Eco. Life. Style.

Kategorie: Living.

Indien: Chaos ist meine Art der Planung…

“Das Leben passiert, während du noch mit dem Planen beschäftigt bist”. Zutreffender könnte man die letzten paar Wochen in meinem Leben kaum zusammenfassen. Da habe ich noch nicht mal den…

“Das Leben passiert, während du noch mit dem Planen beschäftigt bist”. Zutreffender könnte man die letzten paar Wochen in meinem Leben kaum zusammenfassen. Da habe ich noch nicht mal den Beitrag zu meinen Reise-Vorstellungen gepostet, da kam schon eine Mail herein geflattert:

 “Einladung zu einer Reise mit Shanti TravelDurga Puja Festival in Kalkutta”.

Sofort aufgemacht, überflogen… und den Gedanken nicht mehr losbekommen. Eigentlich wollte ich ja länger zuhause bleiben. Eigentlich bin ich ja etwas reisemüde. Eigentlich wollte ich mir bei meinem nächsten Trip Zeit lassen. Eigentlich hatte ich gerade jemanden kennen gelernt und für spannend befunden.

Aber… Eigentlich steht Indien schon sehr, sehr lang auf meiner Reise-Liste. Eigentlich ist ein ganzer Monat zuhause ja schon mal ein guter Anfang (frau muss ja nicht gleich übertreiben mit der Sesshaftigkeit). Eigentlich kann ich mir ja etwas mehr Zeit lassen auf diesem Trip – für Indien auch sicher notwendig. Eigentlich habe ich Glück: Normalerweise kann ich solche spontanen Einladungen nie und nimmer annehmen, weil ich stets verplant bin. Wie gut, dass es in dem Moment einmal anders ist! Tja, und nachdem sich der spannende Mensch als doch etwas zuuu spannend für meinen Geschmack herausgestellt hat (Beziehungsstatus kompliziert muss nicht schon wieder sein), steht Indien eigentlich nichts im Weg.

Ihr könnt es euch schon denken: Ich habe Ja gesagt! Und weil ich vielleicht nicht vollkommen, aber doch etwas lernfähig bin, habe ich gleich beschlossen, nach den 14 Tagen, die Shanti Travel für uns organisiert, noch bis 15. November anzuhängen. Die ersten Stationen der Reise mit Shanti Travel sind also bekannt: Delhi – Jaipur – Agra – Taj Mahal – Varanasi – Kalkutta, wo das farbenprächtige Durga Puja Festival auf uns wartet, eines der größten religiösen Festivals des Landes, das ganz Indien auf den Kopf stellt. Na, ich mache mich auf etwas gefasst und bin sicher, ich werde darüber berichten.

Die ersten 14 Tage bin ich in der Obhut von Shanti Travel. Foto: Shanti Travel

Indien ist ein gigantischer Spiegel – sagt „Reiseschreibergott“ Andreas Altmann.

Dass sich Shanti Travel darauf spezialisiert hat, individuelle Touren ganz nach Geschmack der/des Reisenden zusammenzustellen und wir wegen der Kurzfristigkeit der Anfrage nur eine winzigkleine Gruppe sind, kommt mir natürlich sehr entgegen. Mit mir ist noch Florian von Flocblog / Reisedepeschen.de samt Freundin mit dabei. Den hat zwar Indien bei seinem ersten Mal ziemlich genervt, aber er gibt ihm offensichtlich eine zweite Chance.

Für die weitere Route habe ich die letzten Tage und Wochen viel überlegt. Habe meinen Kopf eingeschaltet, wollte schon wieder eine Tour buchen und auf Nummer sicher gehen – Indien ist schließlich riesig und schon in der Planung dementsprechend ziemlich überwältigend. Aber ich habe dann doch meinen Bauch entscheiden lassen: Genau, das bin ja ICH.

Mich treibt es zuerst in die Mangrovenwälder, wo ich schon einmal vorsorglich eine drei-Tages-Tour mit Tour de Sundarbans unternehmen und in ihrem selbst gebauten Eco-Village unterkommen werde. Danach möchte ich hoch, in den Nordosten von West-Bengalen, nach Darjeeling mit seinen Hill-Stations, in die Berge – ziemlich nahe übrigens zur Grenze ans Königreich Bhutan, Wiedersehen macht Freude! Und übrigens genau die Region, in der Dorit auf ihrer Guten Reise durch Indien leider nicht hin konnte. Naja, vielleicht finde ich für das Projekt noch ein paar verantwortungsvolle Reise-Tipps.

Ich freu mich auf Farben ohne Ende! Foto: Doris

Ich freu mich auf Farben ohne Ende! Foto: Doris

Dass zu der Zeit dank Durga Puja unheimlich viele Inder unterwegs sein werden und es dementsprechend wohl sehr, sehr, sehr chaotisch ist, ist mir klar. Trotzdem ist mein Bauchgefühl stärker…

Vorher mache ich aber Station auf der Babli Farm, die lustigerweise nicht nur im Lonely Planet stehen, sondern außerdem Freunde von Freunden sind. Dort wird gemeinsam mit der lokalen Community ein Bauernhof nach altem Modell betrieben – und zusätzlich wird angeboten, dass Interessierte in Guest Houses übernachten können. Wie ich dorthin komme, das weiß ich allerdings noch nicht ganz – die Züge, die in Indien weit im Voraus ausgebucht sind, sind bereits alle besetzt. Es wird einen Weg geben, ich bin mir ziemlich sicher.

Was dazwischen passiert? Ihr werdet es erfahren. Zum Abschluss steht allerdings bereits ein Programmpunkt meines Indien-Aufenthalts fest: Von 1. bis 12. November bin ich dann mal offline – es steht nämlich ein 10-Tages-Vipassana-Kurs an. Meditieren, schweigen, komplett bei mir sein. Ich habe die Meditationsform bereits 2009 in Österreich kennen gelernt, bin schon zehn Tage gesessen und möchte es jetzt dort nochmals machen, wo die Bewegung rund um S.N. Goenka ihren Anfang genommen hat. Und das Dhamma Sikhara, Himachal Vipassana Center im Himalaya-Gebirge ist angeblich eines der schönsten Zentren in Indien. Ob ich deshalb die Lichter-Feierlichkeiten rund um Diwali versäume, das in diesem Jahr am 3. November zelebriert wird, das werden wir noch sehen.

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Ekohiiki – Etwas Gutes tun

Ein Gastbeitrag von Steven, der auf funkloch.me über Nachhaltigkeit, das Reisen und spannende Projekte schreibt, die mit beidem zu tun haben oder ihn einfach interessieren. Privat ist er gerne ein…

Ein Gastbeitrag von Steven, der auf funkloch.me über Nachhaltigkeit, das Reisen und spannende Projekte schreibt, die mit beidem zu tun haben oder ihn einfach interessieren. Privat ist er gerne ein Träumer, der nach seiner dreieinhalb jährigen Tätigkeit in einer Berliner Werbeagentur am liebsten permanent reisender Hubschrauberpilot, Restauranttester und Schwimmlehrer werden möchte. Um nichts zu verpassen, könnt ihr auf seiner Facebook-Seite vorbeischauen.

Es war einer dieser Momente, in denen ich die rosa-rote Blümchenwelt um mich herum vergaß, an der Gutherzigkeit der Menschheit zweifelte und nicht glauben konnte, was vor mehr als 68 Jahren geschehen war. Obwohl ich die Geschichte dieser Stadt gut kannte, war ich zutiefst gerührt und vergrub mein Gesicht in Unverständnis.

Ich war in Hiroshima und saß mehrere Stunden der Atombombenkuppel gegenüber. Am 6. August 1945 um 8.16 Uhr Ortszeit detonierte hier mit einer unheimlichen Zerstörungsgewalt in 600 Meter Höhe die amerikanische Atombombe Little Boy. Es war der weltweit erste Einsatz einer Atomwaffe. Little Boy zerstörte innerhalb von Sekunden 80 Prozent der Innenstadt und löschte 90.000 bis 166.000 Menschenleben aus.

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Heute ist Hiroshima ein Ort des Friedens, der seine Botschaft in die ganze Welt sendet. In den Folgejahren entstand auf der Fläche des Hypozentrums der Peace Memorial Park. Der Park gedenkt der Opfer, klärt auf und mahnt. Im Herzen des Parks befindet sich das Peace Memorial Museum. Es lässt die grausame Vergangenheit hautnah nacherleben.

Um eine Wiederholung des Schreckens vom 6. August zu verhindern, schreibt der Bürgermeister der Stadt Hiroshima nach jedem Test von Atomwaffen einen Protestbrief an das jeweilige Staatsoberhaupt. 604 Protestbriefe wurden nach 1945 versendet. Von den letzten zehn Briefen waren neun an Barack Obama und einer an Kim Jong Un adressiert.

Den Frieden in die Welt zu tragen und etwas Gutes zu tun hat sich fortan tief im Denken der Stadt verankert. Sie ist geprägt von den Narben der Vergangenheit. Im ganzen Stadtgebiet weisen Gedenktafeln auf das Leben vor Little Boy hin und ermutigen als Zeitzeuge die Kunde in die Welt zu tragen.

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Von all den Impressionen am Ort des Geschehens hatte ich ein mulmiges Gefühl im Magen, sodass ich ganz verdrängt hatte zu Mittag zu essen. Erst jetzt machte sich der Hunger bemerkbar.

Kurz vor der Restaurantsuche machte ich einen letzten Halt auf der Parktoilette. Hier traf ich einen alten Japaner, der seine Kleidung im Waschbecken wusch. Er war sehr dürr, hatte langes graues Haar und machte trotz seiner Obdachlosigkeit einen gepflegten Eindruck. Er grüßte mit einem herzlichen Kombanwa (jap. für Guten Abend) , ließ das Wasser im einzigen Waschbecken ab und machte Platz, sodass ich mir die Hände waschen konnte. Ich grüßte ebenfalls, bedankte mich und zog weiter.

Nach etwa zehn Metern machte ich kehrt. Er staunte, als ich nur Sekunden später wieder vor ihm stand. Ich fragte ihn, ob er heute schon etwas gegessen hat. Er schüttelt langsam und nachdenklich den Kopf.

Ich nahm mein Portemonnaie und gab ihm 1.000 Yen. Erst auf mein Drängen hin nahm er es an und wünschte mir eine gute Nacht. Der Betrag in Yen entspricht etwa acht Euro. Das ist nicht viel, jedoch würden davon sicher ein paar Mahlzeiten rausspringen. Ich freute mich, etwas vermeintlich Gutes getan zu haben.

Auf der Suche nach einem Restaurant schlenderte ich durch die Straßen Hiroshimas und entdeckte das perfekte Restaurant: Ein Grill hatte mich neugierig gemacht. Ich trat näher und entdeckte eine kleine Broschüre mit der Aufschrift „Welcome Ekohiiki. This is Hiroshima.“.

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Schon auf der ersten Innenseite der Broschüre hatte mich das Ekohiiki überzeugt: Sämtliche Zutaten stammen ausschließlich aus der Region um Hiroshima! Wow, hier musste ich einfach bleiben, denn bisher kam mir Japan zwar qualitativ hochwertig, aber keinesfalls nachhaltig vor!

Ich wurde, wie immer, auf freundlichste Art und Weise herein gebeten und sofort mit Fragen über meine Herkunft gelöchert. Während die beiden Köche mein Abendessen zubereiteten, folgten weitere Fragen vom Kellner. In diesem Punkt ist Japan kurios. Entweder sind die Japaner total schüchtern und bekommen keinen Ton heraus oder sie sind extrem neugierig und fragen dich Löcher in den Bauch. Zweiteres ist mir natürlich viel lieber. Und irgendwie machte das auch Spaß, denn ich konnte Gegenfragen stellen und so auch mal hinter die Kulissen dieses spannenden Landes schauen.

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Das Essen wurde vor meinen Augen zubereitet und war himmlisch. Ich liebe die japanische Küche. Die Japaner haben meiner Meinung nach eine ganz besondere Beziehung zu Lebensmitteln. Sie gehen viel behutsamer mit ihnen um und bereiten sie mit der gleichen Liebe und Sorgfalt zu, mit der sie die Speisen auch verputzen.

Fleisch ist in Japan beispielsweise extrem teuer, was ich als „Kein-Fleisch-Esser“ absolut unterstütze, damit eine gewisse Wertschöpfung erfolgt. Spätestens durch den Blick auf das eigene Budget erfolgt das Umdenken zum geringen Fleischkonsum. Davon sind wir in Deutschland mit 500 Gramm Hack für 99 Cent leider noch lange entfernt…

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Kurz nachdem ich bis auf das letzte Reiskörnchen alles vertilgt hatte nahm ich eine Karte von Hiroshima sowie mein Telefon und einen Stift aus meiner Tasche, um bei einem weiteren Sake den folgenden Tag zu planen. Als ich gerade in den Busfahrplan vertieft war tauchte Hitoshi wieder neben mir auf. Wir verbrachten noch eine weitere tolle Stunde mit Sake und kulturellem Austausch, bis ich die Rechnung bestellte. Mein Trinkgeld nahmen sie natürlich nicht an und deuteten stattdessen auf die kleine Broschüre. Ekohiiki heißt „Etwas Gutes tun“. Sie haben es gerne gemacht, aus dem Herzen heraus.

Und so schloss sich der Kreis zwischen dem Mann auf der Toilette, dem Ekohiiki und mir.

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Alaskische Marktgeschichten

“Moose flavored dog treats” – Hundeleckerlis, die nach Elch schmecken!? Echt jetzt!? Die ältere Dame hinter dem Markttisch hat meinen zweifelnden Blick offensichtlich gemerkt. “Ja, natürlich”, erklärt sie mir und…

“Moose flavored dog treats” – Hundeleckerlis, die nach Elch schmecken!? Echt jetzt!? Die ältere Dame hinter dem Markttisch hat meinen zweifelnden Blick offensichtlich gemerkt. “Ja, natürlich”, erklärt sie mir und amüsiert sich dabei offenbar königlich über mein Staunen, “das mache ich sogar selbst.” Eine etwas umständliche, gefühlte 10minütige Erklärung des Wie´s folgt: Eine, die ich als Vegetarierin lieber gar nicht gehört hätte. Von Elchhaut ist die Rede, die im Wasser aufgelöst wird, um ihren Geschmack abzugeben. Und davon, dass das Hundefutter dann in diesem Wasser gekocht wird. Oder so. Brrr, nichts für etwas empfindliche Seelen wie mich.

Doch dass hier in Alaska jeder auf die Jagd oder zum Angeln geht und selbst langjährige VegetarierInnen damit beginnen, Tiere zu töten, zu häuten, zu verarbeiten und zu verspeisen, daran habe ich mich nach einigen Tagen im US-Bundesstaat gewöhnt. Der Respekt und die Wertschätzung der Natur gegenüber, mit denen das geschieht, lassen alles selbstverständlich, ja fast schon notwendig wirken.

Sind wir nicht alle Jäger?! Foto: Doris

Sind wir nicht alle Jäger?! Foto: Doris

Naja, und sollte ich jemals Hundefutter mit Elch-Geschmack herstellen wollen, weiß ich jetzt auch, wie es geht…

Am Bauernmarkt wird selbst ein Regentag bunt. Foto: Doris

Am Bauernmarkt wird selbst ein Regentag bunt. Foto: Doris

Gespräche wie diese entstehen auf dem Bauernmarkt von Fairbanks, der an diesem Donnerstag nachmittags überraschend belebt und gut besucht ist. Die Frage, ob denn in Alaska niemand etwas zu tun hat, die stelle ich lieber gar nicht. Dem ist natürlich nicht so.

MarketenderInnen bieten ihre Waren feil. Foto: Doris

MarketenderInnen bieten ihre Waren feil. Foto: Doris

“Am Samstag geht die Caribou-Jagd (Anm.: Caribou steht für Ren, die nordamerikanische Bezeichnung für das Tier) los”, berichtet ein Herr, den “meine” Marketenderin freundlich gegrüßt hat. Hier in Alaska scheint jeder jeden zu kennen, und unter den rund 31.500 Einwohnern von Fairbanks, der zweitgrößten Stadt des Staates, ist das nicht anders. Vierzehn Tage dürfen sie in dem Gebiet jagen, das der Herr zu seinem Revier erkoren hat. Er selbst bleibt “nur” eine Woche vor Ort – und freut sich schon sehr auf den Genuss. Denn neben der Jagd steht eben dieser im Vordergrund: “Wir haben einen Whirlpool bei der Hütte”, erzählt er mir von seiner Männerrunde – und ich bin nicht überrascht, scheinen doch Whirlpools in Alaska verkauft zu werden wie warme Semmeln, wie wir bei der State Fair gesehen haben -, “außerdem haben wir viele Leckereien dabei: Selbst gemachte Lachspastete, Rentierwurst…” Er verschluckt sich beinah am Wasser, das in seinem Mund zusammenläuft.

Büffel, Rentier, Elch-Wurst... all das wird auch auf dem Markt angeboten. Foto: Doris

Büffel-, Rentier-, Elch-Wurst… all das wird auch auf dem Markt angeboten. Foto: Doris

Ich verabschiede mich und widme mich lieber dem Riesen-Kohl, der mit seinen 18 Pfund wohl nur zu “durchschnittlichem” Gemüse zählt. Hier in Alaska wächst alles in Übergrößen. Faszinierend sind auch die selbst gebastelten Weihnachtsbaum-Gehänge aus Bären-, Robben- und Hasenfell, Honig-, Marmelade- und andere Mischungen in Gefäßen mit Bärenform oder Ohrringe aus Mammut-Zähnen.

Riesen-Cabbage: Wobei, mit 18 Pfund ist er noch erträglich klein. Foto: Doris

Riesen-Cabbage: Wobei, mit 18 Pfund ist er noch erträglich klein. Foto: Doris

Wer sich einmal durch Alaska kosten möchte oder noch Souvenirs und Mitbringsel für seine Lieben möchte, der ist hier am Markt genau richtig! Wer einmal mit Einheimischen ins Gespräch kommen möchte, ebenfalls – nicht nur über die Jagd. Und wer Märkte liebt, so wie ich, sowieso <3

In Alaska kommt man an Blueberries kaum vorbei. Foto: Doris

In Alaska kommt man an Blueberries kaum vorbei. Foto: Doris

Schöner, bunter Markt. Foto: Doris

Schöner, bunter Markt. Foto: Doris

Bäriges ist in Alaska überall. Foto: Doris

Bäriges ist in Alaska überall. Foto: Doris

Alles ist Plus-Size in Alaska, auch das heiß geliebte Popcorn. Foto: Doris

Alles ist Plus-Size in Alaska, auch das heiß geliebte Popcorn. Foto: Doris

Bauernmarkt Fairbanks
Tanana Valley Farmer´s Market
jeden Mittwoch (11.00 – 16.00 Uhr), Samstag (9.00 – 16.00 Uhr) und Sonntag (11.00 – 16.00 Uhr)
2013 noch bis 22. September 2013

Offenlegung: Herzlichen Dank an Condor für die Unterstützung bei den Flügen, an Airbnb und Best Western für Übernachtungs-Gutscheine sowie an die Regionen Anchorage und Fairbanks für den Support.

 

Andere Garanten für Marktgeschichten in den USA: 

Hawaii Hilo Farmers Market
Mittwoch & Samstag von 6.00 bis 16.00 Uhr
kleinere Version: Montag, Dienstag, Donnerstag, Freitag, Sonntag: 7.00 bis 16.00 Uhr
Auf einem der Stände gibt es auch meinen Lieblings-Papaya-Salat >> hier geht´s zum Rezept!

Auf meinem Stammmarkt in Hilo gab es günstiges Obst und kleine Snacks. Foto: Doris

Auf meinem Stammmarkt in Hilo gab es günstiges Obst und kleine Snacks. Foto: Doris

SPACE Farmers Market im Puna District, Hawaii
jeden 2. Samstag, 8.00 bis 12.30 Uhr

Pike Place Farmers Market, Seattle
Der Markt hat 362 Tage im Jahr rund 19,5 Stunden offen (geschlossen: Thanksgiving, Christmas & New Year’s Day)
Breakfast: 6 am
Fresh Produce & Fish: 7 am
Official Market Bell: 9 am
Merchant Hours: 10 am – 6 pm
Restaurants & Bars Last Call: 1:30 am

Das "Wahrzeichen" vom Pike Place Market. Foto: Doris

Das „Wahrzeichen“ vom Pike Place Market. Foto: Doris

Olympia Farmers Market
Offen Donnerstag bis Sonntag 10.00 bis 15.00 Uhr

Es gibt nicht nur Essen (wie Schokolade), sondern auch Sprüche und vieles mehr auf dem Farmers Market. Foto: Doris

Es gibt nicht nur Essen (wie Schokolade), sondern auch Sprüche und vieles mehr auf dem Farmers Market. Foto: Doris

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Reisender oder Tourist: Warum Dabeisein eben NICHT alles ist

Zuhause ist es doch am Schönsten. Ein Spruch, den ich im Normalfall nicht unbedingt unterschreiben würde. Im Moment tue ich es doch. Und zwar doppelt und dreifach. Ein paar Tage…

Zuhause ist es doch am Schönsten.

Ein Spruch, den ich im Normalfall nicht unbedingt unterschreiben würde. Im Moment tue ich es doch. Und zwar doppelt und dreifach.

Ein paar Tage Belgien, ein Wochenende in Riga, auf Kurzvisite in Zürich, dann mal eben auf die Alp, Wandertage in Tirol – und einen halben Tag später schon im Flieger nach Alaska sitzen. Mit Zwischenstopp in Seattle, wohlgemerkt. Und das waren bloß die letzten fünf Wochen! In diesem Sommer war ich öfters unterwegs als zuhause. Meine Freunde haben sich kaum noch gemeldet, wohl wissentlich, dass ich ohnehin nicht im Lande wäre. Mein Zimmer habe ich nur betreten, um den Koffer hinein zu stellen und den Rucksack heraus zu nehmen. In meiner Wohnung hat es sich der Staub so richtig gemütlich gemacht, weil ich noch nicht einmal dazu gekommen bin, die Putzfrau anzurufen. Und und und.

Kann man zu viel reisen? Seit dem Sommer weiß ich: Ja, man kann. So sehr ich das Unterwegssein liebe, Hochmomente noch und nöcher hatte, so viele großartige Leute wieder gesehen oder erst kennen gelernt habe, es läuft auf eines hinauf: Ich habe mich übernommen. Schlicht und einfach.

Und doch bin ich sehr froh, diese Grenzerfahrung – andere springen Bungee, ich betreibe Extreme-”Reising” – gemacht zu haben. Mir ist nämlich einiges klar geworden. Einiges, das mir zwar schon bewusst war, das ich aber im Übermut des Reisen-Könnens verdrängt habe. Einiges, das ich mit euch teilen und das ich vor allem für meine zukünftigen Reisen beachten möchte. Ich hab es mir versprochen!

“Wie magst du deine Reisen?”, Dustin hat mir diese Frage per Email gestellt. Er ist einer, den mein Reisepartner Ingo und ich gleich am ersten Tag in Alaska “aufgegabelt” und in den Nationalpark Denali mitgenommen haben. Er ist einer, der schon überall war und noch überall hin möchte. Er ist einer, der mich versteht. “Die meisten meiner Reisen sind, wie ich sie möchte.”, erkläre ich ihm: “Spontan, abenteuerlich, Reisen, auf denen ich vieles erlebe – auch den Alltag, auf denen ich Leute treffe, auf denen positive Überraschungen Platz haben und auf denen ich im Fluss bin und beobachte, wie der Zauber funktioniert.”. Genau, all das ist Reisen für mich.

Dustin sucht auch das Erleben und Erspüren auf Reisen. Ein Grund, warum er mich versteht. Foto: Doris

Dustin sucht auch das Erleben und Erspüren auf Reisen. Ein Grund, warum er mich versteht.

Und wenn nichts davon passiert? Dann fühle ich mich als Tourist, nicht als Reisende. Dann war ich nur dabei, nicht mittendrin. Dann habe ich sicher mindestens einen dieser Faktoren außer Acht gelassen:

1. Ich will (er)leben

Ein Land zu erkunden, das besteht für mich nicht nur aus Autofahren und Foto-Stopps machen. Es heißt für mich auch nicht, am Pool des Hotels zu liegen – so schön dieser auch ist. Ich will raus. Nein, falsch, ich will rein: In die Kultur, unter Menschen, ins Leben. Ich will Berge erklettern und den Fels spüren, nicht nur aus der Ferne bestaunen. Ich will die Sonne mit Yoga begrüßen, nicht nur zuschauen, wie es andere tun. Ich will das Gericht selbst probieren und dann wieder ausspucken (!), nicht nur hören, wie grauenvoll es denn schmecke. Ich will alles versuchen und lieber das Scheitern riskieren, als es gar nicht erst zu tun!

 Ich will alles ausprobieren, riskiere lieber und scheitere (wie in diesem Fall), als es gar nicht zu versuchen. Foto: Conny de Beauclair

Ich will alles ausprobieren, riskiere lieber und scheitere (wie in diesem Fall), als es gar nicht zu versuchen. Foto: Conny de Beauclair

2. Tausche Kamera gegen Herz

Klingt superkitschig, ich weiß, aber ich kann es nicht besser benennen. Ich war lange Foto-Verweigererin: Bin drei Monate lang durch Australien gereist und habe jetzt vielleicht 15 Bilder davon; ganze Beziehungen existieren nicht – zumindest nicht auf Film, in meiner Erinnerung dafür umso stärker. Klar ist das schade und jetzt habe ich auch meist die Kamera oder ein Handy in der Hand, um ein Erlebnis zu dokumentieren. Doch möchte ich eines nicht vergessen: Das Wichtigere ist das Erlebnis selbst, das Gefühl dazu und die Erfahrung, die wir machen. Da verzichte ich lieber auf das perfekte Foto und tauche ein in den Moment – davon habe ich auf längere Sicht mehr. Und jeder andere auch.

3. Freiheit für den Flow

Ich finde Menschen, die ihre Pläne einhalten, bewundernswert. Solche, die Hotelzimmer buchen und dann auch genau zum angegebenen Zeitpunkt dort sind. Immer. Solche, die Routen für Roadtrips fünf Monate im Vorhinein planen – und vor Ort nicht davon abweichen. Wunderbar. Ich bin keine davon! Ich brauche Freiheit: Freiheit, um meine schon vorhandenen Pläne zu ändern, von ihnen abzuweichen, um in den Fluss zu kommen. Für viele ist das anstrengend, weil ungeplanter, chaotischer. Stimmt alles. Und doch ist es für mich das, was mich das Reisen genießen lässt. Denn immer dann, wenn ich in diesem Flow bin und darauf vertraue, geschehen die Wunder. Dann öffnen sich Türen, die normalerweise verschlossen sind. Dann finden Begegnungen mit Menschen statt, dann passieren die Überraschungen, dann entstehen Geschichten.

Lass dich treiben, genieß den Flow und schau, was passiert. Foto: Doris

Lass dich treiben, genieß den Flow und schau, was passiert.

4. Vorbereitung ist alles

Mag sich jetzt wie ein Widerspruch zu Punkt 2 anhören, ist es aber ganz und gar nicht. Ich liebe es, in einem Land spannende Projekte zu entdecken, mit ähnlich tickenden Menschen in Kontakt zu treten, vielleicht Gesprächspartner zu finden. Was ich dafür brauche? Zeit im Vorfeld. Und die habe ich mir zum Beispiel bei dem Hin- und Hergehopse im Sommer nicht geleistet. Ein Fehler: Dann entdeckt man das interessante Projekt nämlich erst vor Ort – blöderweise dann, wenn die Verantwortlichen Urlaub haben. Oder ich habe schon das Zugticket für die Weiterreise gekauft, ausgerechnet für den Tag, an dem ich die Outdoor-Trekking-Tour machen könnte. Tja, ich lerne (hoffentlich) aus Fehlern!

5. Die Länge ist doch wichtig

Besser gesagt: Für mich ist das schnelle und kurze Reisen nichts. Heute hier, morgen dort und übermorgen wieder fort? Nein, danke! Ich hab es getan, gerade auch jetzt im Sommer. Kurztrips von ein paar Tagen sind großartig, aber sie befriedigen meine Reiseansprüche nicht. Deshalb: Lieber länger und weniger (Länder, Regionen) als kürzer und mehr unterwegs sein.

Das Motto werde ich mir zu Herzen nehmen - gesehen im 25hours Hotel in Zürich. Foto: Doris

Das Motto werde ich mir zu Herzen nehmen – gesehen im 25hours Hotel in Zürich.

6. Pufferzeiten

Mitternacht: Ankunft in Wien. Am nächsten Mittag: Abreise aus Wien. Ich habe mir in diesem Sommer kaum Pufferzeiten gegönnt, hatte oft nur einen halben Tag zuhause, bevor ich wieder weitergezogen bin. Wie wichtig aber gerade diese Zeiten dazwischen sind, ist mir dadurch erst klar geworden. Nicht nur, um ein bisschen zuhause zu sein, sondern vor allem, um die Erlebnisse zu verarbeiten. Um die angesprochene Planung und Einstimmung auf das nächste Ziel zu haben. Um einfach nicht nur mit dem Körper, sondern auch mit dem Geist anzukommen und wieder reisefertig zu werden.

7. M… wie Menschen

Ich bin vielleicht eine Kulturbanausin, mag sein. Aber ich lerne ein Land lieber über Menschen als über Museen (oder sonstige Sehenswürdigkeiten) kennen. Letztere sind nämlich ein Stückchen austauschbar. Erstere ganz und gar nicht. Nicht umsonst entstehen meine liebsten Geschichten aus Begegnungen, nicht umsonst bleiben diese mir am meisten in Erinnerung und nicht umsonst prägen diese meine Reisen am meisten.

Für mich sind es immer die Begegnungen, die eine Reise zu etwas Besonderem machen. Foto: Doris

Für mich sind es immer die Begegnungen, die eine Reise zu etwas Besonderem machen.

So, jetzt kennt ihr meine Vorlieben. Bitte erinnert mich daran, sollte ich sie mal wieder vergessen und euch von anderen Reise-Plänen erzählen! Bitte, danke!

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Lust auf Obstsalat mit Fisch?

„Denk‘ einfach an einen Thunfisch-Salat mit Beeren statt Sellerie,“, meint Debbie, während sie tief Luft holt und die letzten Schritte bergauf in Angriff nimmt, „das hört sich einfach besser an als…

„Denk‘ einfach an einen Thunfisch-Salat mit Beeren statt Sellerie,“, meint Debbie, während sie tief Luft holt und die letzten Schritte bergauf in Angriff nimmt, „das hört sich einfach besser an als Obstsalat mit Fisch.“ Gut, dass sie meine zweifelnd gerunzelte Stirn erst gar nicht sieht. Hört sich das wirklich besser an? Noch hat sie mich nicht überzeugt.

Aber interessiert bin ich auf jeden Fall, erzählt mir die 56-Jährige, die sich in Anchorage als mein Last-Minute-CouchSurfing-Gastgeber und wahrer Glücksgriff entpuppt hat, doch von einem typischen Gericht in Alaska. Einem, das man auf keiner Speisekarte findet.

Strahlend blauer Himmel an meinem ersten Tag in Alaska. Foto: Doris

Strahlend blauer Himmel an meinem ersten Tag in Alaska.

„Wir nennen es etwas Gemischtes – und man kennt es auch als Eskimoeis.„, erklärt mir Senar – nachdem ich vergessen habe, nach ihrem Namen zu fragen, benenne ich sie einfach nach der Inuit-Göttin der See, der Seetiere und der Unterwelt. Senar ist gerade wie viele andere Eskimo-Frauen, -Männer und -Kinder dabei, im Chugach State Park die Schwarzen Krähebeeren zu pflücken. Nicht wie wir mit der Hand, sondern mit einem speziellen Apparat werden die kleinen Beeren aus den Boden hohen Sträuchern gesammelt und leichter aus dem Dickicht gelöst. Ganze Tage sind die Familien im Einsatz, um einen Vorrat für den Winter anzulegen. Auch Senar ist schon seit 11 Uhr vormittags gemeinsam mit ihrem Mann und ihrer Enkelin (dass die Frau Großmutter ist, hätte ich nie und nimmer vermutet) auf den Beinen. „In diesem Jahr sind wir zum ersten Mal hier.“, meint sie, während sie weiter ihre Arbeit tut – die Eimer müssen schließlich gefüllt werden. Es ist auch ein perfekter Tag dafür: Ich habe nämlich unglaubliches Glück und Alaska hat mich bei strahlend blauem Himmel, Sonnenschein und Temperaturen begrüßt, die sich meine Lieben in Österreich beim herbstlichen Nieselwetter offenbar nur erträumen können.

Ein spezieller Apparat macht das Beeren-Pflücken einfacher. Foto: Doris

Ein spezieller Apparat macht das Beeren-Pflücken einfacher.

Genau das schöne Wetter war ein Grund, warum mich Debbie gleich zu einer Wanderung nach Flattop Mountain östlich von Anchorage mitgenommen hat. Das, und um ihren inneren Schweinehund ein bisschen zu überlisten und wieder in Form zu kommen. Mir solls recht sein: Ich genieße die gemächliche Bergauf-Wanderung, die an diesem herrlichen Samstag nicht nur wir, sondern der Menschenmenge nach zu urteilen ganz Anchorage auf sich genommen hat. Nach der Tageswanderung in Mount Rainier, Washington, mit meiner Sportskanonen-Freundin Mari – seitdem sie untrainiert den Marathon in unter vier Stunden gelaufen ist, nenne ich sie nur noch „die Maschine“ – kann ich etwas Ruhe und Gemütlichkeit gut gebrauchen!

Ganz Anchorage genießt den blauen Himmel und die angenehmen Temperaturen. Soviel Sommer gibt es nicht. Foto: Doris

Ganz Anchorage genießt den blauen Himmel und die angenehmen Temperaturen.

Außerdem ist die zweistündige Rundwanderung eine gute Gelegenheit, mehr über Alaska, die Kultur und vor allem auch die Ureinwohner, die Eskimos, zu erfahren. Deb ist genau die Richtige dafür, arbeitet sie doch für den Staat von Alaska und bringt seit über 20 Jahren fließendes Wasser in die zahlreichen, noch immer abgelegenen, nur mit dem Flugzeug erreichbaren Dörfer der Eskimos. Wie gern ich sie bei einem ihrer monatlichen Business-Trips begleitet hätte, brauche ich wohl nicht zu sagen. Dummerweise ist der Nächste erst Mitte September wieder dran, und da bin ich schon zurück in Österreich.

Überall werden Krähenbeeren gepflückt. Foto: Doris

Überall werden Krähenbeeren gepflückt.

„Wirklich gut schmeckt es nicht.“, weiß Debbie dementsprechend auch von zahlreichen Kostproben dieses „Eskimo-Eises“ bei ihren Besuchen in den Dörfern zu berichten. Früher wurde das Ganze aus Rentierfett oder Talg, Robbenöl, Fisch, frischem Schnee und den im Sommer gepflückten Beeren  zubereitet. Viel geändert hat sich am Rezept bis heute nicht – nur Robbenöl wird kaum noch eingesetzt. Zugegeben, verlockend klingt für mich anders…

Krähenbeeren, eine Zutat für Akutaq. Foto: Doris

Blau-, Cran- und eben auch Krähenbeeren sind Zutaten für Akutaq.

Geändert hat sich auch nichts daran, dass man das Eskimo-Eis bis heute nirgendwo kaufen, geschweige denn in einem Lokal bestellen kann. Davon darf ich mich auch gleich am nächsten Tag überzeugen: Nicht einmal bei der State Fair – dem Volks-, Erntedank- und Was-weiß-ich-noch-alles-Fest, das für zwei Wochen das kleine Städtchen Palmer eine Stunde nördlich von Anchorage zur Feier-Hochburg werden lässt – findet man von diesem „Fisch-Obstsalat“ eine Spur. Alles gibt es – von Rentier- bis Lachswurst, von Büffel- oder Husky(!)-Burger -, bloß kein Eskimo-Eis…

Auch die zwei essen kein Eskimoeis. Foto: Doris

Auch die zwei essen kein Eskimo-Eis bei der State Fair.

Wer es doch probieren will, der findet im Internet eine moderne Version des Rezepts – ob ich es zuhause nachzukochen versuche? Irgendwie glaube ich hat sich bei mir die Lust auf Obstsalat mit Fisch nicht ganz entwickelt. Aber wer weiß, vielleicht kommt das ja nach weiteren zehn Tagen hier in Alaska noch…*

* Ja, ich bin noch immer Vegetarierin und esse keinen Fisch. Für Alaska habe ich mir die Ausnahme gestattet, doch Frischgefangenes zu mir zu nehmen, sollte es keine Alternativen geben. Bisher war es aber noch nicht nötig – und nachdem ich das riesige Gemüse (samt lila Blumenkohl = Karfiol) gesehen habe, glaube ich auch, dass ich ganz gut ohne Fisch auskommen werde.

Lila Blumenkohl gefällig? Foto: Doris

Lila Blumenkohl gefällig?

 

Offenlegung: Herzlichen Dank an Condor für die Unterstützung bei den Flügen, an Airbnb und Best Western für Übernachtungs-Gutscheine sowie an die Regionen Anchorage und Fairbanks für den Support.

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Neun Zürcher Sommer-Spartipps: (Fast) gratis, aber nicht umsonst

“Zürich ist sooo schön, aber soooo unglaublich teuer.” Wie oft habe ich diese Aussage schon gehört? Sie stimmt ja auch: Wer nach Zürich reist, muss schon eine dicken Geldbörse einstecken…

“Zürich ist sooo schön, aber soooo unglaublich teuer.” Wie oft habe ich diese Aussage schon gehört? Sie stimmt ja auch: Wer nach Zürich reist, muss schon eine dicken Geldbörse einstecken und damit rechnen, für uns Euro-NutzerInnen horrende Preise zu zahlen. Ein Mittagessen um 20 CHF (das sind umgerechnet rund 18 Euro) ist beinahe ein Schnäppchen, für eine Tageskarte für die Verkehrsbetriebe berappt man 8,40 CHF und in Sachen Alkohol kommt man – wie ich festgestellt habe – mit Bier meist noch am Besten davon.

Nachdem ich aber – nicht zuletzt wegen meiner vielen Sommerreisen – nicht gerade Lust darauf hatte, noch mehr Geld auszugeben, habe ich mich auf die Suche nach einigen Gratis- oder sagen wir besser Fast-Gratis-Möglichkeiten begeben. Unterstützt durch meine lokalen Freunde, versteht sich. Und siehe da: Es gibt einiges, das Zürich auch für die schmäleren Börsen bietet.

Hier sind meine Spartipps – und auch die sind gratis, aber sicher nicht umsonst.

1. Wasser

Nach Zürich eine leere, wieder befüllbare Flasche mitzunehmen (oder einen Vapur-Beutel, den ich nach vielem Ausprobieren absolut empfehlen kann), lohnt allemal. Überall gibt es Brunnen und Hähne, bei denen man sich einfach Wasser nachfüllen kann. Verdursten ausgeschlossen.

2. Züri rollt

“Gratis Veloverleih” – und das in Zürich! Die Integrationsinitiative “Züri rollt” bietet an sieben Standorten, in der ganzen Stadt verteilt, brandneue, gut gewartete Fahrräder an. Für einen Einsatz von 20 CHF kann man diese dann auch tatsächlich kostenfrei nutzen, vorausgesetzt, man gibt sie bis spätestens 21.30 Uhr des selben Tages zurück. Wer sie – wie ich – über Nacht behalten möchte, zahlt 10 CHF Euro pro Tag. Durchaus eine lohnende Investition, mit der man außerdem neben dem Umwelt- noch einen sozialen Beitrag leistet. Denn “Züri rollt” beschäftigt Asylsuchende und Stellenlose der Stadt.

3. Bäckeranlage

Es gibt einige Grünwiesen in Zürich, auf denen man einfach den Tag vertrödeln kann. Die Bäckeranlage ist allerdings speziell und besonders angesagt: Auf dieser Grünfläche am Ende der Lokal-Meile Langstraße ist immer etwas los. Da picknicken untertags die Familien, üben sich Alt- und Neu-Hippies im Jonglieren und trinken Freundesgruppen schon einmal ein oder zwei oder drei Bier miteinander. Wenn es dann noch ein Gratis-Konzert gibt, ist kaum mehr ein Plätzchen im Grün zu finden. Getränke nimmt man entweder mit oder holt sie im Lokal mitten auf der Anlage, wo man übrigens auch kostenlos aufs – überraschend saubere – WC gehen kann.

4. Kafi Duzis

Eine meiner Lieblings-Entdeckungen in Zürich. Im Szeneviertel Zürich West öffnet den ganzen Sommer lang an einem Sonntag im Monat das Kafi Duzis seine Pforten und lässt Alt, Jung, Junggebliebene, schlicht alle, hinein in den Privat-Garten. Bei diesem “Performance Venue” gibt es Gratis-Livemusik, supergünstige Getränke, hausgemachte Burger oder Couscous-Salat um 6 CHF.

Hier sind wir - im Duzis. Couscoussalat um 6 CHF. Foto: Doris

Hier sind wir – im Duzis. Couscoussalat um 6 CHF.

Zur Nachspeise darf man sich an Melonen, Torten oder Marshmallows bedienen oder holt sich vom “Eismann” ein cremiges Dessert à 2 CHF. Und wer noch Lust hat, stöbert ein bisschen durch den Flohmarkt.

Kafi Duzis, eines meiner Highlights in Zürich. Foto: Doris

Kafi Duzis, eines meiner Highlights in diesem Zürcher Sommer.

5. Oberer Letten

Zürich oder vielmehr die Zürcher sind im Sommer wirklich gesegnet. Da können sie sich nicht nur im Zürcher See gratis abkühlen, sondern auch an der Limmat. Besonders nett fand ich die Anlage Oberer Letten, wo es kostenlose Dusch-, Umkleide-, WC- und Depot-Anlagen und außerdem jede Menge Liegefläche für die Badenden gibt. Dann geht man ein Stückchen vor, schmeißt sich in den kühlen Fluss und lässt sich zum Ausgangspunkt zurücktreiben – echt fein!

Oberer Letten - reinspringen ins kühle Nass & dann in der Sonne trocknen. Foto: Doris

Oberer Letten – reinspringen ins kühle Nass und dann in der Sonne trocknen.

6. Rote Fabrik/Sommerkino

Auch im Kulturzentrum Rote Fabrik gibt es gerade im Sommer einige Events, die (beinah) gratis sind. Das Sommer-Open-Air-Kino ist so eine Veranstaltungsreihe, bei der nur nach einer Kollekte, also einer freiwilligen Spende, gefragt wird. Wer dann außerdem noch eigene Getränke mitnimmt, der kommt wirklich recht günstig davon.

Die Rote Fabrik verlangt meist Eintritt, im Sommerkino aber bloß Kollekte. Foto: Doris

Die Rote Fabrik verlangt meist Eintritt, im Sommerkino aber bloß Kollekte.

7. Flohmarkt am Helvetiaplatz

Es ist angeblich der älteste Flohmarkt von Zürich, sicher aber einer der größten. Und am Helvetiaplatz kann man wirklich noch Schnäppchen finden. Dort verkaufen nämlich Privatleute und Profi-Markttandler ihr Hab und Gut. Jeden Samstag bis ca. 17 Uhr.

Am Flohmarkt findet man gute Schnäppchen, auch in Zürich. Foto: Doris

Am Flohmarkt findet man gute Schnäppchen, auch in Zürich.

8. Haus Hiltl

“Man kann hier herkommen, sich gratis Wasser holen, kostenlos das WiFi nutzen und Zeit verbringen.”, empfängt uns Rolf Hiltl in seinem Haus. Es ist das weltweit älteste vegetarische Restaurant (seit 1898) – und natürlich musste ich es deshalb besuchen. Leider fand zur Zeit kein Kochkurs statt, ich hätte gerne einen besucht, auch wenn dieser ganz und gar nicht gratis ist. Ebenso wenig wie das restliche Angebot des Gourmet-Hauses, das neben Restaurant und Kochschule Bar, Club, Laden und den ersten vegetarischen Metzger der Schweiz umfasst.

Mahlzeit im Hiltl! Foto: Doris

Mahlzeit im Hiltl!

Doch wie gesagt: Wer wirklich nur das Ambiente genießen möchte, der kann bei Wasser und WiFi ins Hiltl schnuppern. Ich garantiere aber für nichts: Wer dann nämlich einen Blick auf das großartige Buffet wirft, wird wohl schwach werden. Geldbörse hin oder her…

9. CouchSurfing oder AirBnb

Ihr könnt es kaum mehr lesen, oder? Ich weiß, ich promote CouchSurfing und dessen großen, kostenpflichtigen Bruder ganz schön, aber ich bin nun einmal ein Fan davon. Wer nicht das Glück hat, so wie ich bei Freunden unterzukommen, sollte gerade in teureren Städten wie Zürich einen Blick auf die Plattformen werfen. Man kann nur gewinnen: Neue Freunde zum Beispiel – und mehr Geld für die vielen anderen Aktivitäten in Zürich…

Abhängen an der Roten Fabrik. Was wäre ein Sommer ohne? Foto: Doris

Mit alten und neuen Freunden abhängen an der Roten Fabrik. Was wäre ein Sommer ohne?

9 Kommentare zu Neun Zürcher Sommer-Spartipps: (Fast) gratis, aber nicht umsonst

7 Quick-Tipps für ein Wochenende in Riga

Skurril! Wenn ich mein Wochenende in Riga in einem Wort zusammenfassen müsste, hätte ich gleich dieses hier parat. Die Geschichten von jungen Frauen, die dem Alkohol zugeneigt sind, gern die…

Skurril! Wenn ich mein Wochenende in Riga in einem Wort zusammenfassen müsste, hätte ich gleich dieses hier parat. Die Geschichten von jungen Frauen, die dem Alkohol zugeneigt sind, gern die ganze zwanzigköpfige Großfamilie einladen, wenn der – vermeintliche – Liebste aus dem Ausland zu Besuch kommt, und die Maniküre jedem romantischen Stelldichein vorziehen… ich habe sie vor einigen Wochen noch als lustige Einzelfälle abgetan. Dafür würde ich jetzt meine Hand nicht mehr ins Feuer legen.

„Was machen wir denn in Riga?“, hat meine belgische Freundin noch gefragt, bevor wir am Freitag nach durchwachter Nacht in den Flieger gestiegen sind. „Egal, Hauptsache, wir haben Spaß!“, habe ich daraufhin gemeint, und so haben wir uns ohne großes Vorwissen und – abgesehen von obigen Erzählungen – unbelastet auf die Stadt gestürzt, in der rund die Hälfte der zwei Millionen Letten wohnen.

Born to be wild - Riga ist noch nicht ganz gezähmt. Gut so. Foto: Doris

Born to be wild – Riga ist noch nicht ganz gezähmt. Gut so.

Hätten wir beide vorher mehr Zeit zum Einlesen gehabt, vielleicht wären wir etwas besser vorbereitet gewesen – und hätten höchstwahrscheinlich einige Lacher und ganz sicher einige gerunzelte Stirnfalten weniger gehabt. Hatten wir aber nicht. Für alle, denen es ähnlich geht, gibt es hier meine Quick-Tipps für ein Wochenende in Riga!

Bunte, luftig-leichte Alltagsszenen aus Riga. Foto: Doris

Bunte, luftig-leichte Alltagsszenen aus Riga.

1. Wer RyanAir fliegt…

…ist selber schuld. Die Erfolgsmeldung zuerst: Wir zählten sowohl beim Hin- als auch beim Rückflug zu den 90 Prozent aller Flüge mit der Billig(?)linie, die pünktlich bzw. sogar im Voraus angekommen sind. Damit hat es sich mit den Erfolgsmeldungen auch. Woran man sonst merkt, dass man RyanAir fliegt? Vielleicht daran, dass einen die Stewardess aufweckt, damit man ihr den Müll seiner Nachbarn reicht – obwohl Letztere wach und durchaus willig waren, den Mist selbst weiterzugeben? Oder daran, dass man selbst seinen Duty-Free-Kauf noch ins Handgepäck stopfen muss, auch wenn überall steht, dass ein Teil dankenswerter mit an Bord darf? Oder daran, dass man am Flughafen in Riga unvorbereiteter Weise noch einmal rund acht Euro bezahlen muss, um durchs Check-In zu gelangen. So billig war das wohl dann doch nicht… Beim nächsten Mal nehme ich dann wohl lieber von Wien aus Lufthansa oder Finnair.

Ein Auto braucht man in Riga kaum, genauso wenig wie die Öffis. Foto: Doris

Ein Auto braucht man in Riga kaum, genauso wenig wie die Öffis.

2. Riga ist begehbar

Wer sich so wie wir schon am Flughafen darüber freut, bei der Tourismus-Information praktischerweise ein Öffi-Ticket für seinen Aufenthalt kaufen zu können, wird schnellstens feststellen: Das braucht man gar nicht. In Riga ist so ziemlich alles zu Fuß ergehbar – und für die Gebiete, für die man die Tram oder den Bus benötigt, sind die 0,70 Lats (1 Lats = 100 Santims) durchaus in Ordnung. Auf die rund fünf Lats, die wir für ein Rundum-Drei-Tage-Ticket ausgegeben haben, sind wir jedenfalls trotz einiger Öffi-Fahrten nicht gekommen.

 3. Seid dankbar, bedient zu werden

„Wo ist denn bei Ihnen das WC?“ Schiefer Blick, hochgezogene Augenbraue, kurzes Kinn-nach-oben-Schieben später die Antwort: „Ja, wir haben ein WC!“ „Wo finde ich denn den nächsten Bankomat?“, die Frage an der Kasse nach Kauf einer Postkarte. „Ich bin beschäftigt. Fragen Sie einfach eine Junge. Gehen Sie bitte!“ ist die Antwort der Verkäuferin. Situationen wie diese haben uns durchaus immer wieder spüren lassen, wie dankbar wir eigentlich zu sein haben, überhaupt unser Geld irgendwo lassen zu können und bedient zu werden. Ein oder zwei Mal hätte uns eine Kellnerin beinah den Teller entgegen geworfen. Natürlich haben wir beschämt ein leises „Danke“ gehaucht. Wir haben ja schließlich Manieren…

Deftiges Lettisches Essen. Foto: Doris

Deftiges Lettisches Essen.

4. Postkarten findet man überall und Postkästen sind gelb

Nein, ich habe nicht zu viel vom (übrigens grauenvollen, nicht einmal mit Cranberry-Saft genießbaren) „Nationalgetränk“ Black Balsam getrunken, bevor ich diese Überschrift geschrieben habe. Tatsächlich war es ein Leichtes, eine Postkarte samt Briefmarke in Riga zu kaufen – die gibt es in jedem Eckladen. Eine größere Herausforderung war es da schon, einen Postkasten zu finden. Nachdem wir etliche Mal ein „Tut mir leid, ich habe keine Ahnung, wo es einen gibt.“ zur Antwort bekommen haben, war diese dann doch eine Enthüllung: „Wo man Postkasten einwirft? Ach, das sind so gelbe Boxen, die finden sich irgendwo in der Stadt.“ Aha, darauf wären wir im Traum nicht gekommen! Ein heißer Tipp: Fündig wurden wir dann übrigens im Radisson Blue Hotel, wo man einen Abstecher zur Skyline Bar schon einmal fürs Einwerfen der Postkarten nutzen kann! (Apropos Skyline Bar: Eintritt kostet dort leider ab 19 Uhr 2 LATS, aber die Drinks bzw. das Essen dort ist auch nicht viel teurer als an anderen Orten. Und der Blick von oben über die Stadt ist recht schön, wenn auch durch Glasfenster.)

 Riga: Überblick mit meinen Quick-Tipps. Foto: Doris

Riga von oben – nicht von der Skyline Bar, sondern von der Academy of Science. Auch sehr schön!

5. Come and join the music

Auf den Straßen, in den Gassen, auf den Plätzen – überall wird in Riga musiziert, gesungen, getanzt, gespielt. Und gleich unser erster Abend in Riga bleibt unvergesslich: Den haben wir nämlich im Ala Folk Club verbracht, entdeckt auf Empfehlung von Kristine vom Blue Cow Hostel. Im Kellergewölbe in der Altstadt versammelt sich Jung und Alt, echte (und unechte) Letten, es gibt – angeblich einzigartige – lettische Kost (selbst für VegetarierInnen wie mich), mein neues Lieblingsbier Madona und dazu noch freundliche Bedienung. Der Höhepunkt war aber sicher die Live-Band, zu der ein bereits etwas tapsiger Mann mit Irokesenhaarschnitt ausladend die Hüften geschwungen und damit seine um zwei Köpfe höhere Freundin beeindruckt hat. Ich liebe Shows wie diese, oder wie die am anderen Tag im Rockabilly House, wo sich doch tatsächlich eine 80jährige Wilma Feuerstein in Leoparden-Fetzen abgeshakt hat, dass es nicht nur für die langhaarigen Hawaii-Hemden tragenden Live-Band-Mitglieder ein Fest war!

6. Sonntag ist Ruhetag

Auch wenn Riga angeblich als „zweite Stadt, die niemals schläft“ bezeichnet wird, sonntags habe ich definitiv das Gegenteil festgestellt: Da standen wir nämlich – fast – überall vor verschlossenen Türen und dort, wo uns der Guide noch „pulsierendes Treiben“ oder „bunte Märkte“ versprochen hat, war der Ausdruck der gähnenden Leere noch eine Untertreibung. Vielleicht lag das in diesem Fall aber auch daran, dass die Tall Ships Race zum ersten Mal seit zehn Jahren wieder in Rigas Hafen eingekehrt sind – und da haben sich die Letten getummelt, ich sag’s euch!

Bei Nacht und bei Tage haben sich die Letten gern am Hafen beim Tall Ships Race getummelt. Foto: Doris

Bei Nacht und bei Tage haben sich die Letten gerne am Hafen beim Tall Ships Race getummelt.

7. Offline geht anders

„Typisch Osteuropa,“, meint meine Freundin, die neben der belgischen auch die ungarische und rumänische Staatsbürgerschaft hat, bei der Ankunft in Riga, „WiFi ist überall!“ Recht hat sie. Die lettische Hauptstadt war also wohl nicht die ideale Station, um mein Experiment „Ich reise zum ersten Mal seit drei Jahren ohne Notebook.“ anzutreten – überall lockte das Internet. Gratis, oft ohne Code, was für ein Traum für Junkies wie mich!

 

Offenlegung: Danke an HostelBookers für die Vermittlung ans Blue Cow Hostel und die Einladung, dort zu übernachten. Ich kann die Wohnzimmer-Atmosphäre und zentrale Lage nur empfehlen! Die Ansichten und Meinungen in der Geschichte bleiben meine eigenen.

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Basel Tattoo: Wenn Männer in Uniform mit der Müllabfuhr tanzen

Da riskierte ich doch glatt einen Blick: Strammen Schritts zog er an mir vorüber, der rotblondhaarige Hüne im Schottenrock, an dessen breiter Brust Orden über Orden gerade noch so Platz finden….

Da riskierte ich doch glatt einen Blick: Strammen Schritts zog er an mir vorüber, der rotblondhaarige Hüne im Schottenrockan dessen breiter Brust Orden über Orden gerade noch so Platz finden. Fast wartete ich darauf, dass er seinen Dudelsack zückt. Tat er aber nicht. Und wir waren auch nicht in Schottland, wie die Szene annehmen ließe, sondern mitten in der Fußgängerzone von Basel, der beschaulichen Schweizer Stadt im Dreiländereck.

Wobei beschaulich wohl der falsche Ausdruck war, denn der Mann im Schottenrock war nicht der einzige „Exot“ in der Stadt. Einmal im Jahr machen nämlich über tausend Männer (und Frauen) in Uniform das kleine Basel unsicher. Zehn Tage lang zur Basel Tattoo, der zweitgrößten Militärmusikparade der Welt.

Die Basler Tattoo ist die zweitgrößte Militärmusikveranstaltung der Welt.

„Wie kommt ausgerechnet die neutrale Schweiz zu einer Militärmusikparade?“, richte ich naiv meine Frage an Andrea Schäfer, Sponsoring Manager der Veranstaltung, die uns vor der großen Generalprobe letzten Samstag durch die Hallen der ehemaligen Kaserne und jetzigem Austragungsort der Show führte. Weit muss sie ausholen: Zurück geht die Geschichte nämlich bis ins Jahr 2001. Damals, als der Basler Erik Julliard und seine Kollegen vom Edinburgher Tattoo, dem größten Musikfestivals Schottland, zurückgekommen und mit Pauken und Trompeten in ihrer Heimatstadt empfangen worden sind. Es war nämlich eine kleine Sensation, dass ausgerechnet diese Basler Trommelgruppe als erste Privatband an der Militärmusikveranstaltung teilgenommen hatte, wo sich normalerweise königliche Garden neben Polizeigesandte einreihen.

 2015 feiert erst die Basler Tattoo ihren 10. Geburtstag. Foto: Doris

2015 feiert die Basler Tattoo ihren 10. Geburtstag, beliebt ist sie jetzt schon.

Die Sensation geht weiter: 2004 veranstalteten Erik und ein paar Motivierte selbst die erste Basel Tattoo. „Wir haben geglaubt, wir machen das einmal und nie wieder.“, erzählt Andrea, die übrigens als einzige vom dreiköpfigen Ursprungsteam noch im Einsatz ist und füge hinzu: „Doch dann waren wir schon im ersten Jahr ausverkauft!“ Und 2015 feierte die Basel Tattoo ihr zehnjähriges Bestehen.

Andrea Schäfer führt uns durch den Backstage-Bereich. Foto: Doris

Andrea Schäfer führt uns durch den Backstage-Bereich.

120.000 Besucher – 90 Prozent davon aus der Schweiz – werden auch nächstes Jahr wieder bei den 15 Shows erwartet, die zwischen 20. und 30. Juli in Basel stattfinden. Die Generalprobe, zu der die Anrainer gratis kommen dürfen und die wir besuchten, nicht mitgezählt. Was das für einen logistischen Aufwand bedeutet, kann ich bloß erahnen, während uns Andrea bei der Backstage-Führung mit Zahlen bombardiert: Neben den 23 Full-time-Mitarbeitern leisten 529 ehrenamtliche Helfer rund 35.000 Arbeitsstunden, eben so viele Mahlzeiten werden für die Arbeitenden und Musiker serviert. In der „Cast Bar“ im Backstage-Bereich – einer für solche Veranstaltungen einzigartigen Annehmlichkeit – fließen 10.000 Liter Bier in die durstigen Münder der Helfer sowie Bands und 430 Kilogramm Limetten werden in der Zeit für Caipis geschnippelt.

Ein Blick Backstage vor der Generalprobe. Foto: Doris

Ein Blick Backstage vor der Generalprobe.

„Where are you from?“ – zwei Kollegen nutzen die Gelegenheit, in dem Gewusel einen großen Schwarzen in grüner Uniform abzuknipsen und gleich die Frage aller Fragen zu stellen, schließlich sind 23 Formationen aus vier Kontinenten bei der Basel Tattoo. Und wir hatten gleich einen besonderen Fall erwischt: Der Schwarze ist nämlich Teil des „Royal Corps of Musicians“ aus dem Königreich Tonga – mit 40 Stunden ist ihnen zumindest der Preis für die längste Anreise garantiert.

Das Königreich Tonga ist ebenfalls mit einer Performance vertreten. Foto: Doris

Das Königreich Tonga ist ebenfalls mit einer Performance vertreten.

Vom Technik-Raum, in dem sich die Mikros stapeln und Men-in-Black geschäftig ein Kabel hierhin, ein anderes dorthin stecken, bis hin zum Dachgeschoß, in dem die Bildschirme und Sprechanlagen für den Moderator vorbereitet werden – kein Raum der Kaserne, in der jetzt ein Schule untergebracht ist, bleibt in diesen vierzehn Tagen ungenutzt. Allein in den Aufbau des Ganzen sind wohl zigtausende Arbeitsstunden geflossen – nicht nur von den Organisatoren, sondern auch von der Schweizer Armee. Die hilft nämlich seit jeher bei der Basel Tattoo mit und bekommt im Gegenzug über die Stiftung Basel Tattoo Charity Gelder für gemeinnützige Organisationen oder Projekte zur „Förderung des Militärmusikwesens“, wie es so schön heißt. Damit schlägt die Basel Tattoo die Brücke zum Ursprungsgedanken solcher Militärmusikveranstaltungen. Diese wurden nämlich vor 60 bis 70 Jahren dazu gegründet, um Gelder für die Hinterbliebenen aus der Armee zu sammeln.

Ausverkauft ist die Basel Tattoo seit Jahr 1. Foto: Doris

Ausverkauft ist die Basel Tattoo seit Jahr eins.

„Oft machen wir solche Backstage-Führungen nicht,“, erklärt Andrea, „schließlich wollen wir den Zauber und das Charisma der Veranstaltung erhalten.“ Sprachs, und schon waren wir mitten im Gedränge, wurden zu unseren Plätzen geschoben, hatten noch einige Diskussionen ob der richtigen Sitze – und dann begann es.  Drei Stunden Militärmusik! Drei Stunden Trompeten, Trommeln, Trara und ganz viel Nationalstolz! Drei Stunden beste Unterhaltung, wer hätte das gedacht!

Auch die Band of Life Guards, die berittene Formation der Queen, kam mit 30 Pferden aus England angereist - samt Pferdemist. Foto: Doris

Auch die Band of Life Guards, die berittene Formation der Queen, kam mit 30 Pferden aus England angereist – samt Pferdemist.

Denn auch wenn ich anfangs mehr als skeptisch war, sie hat mich positiv überrascht, die Basel Tattoo. Dem konnten auch die bösen „Pssts“ der Damen aus der Vorderreihe nichts anhaben, die uns tötende Blicke nach hinten warfen, als wir über einige Auftritte lachen mussten. So sehr manche im bunt durchmischten Publikum die Veranstaltung bitter ernst nahmen, die Bands sahen das oft ganz anders und lieferten – im Sinn von Erik und seinem Team – Entertainment pur. Da durfte die lokale Müllabfuhr beim Wegräumen des Pferdemists aus der berittenen Performance der britischen Queen selbst in Formation tanzen…

Tanzende Müllabfuhr - eine meiner liebsten Showeinlagen bei der Basel Tattoo. Foto: Doris

Tanzende Müllabfuhr – eine meiner liebsten Showeinlagen bei der Basel Tattoo.

…und wurde lautstark mit Jubelrufen angefeuert sowie hoch leben lassen! Da tanzte eine andere Formation – ich glaube, es waren die Franzosen – frech im Gangnam Style, und die Norweger ließen ihre Gewehre durch die Luft wirbeln. Solche kurzweiligen Momente lassen mich die inbrünstig angestimmten Hymnen – vom Baslerlied bis „Waltzing Matilde“ – gleich wieder vergessen. Und auch die Anstrengung, mit Müh und Not ein paar Brocken des Basler Deutsch-sprechenden Moderators zu verstehen.

Das große Finale. Foto: Doris

Das große Finale.

Als um 23 Uhr das große Finale mit – faszinierend leisem – Feuerwerk angekündigt wurde, war ich überrascht, dass es schon so spät war. „Das dauert jetzt noch zirka eine halbe Stunde.“, flüsterte mir meine Baseler Begleitung ins Ohr. Gut, so konnte ich mich noch etwas länger an den Männern in Uniform erfreuen…

 

Wer die Basel Tattoo live erleben möchte, der muss bis zum nächsten Jahr warten: Der Vorverkauf für die Basel Tattoo 2016 startet im Dezember. Last but not least für alle, die mich gefragt haben, was Tattoo mit Militärmusik zu tun hat. Das Wort kommt vom Belgischen „taptoe“, was soviel wie Zapfenstreich und somit den Beginn der Nachtruhe im Heer bedeutete.

Offenlegung: Ich wurde von Schweiz Tourismus und der Stadt Basel bei dieser Recherchereise unterstützt. Die Meinungen und Ansichten dieser Geschichte bleiben meine eigenen.

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Bonner Comebacks: Aus alt macht neu

Aus-alt-macht-neu-Konzept. Die kleingeschriebene Zeile in der U-Bahn von Bonn, von deren Existenz ich bis vor ein paar Tagen noch nicht einmal gewusst habe, zieht meine Aufmerksamkeit auf sich. 2007 haben…

Aus-alt-macht-neu-Konzept. Die kleingeschriebene Zeile in der U-Bahn von Bonn, von deren Existenz ich bis vor ein paar Tagen noch nicht einmal gewusst habe, zieht meine Aufmerksamkeit auf sich. 2007 haben sich die Stadtwerke Bonn entschlossen, statt 25 neue Bahnmodelle die ältesten Fahrzeuge wieder zu beleben. Da wurde die letzten Jahre in den eigenen Werkstätten geschraubt, entkernt, demontiert, Fahrerkabinen vergrößert und alle Züge mit Energie sparenden Antrieben versorgt: Kurz, keine Schraube der B-Wagen aus den Jahren 1974 bis 1977 blieb auf der anderen. Heraus kam das “Comeback des Jahres”, wie die lokalen Zeitungen die Jungfernfahrt dieser re- oder besser gesagt upcycelten Stadtbahnwagen im März euphorisch gefeiert haben.

Aus alt macht neu: Vor dieser Herausforderung standen wohl nicht nur die Bonner Öffis, es ist eine Idee, mit der sich die ganze Stadt beschäftigen muss(te). Was ist denn eigentlich aus Bonn geworden, fast 15 Jahre, nachdem es seine Identität als deutsche Hauptstadt verloren hat?

Was die Bonner im Sommer tun? Das Leben am Rhein und im Grün genießen, was sonst?! Foto: Doris

Was die Bonner im Sommer tun? Das Leben am Rhein und im Grün genießen, was sonst?! Foto: Doris

Statt der erwarteten, ausgestorbenen Betonklötze empfangen mich schicke Stadthäuser mit fein säuberlichem Blumengesteck an den Fenstern. Wo früher die deutsche Verwaltung zugange war, haben Institutionen der UNO oder auch die Zentrale von Fairtrade einen Hauch des Internationalen gebracht. Nicht steife Anzugträger mit Aktentaschen und forschem Schritt bevölkern die überschaubare Innenstadt, sondern junges, lässiges Publikum – noch haben sie keine Ferien, die Studenten. Statt fadem Grau-in-Grau begrüßt mich Bonn mit viel Grün, auf dem sich die Leute an Sommertagen wie diesen gern breit machen, pflastersteinigen Fußgängerzonen – und natürlich dem Rhein. An der Uferpromenade wird gejoggt und flaniert oder Rad gefahren, je nach Belieben, sicher aber die viel besprochene Geselligkeit der Rheinländer in den Biergärten unter Beweis gestellt. Von denen gibt es übrigens entlang der Promenade so viele, dass man es nie bis ins 82 km entfernte Koblenz schafft, auch wenn das theoretisch möglich wäre. Doch ein “Bönnsch”, wie das Bier hier in Bonn genannt wird, geht immer. Soviel habe ich schon gelernt…

Wer mit dem Bönnsch in der Hand am Rhein entlang radelt... Foto: Doris

Wer mit dem Bönnsch in der Hand am Rhein entlang radelt… Foto: Doris

Manchmal komme ich “zufällig” an Orte, die mich positiv überraschen. Bonn und die Region, deren Siebengebirge die Einheimischen ob ihres Erholungswerts zum Schwärmen bringt, zählen dazu. Gezielt auf meine “Bucket-List” hätte ich die Stadt, die schon wegen ihrer leichten Begehbarkeit das Dörfliche nicht abstreifen kann (will sie es?), aber nicht gesetzt. Damit bin ich wohl nicht allein.

“Wir möchten die Reisenden anziehen, die sich bisher nicht für Bonn interessiert haben”, erklärt mir Thomas Lenz, seines Zeichens PR-Berater des “BaseCamp Young Hostel”. Was hier im in die Jahre gekommenen Industrieviertel entstanden ist, ist ein einzigartiges Konzept, nicht nur für die rund 307.500 Einwohner-Stadt am Rhein, sondern weltweit: Inspiriert von einem Teil des Berliner Hüttenpalast ist vor Kurzem das Base Camp entstanden. Ein …  ja, was ist denn überhaupt?

Indoor-Camping, Event-Camping, Übernachten in historischen Wohnwägen – die Namen tragen der Idee kaum Rechnung. „Wir sind eine schlafbare Kunstinstallation„, beschreibt es Lenz, der mich gemeinsam mit seinem Kollegen Clemens Brecht durch die frühere Parfüm-Lagerhalle führt. Wo vor einigen Jahren noch Lancôme seine Düfte gestapelt hat, strahlen jetzt 15 Campingwägen um die Wette. Rockabillies, Hausboot, Flowerpower, Safari, …. – wer hier übernachten möchte, der hat die Wahl der Qual. Jeder der alten Wägen, die – klischeegerecht – vor allem aus Holland und Osteuropa importiert worden sind, trägt einen sprechenden Namen.

Safari, Jägerhütte oder Drag Queen? Welchen nehm ich denn heute? Foto: Doris

Safari, Jägerhütte oder Drag Queen? Welchen nehm ich denn heute? Foto: Doris

Und nicht nur das: Die Film-Plastikerin Marion Seul hat die Campingwägen in bewohnbare Kulissen verwandelt. Stilecht hat die Bonnerin, die dem Namen ihres Unternehmens „Blendwerk Werkstatt – Atelier Für Unbeschaffbares“ alle Ehre macht, Requisiten – oder vielmehr Einrichtung – vom Flohmarkt und Trödler geholt. “Es geht um die Liebe zum Detail”, erzählt sie mir, die heute zufällig ebenfalls im BaseCamp vorbeischaut. Es ist ihr erster Tag nach dem Segelurlaub – ihrem ersten seit fünf Jahren – und schon geht sie wieder frisch ans Werk, denn noch ist die Dekoration der Airstreams ausständig. Auch den kleinen “Schrebergärten”, die vor jedem Wagen zu finden sind, fehlt der letzte Schliff.

Jeder Wagen hat einen kleinen Garten vor der Wagentür. Foto: Doris

Jeder Wagen hat einen kleinen Garten vor der Wagentür. Foto: Doris

Für Außenstehende wie mich ist dieser Work-in-progress nicht wahrnehmbar. Da strahlt der prunkvoll überladene Wagen “Drag Queen”, der in Kinderaugen gern als pinker Prinzessinnenwagen durchgeht (ja, eigene Assoziationen sind erlaubt), innen und außen mit Glitter-Glamour als gäbe es kein Morgen. Gegenüber übt sich “Zen” in Askese, buddhistische Gebetsfahnen sind sein einziger Schmuck. Und beim Anblick des Weltenbummler-Campers, der ganz in Stadt- und Landkarten gehüllt ist, schlägt mein Reiseherz höher. Entschieden, der wäre meiner!

MEINER. Der Weltenbummler. Foto: Doris

MEINER. Der Weltenbummler. Foto: Doris

Wie gut, dass Geschmäcker und Ansprüche unterschiedlich sind, denke ich mir, als mich Thomas Lenz zu den zwei Zügen führt. Hier lässt sich in Schlaf- oder Liegewägen das nachempfinden, was ich schon bei meiner Anreise von Wien nach Bonn im Zug live erlebt habe: Eine Übernachtung auf engstem Raum mit Sardinengefühl und Ohrschutzpflicht. Perfekt… vielleicht nicht für mich, dafür aber für Schulklassen oder Jugendgruppen. “Anders als in einer Herberge mit Zimmern auf mehreren Stockwerken können hier Aufsichtspersonen alle im Blickfeld haben”, macht mir Lenz klar, “und die Schüler erleben pures Abenteuer.” Wie zum Beispiel, wenn sie – wie schon passiert – die Halle mit den Rollschuhen erobern, die eigentlich zu Deko-Zwecken auf einem Camper-Dach montiert waren.

Schlafen in der Bahn? Das habe ich live, andere buchen dafür das BaseCamp. Foto: Doris

Schlafen in der Bahn? Das habe ich live, andere buchen dafür das BaseCamp. Foto: Doris

Gut, dass man im BaseCamp flexibel ist: Eine Einstellung, die es nicht nur bei Jugendgruppen, sondern auch für Veranstaltungen braucht. Dass die Räumlichkeit, die technisch alle Stücke spielt, für Events taugt, hat sie bereits unter anderem bei der Social Bar unter Beweis gestellt. Weitere Gelegenheiten werden sicher folgen: “Wir sind überrascht, wie viele Bonner Interesse an unserem Platz haben”, wundert sich Lenz über Schaulustige, die noch vor der offiziellen Eröffnungsfeier Ende des Monats zu Besuch kommen, oder über lokale Familien, die samt Kind & Kegel hier Auszeit von ihrer Heimatstadt nehmen.

Ein Abenteuerspielplatz ist das BaseCamp auch draußen. Außerdem können die Wohnwägen auchfür Events z.B. dorthin gefahren werden. Foto: Doris

Ein Abenteuerspielplatz ist das BaseCamp auch draußen. Außerdem können die Wohnwägen auch für Events z.B. dorthin gefahren werden. Foto: Doris

Sprachs, und zeigt mir die Toiletten und Badezimmer, die in der Halle eingebaut wurden – wie es sich für einen “echten” Campingplatz gehört. Eher außergewöhnlich für einen eben solchen ist hingegen die Putzfrau, die in dem Moment mit weißer Bettwäsche ihr Rollwägelchen an mir vorbei zieht. “Darf ich ein Foto machen?” Die Dame mit Migrationshintergrund versteht meine Frage nicht, doch ein Anruf bei ihrem Sohn hilft: Ja, freilich, übersetzt dieser, und schon wirft sie sich in Pose. Schön platziert vor dem originalen Trabi-Zelt, das auf dem Kult-Wagen angebracht ist. Auch darin kann man natürlich übernachten.

Eine Putzfrau auf dem Campingplatz? Das BaseCamp ist eben anders. Foto: Doris

Eine Putzfrau auf dem Campingplatz? Das BaseCamp ist eben anders. Foto: Doris

Die Führung geht weiter – ins zweite Geschoß, wo allmorgendlich auf neu renovierten Schreinerbänken mit sündteurer Glasdecke das Frühstücksbuffet serviert wird. An der Wand stehen alte knatschblaue Kinostühle, die einem ehemaligen Bonner Filmtheater entnommen wurden und wohl genauso weggeworfen worden wären wie die mit ihren 10 Jahren fast schon „antiquen“-TV-Bildschirme. Hier sind auch diese wieder zu etwas gut, und sei es “nur” zur Deko der Küche.

Einmal im BaseCamp, einmal in der Bonner Innenstadt – Telefonzellen werden hier zu Bücherkästen. Foto: Doris

Oder um wie die knallrote Telefonzelle im Zwischengeschoß als Bücherregal herzuhalten – eine Idee, mit der das Base Camp übrigens einmal Bonn zitiert. Denn auch dort wurde in deutscher Pragmatik ein unnötig gewordenes Geschenk der britischen Insel zu einer Tauschbörse für gebrauchte Bücher umfunktioniert.

Das Pappsatt macht genau das - und passt genau in den Vorgarten des BaseCamps. Foto: Doris

Das Pappsatt macht genau das – und passt genau in den Vorgarten des BaseCamps. Foto: Doris

Nach ein paar Stunden muss ich mich vom BaseCamp verabschieden, nicht aber vom Upcycling-Konzept: Vor den Toren der früheren Lagerhalle steht das “Pappsatt“Damit hat sich der ehemalige Manager aus der Versicherungsbranche, Peter Genske, seinen Kindheitstraum Traum erfüllt: Neben seinem Catering-Geschäft hat er einen mobilen Burgerladen eröffnet – und als Autodidakt einen ausrangierten US-amerikanischem Vorbild Schulbus mit Küche (Zimmer, Kabinett) ausgestattet. Mit Fleisch von einem Bonner Partner, überraschend frischen Brötchen – ebenfalls von einem regionalen Bäcker –, selbst gemachten Pommes und würzigem VeggieBurger (me-me-me) erfreut er seit acht Wochen nicht nur Passanten und Vorbeifahrer, die nach Bonner Tradition schon einmal zwanzig Minuten vor geschlossenem Schranken auf die Bahn und somit die Überquerung der Schienen warten. Auch die Gäste des Base Camps sowie des angrenzende Bonnox Boarding House & Hotel, das dem gleichen Besitzer gehört, sind nur die ersten, durchaus zufriedenen Probeesser: Bald wird der Ansturm noch größer, denn gegenüber werden in Kürze täglich 300 – 400 Arbeiter auf der Großbaustelle erwartet. Was als Industriegebiet eher heruntergekommen ist, soll nämlich zu einem hippen Wohnviertel werden und scharrt als nächstes “Comeback des Jahres” schon in den Startlöchern. Wie war das noch einmal mit dem Bonner Aus-alt-macht-neu-Konzept?

 

Offenlegung: Danke an die Region Bonn für die Einladung, unser erstes Treffen der offenen Plattform für deutschsprachige Reiseblogger bei Euch abhalten und die Gegend erkunden zu können! Die Meinungen und Ansichten in der Geschichte bleiben meine eigenen.

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Mitbringsel aus Teneriffa: Schoko-Bananen-Gofio-Kugeln

„Mit Gofio kann man einfach alles machen: Man nimmt einfach Schokoladencreme, gibt Rosinen dazu, dann noch etwas Rum, vermischt das Ganze mit Gofio und wälzt es in Kokosflocken.“ Dass uns Dragan,…

„Mit Gofio kann man einfach alles machen: Man nimmt einfach Schokoladencreme, gibt Rosinen dazu, dann noch etwas Rum, vermischt das Ganze mit Gofio und wälzt es in Kokosflocken.“ Dass uns Dragan, unser Guide von Cueva del Viento auf Teneriffa, mit diesen Worten bloß den Mund wässrig gemacht, aber keine Kostprobe dieser schokoladigen Eigenkreation gegeben hat, verzeihe ich ihm bis heute nicht.

Gleich aus Teneriffa mitgenommen: Gofio - kann man aber auch selbst machen. Foto: Doris

Gleich aus Teneriffa mitgenommen: Gofio – kann man aber auch selber machen.

Aber bitte was ist Gofio? Ich bin ja offenbar bei meiner Reisevorbereitung etwas schlampig, sonst wäre ich nicht erst am Ort des Geschehens – in diesem Fall Teneriffa – mit so einer landestypischen Spezialität vertraut geworden. An Gofio kommt man jedenfalls auf der Kanarischen Insel so wenig vorbei wie an Lava. Die „Mehlart“, die früher vor allem aus gerösteter Gerste hergestellt wurde, wird heute aus Mais oder anderen Getreidearten produziert. Serviert wird es warm, kalt, mit Wasser oder Milch, mit Olivenöl oder Honig, verarbeitet zu Laibchen, Pasten, Brei – kurz, es ist ein Alleskönner. Klar, dass ich mir eine Packung dieses Wunderdings mitgenommen habe, das noch dazu außer dem zugesetzten Meersalz keinerlei Konservierungs- und Farbstoffe enthält und reich an Vitaminen, Proteinen und Mineralien ist.*

Die Zutaten - hat wohl jeder in seiner Küche, sogar ich. Foto: Doris

Die Zutaten hat wohl jeder in seiner Küche, sogar ich.

Und anders als viele anderen Mitbringsel habe ich es nicht nur ins Regal gestellt, sondern gleich verwendet, indem ich Dragans Rezept ein bisschen umgewandelt habe. Kunst steckt wirklich keine dahinter, muss man doch Gofio nicht mal kochen oder backen, um es essen zu können. Bitteschön, ein Rezept mit Teneriffa-Feeling:

Zutaten

– Bananen – ich habe dafür sogar Original-Bio-Bananen aus Teneriffa verwenden können. Die haben wir nämlich als Abschiedsgeschenk von unserer Unterkunft, der Bananenplantage Casa Rural El Patio de Tita erhalten. Bananen aus Teneriffa schmecken etwas süßer und ihre Schale ist grüner als „normale“ Bananen, wie wir sie kennen – aber auch letztere sind natürlich für das Rezept verwendbar.
– Schokoladencreme
– Ein Schuss Rum (in meinem Fall habe ich Fairtrade Rum von den Tres Hombres genommen)
– Je nach Geschmack Leinsamen, Mandel- und Kokosflocken, Rosinen…
– Und natürlich Gofio

Zubereitung

Man mische alles nach Geschmack und Gefühl zusammen, bis man einen form- und knetbaren Teig erhält – am besten einfach probieren. Ich habe das Ganze dann zu Kugeln geformt, in Mandelflocken gerollt und einige Stunden (für Geduldige über Nacht) in den Kühlschrank gestellt, denn hart und gekühlt sind die schnellen Pralinen einfach noch besser.

¡Que aproveche!

 

*P.S.: Wer gerade nicht nach Teneriffa kommt und Gofio auch nicht online bestellen möchte, der kann sich ganz einfach sein eigenes Gofio herstellen: Weizen- oder Gerstenkörner bei mittlerer Hitze in einer Pfanne rösten. Immer gut rühren, damit sie gleichmäßig geröstet werden. Sobald sie zu riechen beginnen und Geräusche wie beim Aufpoppen von Popcorn hörbar werden, in eine Schüssel schütten. Kurz auskühlen lassen und mit einem Standmixer zerkleinern.

13 Kommentare zu Mitbringsel aus Teneriffa: Schoko-Bananen-Gofio-Kugeln

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