jedem an einem Montag verkauften Dal eine „Suppe mit Sinn“.

lafafi: Das Bio-Bistro zeigt mit seiner „Suppe mit Sinn“, dass auch vegane Suppen echte Sattmacher sind, wie in diesem Fall die Rote Rüben-Suppe.

Niederösterreich

Karma Food: Bei allen drei Standorten in Klosterneuburg wird aus jedem an einem Montag verkauften Dal eine „Suppe mit Sinn“.

Kochkiste: In Mödling könnt ihr die „Suppe mit Sinn“ im kleinen Bistro genießen oder sie einfach nach Hause oder ins Büro mitnehmen. Jede Spende wird hier außerdem verdoppelt!

Wir haben unsere „Suppe mit Sinn“, die Mangold-Suppe am Titelbild, in der Kochkiste gegessen, die nur wenige Minuten von unserem Laden Friendly in Maria Enzersdorf entfernt ist:

 

Spenden als Suppenkasper

Wer Suppen nicht mag, kein/e LokalgeherIn ist oder aus anderen Gründen nicht zu einer „Suppe mit Sinn“ kommt, kann natürlich auch direkt spenden. Per Online-Formular geht das nicht nur ganz einfach, sondern ist euch steuerlich absetzbar – einfach euer Geburtsdatum, sowie Vor- und Nachnamen angeben, dann wird die Spende automatisch steuerlich berücksichtigt. Jeder einzelne Euro zählt!

 

Was genau passiert mit den Spenden?

Die WIENER TAFEL sorgt mit deren Winterhilfsaktion „Suppe mit Sinn“ jedes Jahr dafür, dass bedürftige Menschen im Winter eine heiße Suppe essen können. Doch die WIENER TAFEL ist nicht nur in der kalten Jahreszeit aktiv, sondern bietet armutsbetroffenen Personen das ganze Jahr über die Möglichkeit, ihren Hunger zu stillen. Denn die Tafeln retten genusstaugliche Lebensmittel vor der Vernichtung und versorgen damit armutsbetroffene Menschen. Die Spenden werden nicht nur für die Verteilung der geretteten Lebensmittel an die rund 90 Sozialeinrichtungen in Wien genützt, sondern es werden damit auch Produkte besorgt, die sich üblicherweise nicht unter den gespendeten Lebensmitteln befinden.

Da sich die Anzahl jener Menschen, die auf kostenlose Lebensmittel angewiesen sind, ständig erhöht, ist die WIENER TAFEL deshalb mehr als zuvor auf Hilfe angewiesen. Jede Spende rettet also Lebensmittel und unterstützt armutsbetroffene Menschen das ganze Jahr über mit Lebensmitteln.

Vielen Dank an alle, die diese Aktion unterstützen!

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Gewinnt 25 „Grundeinkommen“ im Wert von jeweils 12.000 Euro!

In Zeiten immer höherer Arbeitslosenquoten, der Auslagerung von Tätigkeiten an Roboter und künstliche Intelligenz und nicht zuletzt die derzeitige Energie- und Wirtschaftskrise wird das Konzept des Bedingungslosen Grundeinkommens verstärkt diskutiert….

In Zeiten immer höherer Arbeitslosenquoten, der Auslagerung von Tätigkeiten an Roboter und künstliche Intelligenz und nicht zuletzt die derzeitige Energie- und Wirtschaftskrise wird das Konzept des Bedingungslosen Grundeinkommens verstärkt diskutiert. Aber worum handelt es sich bei einem Bedingungslosen Grundeinkommen überhaupt?

Das Bedingungslose Grundeinkommen ist ein politisches Konzept, im Zuge dessen jeder monatlich eine finanzielle Zuwendung vom Staat erhält, ohne dafür eine Gegenleistung erbringen oder Anforderungen erfüllen zu müssen. So soll Menschen unabhängig von ihrer Leistung am Arbeitsmarkt ein würdevolles Leben ermöglicht werden. Alleinerziehende, Menschen, die Angehörige pflegen oder Personen, die aufgrund gesundheitlicher Probleme keinen regulären Beruf ausüben können kann die Möglichkeit gegeben werden, über dem Existenzminimum zu leben. Dieses liegt in Deutschland übrigens bei 832 Euro pro Monat.

Die Initiative Mein Grundeinkommen sammelt per Crowdfunding Geld für Bedingungslose Grundeinkommen. Immer wenn 12.000 Euro zusammen sind, werden sie an eine Person verlost. Mittlerweile haben so über 1.300 Personen ein Grundeinkommen von ein Jahr lang 1.000 Euro im Monat gewonnen. Am 16. November 2022 werden wieder 25 Grundeinkommen verlost – und zwar im Doppelpack! Das heißt, man nimmt nicht nur alleine an der Verlosung teil, sondern kann sich auch im Team in den Lostopf begeben. Wenn ein Team gewinnt, erhalten beide jeweils die betreffenden 12.000 Euro im Jahr.

Was ich mit einem Bedingungslosen Grundeinkommen dieser Art machen würde? Als Selbstständige wäre der finanzielle Druck nicht mehr ganz so groß, und ich könnte mich zusätzlich verstärkt um meinen Partner kümmern.

Mit diesem Link könnt ihr gemeinsam mit mir an der nächsten Verlosung am 16. November 2022 teilnehmen und so eure Chancen auf einen Gewinn erhöhen. Ich drücke uns die Daumen!

Was würdet ihr mit einem Bedingungslosen Grundeinkommen machen?

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Essen retten, Müll reduzieren: Was ist foodsharing und wie funktioniert es?

foodsharing wurde im Jahr 2012 in Berlin aus der Idee geboren, noch essbare aber nicht mehr verkäufliche Lebensmittel vor der Tonne zu bewahren. Denn auch wenn das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) überschritten…

foodsharing wurde im Jahr 2012 in Berlin aus der Idee geboren, noch essbare aber nicht mehr verkäufliche Lebensmittel vor der Tonne zu bewahren. Denn auch wenn das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) überschritten oder die Verpackung beschädigt ist, sind Lebensmittel üblicherweise noch genießbar. Auch Überproduktionen müssen so nicht im Müll landen. Über foodsharing werden diese Lebensmittel ohne Gegenleistung weiterverschenkt.

Der Gründer Raphael Fellmer, der ursprünglich Lebensmittel aus Mülltonnen von Bio-Supermärkten gedumpstert hatte, kam mit seiner Idee auf Supermärkte zu und fruchtbare Kooperationen nahmen ihren Lauf. Eines der Prinzipien von foodsharing ist, dass sämtliche Arbeit ehrenamtlich abläuft und gleichzeitig niemand für die Mitgliedschaft oder die abgeholten Lebensmittel zahlen muss.

Auf den jeweiligen Online-Plattformen foodsharing.de, foodsharing.at und foodsharingschweiz.ch können sich foodsharing-Mitglieder organisieren und durch private Nachrichten mit jedem anderen Mitglied in Kontakt treten. Über 200.000 Menschen sind auf den foodsharing-Plattformen registriert.

Ein mobiler Fair-Teiler voll mit gerettetem Essen.

Wie kann ich mich beteiligen?

Der erste Schritt ist, sich auf der foodsharing-Seite seines Landes mit Namen und E-Mail-Adresse zu registrieren. Durch diese Registrierung ist man offizieller Foodsharer und kann sich mit anderen Mitgliedern vernetzen, Lebensmittel auf der Plattform einstellen und so verschenken oder auch angebotene Lebensmittel abholen. Hier gilt immer die Regel: „Gib‘ nur weiter, was du auch noch essen würdest.“

Vom Foodsharer zum Foodsaver

Möchte ein Foodsharer sich noch mehr einbringen, kann er Foodsaver werden. Foodsaver holen Essen direkt von Unternehmen wie Supermärkten, Restaurants oder Bäckereien ab, mit denen foodsharing eine Kooperation hat. Um Foodsaver zu werden, ist es nötig, sich Wissen zu den Richtlinien und Regeln des Foodsavings anzueignen. Das Foodsharing-Wiki informiert über alles, was Foodsaver wissen müssen – hier muss auch ein Online-Test mit Zeitlimit absolviert werden, der zehn Fragen umfasst. Wenn man lieber unbegrenzt Zeit haben möchte, versucht man sich am Quiz mit 20 Fragen.

Ist das Quiz geschafft, müssen drei Einarbeitungsabholungen in unterschiedlichen Betrieben mit erfahrenen Foodsavern absolviert werden. So kann man direkt von erfahrenen Mitgliedern lernen und alle aufkommenden Fragen sofort besprechen. Wenn alle drei Abholungen gut verlaufen, bekommt man einen Foodsaver-Ausweis, den man bei jeder Abholung vorzeigen muss. Nun kann man sich auf der foodsharing-Plattform für die Aufnahme in ein Team bewerben, wenn dieses noch Unterstützung für den Betrieb sucht, den es betreut. Die kooperierenden Betriebe sind auf der jeweiligen foodsharing-Plattform auf einer Landkarte eingetragen. Auf dieser Landkarte ist auch ersichtlich, für welche Betriebe noch Foodsaver gesucht werden. Wird der Foodsaver vom Betriebsverantwortlichen ins Team aufgenommen, kann er sich offiziell für Abholtermine im jeweiligen Unternehmen anmelden.

Wer denkt, es geht hier nur um kleine Mengen, irrt.

Was passiert mit dem abgeholten Essen?

Die vom Unternehmen bereitgestellten Lebensmittel müssen vollständig abgeholt werden, auch wenn das eine oder andere Stück vielleicht nicht mehr zum Verzehr geeignet ist. Nun ist der jeweilige Foodsaver dafür verantwortlich, nicht mehr Genießbares auszusortieren. Natürlich kann man sich von dem geretteten Essen auch selber etwas behalten, wobei darauf zu achten ist, dass man das Essen auch entsprechend ohne Überschuss verbrauchen kann.

In Folge gibt es viele kreative Möglichkeiten, das gerettete Essen zu verteilen. Das kann direkt über die foodsharing-Seite passieren oder es kann in einen Fair-Teiler gebracht werden. Manche Foodsaver verschenken Essen an ihre Nachbarn, fair-teilen es über Facebook-Gruppen oder organisieren gemeinsame Koch-Events. Der Fantasie sind hier kaum Grenzen gesetzt.

Was sind Fair-Teiler?

Fair-Teiler sind Orte, zu denen Lebensmittel gebracht und auch abgeholt werden können. Sie sind meistens mit Kühlschrank und Regal oder zumindest einem von beiden ausgestattet. Fair-Teiler können auf privatem Grund und Boden, in Vereinsräumen, einer Uni, einem Café oder einem Geschäft stehen – es gibt unzählige Möglichkeiten. Für einen Fair-Teiler ist ein konkreter betriebsverantwortlicher Foodsaver zuständig. Er überprüft, ob der Hygieneplan eingehalten wird und beteiligt sich selber daran.

Das Besondere an Fair-Teilern: Jeder, auch Menschen, die nicht auf foodsharing registriert sind, kann Essen aus einem Fair-Teiler abholen oder hinbringen. Jeder Fair-Teiler hat eine eigene Seite auf der jeweiligen foodsharing-Plattform mit Informationen zur Organisation und neu eingelangten Lebensmitteln. Via Mailingliste kann man sich auch per Mail über Neuigkeiten im jeweiligen Fair-Teiler informieren lassen.

Beispielhaft: Ein Fair-Teiler im zehnten Wiener Gemeindebezirk.

Was macht ein betriebsverantwortlicher Foodsaver?

Ein betriebsverantwortlicher Foodsaver muss dafür sorgen, dass die Kooperation mit einem Betrieb reibungslos funktioniert und den Kontakt zu Betrieb und den Foodsavern, die vom Betrieb abholen pflegen. Er muss zudem überprüfen, ob für jeden Abholungstermin ein Foodsaver eingetragen ist. Wenn das nicht der Fall ist oder ein Foodsaver eine Abholung kurzfristig absagt, muss der Betriebsverantwortliche einspringen. Um betriebsverantwortlicher Foodsaver zu werden, muss man bereits Foodsaver sein. Zusätzlich muss ein Quiz bestehend aus zehn Fragen über die Aufgaben eines betriebsverantwortlichen Foodsavers absolviert werden. Auch um sich eines Fair-Teilers anzunehmen ist ein Status als betriebsverantwortlicher Foodsaver nötig.

Neben Foodsavern, Foodsharern und betriebsverantwortlicher Foodsavern gibt es noch Botschafter. Diese koordinieren die Betriebsverantwortlichen und stellen die Ausweise für neue Foodsaver aus. Des weiteren unterstützen sie bei der Akquisition neuer Betriebe, organisieren Treffen und repräsentieren foodsharing in deren Region.

Wie kooperieren Unternehmen mit foodsharing?

Ein kooperierender Betrieb kann ein Restaurant, ein Hotel, eine Kantine, eine Bäckerei, ein Bauernhof, eine Supermarktfiliale und noch vieles mehr sein. Nicht jedoch konventionelle Supermarktketten, da hier mit anderen Organisationen wie zum Beispiel Sozialmärkten Kooperationen existieren. Unternehmen können alle Lebensmittel spenden, so lange diese genießbar sind. Interessierte Betriebe finden hier weitere Informationen, unter anderem welche Vorteile ihnen eine Kooperation mit foodsharing bringt.

Warum sollte ich mich bei foodsharing engagieren?

Weltweit landet ein Drittel aller Lebensmittel im Müll. Ein großer Teil davon sind Überproduktionen oder Lebensmittel, die der Besitzer nicht mehr verwenden will oder kann. Neben anderen Maßnahmen wie bewussterem Einkaufen kann mit der Verteilung noch genießbarer Lebensmittel ein wertvoller Beitrag gegen diese Verschwendung geleistet werden. Auch Menschen, die finanziell schlechter gestellt sind, können sich so mit Essen versorgen. Sich ehrenamtlich zu engagieren bringt natürlich auch die üblichen Vorteile: Man lernt neue Fähigkeiten und neue Menschen kennen und findet im besten Fall eine Leidenschaft für das ganze Leben.

Weitere Informationen findet ihr auf den foodsharing-Seiten für das jeweilige Land:

Deutschland: foodsharing.de
Österreich: foodsharing.at
Schweiz: foodsharingschweiz.ch

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REWEs Vegavita-Blog, extrem guter Kuchen und zufällige Parallelen

Als ich letztes Wochenende einen Blick auf Facebook werfe, wird mir ein Blog-Beitrag mit dem Titel „Ist vegane Ernährung extrem?“ in die Timeline gespielt. Lustig, denke ich, das ist ja…

Als ich letztes Wochenende einen Blick auf Facebook werfe, wird mir ein Blog-Beitrag mit dem Titel „Ist vegane Ernährung extrem?“ in die Timeline gespielt. Lustig, denke ich, das ist ja fast die gleiche Headline wie von meinem Beitrag für The bird’s new nest, den ich vor drei Jahren geschrieben habe und der sich mit einigen hundert LeserInnen im Monat noch immer reger Beliebtheit erfreut. Natürlich klicke ich den Artikel an, schließlich bin ich neugierig, wie die Frage zu Veganismus in diesem Fall beantwortet wird.

Extremer Zufall – oder doch nicht?

Beim Lesen werde ich stutzig. Ich lese Sätze, die von mir stammen könnten. Aber ich lese sie nicht auf meiner eigenen Seite, sondern auf der Website einer Eigenmarke des REWE Konzerns namens Vegavita, die in Österreich vegane Ersatzprodukte in den Filialen der zu REWE gehörigen Handelsketten BILLA, BILLA PLUS, Adeg und Sutterlütty vertreibt. Das kann doch nur Zufall sein denke ich mir als ich am Ende des Beitrags angekommen bin und mache zum Vergleich meinen eigenen Beitrag „Ich lebe vegan, bin ich extrem?“ auf.

Und lese meine eigenen Worte im letzten Absatz: „„Was macht denn vegan extrem?“ […] Wenn jemand erfährt, dass ich vegan lebe und mich als extrem oder radikal bezeichnet, antworte ich folgendes: „Ich bin nicht extrem oder radikal, ich bin konsequent und das aus Überzeugung.“ […] „Du bist ja trotzdem nett, obwohl du Veganer bist.“ höre ich dann. Oder: „Für einen veganen Kuchen schmeckt der aber ziemlich gut.“ Extrem gut möchte ich zustimmen, verkneife es mir aber.“

Dann lese ich den letzten Absatz des Blog-Beitrags bei Vegavita: „Ist Veganismus nun extrem? […] Unsere persönliche vegane Ernährungsweise würden wir allerdings nicht als extrem, sondern als konsequent bezeichnen. Und das aus Überzeugung. Und über Sätze wie „für einen veganen Kuchen schmeckt der aber ziemlich gut“ schmunzeln wir und fügen gedanklich hinzu: “extrem gut”.“

Irre ich mich – was sagt ihr dazu?

In den fast zehn Jahren, in denen ich The bird’s new nest betreibe und dafür auch regelmäßig selber Artikel schreibe ist so etwas noch nie vorgekommen. Irre ich mich? Kann das Zufall sein? Das kann doch kein Zufall sein! Oder doch? Meine erste Reaktion ist, auf der Facebook-Seite und dem Instagram-Account von Vegavita ein kurzes Kommentar zusammen mit einem Link zu meinem Beitrag zu hinterlassen: „Ich vermute, es ist nur Zufall, dass dieser Blogbeitrag sehr viele Parallelen zu meinem Blogbeitrag aufweist, was gegen Ende hin immer deutlicher wird, vor allem was den letzten Absatz betrifft.“ Und ja, das ist sarkastisch gemeint, spiegelt aber gleichzeitig auch meine Verwirrung wider.

Und weil ich hier meiner Einschätzung selber nicht traue, frage ich unser Team von The bird’s new nest und poste auch in meine Blogger-Gruppe „Blogger Netzwerk“ auf Facebook, in der sich über 11.000 Blogger aus dem deutschsprachigen Raum tummeln – wer mich persönlich näher kennt weiß, dass ich im Bereich Bloggen und Blogger Relations vor einiger Zeit noch sehr aktiv war. Und wer in Facebook-Gruppen unterwegs ist weiß, dass man sich hier oft kein Blatt vor den Mund nimmt. Also rechne ich damit zu lesen, dass die Parallelen nur Zufall sind und ich mir das einbilde.

Puh, die Ähnlichkeiten sind schon krass!

Zu meinem Erstaunen ist das Gegenteil der Fall und nicht eine einzige Person sieht hier einen Zufall, weder in unserem Team, noch auf Facebook. „Dein Text wurde definitiv als Grundlage genommen und man hat sich nur sehr wenig Mühe gegeben, dass so zu machen, dass es nicht auffällig ist.“, „das Ende ist definitiv übernommen, da würde ich eine Änderung verlangen. Da ist Zufall ausgeschlossen.“, „Meiner Meinung nach ist es kein Zufall. Zumindest das Ende mit dem Kuchen ist doch identisch.“ oder ganz simpel „Puh, die Ähnlichkeiten sind schon krass.“ bekomme ich als Feedback.

Nachdem ich auf den Social Media-Kanälen von Vegavita schon einen Beitrag hinterlassen habe, möchte ich aber abwarten, was hier als Antwort kommt. Auf Facebook werde ich inzwischen gefragt, ob ich gegen REWE rechtliche Schritte ergreifen möchte. Gegen einen der größten Handelskonzerne rechtlich vorzugehen erscheint mir absurd, die REWE GROUP ist nach der Schwarz-Gruppe (Lidl, Kaufland) der zweitgrößte Handelskonzern Europas mit einem Umsatz von 76,5 Milliarden Euro in 2021.

The bird’s new nest ist ein Blog mit einem Team an ehrenamtlichen MitarbeiterInnen und AutorInnen, der komplett durch mich finanziert wird. Dass unser „Umsatz“ in keiner Relation zu dem von REWE steht, brauche ich wohl nicht allzu deutlich hervorstreichen. Vegavita ist als Eigenmarke übrigens kein eigenständiges Unternehmen, sondern einfach nur ein Teil des REWE Konzerns mit Sitz in der REWE GROUP Österreich Zentrale in Wiener Neudorf. Es handelt sich hier also – wie man auch im Impressum von Vegavita sehen kann – um einen Teil der BILLA Aktiengesellschaft mit Sitz im eben erwähnten Wiener Neudorf.

Vegavita antwortet

Meine Überraschung über das Feedback ist zwar groß, bestärkt mich aber darin, dass man wohl doch relativ deutlich sehen kann, dass hier ein wenig viel Inspiration von meinem Artikel geholt wurde. Also erwarte ich mir eine Antwort von Vegavita à la „Wir werden uns das genauer ansehen.“ oder „Wir haben das intern weitergeleitet.“. Als dann die Antwort kommt, bin ich ehrlich schockiert. Vegavita antwortet mir: „Liebe Edda, unsere beiden Bloggerinnen Verena und Cora, inspirieren mit ihren Beiträgen unsere Community für einen bewussten und ökologisch nachhaltigen veganen Lebensstil. Eventuelle Parallelen zu deinem Beitrag liegen uns fern und sind zufällig entstanden. Liebe Grüße, dein Vegavita Team“ (Der lachende Smiley zur Antwort von Vegavita stammt nicht von mir.):

Laut Vegavita sind sämtliche Parallelen also Zufall und ich muss ehrlich gestehen, dass ich mit so einer Antwort nicht gerechnet habe. Seit meine Eltern letztes Jahr in der gleichen Woche an Corona verstorben sind und wenige Monate danach mein Lebensgefährte aufgrund eines Hirntumor im Koma gelegen ist, sind meine Nerven nicht mehr die besten und diese Antwort haut mich tatsächlich um. Schwere Herzrhythmusstörungen, Schlafstörungen und ähnliches sind seitdem mein Begleiter und tatsächlich merke ich, wie mein Herz zu rasen beginnt.

Wenn eine Kleinigkeit schnell zu viel werden kann

„Wende dich an den Pressesprecher.“, „Schreibe die Bloggerinnen an, die den Beitrag geschrieben haben.“, „Verlange einen Link zu deinem Beitrag unter dem von Vegavita.“ und noch einige andere Tipps bekomme ich, bevor ich erschöpft ins Bett gehe. Um ehrlich zu sein: Nicht nur meine Nerven sind nicht mehr die besten, auch meine Energiereserven sind sehr begrenzt. Mehr als einmal sind mir in den letzten Monaten Sätze wie „Ich schaffe das nicht mehr.“ oder „Ich kann das nicht mehr.“ in den Kopf gekommen. Was für den einen nur einen Lacher wert ist, raubt mir sämtliche Energie, treibt mir die Tränen in die Augen und lässt mich fast verzweifeln.

In der Nacht davor konnte ich nicht einschlafen, genauso wenig durchschlafen und ja, es hat tatsächlich zwei Tage gedauert, genug Energie zu sammeln um mich damit näher zu beschäftigen. „Traumatisiert“ nennt das übrigens meine Therapeutin, aber ich denke mir, dass ich auch ohne die Dinge, die letztes Jahr passiert sind, so etwas nicht einfach ignorieren könnte. Dass ich mich zum Teil wieder so fühle wie letztes Jahr – verzweifelt, überfordert, hilflos, das ist mein persönliches Problem. Ein Problem, mit dem ich noch lange zu kämpfen haben werde, und das mit Vegavita nur am Rande zu tun hat. Aber dann erinnere ich mich, dass ich nicht komplett hilflos bin, denn egal was passiert, ich habe immer noch meine Worte, mit denen ich mich erklären und ausdrücken kann. Mir alles von der Seele schreiben oder auch einfach klarstellen: Nein, das akzeptiere ich nicht!

Schreiben, wenn nichts anderes mehr geht

Denn ich bin auch wütend. Wütend, dass mit meinen Ideen und Texten andere Bloggerinnen Geld verdienen. Und gleichzeitig einen Großkonzern unterstützen, mit dem ich nie kooperieren würde. Aus genau diesem Grund habe ich vor rund zehn Jahren die Privatwirtschaft verlassen – um meinen eigenen Weg zu gehen und mit The bird’s new nest andere Menschen zu einem nachhaltigen Leben zu inspirieren. In meinen Texten steckt mein Herzblut und sie sind und bleiben mein geistiges Eigentum.

Deshalb liegt nahe, was ich in vieler dieser Situationen mache, nämlich einen Blog-Beitrag dazu zu verfassen. Denn auch wenn ich keine Milliarden Euro habe, kein Geld um die Reichweite der Facebook-Beiträge zu pushen so wie Vegavita es mit dem betreffenden Artikel getan hat, keine Community von rund 45.000 Followern auf Facebook und Instagram, was ich immer noch habe und hoffentlich immer haben werde sind meine eigenen Worte.

Textvergleich und Google-Suche

Also setze ich mich besagte zwei Tage später hin, um die beiden Artikel zu vergleichen. Ich schreibe in meinem Beitrag folgendes: „Meine Vermutung ist, dass Dinge als extrem empfunden werden, solange man nichts oder kaum etwas mit ihnen zu tun hat.“ Auf dem Vegavita-Blog lese ich: „Unsere Vermutung ist, dass Dinge als extrem empfunden werden, solange man nichts oder kaum etwas mit ihnen zu tun hat.“ Wieder bekomme ich Herzrasen und ich spüre förmlich, wie mein Gesicht rot anläuft. Niemand kann mir erzählen, dass das Zufall ist. Der Satz ist eins zu eins übernommen.

Eine spontane Idee bewegt mich dazu, den Satz bei Google einzugeben. Die Suchmaschine wirft zwei Ergebnisse aus, zu sehen auf diesem Screenshot:

Ich bin fassungslos, einerseits über das Ergebnis, das ja fast schon zu absurd eindeutig ist, andererseits darüber, dass es tatsächlich Bloggerinnen gibt, die sich Texte anderer Blogger nehmen, diese meinem Empfinden nach schnell und lieblos überarbeiten und dann als ihr eigenes Werk an Unternehmen verkaufen. Und natürlich dass besagtes Unternehmen zu dem Schluss kommt, „eventuelle Parallelen wären zufällig entstanden“. Was mich auch daran erinnert, dass viele Blogger mir geantwortet haben, dass ihnen so etwas in ähnlicher Form auch schon einmal passiert ist. Und mich zu der Überlegung bringt, ob meine Texte hier die einzigen sind, die hier wiederverwertet wurden.

Meine nächsten Schritte

Ich könnte mich nun auf die Suche machen, wie es mit den anderen Blog-Beiträgen aussieht und theoretisch Satz für Satz einzeln in Google eingeben um weiteren Parallelen zu finden – zu den Texten auf The bird’s new nest oder anderen Veröffentlichungen. Aber um ehrlich zu sein, ich habe die Kraft und Energie dafür nicht. Das Wichtigste ist für mich erledigt, nämlich laut und deutlich zu sagen: Nein, das ist für mich nicht in Ordnung!

Ich habe weder damit gerechnet, dass ich jemals in so eine Situation kommen, noch mir darüber Gedanken gemacht, was ich in so einem Fall tun würde. Ich weiß nun aber zumindest, dass es deutlich unangenehmer ist, seine eigenen Zeilen aus fremder Feder zu lesen als ich vermutet hätte. Und dass der Interpretationsspielraum für „zufällig entstandene Parallelen“ ein relativ großer ist. Und dass ich entgegen des Spruches „Nachahmung ist die höchste Form der Anerkennung“ auf diese Form der Anerkennung gerne verzichten kann.

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Periodenarmut lindern: Macht mit!

In diesem Beitrag möchte ich mich einem Thema widmen, das hierzulande noch immer zu wenig Aufmerksamkeit bekommt: Periodenarmut, auf Englisch Period Poverty. Period Poverty bedeutet, dass sich Menstruierende ihre Monatshygieneprodukte…

In diesem Beitrag möchte ich mich einem Thema widmen, das hierzulande noch immer zu wenig Aufmerksamkeit bekommt: Periodenarmut, auf Englisch Period Poverty.

Period Poverty bedeutet, dass sich Menstruierende ihre Monatshygieneprodukte nur sehr schwer oder gar nicht leisten können. Meistens verbinden wir das Thema Periodenarmut mit Ländern des Südens wie Indien, Kenia oder Nigeria, wo sich das Problem in der Tat für viele Mädchen und Frauen während der Corona-Pandemie verschlimmert hat. In Indien etwa haben Schätzungen zufolge nur etwa 30 Prozent der Frauen Zugang zu Menstruationsprodukten.

Kein Geld für Tampons und Binden…

Was viele aber dabei vergessen: Auch in Österreich und Deutschland gibt es Frauen, die sich ihre Periodenprodukte kaum bis gar nicht leisten können. 2019 gab es laut der Europa 2020-Strategie alleine in Österreich mehr als 1,4 Millionen armuts- beziehungsweise ausgrenzungsgefährdete Personen – das sind rund 17 Prozent der Bevölkerung. Frauen sind dabei wesentlich häufiger von Armut betroffen als Männer.

Für Menschen, die an oder unter der Armutsgrenze leben, ist es schon eine Herausforderung, absolut notwendige Dinge wie Lebensmittel bezahlen zu können –Monatshygiene ist für viele oftmals nicht leistbar. Genau auf diesen Umstand wird oft vergessen.

Kostenlose Periodenprodukte an öffentlichen Orten

Einige Länder wie Neuseeland und Schottland gehen übrigens bereits mit gutem Beispiel voran: In beiden Ländern hat die Regierung beschlossen, Tampons und Binden an öffentlichen Orten kostenlos zur Verfügung zu stellen um Periodenarmut zu lindern. Dies betrifft vor allem Schulen und Unis, Jugendeinrichtungen oder Obdachlosenheime. Erste Pilotprojekte für kostenfreie Menstruationsprodukte gibt es auch in Deutschland und der Schweiz. Diese fortschrittliche Haltung wünschen wir uns auch von der Regierung in Österreich. Schließlich wird Toilettenpapier auch gratis zur Verfügung gestellt und für Menstruierende sind Periodenprodukte einmal im Monat genauso notwendig wie Klopapier.

Alte Socke anstelle von Binden

Dass diese Notwendigkeit oftmals Frauen regelrecht verzweifeln lässt, zeigt auch das Beispiel einer jungen Frau in einem Wiener Obdachlosenheim: Eine Vertreterin einer österreichischen Hilfsorganisation berichtete uns, dass die Frau sich während ihrer Periode einen alten Socken in die Unterhose stopfte, weil ihr keine Periodenprodukte zur Verfügung standen. Da das Thema Menstruation nach wie vor tabu- und schambehaftet ist, traute sich die Frau auch nicht, nach entsprechenden Produkten zu fragen.

Solche entwürdigenden Situationen darf es aus unserer Sicht im 21. Jahrhundert nicht mehr geben. Wir leben in einem der reichsten Länder der Welt und trotzdem gibt es hier Menschen, die sich die essentiellsten Produkte wie Tampons oder Binden nicht leisten können. Auch die Corona-Pandemie verstärkt die Probleme von einkommensschwachen Frauen.

Jetzt gegen Periodenarmut eintreten

Zum Glück gibt es Möglichkeiten, sich gegen Periodenarmut zu engagieren. Eine besonders schöne Kampagne, finde ich, ist jene des Bio-Monatshygieneherstellers Organyc. Mit seiner „Expect Respect“-Kampagne möchte der italienische Produzent von Bio-Binden und Bio-Tampons allen Frauen Respekt zollen und gleichzeitig gegen Periodenarmut mobilisieren. So gibt es aktuell eine Kooperation mit dem Berliner Verein Social Period, um bedürftigen Frauen kostenlose Bio-Monatshygiene zur Verfügung zu stellen.

Ihr könnt dieses Projekt unterstützen, indem ihr das Kampagnen-Video auf YouTube teilt. Für jedes „Share“ spendet Organyc eine Packung Bio-Binden an eine Frau in Not. Mach mit, denn alle Menstruierenden haben das Recht auf hochwertige, nachhaltige Periodenprodukte!

Mehr Infos zum Thema Periodenarmut findet ihr auf erdbeerwoche.com/meine-umwelt/tamponsteuer/periodenarmut/

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Coronavirus: Hysterie oder berechtigte Angst?

Dieser Beitrag wurde in Zusammenarbeit mit dem Infektionsbiologen Dr. Doğan Doruk Demircioğlu erstellt. Keine Desinfektionsmittel mehr. Leergeräumte Supermarktregale. Ein bisschen erinnert der aktuelle Zustand an eine Apokalypse. Wir reden nicht…

Dieser Beitrag wurde in Zusammenarbeit mit dem Infektionsbiologen Dr. Doğan Doruk Demircioğlu erstellt.

Keine Desinfektionsmittel mehr. Leergeräumte Supermarktregale. Ein bisschen erinnert der aktuelle Zustand an eine Apokalypse. Wir reden nicht vom T-Virus des Spieleklassikers Resident Evil. Wir reden von SARS-CoV-2, auch bekannt als Coronavirus.

Was uns Angst macht sind die Schutzanzüge, die Quarantänebestimmungen, die ausgerufenen Notstände. Eine kurze Erklärung: Es gibt gegen SARS-CoV-2 bislang keine Impfung, gegen die jährlich epidemisch und pandemisch vorkommende Influenza, die echte Grippe, hingegen schon. Medizinisches Personal ist gegen Influenza geimpft, kann sich also weit entspannter mit Influenzapatienten befassen als mit Coronavirus-Infizierten. Würde medizinisches Personal keine Schutzanzüge und keine Atemmasken tragen, so wären in kürzester Zeit alle Betreuungspersonen selbst erkrankt und temporär außer Gefecht. Es ist also eine logische Konsequenz, medizinisches Personal in Schutzanzüge wie im oben schon erwähnten Resident Evil zu packen. Das hat grundsätzlich erst einmal nichts mit der Gefährlichkeit des Virus zu tun, sondern damit, dass man in den Wintermonaten, in denen zusätzlich die Influenza kursiert, nicht auf medizinisches Personal verzichten kann.

Bild: leo2014 / pixabay.com

Des Weiteren soll eine Ausbreitung möglichst verlangsamt werden. Man möchte schließlich Risikogruppen wie ältere oder vorerkrankte Personen schützen. Je langsamer sich das Virus verbreitet, desto mehr Zeit gewinnt man zur Entwicklung eines Medikaments oder Impfstoffes. Dies ist auch der Grund für die Quarantänemaßnahmen, die getroffen werden. Natürlich hört sich das für uns erst einmal beängstigend an, wenn ganze Städte abgeriegelt werden. Diese Maßnahmen dienen dazu, die Verbreitung des Virus zu verlangsamen, weshalb sie grundsätzlich erst einmal sinnvoll erscheinen.

Aber fangen wir von vorne an

Im Prinzip ist die gegenwärtige Coronavirus-Epidemie nichts Neues, sind wir doch jedes Jahr im Winter mit Millionen Infektionen diverser Viren konfrontiert, die meist nur harmlose Atemwegsinfektionen auslösen, eine sogenannte Erkältung. Nennen wir sie beim Namen: Rhino-, Entero- und Mastadenoviren oder Viren der Familien der Corona- und Paramyxoviridae. Wir sind also permanent potenziellen viralen Infektionen ausgesetzt, ohne sie zu bemerken. Zugegeben: An einer Erkältung stirbt heutzutage in der Regel keiner mehr.

Was manche Viren so gefährlich machen kann, ist ihre Wandlungsfähigkeit. Das liegt in der Natur des Virus. Insbesondere RNA-Viren, zu denen auch das Coronavirus gehört, tun nichts anderes, als sich in unterschiedlicher Häufigkeit zu verändern. Genauer gesagt: Die Gesamtheit ihrer Gene, das sogenannte Genom, wird in seiner Abfolge zufällig verändert, das Virus mutiert also und es entstehen neue Varianten dieses einen Virus. Durchaus kann so auch eine gefährlichere Variante als der Vorgänger entstehen. Das Influenza-Virus macht das jede Saison, weshalb wir jedes Jahr eine neue Impfung benötigen.

Nun steigt also die Nervosität jeden Tag weiter an, weil ein in China neu aufgetretenes Virus mit dem kryptischen Namen SARS-CoV-2 (kurz für Severe Acute Respitory Syndrome-Coronavirus-2) seit Dezember 2019 sein Unwesen treibt. Die durch diese Infektion ausgelöste Krankheit der oberen Atemwege wurde COVID-19 getauft, was für Corona Virus Disease 2019 steht.

Die Rolle der (sozialen) Medien

Leider schaffen es Medien – klassisch wie sozial – immer wieder, an Massenpanik grenzende Zustände hervorzurufen. Es wäre wünschenswert, das eine oder andere Klatschblatt würde seine reißerischen Artikel und den Liveticker zu jedem Neu-Infizierten etwas homöopathischer dosieren. Die Flut an richtigen und falschen Informationen führt regelrecht zu einer Infodemie, einem von der WHO eingeführten Begriff. Analog zu einer Epidemie werden Informationen und Fehlinformationen auf der ganzen Welt in beispielloser Geschwindigkeit verbreitet und lösen nichts anderes aus als Panik, schüren Rassismus oder führen sogar zu sozialen Unruhen und Aufständen.

Warum schreiben wir also trotzdem den wahrscheinlich fünf-millionsten Artikel über dieses Virus? Weil wir finden, dass dieser Infodemie Einhalt geboten werden muss. Auch erreichen uns immer mehr Anrufe von besorgten Freunden und die ersten Hamsterkäufe in unserer Region fanden auch schon statt. Langsam aber sicher kann so noch mehr Panik entstehen, mit potenziell sehr ungutem Ausgang für uns alle. Es scheint fast so, als sei am Ende nicht mehr das Virus das Problem, sondern der Mensch selbst: Homo homini lupus – Der Mensch ist des Menschen Wolf.

Daher ist es unser Ziel mit diesem Artikel die Quintessenz der tausenden Mainstream- und Fach-Artikel kurz und prägnant zusammenfassen, um vor allem eines zu erreichen: mitzuhelfen, eine absolut unnötige Panik zu verhindern.

Selbstverständlich haben wir die Wahrheit nicht gepachtet und müssen uns auf das verlassen, was wir an Informationen bekommen: aus den Medien, aus Fachzeitschriften, aber auch von Epidemiologen oder Kollegen. Ergänzend zu den Informationen können wir jedoch unser Fachwissen als Infektions- und Mikrobiologen einbringen. Aus diesem Grund beantworten wir euch auch sehr gerne Fragen. Entweder hier in den Kommentaren oder direkt auf Facebook beim Posting zu diesem Beitrag.

SARS-CoV-2? Was ist das überhaupt?

Fakt ist: Beim Coronavirus handelt es sich um eine sogenannte Zoonose, also eine vom Tier auf den Menschen übergegangene Infektionskrankheit, welche ihren Ursprung laut Berichten der chinesischen Regierung auf einem Markt in der chinesischen Großstadt Wuhan hat.

Natürlich läuft die Suche nach der Herkunft auf Hochtouren und es wurde und wird geforscht und spekuliert. Im Prinzip war so ziemlich alles schon der mögliche Ursprung: Fledermäuse, Gürteltiere, Hühner, Schweine, Schlangen und sogar ein Labor in Wuhan. Momentan scheint wieder die Fledermaus zu führen. Kurzum: Man weiß es nicht.

Fakten und Zahlen

Laut WHO gibt es mit dem Stand 3. März 2020 80.304 Infizierte und 2.946 Tote in China und 10.566 Infizierte mit 166 Toten im Rest der Welt. Somit haben wir eine Letalitätsrate (Sterberate) von 3,67 Prozent für China, wohingegen nur 1,57 Prozent der Infizierten in anderen Ländern sterben. Dies liegt vermutlich zum einen daran, dass man anfangs nicht wusste, wie man mit dem Virus umgehen soll. Die Länder, die jetzt viele COVID-19-Fälle zu beklagen haben, profitieren bereits von dem Wissen, das die chinesischen Mediziner im Lauf der letzten Wochen erworben haben. Zum anderen war es die große Anzahl an Infizierten, die das chinesische Gesundheitssystem an seine Grenzen brachte. Es war letztlich nicht mehr zu bewältigen, da tausende Infizierte in Wuhan medizinische Versorgung benötigten.

Im Vergleich die saisonale Grippe (Influenza): 182.000 Infizierte und 954 Tote in Deutschland im Jahr 2018, sprich eine Letalitätsrate von 0,5 Prozent. In der Grippesaison 2017/2018 starben allein in Deutschland laut RKI 25.100 Menschen in Folge einer Grippe-Infektion.
Verglichen mit seinen berühmten Cousins SARS (löste die Pandemie in den Jahren 2002/2003 aus) und MERS ist die Sterberate von SARS-CoV-2 sogar deutlich geringer. An einer Infektion mit SARS starben seit 2003 9,6 Prozent der Infizierten, an MERS seit 2012 sage und schreibe 34,4 Prozent.

Die Dunkelziffer an mit dem Coronavirus Infizierten liegt wahrscheinlich sehr viel höher, was wiederum die Letalitätsrate nach unten drücken würde. Die wenigsten lassen sich wegen ein bisschen Husten vom Arzt auf das Coronavirus testen beziehungsweise gibt es auch Träger des Virus, die keine Symptome aufweisen.

Inwiefern ist die Letalitätsrate vom Alter abhängig?

Bild: statista.com

Typisch für jede Infektionskrankheit: Es trifft oftmals Menschen mit beeinträchtigtem Immunsystem und das ist bei SARS-CoV-2 nicht anders. Hierzu gehören zum Großteil ältere Menschen, wie man an der obigen Grafik sehen kann. Aber auch Vorerkrankungen, hier insbesondere Herz-Kreislauf- und Atemwegserkrankungen, spielen eine Rolle. Kinder unter neun Jahren sind bislang keine an einer Infektion mit dem Coronavirus gestorben. Auch erkranken Kinder weniger häufig An COVID-19. Man erforscht aktuell noch, woran das liegt. Es gibt zwar einige Hypothesen, den wirklichen Grund hierfür hat man jedoch noch nicht gefunden.

Wie ansteckend ist das Virus?

Im Vergleich mit den Masern beispielsweise ist das Coronavirus wenig ansteckend. Epidemiologen fanden heraus, dass ein Masernpatient im Schnitt 12 bis 18 Personen ansteckt, wohingegen das Coronavirus es auf gerade einmal drei Ansteckungen im Durchschnitt schafft.

Wie lange überlebt das Virus auf Oberflächen?

Das wurde natürlich auch schon untersucht, allerdings an verwandten Viren, namentlich den Auslösern von SARS und MERS. Man geht davon aus, dass sie bis zu neun Tage bei Raumtemperatur auf Oberflächen überleben können.

Gibt es schon Medikamente gegen das Virus?

Noch nicht, aber es gibt einige vielversprechende klinische Studien, unter anderem mit einer Kombinationstherapie zweier bekannter Medikamente. Auch arbeiten sehr viele Firmen aus dem Bereich der Diagnostik an Schnelltests sowie einige Pharmafirmen an einer Impfung, die in etwa einem Jahr auf dem Markt sein könnte. Kurzum: Die ganze Welt forscht an einem Medikament.

Bild: Herney / pixabay.com

In Acht nehmen sollte man sich nicht nur generell vor Falschinformationen, leider nutzen viele Unternehmen die jetzige Situation aus, um auf Kosten uninformierter Personen Geschäfte zu machen. Das geht vom Verkauf von weit überteuerten OP-Masken, die nachweislich nicht gegen das Coronavirus schützen bis zu angeblichen Heilmitteln – auf Amazon wurden kürzlich rund eine Million angebliche Heilmittel und überteuerte Produkte entfernt. Als wäre das nicht schon gravierend genug, versuchen auch Apotheken von der Epidemie zu profitieren, so wurde bei stichprobenartigen Anrufen in österreichischen Apotheken mehrmals Globuli (!) als Heilmittel empfohlen.

Und schlussendlich noch das Wichtigste: Wie verhindert man eine Ansteckung? Helfen Masken?

Folgende Grundregeln sollten in diesem Fall beachtet werden:

  1. Hände waschen (30 Sekunden mit Seife!)
  2. Wenig Körperkontakt (vor allem mit Kranken)
  3. Richtig niesen und husten. Entweder in die Armbeuge oder in ein Taschentuch und dieses sofort entsorgen.
  4. Menschenansammlungen meiden
  5. Masken helfen, aber nur, wenn sie mindestens die Bezeichnung FFP2 tragen. Das Problem: Die Tröpfcheninfektion erfolgt häufig über die Augen. Insofern helfen Masken vor allem dann, wenn ein Erkrankter sie trägt und damit verhindert, andere anzustecken.

Wir fassen zusammen

Basierend auf den Fakten ist Panik nicht nötig und sowieso nie ein guter Ratgeber. Genau genommen sollten wir uns überlegen, warum viele von uns nicht gegen Influenza oder Masern geimpft sind. Wir brechen in Panik aus, weil ein neuartiges Virus hier ankommt, gegen das es keine Impfung gibt. Und andere Viren, die für uns gefühlt ein alter Hut sind, ignorieren wir und halten es nicht einmal für nötig uns überhaupt impfen zu lassen.

Nichtsdestotrotz sollte man, und das gilt natürlich besonders für ältere Menschen oder solche mit Vorerkrankungen, vorsichtig sein. Hierbei gilt es, die Hygieneregeln einzuhalten und entsprechend achtsam durchs Leben zu gehen. Regeln, die man ohnehin einhalten sollte. Das geht jedoch ganz klar auch ohne zwanzig Liter Sterillium im Vorratsschrank.

Fazit: Wir werden alle sterben. Vermutlich aber der Großteil von uns nicht am Coronavirus. Darauf zu achten, dass wir Fakten statt Fiktion verbreiten und aufeinander Rücksicht nehmen ist aber generell nie ein Schaden. Auf eine gute Gesundheit!

 

Diesen Artikel schrieben wir mit bestem Wissen und Gewissen und mit den Informationen, die uns vorliegen. Verschwörungstheorien konnten wir bislang nicht bestätigen.

46 Kommentare zu Coronavirus: Hysterie oder berechtigte Angst?

Fashion Revolution Day – Stundenlohn unter einem Euro, zu Hause in der Produktionshalle

Spätestens seit dem Unglück am 24. April 2013, als die Textilfabrik Rana Plaza in der Nähe von Dhaka in Bangladesch einstürzte, haben wir alle von den schlechten Arbeitsbedingungen in der…

Spätestens seit dem Unglück am 24. April 2013, als die Textilfabrik Rana Plaza in der Nähe von Dhaka in Bangladesch einstürzte, haben wir alle von den schlechten Arbeitsbedingungen in der Modebranche erfahren. 1.138 Menschen kamen dabei ums Leben, mehr als 2.500 wurden verletzt. Einen Tag zuvor wurde die Fabrik wegen schwerer Baumängel polizeilich gesperrt. Dennoch wurden mehr als 3.000 Menschen von den Fabrikbetreibern gezwungen ihre Arbeit aufzunehmen. Um neun Uhr stürzte das Gebäude ein.

Ein paar Monate davor brach ein Feuer in einer Textilfabrik in Pakistan aus. Dabei kamen rund 300 Menschen ums Leben. Anfang diesen Jahres begann der Prozess gegen den Textildiscounter KiK in Deutschland, der in dieser Textilfabrik produzierte. Die Klage könnte allerdings wegen Verjährung abgewiesen werden. 2017 explodierte ein Boiler in einer Textilfabrik in Bangladesch. Dabei starben 13 Menschen, mehr als 50 wurden schwer verletzt.

Who made my clothes?

Der 24. April ist seit 2014 zum Fashion Revolution Day geworden, der Gedenktag an die Opfer dieses Unglücks. Weltweit haben sich in knapp 100 Ländern Menschen zusammengefunden, die Konsumenten und Modewelt wachrütteln und auf die katastrophalen Arbeitsbedingungen in diesen Textilfabriken aufmerksam machen wollen.

Das Rana Plaza-Gebäude (Bild: Solidarity Center)

Mehr als 90 Prozent unserer Kleidung wird im asiatischen Raum produziert. Zweitgrößtes Exportland – nach China – ist Bangladesch mit rund 7.000 Textilfabriken, in denen unsere Kleidung produziert wird. Die Arbeitsbedingungen in diesen Ländern sind verheerend, 70 Stunden Wochen keine Seltenheit. Der monatliche Mindestlohn wurde nach dem Unglück von Rana Plaza zwar auf 5.300 Taka (ca. 55 Euro) erhöht, große Unternehmen wollen allerdings nur bedingt mehr zahlen. Schließlich würde dann der Preis eines T-Shirts im Verkauf um ein oder zwei Euro steigen. Ein Euro, der für die Näherinnen viel bedeuten und uns Konsumenten nicht schaden würde. Doch das Gegenteil ist der Fall. Die Einkaufspreise sinken für die Auftraggeber und die Mode bleibt für den Konsumenten weiterhin günstig.

Seit kurzem existiert die sehr interessante Karte „Mapped in Bangladesch“ auf der Bekleidungsfabriken in Bangladesch angezeigt werden, inklusive der Information, für welche Marken sie produzieren, wohin sie exportieren, wie viel Prozent Frauen in der Fabrik arbeiten und vieles weitere.

Made in Europe

Nach dem großen Unglück in 2013 wandern immer mehr Auftraggeber nach Europa zurück. Viele Unternehmen rühmen sich damit, in Europa zu produzieren. „Made in Europe“ hört sich natürlich immer besser an als „Made in Bangladesch“. Und schließlich herrschen in Europa faire und soziale Arbeitsbedingungen. Oder doch nicht? Die Clean Clothes Campaign hat einen umfassenden Bericht über die Sweatshops Europas erstellt.

Die Arbeitsbedingungen in diesen sind vergleichbar mit denen im asiatischen Raum – menschenunwürdig und existenzbedrohend! So ist zum Beispiel der gesetzliche Mindestlohn in Bulgarien, Mazedonien und Rumänien niedriger als in China. In Moldawien und in der Ukraine liegt er sogar unter dem gesetzlichen Mindestlohn von Indonesien. Und selbst der gesetzliche Mindestlohn wird oft nicht bezahlt. Laut befragten Arbeitern in Ungarn beträgt der niedrigste Nettolohn inklusive Überstunden und Zuschlägen 197 Euro im Monat. Knapp 50 Euro weniger als das Gesetz vorgibt.

In den Sweatshops Europas wird für die unterschiedlichsten Firmen produziert. Auftraggeber sind allerdings nicht nur Fast Fashion Labels wie H&M, C&A, Zara und Mango, auch hochpreisige Designermarken wie Gucci, Dolce&Gabbana, Louis Vuitton und Versace lassen in Süd-Osteuropa produzieren. Doch egal für welche Marke schlussendlich genäht wird, die Arbeitsbedingungen sind immer dieselben und die Stimmen der Arbeiter sind eindeutig:

„Ich habe der Vorgesetzten gesagt, ich könne an dieser Maschine nicht atmen. Es seien bereits 30 Grad in der Fabrik, und wenn wir diese Maschine bedienen, würde es noch viel heißer. Da nahm sie das heiße Abluftrohr der Maschine, richtete es auf die Gesichter von mir und meiner Kollegin und sagte: ˏDas ist euer Problem, und wenn ihr damit nicht zurechtkommt, gibt es genug Leute, die darauf warten, euren Platz einzunehmen!´“  

Aus der Ukraine hört man: „Meine Familie muss für Elektrizität und Wasser monatlich 86 Euro bezahlen [das entspricht dem gesetzlichen Mindestlohn und dem Standardlohn].“

Ein weiterer Grund für die Produktion in Europa ist Zeit. Fast Fashion Labels wie zum Beispiel H&M und Zara bringen bis zu 24 Kollektionen im Jahr auf den Markt. Sie wollen immer schneller immer mehr Kleidung in die Läden im Westen bringen. Das funktioniert natürlich mit einer nahen Produktionsstätte am besten. Im Vergleich zu den Transportwegen von Asien mit rund vier Wochen, brauchen die Stücke von Osteuropa nur ein bis drei Tage in die Läden.

Pronto Moda – Fast Fashion made in Italy

Was hört sich noch besser an als „Made in Europe“? Richtig, „Made in Italy“! Ihr kennt doch bestimmt diese Shops, in denen groß angekündigt wird „Mode aus Italien zu günstigen Preisen“. Da kann doch was nicht stimmen!

Im Zentrum der „pronto moda“ steht die Stadt Prato kurz vor Florenz. Prato war schon im Spätmittelalter für seinen Textilhandel bekannt. Das „Lumpenzentrum Europas“, wie man die Stadt auch nannte, war ein wichtiges Einwanderungsgebiert für Italiener aus dem Süden. Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich Prato zu einer Industriestadt mit Schwerpunkt Stoffherstellung. Durch die Finanzkrise 2008 mussten viele italienische Stoffproduzenten schließen. Einwanderer gibt es seit den 90ern trotzdem viele. Diesmal kommen die Menschen allerdings aus China. Chinesische Hilfsarbeiter arbeiten viel und sie arbeiten schnell, heißt es. Laut der italienischen Wirtschaftsjournalistin Silvia Pieraccini, produzieren die chinesischen Betriebe in Prato jeden Tag rund eine Million Kleidungsstücke. Im Industrieviertel der Stadt gibt es fast 5.000 gemeldete Betriebe. Der Großteil davon Textilunternehmen.

Die Arbeitsbedingungen sind mit denen in den Textilfabriken in Bangladesch zu vergleichen. Viele Chinesen arbeiten und leben an einem Ort – in der Produktionshalle. Ein 18-Stunden-Tag und ein Einkommen von einem Euro pro Stunde oder weniger ist keine Seltenheit. Und auch dort kam es im Dezember 2013 zu einem Brand in einer Textilfabrik, wo sieben Menschen starben.

Greenwashing – Wie sich die Großen reinwaschen wollen

Dass der Trend zu Nachhaltigkeit in der Modebranche immer stärker wird, merkt man auch bei den großen Konzernen. H&M kennzeichnet seine „nachhaltigere“ Kollektion mit seinem CONSCIOUS-Siegel, C&A seine „nachhaltigeren“ Stücke mit „WearTheChange“. Bio-Baumwolle und recycelte Materialien hören sich zwar toll an, aber werden die Näherinnen und Näher, die diese Stücke produzieren, dann auch besser bezahlt? 2013 kündigte der schwedische Modekonzern an, dass 850.000 ArbeiterInnen in seinen Zulieferfabriken bis 2018 ein existenzsichernder Lohn bezahlt werde. Die Zeit ist abgelaufen, doch es werden weiterhin nur Armutslöhne gezahlt.

Mit dem Slogan „Turn around, H&M“ erinnerte eine Gruppe von AktivistInnen der Clean Clothes Kampagne in Stockholm die TeilnehmerInnen der Jahreshauptversammlung von H&M am 8. Mai 2018 daran, dass die 2,6 Mrd. USD Gewinn mehr als genug sind, um den Skandal mit den Hungerlöhnen in den Fabriken sofort zu beenden. (Bild: CCC)

Wenn man sich die Informationen auf deren Websites durchliest, fällt der Begriff „nachhaltiger“ sehr oft. Die Unternehmen wollen in Zukunft mehr auf „nachhaltigere“ Materialien und „nachhaltigere“ Produktionsbedingungen setzen. Zwischen „nachhaltiger“ und „nachhaltig“ ist dennoch ein großer Unterschied. Die Materialien sind nachhaltiger als zuvor, was nicht schwierig ist, die Produktionsbedingungen sind auch nachhaltiger als zuvor, was erst recht keine Herausforderung darstellen sollte. Es ist auf jeden Fall ein Schritt in die richtige Richtung. An Glaubwürdigkeit fehlt es dennoch. Nicht zuletzt, weil diese Unternehmen eigene Siegel verwenden, die sich nach ihren eigenen Standards richten und ihre eigene Definition von Nachhaltigkeit haben.

It’s Time for a Fashion Revolution

Rana Plaza hat die Modeindustrie geprägt. Viele Konsumenten stellen sich und der Modewelt am Fashion Revolution Day die bekannte Frage „Who made my clothes?“. Dennoch gibt es noch genug Menschen, die sich keine Gedanken darüber machen, wer, wie und wo ihre Kleidung hergestellt wurde und für die Kleidung ein Wegwerfprodukt geworden ist. Kaum jemand kann sich vorstellen, wie viel Arbeit hinter einem Kleid steckt. Wie auch, wenn ein Kleid oft keine 20 Euro kostet? Was sind schon 20 Euro? Zwei Mal tragen, dann weg damit.

Ich lasse als Modedesignerin von Anfang an meine Kollektionen unter fairen und sozialen Arbeitsbedingungen in einer sozialökonomischen Schneiderei in Wien produzieren. Die Augen werden dann oft sehr groß, wenn neue Kundinnen erfahren, dass meine Stücke in Österreich produziert werden. Ein Ding der Unmöglichkeit? Im Gegenteil! Als ich mein Label gegründet habe, kam mir gar nicht erst der Gedanke irgendwo im Ausland zu produzieren. Seit die menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen in der Textilbranche verstärkt ans Tageslicht gerückt sind, lege ich noch mehr Wert darauf, meinen Kunden und meinen Mitmenschen klar zu machen, dass es so nicht weitergehen kann und dass es sehr wohl möglich ist, unter fairen, nachhaltigen und sozialen Bedingungen Kleidung herzustellen.

Wenn es kleine Modelabels schaffen, warum schaffen es dann die Großen nicht?

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Der wahre Fashion Victim: Wie unsere Kleidung die Umwelt zerstört

Das Thema Umweltverschmutzung und Klimawandel ist in aller Munde. Auch Dank der jungen Greta Thunberg, die wöchentlich für eine bessere Zukunft streikt und weltweit andere Jugendliche motiviert, sich ihr anzuschließen. Obwohl…

Das Thema Umweltverschmutzung und Klimawandel ist in aller Munde. Auch Dank der jungen Greta Thunberg, die wöchentlich für eine bessere Zukunft streikt und weltweit andere Jugendliche motiviert, sich ihr anzuschließen. Obwohl wir die erste Generation sind, die den Klimawandel am eigenen Leib spürt und möglicherweise die letzte sein wird, die alles noch stoppen kann, tragen viele von uns noch Scheuklappen und empfinden den Klimawandel als sehr weit entfernt oder als gar nicht vorhanden. Doch er ist pure Realität.

Ich habe mich mit diesem Thema in den letzten Wochen viel beschäftigt. Nicht zuletzt, weil ich selber in einer Branche arbeite, die als eine der größten Umweltverschmutzer auf unserem Planeten gilt. Ich habe mir Dokumentationen angesehen und Artikel gelesen, was meistens mit Tränen in den Augen endete und ich für mich zur Erkenntnis kam: Wir MÜSSEN etwas ändern!

Wieso zerstört unsere Kleidung die Umwelt?

Wenn man die Worte „Umweltverschmutzung“ und „Klimawandel“ hört, sehen die meisten von uns rauchende Erdölfabriken, abgeholzte Regenwälder und verschmutzte Meere vor ihrem inneren Auge – das bewegt viele Menschen dazu, nach- und umdenken. Meist beginnt man beim Lebensmittelkauf. Lieber regional, saisonal und auf Bio-Lebensmittel zurückgreifen als auf mit Antibiotika vollgestopftes Fleisch für zwei Euro das Kilogramm. Das ist in fast allen Köpfen angekommen. Wenn es allerdings um das Konsumverhalten bei Bekleidung geht, denken die wenigsten daran, dass sie auch hier die Umwelt beeinflussen. Aber was hat Mode mit Umweltverschmutzung und Klimawandel zu tun, fragt ihr euch jetzt? Sehr viel. Viel zu viel sogar! Die Textilindustrie ist, wie schon erwähnt, einer der größten Umweltverschmutzer der Erde.

Das Problem Polyester

Einer der schädlichsten Faktoren in der Mode ist Polyester. In mehr als 60 Prozent unserer Kleidung steckt das auf Erdöl basierende Material. Das Problem bei dieser Faser ist nicht nur, dass sie nicht biologisch abbaubar ist, bei jedem Waschgang löst sich außerdem Mikroplastik in Form von Partikeln oder Fasern und gelangt ins Abwasser und danach in Flüsse und Meere. Da diese Fasern so klein sind, können Kläranlagen diese auch nicht herausfiltern und so enden Unmengen an Mikroplastik in unserer Umwelt. Laut Schätzungen der Weltnaturschutzunion IUCN landen jährlich ungefähr 1,5 Millionen Tonnen Mikroplastik im Meer. Zwei Drittel davon aus unserer Kleidung.

Baumwolle? Bitte nur aus biologischem Anbau!

Auch Baumwolle ist ein beliebtes Material für Bekleidung. Doch auch das ist – im konventionellen Bereich – mit Vorsicht zu genießen. Bei der konventionellen Baumwollproduktion werden reichlich Pestizide und Düngemittel auf den Feldern eingesetzt, die wiederum in die Böden gelangen, was für Tiere und Umwelt gefährlich ist und auch den Menschen bei der Baumwollernte gesundheitlichen Schaden zufügt. Dazu kommt der enorme Wasserverbrauch, der unter anderem zum Austrocknen des Aralsees führte. Für ein Kilo Baumwolle werden durchschnittlich 11.000 Liter Wasser bis zur Ernte verbraucht.

Bei Bio-Baumwolle sieht das schon ganz anders aus. Beim Anbau dieser dürfen keine giftigen Chemikalien und keine schädlichen Düngemittel verwendet werden. Auch der Wasserverbrauch ist deutlich geringer, da die Pflanzen auf einer dickeren Humusschicht angebaut werden, die mehr Wasser speichern kann.

Gefährliche Chemikalien im Produktionsprozess

Der nächste Schritt ist die Färbung der Stoffe. Auch dabei kommen Chemiecocktails giftiger Substanzen zum Einsatz, die oft ungefiltert direkt in die Gewässer der Produktionsländer gelangen und dabei deren Trinkwasser verunreinigen. Mittlerweile sind über zwei Drittel der chinesischen Gewässer als verschmutzt klassifiziert. Grund dafür sind die zu schwachen Umweltauflagen. Auf dem Titelbild dieses Artikels ist ein Fluss im Herzen der chinesischen Textilindustrie zu sehen, Qiantang in Xiaoahen. Die starke Verschmutzung des Wassers ist die Folge der Kleidungsproduktion unter anderem zahlreicher internationaler Fashion-Labels. Am unteren Bild seht ihr den Fluss Tullahan, der zwischen den Städten Caloocan und Valenzuela fließt. Dieser ist von lilafarbenen Schaum bedeckt, der aus unbekannten Quellen in den Fluss gelangt.

Bild: Gigie Cruz-Sy / Greenpeace

Die Verschmutzung der Gewässer ist das eine Problem, das andere ist, dass diese Chemikalien auch über das fertige Produkt dem menschlichen Organismus schaden können. Wenn wir wüssten, welche Chemikalien in einem Shirt enthalten sind, damit es sich weich anfühlt oder leicht zu bügeln ist, dann würden wir es nur noch mit Handschuhen anfassen. In der Textilindustrie sind viele Chemikalien zulässig, die in anderen Industrien längst verboten sind. Davor warnt auch die Europäische Kommission regelmäßig. Tributylzinn zum Beispiel zählt zu den giftigsten Chemikalien und wird hauptsächlich gegen Pilzbefall in Holzschutzmitteln eingesetzt. Früher wurde es bei Schiffsanstrichen verwendet, seit 2003 ist dies in der EU verboten. Bei Socken und Sportbekleidung wird es dennoch teilweise eingesetzt da es unangenehme Gerüche verhindern soll.

Ein anderes Beispiel ist Pentachlorphenol. Diese krebserregende Substanz fand man ebenfalls in Holzschutzmitteln. Seit 2002 ist auch sie dort verboten. Trotzdem fand man 2013 die doppelte als gesetzlich zugelassen Menge Pentachlorphenol in Herrenpantoffeln von Primark.

Kleidung als Wegwerfprodukt

Nach der Faserproduktion und der Färbung des Stoffes gelangt das fertige Material in die Textilfabriken, großteils im asiatischen Raum. Dort wird daraus das fertige Produkt genäht – den Arbeitsbedingungen in diesen Fabriken werde ich mich in einem anderen Artikel widmen. Schließlich endet das fertige Kleidungsstück in europäischen Läden und somit bei uns Endkonsumenten. Obwohl, „endet“ stimmt so eigentlich nicht. Denn die Kleidung, die die meisten von uns kaufen und manchmal sogar nur ein paar Mal tragen, weil sie dann zum Beispiel nicht mehr im Trend liegt, landet im besten Fall im Altkleidercontainer. In Österreich – und Österreich ist vergleichsweise ein kleines Land – werden 80.000 Tonnen Altkleider im Jahr gesammelt. In Wien alleine sind es 10.000 Tonnen. Davon können nur 50 Prozent als Kleidung wieder verwendet werden. Der Rest landet in der Müllverbrennungsanlage. Kleidungsstücke, die erst gar keinen Käufer finden, werden sogar oft vom Hersteller vernichtet.

Es gibt viele Alternativen!

Herkömmliche Kleidung aus Kunstfasern oder konventioneller Baumwolle, die noch dazu oft unter menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen produziert wird, richtet großen Schaden an. Den meisten von uns ist aber nicht bewusst, dass wir einen großen Einfluss auf all das haben und sehr wohl für eine positive Veränderung verantwortlich sein können. Mit unserem Umdenken können wir alle viel erreichen! Aber wie genau umdenken und was sind Alternativen für unsere bestehenden Gewohnheiten?

1. Konsumiert bewusster und nachhaltiger! Niemand braucht 30 Billigjeans – weniger ist oft mehr! Erkundet eure Innenstädte nach lokalen Herstellern oder Anbietern. Fair produzierte Kleidung hat meist eine bessere Qualität, ist vielleicht eine Spur teurer, dafür hat man länger etwas davon.

2. Achtet beim Neukauf auf Bio- und Fair-Zertifizierungen! Wie zum Beispiel GOTS (Global Organic Textile Standard)

3. Fragt nach! Fragt bei den Herstellern nach! Vor allem kleine Modelabels sind sehr transparent und erklären ihren Kunden gerne, wo, wie und wer die Stück genäht hat und woher die Materialien kommen.

4. Veranstaltet Tauschpartys oder findet Second Hand Shops in eurer Nähe! Wenn jeder von uns ein wenig in die richtige Richtung geht, ändert sich auf einmal sehr viel und gemeinsam machen wir die Welt wieder ein bisschen besser und erhalten sie für unsere nächsten Generationen.

Denn wie hat Mahatma Gandhi so schön gesagt: „Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt.“

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Life in plastic, it’s fantastic – Kann die Generation Plastik noch die Notbremse ziehen?

Im Mai diesen Jahres las man in den Nachrichten, dass die EU-Kommission Einmalprodukte aus Plastik verbieten wolle. Dazu zählt sie Strohhalme, Rührstäbchen und Luftballonhalter – „Kampf dem Plastikmüll“! Doch es…

Im Mai diesen Jahres las man in den Nachrichten, dass die EU-Kommission Einmalprodukte aus Plastik verbieten wolle. Dazu zählt sie Strohhalme, Rührstäbchen und Luftballonhalter – „Kampf dem Plastikmüll“! Doch es geht um viel mehr als nur Strohhalme und Rührstäbchen, auch wenn hier jedes Jahr Unmengen an Plastik alleine von Coffee-To-Go-Freunden verbraucht wird. Mittlerweile sollte bei jedem angekommen sein, dass die marine Verschmutzung durch Plastik, respektive Mikroplastik, verheerende Folgen hat. „In jedem Quadratkilometer der Meere schwimmen hunderttausende Teile Plastikmüll. Seevögel verenden qualvoll an Handyteilen in ihrem Magen, Schildkröten halten Plastiktüten für Quallen und Fische verwechseln winzige Plastikteile mit Plankton.“ (Quelle: wwf.de)

Aber woher kommt der ganze Müll im Meer? Der größte Anteil der Müllzufuhr in die Ozeane erfolgt über Zuflüsse vom Land. Etwa ein Viertel direkt über Schifffahrt, Fischerei oder Arbeiten in und am Wasser. (Quelle: nabu.de) An Letzterem können wir Otto-Normal-Müllproduzenten natürlich nicht viel ändern, zumindest nicht direkt. Wenn wir den Konsum von Seefisch reduzieren, jedoch durchaus. „Ich werfe keinen Müll in Flüsse“, werdet ihr jetzt vielleicht denken. Das ist richtig, denn in Deutschland wird verhältnismäßig- sprich im Verhältnis zu vielen anderen Ländern –  wenig Müll direkt in die Flüsse geworfen. Der meiste „Flussmüll“ gelangt über Auswaschungen auf Mülldeponien, kommunale Abwässer und die Landwirtschaft in die Flüsse (Quelle: nabu.de). Wenn ihr nicht gerade Landwirte seid, betreffen euch nur die ersten beiden Punkte.

„Leider benutzen die Menschen die Toiletten als Müllentsorgung.“

Yvonne Friesch, Mitinhaberin von Sanitär Friesch in Tübingen, erzählt mir, was Menschen über die Toilette entsorgen: Tampons, Slipeinlagen, Binden, Kondome, Windeln, Kleidung, Spielzeug. „Leider benutzen die Menschen die Toiletten als Müllentsorgung“, so Friesch. „In Schulen sind es oft Kleider, Buchseiten oder Sportschuhe.“ Auf öffentlichen Toiletten würden sogar Spritzen über den Abfluss entsorgt. Selbst Bauschutt komme vor. Friesch rät auch von Duftsteinen in der WC-Schüssel ab, da die Plastikhalterungen sich nicht selten lösen und dann entweder die Rohre verstopfen oder in die Kanalisation gelangen. Derartiges Verhalten kann aber auch teuer werden kann, da sich in vielen Fällen zurückverfolgen lässt, in welche Toilette dieser Unrat geworfen wurde. „Da kann ganz schön was zusammen kommen“, warnt Yvonne Friesch.

Wie kann man also seinen Müll soweit es geht reduzieren und möglichst ressourcenschonend leben? Im Supermarkt muss man sich gegenwärtig schwer wundern: Bananen und Gurken im Plastikmantel, Käse mit Folien zwischen den einzelnen Scheiben. Offenbar muss heute alles doppelt und dreifach verpackt werden. Auch geschälte und klein geschnittene Kartoffeln oder Kürbisse, eingeschweißt in Kunststofftüten schmiegen sich beinahe adaptiv an den phlegmatischen Konsumenten von heute.

Foto: S. Selbert

Auf verpackte Früchte kann man mit Sicherheit verzichten. Gerade bei größerem Obst oder Gemüse kann man das Etikett direkt aufkleben, statt umständlich eine Tüte um das Lebensmittel zu wickeln. In vielen Biomärkten gibt es mittlerweile Obst- und Gemüsenetze zu kaufen, die durchsichtig und vielfach verwendbar sind. Tatsächlich habe ich mit diesen Beuteln gute Erfahrungen gemacht, sie werden in jedem Supermarkt akzeptiert. Alternativen zum Obst und Gemüse aus dem Supermarkt bietet natürlich auch der Regionalmarkt, den es in jeder größeren Stadt gibt. Regionale Lebensmittel sind aufgrund der kurzen Transportwege aus ökologischer Sicht ohnehin begrüßenswert. In vielen Städten gibt es heutzutage sogenannte Unverpacktläden, in denen man entsprechend mit Behältern einkaufen geht, in die dann beispielsweise offene Nudeln eingefüllt werden können.

Unverpacktladen Speicher, Tübingen. Foto: Ulrich Müller

Kleine Füße, großer Abdruck

Wer ein Baby zuhause hat stellt sehr schnell fest, dass vor allem durch Windeln und Feuchttücher doch viel mehr Müll anfällt als zuvor. Was aber die meisten Menschen übersehen, ist, dass nicht nur der Gebrauch von Windeln, Binden und Tampons zu viel Müll führt – laut BUND macht der Windelmüll in manchen Gemeinden bis zu zehn Prozent aus und im Schnitt verbrauchen Frauen weltweit ca. 45 Milliarden (!) Binden und Tampons pro Jahr –, sondern auch die Herstellung nicht gerade ressourcenschonend ist. Menstruationstassen und Stoffwindeln stellen hier eine Alternative dar. Oft wird damit argumentiert, dass Stoffwindeln zur Reinigung viel Wasser und Strom benötigen. Man muss jedoch in die Kalkulation mit einbeziehen, dass auch Wegwerfwindeln viel Wasser verbrauchen, eben in der Herstellung. Wo die Stoffwindel jahrelang und sogar noch beim nächsten Kind benutzt werden kann, landet die Wegwerfwindel nach einmaliger Benutzung in der Tonne. Zumindest wenn wir die Stoffwindel bei 60 Grad waschen und sie nicht jedes Mal danach in den Trockner werfen, haben wir einen um 40 Prozent reduzierten Energieverbrauch im Vergleich zu Wegwerfwindeln (Quelle: windelwissen.de). Und Müll (aber auch Geld!) haben wir allemal eingespart, vor allem da Stoffwindeln sich gut weiterverkaufen lassen. Und viel schöner sind sie dabei auch noch.

Stoffwindel von milovia. Bild: Cat

Man muss sich als frischgebackene Eltern auch fragen, ob Obstmus in Quetschbeuteln oder Plastikbechern wirklich notwendig ist oder ob man nicht einfach selbst einen Obstbrei herstellen und abpacken kann. Eigentlich geht das doch ganz schnell. So klein unsere Babys sind: Ihr ökologischer Fußabdruck ist, vor allem im ersten Jahr, ganz schön groß. Aber nicht immer spielt das Umfeld mit, wenn man Müll einsparen möchte. Erst neulich ging ich mit einem Baumwollbeutel in die Bäckerei, weil ich es unnötig finde, dass wir alle ein bis zwei Tage Brot in Papier- oder gar Plastiktütchen nach Hause tragen. Die Bäckereifachverkäuferin lehnte jedoch ab, sie dürfe den „aus hygienischen Gründen“ nicht anfassen. Warum sie Geld trotzdem anfassen darf, die Antwort blieb sie mir schuldig. Mittlerweile haben wir aber eine Bäckerei in der Nähe gefunden, die kein Problem mit unserem Stoffbeutel hat.

Wenn man bewusst darauf achtet, was man alles in den Müll wirft, erkennt man schnell, worauf man problemlos verzichten könnte. Für viele Produkte gibt es beispielsweise Nachfüllpackungen. Auf eine Menge Plastik kann man auch verzichten, wenn man zum Einkaufen eigene Taschen und Beutel mitnimmt. Was in Plastik ist, kommt nicht in die Tüte. Bei anderen Dingen ist das leider noch nicht möglich. Trotzdem kann man sich fragen, ob man Joghurt in kleinen Plastikbechern kaufen muss oder nicht doch lieber solche in Mehrweggläsern nimmt. Muss man Getränke in PET-Flaschen kaufen, die ohnehin im Verruf stehen gesundheitsschädlich zu sein, oder sind Glasflaschen eine Alternative? Der Fairness halber muss man sagen, dass die größte Menge an Müll, der über die Abwässer ins Meer gelangt, nicht aus Ländern wie Deutschland stammt, in denen recycelt wird. Jedoch wurde unser Müll viele Jahre nach China exportiert und wer weiß schon, was dort mit ihm passiert ist? Nicht zuletzt werden schließlich auch durch die Herstellung von Kunststoffverpackungen jede Menge Rohstoffe und Energie verbraucht (Quelle: wwf.de). Aber auch wenn wir unseren Müll trennen und recyceln, sollten wir diesen Unmengen an Plastikmüll entgegenwirken, was im Coffee-To-Go-Zeitalter nicht allzu leicht erscheint.

Als ich neulich in einem Supermarkt einkaufen war, beschwerte ich mich an der Kasse darüber, dass dermaßen viel Obst in Plastik eingeschweißt war. (Oder waren die Verpackungen aus kompostierbarer Stärke? Für den Ottonormalkonsumenten leider kaum zu unterschieden.) Der Kassierer antwortete mir, dass er dies ebenfalls nicht gut heiße, sich jedoch überhaupt nichts ändern würde, so lange Menschen dieses Obst kaufen. Recht hat er! Tatsächlich liegt es an jedem einzelnen von uns. Nur, wenn wir über unser Konsumverhalten nachdenken und etwas daran ändern, denken die großen Konzerne um.

Es ist fünf vor zwölf, vielleicht sogar nach zwölf und leider hat sich in den letzten Jahren gezeigt, dass man auf die Politik nicht wirklich zählen kann, was die Reduzierung von Plastikmüll anbelangt.

Jetzt ist es unsere Aufgabe, bewusster einzukaufen, zu verzichten und umzudenken. Wenn wir es nicht für uns selbst tun, dann für unsere Kinder.

 

Quellen:
https://www.wwf.de/themen-projekte/meere-kuesten/plastik/unsere-ozeane-versinken-im-plastikmuell/
https://www.nabu.de/natur-und-landschaft/meere/muellkippe-meer/16805.html
https://www.bund-naturschutz.de/oekologisch-leben/kinder/stoffwindeln.html
https://reset.org/act/nachhaltige-monatshygiene-kein-muell-der-regel
https://www.windelwissen.de/stoffwindeln-wegwerfwindeln-umwelt/

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Die Crowdfunding-Erfolge von morgen – Vier WearFair-Projekte im Interview

Am vergangenen Wochenende informierten sich in der Linzer Tabakfabrik bei der Nachhaltigkeitsmesse WearFair +mehr 2018 rund 14.000 BesucherInnen über fairen und nachhaltigen Lebensstil und Produkte. Vier der dort vorgestellten Projekte sind im Rahmen einer…

Am vergangenen Wochenende informierten sich in der Linzer Tabakfabrik bei der Nachhaltigkeitsmesse WearFair +mehr 2018 rund 14.000 BesucherInnen über fairen und nachhaltigen Lebensstil und Produkte. Vier der dort vorgestellten Projekte sind im Rahmen einer Kooperation mit der Plattform wemakeit aktuell auch mit einer Crowdfunding-Kampagne online: die Bad Seeds Company – BSC, das Projekt almgrün Gemüse CSA, wild floriert sowie Schlüfer – ein Wohlfühlei von Spurenlos. Für The bird’s new nest hat Wolfgang den Organisator der WearFair Wolfgang Almer-Pfoser, die Projektbetreuerin bei wemakeit Sunita Maldonado sowie die ProjektinitiatorInnen zum Interview gebeten und zu ihren Visionen und Erfahrungen befragt.

Wolfgang: Lieber Wolfgang, du bist der Geschäftsführer der WearFair. Erzähl doch kurz, was das ist und was die BesucherInnen am letzten Wochenende erwartet hat.

Wolfgang Almer-Pfoser: Die WearFair +mehr ist Österreichs größte Messe für einen fairen Lebensstil. Bei uns stellen über 180 AusstellerInnen aus, die unsere ExpertInnen von Global2000, Südwind und dem Klimabündnis auf Herz und Nieren geprüft haben. So können sich unsere BesucherInnen wirklich 100 Prozent sicher sein, dass sie mit jedem Euro, den sie bei uns ausgeben, ein kleines bisschen die Welt retten.

Welche Rolle kann Crowdfunding deiner Meinung nach im Bereich nachhaltiger, fairer Produkte spielen und wie unterstützt ihr hier als Messe?

Wolfgang Almer-Pfoser: Crowdfunding kann hier wie in allen Zukunfts-Bereichen eine wichtige Rolle spielen, weil es die oft sehr behäbigen Gatekeeper wie Investoren oder Großhandel überspringt und sich direkt an die Endkunden wendet. Und nur die sollten entscheiden, ob ein Produkt Sinn macht oder nicht. Rund um die WearFair gibt es so viele faszinierende Menschen, die ständig neue, visionäre Ideen produzieren. Daher freut’s mich wirklich sehr, dass wir eine so schöne Kooperation mit wemakeit haben und dass sich vier wirklich tolle Projekte bei uns präsentieren konnten.

Sunita, die von Wolfgang angesprochene Kooperation gibt es dieses Jahr bereits zum zweiten Mal. Welche Vorteile ergeben sich dadurch für die Projekte?

Sunita Maldonado: Die ausgewählten Projekte erhalten bei der Vorbereitung und der Bekanntmachung ihrer Kampagne Unterstützung von wemakeit und der WearFair. Zudem hatten sie die Möglichkeit ihr Projekt live bei der WearFair zu präsentieren, was eine riesige Chance ist! Sie konnten den Besuchern ihre Produkte und Ideen direkt zeigen und erklären, wofür sie die Crowdfunding-Kampagne machen. Die BesucherInnen auf der anderen Seite hatten die Möglichkeit, die Produkte anzufassen und zu sehen, bevor sie diese über die wemakeit-Kampagne erstehen und konnten natürlich insbesondere auch die Menschen hinter dem Projekt kennen lernen. Sie wissen danach also genau, wer ihr neue Jeans produziert oder ihren nachhaltigen Blumenstrauß gebunden hat.

Liebes Team der Bad Seeds Company, stellt euer Projekt bitte vor und erzählt doch kurz, warum ihr euch für Crowdfunding entschieden habt!

Bad Seeds Company: Wir produzieren Jeans aus hundertprozentigem Hanf und machen dies in kleinen Familienschneidereien in Italien. Hanf ist mit Sicherheit der nachhaltigste Rohstoff und eine Produktion in nahegelegenen Familienbetrieben ein Beispiel an absolutem Fair Trade, dennoch ist dies in der heutigen Modebranche aus wirtschaftlicher Sicht die “schlechteste” Alternative, wo doch bekanntlich in entfernten Ländern zu Billigstpreisen und mit Fair Trade-Siegel produziert werden kann, wie uns selbst bereits von Kreditanstalten geraten wurde. Somit bleibt Crowdfunding wohl die Finanzierungsmöglichkeit schlechthin mit dem Vorteil auch gleich mit dem Kunden einen Kontakt zu schließen. Crowdfunding ist ein Finanzierungssystem im Einklang mit der Tätigkeit des Unternehmens. Verkauf und Finanzierung gehen dabei Hand in Hand und lassen den Unternehmer nicht in einer Bittsteller-Position verweilen.

Liebe Michaela und Reingard, stellt euer Projekt almgrün Gemüse bitte kurz vor und erzählt uns, was ihr euch von der WearFair-Kooperation erwartet!

almgrün Gemüse: Wir sind eine neue Gemüse CSA Mikrofarm im Almtal in Oberösterreich und wollen zeigen, dass “wachsen oder weichen” nicht der Weisheit letzter Schluss ist, wenn es um zukunftsfähige Landwirtschaft geht. Wir kultivieren auf nur einem Hektar Land 70 verschiedene Gemüsearten und über 200 Sorten und werden kommende Saison schon über 60 Haushalte mit frischem, saisonalem Gemüse versorgen. Der Auftritt auf der Messe war für uns eine tolle Möglichkeit, viele aufgeschlossene Menschen für solidarisches Landwirtschaften und Mikrofarming zu begeistern. Für uns als Quereinsteigerinnen ist natürlich jeder zusätzliche Euro willkommen, da wir alles von Null aufbauen müssen. Und wenn uns die Crowd dabei unterstützt, die letzten Geräte, die wir noch für unsere umweltfreundliche Bewirtschaftung brauchen, zu finanzieren, können wir dafür rascher damit beginnen, andere dabei zu unterstützen, ihre eigene Mikrofarm zu gründen. Damit man bald wieder in jedem Dorf Gemüse aus der Region kaufen kann!

Lieber Wolfgang von Spurenlos, stell‘ euer Projekt bitte kurz vor und sag‘ uns, welche Erfahrungen ihr mit Crowdfunding gemacht habt, ihr habt ja bereits eine erfolgreiche Kampagne hinter euch!

Spurenlos: Wir haben es uns zum Ziel gesetzt Einrichtungsstücke zu entwickeln, die nach ihrer Nutzung keine Spuren hinterlassen: Naturmaterialien wie Filz, Hanfseil, Massivholz setzten wir ein und verzichten konsequent auf Leim, Metalle und Kunststoffe. Im Frühling diesen Jahres haben wir bereits eine Crowdfunding-Kampagne für unseren Spurenlos-Hocker Dreiblatt erfolgreich abgeschlossen und diesen zur Serienreife entwickelt. Aktuell möchten wir unseren Schlüfer – ein Wohlfühlei für Kinder und Babys entwickeln und ebenfalls in Serie bringen. Die Kampagne auf wemakeit unterstützt uns dabei dieses Ziel zu erreichen!

Liebe Lisa, bitte stelle euer Projekt wild floriert vor und beschreibe kurz, warum ihr euch zum Crowdfunding-Aufruf von wemakeit und der WearFair gemeldet habt!

wild floriert: Wir sind drei motivierte Frauen mit einer Mission, die längst notwendig ist. Im konventionellen Blumenladen und Gartenbau wird Umweltschutz meist mit Füßen getreten. Wir lieben unseren Beruf, konnten es aber nicht länger verantworten, den Import – meist aus Drittländern – von Schnittblumen und Co. zu unterstützen. Zudem ist der Torfabbau, welcher als Substrat für Topfpflanzen gängig ist, ein völlig unvertretbares Übel. Chemische Dünger und Pflanzenschutzmittel sind ebenfalls ständige Begleiter. Unsere Motivation war und ist es, Alternativen zu finden. Die wildflorie gibt es nun seit zwei Jahren, ständig optimieren wir unsere Ansätze. Damit wir unsere Ideologie verbreiten und auf uns aufmerksam machen können, brauchen wir ordentliches Werbematerial: Broschüren und Webseite sind das Ziel. Denn der Konsument gehört informiert, den meisten ist nicht bewusst, dass es Möglichkeiten als Alternative gäbe.

Vielen Dank für das Interview und viel Erfolg beim Crowdfunding!

 

Ihr könnt die Projekte im Rahmen der Kooperation noch einige Wochen unterstützen, weitere Informationen zu den Projekten findet ihr im WearFair-Channel auf wemakeit.

Arbeitet ihr an einem nachhaltigen Crowdfunding-Projekt oder kennt ein solches, über das auf The bird’s new nest berichtet werden sollte? Dann sendet mir eure Inputs und Vorschläge zum Thema an office@crowdfunding-service.com!

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