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Kategorie: Little Miss Itchy Feet

Makaibari: Mein Zuhause auf der indischen Teeplantage

“Ich bringe dich jetzt einmal zu deiner Familie.”, Nayan nimmt mir meinen Rucksack aus der Hand, und ich habe zum x-ten Mal ein fürchterlich schlechtes Gewissen, dass aus meinem Vorsatz…

“Ich bringe dich jetzt einmal zu deiner Familie.”, Nayan nimmt mir meinen Rucksack aus der Hand, und ich habe zum x-ten Mal ein fürchterlich schlechtes Gewissen, dass aus meinem Vorsatz des “packing light” auch in Indien wieder nichts geworden ist. Beinahe verschlucke ich mich am Tee, den er mir in seinem Büro serviert hat, nur um schnell genug zu sein, dem Inder zu folgen.

Mit meinen fast 35 Jahren ist es bereits das dritte Mal, dass ich adoptiert werde: Nach meinen Ersatzeltern in Australien – Freunden meiner Eltern -, der Familie in Bogotá, bei der ich drei Monate lang mein Zuhause gefunden hatte, sind jetzt die Lamas dran. Die Lamas, das sind Bharati, ihr Mann Pema, die 16-jährige Ashwini und ihre neunjährige Schwester Anjalina samt Großeltern. Zwei Tage lang wohne ich bei ihnen, bei meinem ersten richtigen “Homestay” hier in den Bergen Darjeelings. Genauer gesagt rund 15 Minuten von der Stadt Kurseong entfernt, im Dorf, das zur gleichnamigen Teeplantage Makaibari gehört.

Teil des Hauses der Lamas. Foto: Doris

Teil des Hauses der Lamas.

Ein Teil meiner Gastfamilie: Großmutter und Anjalina beim morgendlichen Flechtritual. Foto: Doris

Ein Teil meiner Gastfamilie: Großmutter und Anjalina beim morgendlichen Flechtritual.

Mein Zimmer für 2 Tage. Foto: Doris

Mein Zimmer für zwei Tage.

Großvater beim Lesen. Foto: Doris

Großvater beim Lesen.

Auch wenn ich nicht adoptiert worden wäre, die Makaibari Teeplantage wäre sicher auf meiner Must-See-Liste gelandet. Sie ist nämlich etwas Besonderes: 1999 war sie die erste Teeplantage in der Region, die auf Bio-Produktion – also alles handgepflückt und ohne chemische Zusatzstoffe behandelt – gesetzt hat. Tut sie noch immer, Demeter zertifiziert, aber inzwischen als eine unter vielen. Denn mittlerweile sieht man überall die Schlagworte “eco” und “organic” vor dem Wort “Tea” – Makaibari ist dennoch etwas Besonderes geblieben. Homestay nämlich bietet (noch immer) keine andere Teeplantage in Darjeeling an. Und auch sonst wird das Wort in Indien gern für vieles eingesetzt – mit dem Leben bei einer Familie hat das Meiste davon nichts zu tun.

Makaibari Teeplantage, die erste, die auf Bioproduktion gesetzt hat. Foto: Doris

Makaibari Teeplantage, die erste, die auf Bio-Produktion gesetzt hat.

Hier wird noch per Hand gepflückt. Foto: Doris

Hier wird noch per Hand gepflückt.

Anders in Makaibari: Seit 2005 wird hier das Wohnen bei einer der rund 125 Familien des Orts angeboten, der ausschließlich von der Teeplantage (und eben jetzt vom Tourismus) lebt. Was damals mit fünf Haushalten begonnen hatte, ist mittlerweile auf 24 angewachsen. Für läppische 600 Rupies (nicht einmal 10 Euro) kann man seither bei Einheimischen übernachten, bekommt drei Mahlzeiten am Tag und natürlich jede Menge Tee. In allen Varianten: Vom feinen Grün-, Schwarz- oder weißen Tee über die übliche Milchteemischung mit ganz viel Zucker oder aber auch Tee mit Salz. Letzteres trinken die Einheimischen nämlich dann, wenn sie besonders ausgelaugt sind von der Arbeit. Ein für mich ziemlich gewöhnungsbedürftiger Energy-Drink, aber noch immer besser als Red Bull und Co.

Tee in allen Varianten wird in Makaibari produziert. Foto: Doris

Tee in allen Varianten wird in Makaibari produziert.

Um die 60 bis 70 Prozent dieser 600 Rupies erhalten die Familien selbst, 20 Prozent bekommt das Office, das auch Menschen wie den Volunteer Coordinator Nayan oder den Tourguide Doda beschäftigt, und 10 Prozent werden für wohltätige Zwecke wie Altersvorsorge, Gratis-Wasser, ein Tutorial-Programm für Kinder, eine eigene Krankenstation und und und eingesetzt. Klingt alles gut und schön? Ist es – zumindest größtenteils – auch: Wenn die Verdienste für das Gebotene noch immer viel zu wenig sind, können sich Familien wie die Lamas durch das Homestay leisten, ihre Töchter zur Uni zu schicken. Und Sozialleistungen wie die ständig besetzte Krankenstation, in die einmal pro Woche auch ein Arzt kommt, oder der Kinderhort für den Nachwuchs der Arbeiterinnen sind eine große Bereicherung fürs Dorf.

Hier lebt man vom Tee und vom Tourismus. Foto: Doris

Hier lebt man vom Tee und vom Tourismus.

Ja, Makaibari ist in diesem Sinn eine kleine Insel der Seligen in der Teewelt von Darjeeling, wo Teepflückerinnen nur 90 Rupies pro Tag für eine achtstündige harte Arbeit in der Sonne bekommen. Das ist um die Hälfte weniger als die Arbeiterinnen in Assam für den gleichen Knochenjob erhalten – und wie öd und hart der ist, davon kann sich jeder überzeugen, der so wie ich die Teeplantage besucht und auf den Terrassen für ein, zwei Minuten selbst Hand anlegt.

Beim Besuch der Teeplantage darf man auch mal mitpflücken. Foto: Doris

Beim Besuch der Teeplantage darf man auch mal mitpflücken.

Die "Guten" ins Körbchen, die Schlechten... Foto: Doris

Die „Guten“ ins Körbchen, die Schlechten…

...werden später aussortiert. Foto: Doris

…werden später aussortiert.

Letzteres gehört zum “Standardprogramm” von allen, die in Makaibari beherbergt werden. Schließlich geht es ja darum, die Kultur der Teegärten kennen zu lernen. Auch wenn das Homestay-Konzept den Titel “Volunteer Program” trägt, bleiben die Meisten ohnehin nur ein paar Tage im kleinen Dorf, das mittlerweile den Großteil der – europäischen oder amerikanischen – Touristen nach Kurseong führt. Nur wenige nutzen die Chance, länger auf den Plantagen zu arbeiten, sich zum Teeexperten ausbilden zu lassen oder auf andere Art und Weise Teil des Dorfs zu werden. Wie die Deutsche Ricarda.

Ricarda treff ich in "ihrer Ordi" in Makaibari. Foto: Doris

Ricarda (rechts außen)  treff ich in „ihrer Ordi“ in Makaibari.

“Heute habe ich es zum ersten Mal geschafft, selbst einen Teller abzuwaschen.”, erzählt die Kölnerin mir bei unserem ersten Treffen in Makaibari stolz. 2012 hat die Optikerin das Dorf bei ihrem fünftägigen Homestay kennen gelernt – in diesem Jahr ist sie wieder gekommen: Ein Monat lang hat sie freiwillig und ehrenamtlich ihren Urlaub dafür genutzt, den Einheimischen des Dorfs aus Deutschland gespendete Brillen anzupassen und sie kostenlos mit Sehbehelfen zu versorgen.

Ricardas Variante des Sehtests - für Analphabeten, wie es sie sehr häufig noch in Indien gibt. Foto: Doris

Ricardas Variante des Sehtests – für Analphabeten, wie es sie sehr häufig noch in Indien gibt.

Wenn es Ricarda nach vier Wochen für einen “Sieg” hält, endlich einmal ihr Geschirr selbst wegzuräumen, kann man sich vorstellen, wie es mir ergangen ist! Schon allein der Versuch, beim abendlichen Kochen meiner Gast”mutter” Bharati – oder sollte ich eher sagen Gastschwester, denn mit ihren 38 Jahren ist sie nur ein wenig älter als ich – zu helfen, ist zum Scheitern verurteilt. Leider, ich hätte ihr einfach bei der Zubereitung der für mich fremden Gemüsesorten aus dem heimischen Garten geholfen. Nix da: Gast ist Gast!

Isgus, Gemüsesorten, die in Bharatis Garten wachsen. Foto: Doris

Isgus, Gemüsesorten, die in Bharatis Garten wachsen.

Indisches Frühstück bei den Lamas. Foto: Doris

Indisches Frühstück bei den Lamas.

Wenn auch aus dem gemeinsamen Kochen nichts geworden ist, das Zusammensitzen abends hat einiges wett gemacht. Dann, wenn Ashwini und Anjalina aus der Schule nach Hause gekommen sind und Übersetzerinnen dafür gespielt haben, was weder Bharatis etwas mangelhaftes Englisch noch unsere Hand-und-Fuß-Kommunikation untertags geschafft haben. Und an einem dieser Abende habe ich die Mädels sogar ziemlich beeindrucken können: Dann nämlich, als ich meinen Laptop ausgepackt und Fotos gezeigt habe. Von meiner Reise ins Königreich Bhutan, dem sich die Leute in Darjeeling viel zugehöriger fühlen als Indien, und von mir im Dirndl. Dass wir in Österreich keine Saris oder Kurtas tragen, das konnte sie nämlich nicht glauben, meine liebe indische Familie.

Auch ein Teil der Familie ;-) Foto: Doris

Auch ein Teil der Familie.

 

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Von Porno-Tempeln, zahmen Tigern und beißenden Mäusen

Sind wir schon da? Sind wir schon da? Sind wir schon da? Seit ein paar Tagen liegt uns Co-Blogger Flo schon mit dieser Frage in den Ohren. Gefühlt ist das zumindest…

Sind wir schon da? Sind wir schon da? Sind wir schon da? Seit ein paar Tagen liegt uns Co-Blogger Flo schon mit dieser Frage in den Ohren. Gefühlt ist das zumindest so. Am vierten Tag unserer Reise steht nämlich etwas auf dem Programm, das er bei seiner ersten Indien-Reise notgedrungen auslassen musste: Die „Porno-Tempel“ von Khajuraho im Bundesstaat Madhya Pradesh, deren Steinbilder angeblich dem Kamasutra Konkurrenz machen.

Ein Ziel, das mich ja nun nicht wirklich begeistern kann. Wie denn auch, haben wir doch wohl den Höhepunkt in Sachen Tempelbesichtigung schon erlebt? Und dann noch diese Frohbotschaft: Wir kommen in einem etwas abgelegen Ressort unter. Das wäre ja kein Problem, ABER: Von Internet keine Spur. Dass ich das erst zwei Stunden vor der Ankunft erfahre, macht die Sache nicht besser.

“Wo liegt denn das Sarai at Toria nochmal?”, selbst unser indischer Shanti Travel Fahrer muss auf der holprigen, vom Regen durchweichten Sandstraße nach dem Weg zu unserem Übernachtungsort fragen. Die Abbiegung ist aber auch wirklich nicht zu sehen. Ein paar Meter geht es weiter ins Nirgendwo bis unser Auto plötzlich Halt macht: Ein gepflegter Inder in weißem Hemd und Jeans winkt uns zu. Aha, wir sind also angekommen.

Satai at Toria bei Sonnenuntergang. Foto: Doris

Satai at Toria bei Sonnenuntergang.

Der Inder, der vielleicht in meinem Alter ist, begrüßt uns freundlich und überschwänglich auf Englisch. Das dienstbeflissene Personal reißt uns das Gepäck förmlich aus der Hand. Wir verabreden uns für morgen früh mit dem Fahrer. Alles wie immer also. Bis jetzt.

Wir nähern uns langsam unserem Zuhause für die nächsten paar Tage. Foto: Doris

Wir nähern uns langsam unserem Zuhause für die nächsten paar Tage.

Statt den üblichen großen, weit aufschwingenden Flügeltüren, die zur Hotellobby führen, sehen wir nämlich… nichts. Okay, das ist so nicht richtig: Vor uns liegt ein vom Regen durchweichter Erdpfad, der über eine etwas wackelig aussehende Hängebrücke führt. An deren anderem Ende ist die Vegetation wie auf Knopfdruck anders. Wo zuvor noch dichtes Gebüsch zu sehen war, stehen jetzt lange, üppig grüne Grashalme für uns Spalier. Und in der Ferne erhaschen wir auf der einen Seite schon den ersten Blick auf ein paar Lehmhäuser, auf der anderen Seite fließt der Ken Fluss. Bei dem Anblick ist meine getrübte Stimmung gleich wieder verflogen, sie hat in dieser Umgebung einfach keine Chance – und überhaupt, wer braucht in diesem Paradies schon Internet?

Das Haupthaus des Sarai at Toria liegt vor uns. Foto: Doris

Das Haupthaus des Sarai at Toria liegt vor uns.

“Da drüben ist das Panna Tiger Reserve.”, zeigt Dr. Raghunandan Singh Chundawat auf die gegenüberliegende Seite des Flusses, während wir an einem der vielen Kaffees der nächsten Tage schlürfen. Der große, grauhaarige Inder hat uns im Hauptgebäude in Empfang genommen, das mit seiner auf allen Seiten offenen Struktur, dem dunklen Holz und Strohdach mehr an Safari-Lodges in Afrika erinnert, oder zumindest stelle ich mir diese so vor.

Empfangshalle und Wohnzimmer für uns. Foto: Doris

Empfangshalle und Wohnzimmer für uns.

Genauso wie das Service, kaum haben wir uns nämlich in den bereit stehenden Couches niedergelassen, werden wir auch schon umsorgt: Tee, Kaffee, Wasser sowieso – wir sind gar nicht so schnell mit Bestellen und Wünschen, da ist das Geforderte bereits vor unserer Nase. Ein fast schon erschreckend perfekter Rundum-Service, an den wir uns die nächsten paar Tage noch gewöhnen werden.

Das Haupthaus erinnert irgendwie an eine Safari in Afrika. Foto. Doris

Das Haupthaus erinnert irgendwie an eine Safari in Afrika.

Vier Jahre ist es her, dass der Biologe Raghunandan und die Wildnis-Fotografin Joanna Van Gruisen am Eingang des Panna Nationalparks sechs Lehm-Häuser nach alter, lokaler Tradition erbauen haben lassen. Bambus, Ziegeln, Lehm, Stein, Gräser – alles, was verarbeitet wurde, stammt aus der näheren Umgebung. Einem “low carbon footprint” zuliebe: “Durch das Projekt wollen wir sanft aufzeigen, dass man Luxus und Komfort genießen und dennoch erd-freundlich bleiben kann.”, heißt es im Prospekt, das in den Cottages aufliegt. Das bedeutet unter anderem, Solar-Energie zu nutzen und mit Bio-Gas zu kochen. Das heißt aber noch etwas mehr.

An den nächsten Lodges wird seit längerem gebaut. Foto: Doris

An den nächsten Lodges wird seit längerem gebaut.

“Ich wollte nicht mehr mit den Geldern von Exxon und anderen ähnlichen Firmen forschen,”, erklärt Raghunandan, der selbst über zehn Jahre mit den Tigern gearbeitet hat, ,“ich wollte den Menschen direkt helfen.” So unterstützt er die ehrenamtlichen Guides des nahen Tiger Reservats mit Schulungen, die Mitarbeiter des Ressorts kommen aus den umgebenden Communities, handgemachte Seife von Frauen der ländlichen Umgebung liegt im Badezimmer, in den Räumen stehen Thermoskannen mit gefiltertem Wasser statt Plastikflaschen bereit – statt groß mit Labels wie „Eco-Lodge“ Werbung zu machen, setzt man im Sarai at Toria offenbar lieber auf Taten.

Florian & Michaela vor "ihrem" Zuhause. Foto: Doris

Florian und Michaela vor „ihrem“ Zuhause.

My bed is my castle. Foto: Doris

My bed is my castle.

Smarte Lösungen warten überall - wie die Thermoskanne mit gefiltertem Wasser. Foto: Doris

Smarte Lösungen warten überall – wie die Thermoskanne mit gefiltertem Wasser.

Apropos Tun: Unternehmen kann man in der Umgebung des Sarai at Toria so einiges, nicht erst wenn ab Mitte Oktober die Hauptattraktion des Nationalparks, das Panna Tiger Reserve wieder öffnet. Man kann zum Beispiel zu den Raneh-Wasserfällen fahren, mit einem der Guides vom Satai at Toria einen Village Walk machen oder die berühmte Bootstour auf dem Ken Fluss unternehmen, bei der man Krokodile und weiteres Getier sehen kann, die wir aber wegen der starken, noch immer andauernden Regenfälle und des hohen Wasserstands diesmal leider auslassen mussten.

Und wem das noch nicht genug Action ist, der kann es ja unserem Tourguide David gleich tun: Der hat in seiner Lodge im Sarai at Toria eine Maus entdeckt, sie in einem Mutanfall in die Ecke gedrängt, in die Hand nehmen und hinaustragen wollen. Der Widerstand der indischen Maus war aber größer: Sie hat ihn einfach in die Hand gebissen – und sich dann wieder in „ihre“ Lodge verkrochen. Sie war schließlich schon früher da als er!

Ach, und die Porno-Tempel? Nett waren sie, und ja, man sieht tatsächlich einige anzügliche Stellungen. Zumindest wenn man so genau schaut wie Florian…

Es gibt im Nationalpark eine günstigere Unterkunft als das Sarai at Toria, das auch deshalb die Luxus-Schiene fährt, um keine Konkurrenz zu schaffen. Exklusiv ist sie jedenfalls – noch -, denn anders als vieles sonst kennt sie der Lonely Planet offenbar nicht! Preise: Im Doppelzimmer 13.740 Indian Rupees (ca. 190 Euro) pro Lodge und Nacht (inkl. Steuern, Frühstück, Mittag- und Abendessen, sämtliche nicht-alkoholische Getränke und andere Services des Hauses)

Offenlegung: Ich war 14 Tage mit Shanti Travel auf Blogtrip. Herzlichen Dank für die Einladung! Die Meinungen und Ansichten in der Geschichte bleiben meine eigenen.

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Reflexionen einer Reisenden: Und Indien ist mein gigantischer Spiegel…

Indien ist ein gigan­ti­scher Spiegel. Jeder darf hin­ein­bli­cken und sich anschauen. Wer das Land im sel­ben Zustand ver­lässt, wie er es betre­ten hat, kam schon als Leiche. Diese Sätze von…

Indien ist ein gigan­ti­scher Spiegel. Jeder darf hin­ein­bli­cken und sich anschauen. Wer das Land im sel­ben Zustand ver­lässt, wie er es betre­ten hat, kam schon als Leiche.

Diese Sätze von Andreas Altmann aus seinem Buch Triffst du Buddha, töte ihn!: Ein Selbstversuch lassen mich seit dem ersten Lesen nicht mehr los. Sie haben mich in das Land begleitet, das der Reiseschreiber-Gott – wie ich ihn immer noch gern nenne – in einem Selbstversuch bereist hat. Ich bin auf seinen Spuren unterwegs oder vielmehr auf meinen, denn schließlich ist es ja meine Reise, mein Indien, MEIN Spiegel.

“Wien, ach da habe ich eine Geschäftspartnerin in der Wipplingerstraße”, verkündet der Mann mit weißem Turban und rot gefärbtem Bart stolz. Im feinsten Deutsch hat er mich angesprochen und gleich seine Lokal-Kenntnisse kund getan. Daneben plaudert ein jüngerer Inder in klassisch gebügeltem, lila Hemd mit Michaela auf Spanisch, und David, unser Betreuer von Shanti Travel, darf sich gerade auf Französisch mit einem anderen glatzköpfigen Mann unterhalten. Die drei haben uns angesprochen, als wir gerade – wegen Gegenlicht vergeblich – versucht haben, den rosa Windpalast in Jaipur in seiner ganzen Größe abzufotografieren. Und sie waren nicht die Einzigen. Überall tönt es “komm in mein Geschäft”, “schau doch in meinen Shop”, “mein Lokal ist das Beste”, … mein, mein, mein.

Jeder hat "seines": Indien ist voller Unternehmer. Foto: Doris

Jeder hat „seines“: Indien ist voller Unternehmer. Foto: Doris

„Wie gehst du mit diesem ständigen Kontakt um?“, frage ich David, der bereits seit 1,5 Jahren in Indien arbeitet und gerade wiederum um ein Jahr verlängert hat (“ich bin mit Indien noch länger nicht fertig”, so die Erklärung). “Das hängt ganz von meiner Stimmung und Einstellung ab”, meint er. Heute scheint die gut zu sein, denn er lässt sich ständig auf ein Gespräch ein, beeindruckt die Inder mit seinen Brocken Hindi, erzählt von seiner jetzigen “Heimat” Delhi und nimmt sogar die Einladung zum Chai an, die wir von den oben erwähnten Geschäftsmännern erhalten. Sie haben uns aufs Dach ihres Geschäftshauses gebeten, um einen besseren Blick auf den Windpalast zu bekommen – und natürlich, um uns später ihre 100%ige Kaschmir-Ware zu zeigen. Wir lehnen ab: Ein Geschäft machen sie mit uns diesmal nicht. Auch kein anderer der Geschäftsleute, von denen Indien voll zu sein scheint. “Gib mir ein bisschen von deiner Zeit”, lockt einer und fügt mit einem Grinsen hinzu: “Und gib mir dein Geld.” Sie sind ganz schön direkt, die Inder.

Zu Chai wird gern geladen - er wird aber auch verkauft. Foto: Doris

Zu Chai wird gern geladen – er wird aber auch verkauft. Foto: Doris

Handleser und Wahrsager dürfen natürlich auch nicht fehlen. Foto: Doris

Handleser und Wahrsager dürfen natürlich auch nicht fehlen. Foto: Doris

Eineinhalb Tage bin ich jetzt im Land. Ich bin mit enormen Respekt hierher gekommen. “Auf Indien kannst du dich nicht vorbereiten”, “Indien ist intensiv”, “überall riecht es nach Pisse”, “ausgestiegen, und schon hat mir eine Frau ihr Baby in den Arm gedrückt”, “bei der Bushaltestelle lag eine verweste Hundeleiche”… Aussagen und Schilderungen wie diese haben mich auf dem Flug hierher begleitet. Ich bin sicher, sie stimmen alle – oder fast alle, denn nach Pisse riecht es nur streckenweise.

Indien ist ein brutales Pflaster, keine Frage. Foto: Doris

Indien ist ein brutales Pflaster, keine Frage. Foto: Doris

Und auch wenn mir noch kein Kind überreicht wurde (okay, fast, aber nur für ein Foto), ist das Unglaubliche überall wahrzunehmen: Unterernährte Kühe grasen in den Müllhaufen auf den Straßen, Kindfrauen duschen sich unter Regenrinnen mit dunkelbraunem, vor Schmutz starrendem Wasser, andere kommen dir mit Stumpen als Gliedmaßen entgegen, Männer klopfen am Straßenrand Steine in kleine Brocken, die Überquerung der Straße ist eine reine Glückssache und das Dauerhup-Konzert dröhnt dir Tag und Nacht in den Ohren. Und keinen Schritt kannst du durch indische Straßen machen, ohne auszuweichen, aus dem Weg zu springen, angerempelt, angesprochen zu werden, angestarrt zu sein – oder anzustarren. Szenen, die mich an Bolivien, Ecuador, Bhutan oder andere Länder erinnern – nur hier ist alles Mehr, Größer, Schneller, Langsamer, .. Unglaublicher. Indien hat die Superlativen scheinbar für sich gebucht.

Alles ist mehr, größer, lauter, ... Foto: Doris

Alles ist mehr, größer, lauter, … Foto: Doris

“Du kannst nicht einfach nach Hause zurück, das hier macht etwas mit dir”, ist sich David sicher, während wir mehr oder weniger benommen durch die Straßen wanken. Es strengt an, durch eine Großstadt wie Jaipur zu Fuß zu gehen. Ich bin dauermüde. Ich bin überwältigt. Ich bin berührt. Aber ich bin auch überrascht. Nicht unbedingt von den Erlebnissen, sondern darauf, WAS sie mit mir machen. Ich bin nämlich erstaunlich ruhig – oder besser gesagt, erstaunlich im Hier und Jetzt.

Blick von oben auf die Straßen von Jaipur. Foto: Doris

Blick von oben auf die Straßen von Jaipur. Foto: Doris

Das Schäkern mit den Händlern, die manchmal für gelernte Europäerinnen wie mich ganz schön auf die Pelle rücken, der Dreck überall, das ewig-und-drei-Tage-lange Warten für die einfachsten Dinge wie das Einchecken in einem Hotel, ja, selbst den ganzen Tag kein Internet zu haben – ich kann alles sehr gut nehmen. Ohne zu werten, ob etwas gut oder schlecht ist. Es ist so, wie es ist. Vielleicht bin ich noch ein bisschen im Schock. Vielleicht ist der entspannte Einstieg, mit Shanti Travel auf einer Tour mit klimatisierten Auto, Fahrer und angenehm-relaxten Kollegen durch Indien zu fahren und sich im Prinzip um nichts Organisatorisches zu kümmern. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich bis zur letzten Minute vor dem Abflug noch an anderen Baustellen gearbeitet habe (und schlussendlich nicht mal mehr wusste, was ich überhaupt in den Rucksack gesteckt hatte). Vielleicht hat es damit zu tun, dass ich alles ertragen kann, so lange ich mit Menschen sprechen kann, solange ich Kontakt habe – und ja, den gibt es ja hier in Indien zuhauf. Vielleicht … ach, ich weiß es nicht, woran es liegt: Aber das Spiegelbild, das mir Indien im Moment gerade zeigt, ist zwar chaotisch-dreckig und kann ganz schön nerven, aber ist zum Großteil absolut liebenswert! Mh, ich hätte es schlechter treffen können…

Indiens idyllische Seite(n): Sonnenuntergang beim Tigerpalast bei Jaipur. Foto: Doris

Indiens idyllische Seite(n): Sonnenuntergang beim Tigerpalast bei Jaipur. Foto: Doris

… werde ich vermutlich auch. Nein, ich mach mir nichts vor, ich hege nicht die Illusion, dass Indien reibungslos abläuft. Dass nichts schief geht. Dass ich immer in meiner Mitte bleibe. Dafür kenne ich mich zu gut. Genau deshalb habe ich wahrscheinlich zum Abschluss das 10-tägige Vipassana-Retreat gewählt. So wie übrigens Altmann auch, wie ich heute gelesen habe: Denn er hat sich ebenfalls bei genau diesem Meditationsseminar 10 Tage hingesetzt, geschwiegen, sich selbst jenen Spiegel noch näher an die Nase gedrückt, den ihm Indien so gern schon vorher hingehalten hat.

 Trotz all der Hektk findet doch jeder ein Stück Ruhe für sich. Foto: Doris

Trotz all der Hektk findet doch jeder ein Stück Ruhe für sich. Foto: Doris

 

Offenlegung: Ich bin 14 Tage mit Shanti Travel auf Blogtrip. Herzlichen Dank für die Einladung. Die Meinungen und Ansichten in der Geschichte bleiben meine eigenen.

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PolaWalk durch Wien: Und es hat acht Mal Klick gemacht…

Nein, das darf aber wohl nicht wahr sein! Wie ist denn das jetzt passiert? „Ach, keine Sorge, du hast ja noch sieben Versuche.“, Gilberts tröstende Worte sind zwar lieb gemeint,…

Nein, das darf aber wohl nicht wahr sein! Wie ist denn das jetzt passiert? „Ach, keine Sorge, du hast ja noch sieben Versuche.“, Gilberts tröstende Worte sind zwar lieb gemeint, helfen jedoch kein bisschen. Ich habe es tatsächlich geschafft, gleich das erste Foto mit der Polaroid-Kamera in den Sand zu setzen. Oder besser gesagt, ins Nichts zu schießen. Dabei wollte ich bloß die Kamera öffnen – und habe versehentlich den Auslöser gedrückt. Mist! Mein erstes Bild – mein erster Fehler! Sieben Fotos habe ich noch…Wir befinden uns auf dem PolaWalk durch Wien. Meinem dritten Anlauf! Vor einem Monat ist die Einladung zur allerersten Tour in meine Mailbox geflattert, aber ich hatte – wie üblich – andere Pläne. Vor zwei Wochen dann ein weiterer – vergeblicher – Versuch. Doch heute, heute ist es endlich soweit. Aller guten Dinge sind schließlich drei. Oder acht. Denn so viele Chancen, oder besser gesagt Fotos, habe ich beim PolaWalk.

Gilbert von PolaWalk zeigt uns das Equipment. Foto: Doris

Gilbert von PolaWalk zeigt uns das Equipment.

„Wir sind die erste und einzige Foto-Stadttour mit Polaroid Kameras der Welt.“, erzählt Gilbert, einer der Gründer von PolaWalk, gerade meiner Kollegin Caroline von Wunschdenken. Dass sie dabei ist, freut mich besonders, haben wir uns doch bisher bloß via Twitter und Facebook gekannt – obwohl wir beide als Journalistinnen und Bloggerinnen in derselben Stadt wohnen. Aber zurück zu PolaWalk: Ja, es gibt einige Gruppen, die mit Polaroids bewaffnet, durch die Straßen ziehen, in Basel versorgt die Tourismus-Behörde sogar Interessierte mit den Sofortbildkameras – doch nirgendwo gibt es organisierte, regelmäßig stattfindende Foto-Touren wie diese hier in Wien. Wien ist eben – vielzitiert, aber manchmal sogar wahr – anders.

Eine etwas andere Erinnerung an Wien: Schnappschüsse mit Polaroids. - Foto: Doris

„Wir wollen, dass die Menschen ein Souvenir abseits von Sachertorte und Mozartaschenbecher mit nach Hause nehmen,“, werben Gilbert und sein Freund Thomas für ihr Unternehmen, „und zwar mit Sofortbildern eingefangene Erinnerungen an Wien.“

Einmal in kompletter Pracht. Foto: Doris

Einmal in kompletter Pracht.

Gestartet haben die Beiden mit Polaroid-Workshops im April 2013, seit September 2013 gibt es zusätzlich die geführten Foto-Touren. Begonnen hat die Geschichte und vor allem die Faszination der Beiden mit Polaroid aber schon viel früher: 2010 hat Thomas seine erste Polaroid Kamera gekauft, damals, als die beiden Österreicher Florian „Doc“ Kaps und André Bosmann mit ihrem „The Impossible Project“ beschlossen haben, die – damals im Sterben liegende – Sofortbildfotografie wieder zu beleben.

So viele Polaroid-Kameras - so unterschiedlich. Foto: Doris

So viele Polaroid-Kameras – so unterschiedlich.

Nach dem zweiten und finalen Bankrott von Polaroid versammelten die Zwei kurzerhand die noch übrig gebliebene Mannschaft des Kameraherstellers und realisierten einen für „impossible“ erklärten Traum: Sie schufen einen neuen, chemisch völlig anders aufgebauten Sofortbild-Film für Polaroid Kameras. Und machten damit möglich, dass Tausende in aller Welt wieder ihre Liebe zur analogen Fotografie leben beziehungsweise entdecken konnten. Thomas und Gilbert – das sind bloß zwei der „Opfer“.

Gilberts Tasche ist prall gefüllt: MIt Kameras, Filmen, Programm, ... Foto: Doris

Gilberts Tasche ist prall gefüllt: Mit Kameras, Filmen, Programm…

„Die Impossible Filme sind anders als die von Polaroid,“, erklärt uns Gilbert kurz nachdem wir uns um 15.30 Uhr bei den Stufen der Karlskirche getroffen haben, „statt zehn Bildern kannst du jetzt nur noch acht schießen.“. Ein teurer Spaß, denn ein Film – der bei PolaWalk übrigens in der Tour inkludiert ist -, kostet 20 Euro.

Testschüsse - klappt doch! Foto: Doris

Testschüsse – klappt doch!

Noch eine kurze Instruktion, wie man den Film einlegt (bei der Polaroid ist wirklich alles anders) und schon dürfen wir unsere ersten Fotos machen. Versuchsfotos – die Filme sind noch keine echten. „Es ist wichtig, dass ihr vorher die Kamera kennen lernt.“, erklärt Gilbert, der kürzlich seine Polaroid sogar beim Wiener Fotomarathon eingesetzt hat. Leichter gesagt als getan: Alles ist anders bei dem Ding. Die Form der Kamera, der Winkel der Linse, der Fokus sowieso, die Knöpfe/Schalter/Hebel für „Blitz“ und „Nicht-Blitz“… Während Caro mit Gilbert fachsimpelt und ihre Erfahrungen mit der analogen Kamera mit unserem Guide teilt, kann ich mich nicht einmal daran erinnern, ob ich jemals eine Polaroid in der Hand hatte.

Das ist unsere Tour für die nächsten 2 Stunden. Foto: Doris

Das ist unsere Tour für die nächsten zwei Stunden.

Um 16 Uhr geht es dann los: Vom Karlsplatz führt uns unsere Foto-Tour vorbei an der Oper, der Albertina, der Hofburg, dem Parlament, dem Rathaus und anderen Prunkbauten der Wiener Innenstadt. „Wir machen keine Stadtführungen“, stellt Gilbert auf dem Weg klar, „das heißt, wir dürfen nichts über die Sehenswürdigkeiten oder deren Geschichte erzählen. Außerdem sind die Leute ohnehin damit beschäftigt, mit der Kamera umzugehen und Motive zu suchen.“ Letzteres kann ich absolut nachvollziehen, vor allem nach meinem misslungenen „ersten Mal“: Sieben Bilder habe ich noch…

Vermehrt Schönes - auch ein Motto der PolaWalk Tour. Foto: Doris

Vermehrt Schönes – auch ein Motto der PolaWalk Tour.

Statt Wiener Geschichte präsentiert uns Gilbert seine Lieblings-Fotostopps, erklärt, wann man doch besser den Blitz einsetzen sollte – und welcher Blickwinkel der Beste ist. Acht Motive, das kann doch nicht so schwer sein! Ist es aber irgendwie doch, vor allem, weil ja das Ergebnis bis zum Schluss ein Geheimnis bleibt: Während früher die Polaroid-Filme innerhalb von ein bis zwei Minuten entwickelt waren, zeigt die neue Version erst in 20 bis 40 Minuten das endgültige Bild.

"Misslungene" Bilder, naja, solche sehen für mich anders aus. Foto: Doris

„Misslungene“ Bilder, naja, solche sehen für mich anders aus.

„Das Gute bei den Sofortbildern ist, dass sie einfach immer spannend aussehen.“, ist Caro überzeugt und blättert sichtlich begeistert durch ihre acht Bilder. Die schauen auch tatsächlich vielversprechend aus! Und als wir zwei Stunden später unsere gesammelten Werke auf dem Gras auflegen, um ein „Gruppenbild“ zu machen, muss selbst ich zugeben: Nicht schlecht. Auch wenn von meinen acht Bildern nur vier übrig geblieben sind, die nicht komplett schwarz, zu dunkel und völlig verwackelt waren… Die pinne ich mir vermutlich zuhause an die Wand: Als Erinnerung an ein paar Momente in Wien!

Caro & ich - ein Gruppenfoto. Foto: Gilbert

Caro & ich – ein Gruppenfoto. Foto: Gilbert

Die Ergebnisse, teilweise noch nicht voll entfaltet. Foto: Doris

Die Ergebnisse, teilweise noch nicht voll entfaltet.

 

Infos: Die PolaWalk Fototour wird prinzipiell auf englisch angeboten. Sollten alle Teilnehmer deutsch sprechen, wird sie auf deutsch durchgeführt. Teil nehmen bis zu sechs Personen exkl. Führer. Sie dauert ca. zwei Stunden (30 min. Einführung, 90 min. Tour), kostet 49 Euro (inkl. Polaroidkamera, Film im Wert von 20 Euro und die Bilder kann man sich natürlich auch behalten). Wer als Begleitperson ohne Kamera mit möchte oder selbst eine Polaroid hat, für den kostet die Tour 29 Euro (ohne Film).

Bei Schlechtwetter findet die Tour indoor bei Madame Tussauds in Wien statt. Weitere Infos und Buchungs-Möglichkeit gibts unter Polawalk.

Offenlegung: Danke an PolaWalk für die Einladung zur Tour!

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Indien: Chaos ist meine Art der Planung…

“Das Leben passiert, während du noch mit dem Planen beschäftigt bist”. Zutreffender könnte man die letzten paar Wochen in meinem Leben kaum zusammenfassen. Da habe ich noch nicht mal den…

“Das Leben passiert, während du noch mit dem Planen beschäftigt bist”. Zutreffender könnte man die letzten paar Wochen in meinem Leben kaum zusammenfassen. Da habe ich noch nicht mal den Beitrag zu meinen Reise-Vorstellungen gepostet, da kam schon eine Mail herein geflattert:

 “Einladung zu einer Reise mit Shanti TravelDurga Puja Festival in Kalkutta”.

Sofort aufgemacht, überflogen… und den Gedanken nicht mehr losbekommen. Eigentlich wollte ich ja länger zuhause bleiben. Eigentlich bin ich ja etwas reisemüde. Eigentlich wollte ich mir bei meinem nächsten Trip Zeit lassen. Eigentlich hatte ich gerade jemanden kennen gelernt und für spannend befunden.

Aber… Eigentlich steht Indien schon sehr, sehr lang auf meiner Reise-Liste. Eigentlich ist ein ganzer Monat zuhause ja schon mal ein guter Anfang (frau muss ja nicht gleich übertreiben mit der Sesshaftigkeit). Eigentlich kann ich mir ja etwas mehr Zeit lassen auf diesem Trip – für Indien auch sicher notwendig. Eigentlich habe ich Glück: Normalerweise kann ich solche spontanen Einladungen nie und nimmer annehmen, weil ich stets verplant bin. Wie gut, dass es in dem Moment einmal anders ist! Tja, und nachdem sich der spannende Mensch als doch etwas zuuu spannend für meinen Geschmack herausgestellt hat (Beziehungsstatus kompliziert muss nicht schon wieder sein), steht Indien eigentlich nichts im Weg.

Ihr könnt es euch schon denken: Ich habe Ja gesagt! Und weil ich vielleicht nicht vollkommen, aber doch etwas lernfähig bin, habe ich gleich beschlossen, nach den 14 Tagen, die Shanti Travel für uns organisiert, noch bis 15. November anzuhängen. Die ersten Stationen der Reise mit Shanti Travel sind also bekannt: Delhi – Jaipur – Agra – Taj Mahal – Varanasi – Kalkutta, wo das farbenprächtige Durga Puja Festival auf uns wartet, eines der größten religiösen Festivals des Landes, das ganz Indien auf den Kopf stellt. Na, ich mache mich auf etwas gefasst und bin sicher, ich werde darüber berichten.

Die ersten 14 Tage bin ich in der Obhut von Shanti Travel. Foto: Shanti Travel

Indien ist ein gigantischer Spiegel – sagt „Reiseschreibergott“ Andreas Altmann.

Dass sich Shanti Travel darauf spezialisiert hat, individuelle Touren ganz nach Geschmack der/des Reisenden zusammenzustellen und wir wegen der Kurzfristigkeit der Anfrage nur eine winzigkleine Gruppe sind, kommt mir natürlich sehr entgegen. Mit mir ist noch Florian von Flocblog / Reisedepeschen.de samt Freundin mit dabei. Den hat zwar Indien bei seinem ersten Mal ziemlich genervt, aber er gibt ihm offensichtlich eine zweite Chance.

Für die weitere Route habe ich die letzten Tage und Wochen viel überlegt. Habe meinen Kopf eingeschaltet, wollte schon wieder eine Tour buchen und auf Nummer sicher gehen – Indien ist schließlich riesig und schon in der Planung dementsprechend ziemlich überwältigend. Aber ich habe dann doch meinen Bauch entscheiden lassen: Genau, das bin ja ICH.

Mich treibt es zuerst in die Mangrovenwälder, wo ich schon einmal vorsorglich eine drei-Tages-Tour mit Tour de Sundarbans unternehmen und in ihrem selbst gebauten Eco-Village unterkommen werde. Danach möchte ich hoch, in den Nordosten von West-Bengalen, nach Darjeeling mit seinen Hill-Stations, in die Berge – ziemlich nahe übrigens zur Grenze ans Königreich Bhutan, Wiedersehen macht Freude! Und übrigens genau die Region, in der Dorit auf ihrer Guten Reise durch Indien leider nicht hin konnte. Naja, vielleicht finde ich für das Projekt noch ein paar verantwortungsvolle Reise-Tipps.

Ich freu mich auf Farben ohne Ende! Foto: Doris

Ich freu mich auf Farben ohne Ende! Foto: Doris

Dass zu der Zeit dank Durga Puja unheimlich viele Inder unterwegs sein werden und es dementsprechend wohl sehr, sehr, sehr chaotisch ist, ist mir klar. Trotzdem ist mein Bauchgefühl stärker…

Vorher mache ich aber Station auf der Babli Farm, die lustigerweise nicht nur im Lonely Planet stehen, sondern außerdem Freunde von Freunden sind. Dort wird gemeinsam mit der lokalen Community ein Bauernhof nach altem Modell betrieben – und zusätzlich wird angeboten, dass Interessierte in Guest Houses übernachten können. Wie ich dorthin komme, das weiß ich allerdings noch nicht ganz – die Züge, die in Indien weit im Voraus ausgebucht sind, sind bereits alle besetzt. Es wird einen Weg geben, ich bin mir ziemlich sicher.

Was dazwischen passiert? Ihr werdet es erfahren. Zum Abschluss steht allerdings bereits ein Programmpunkt meines Indien-Aufenthalts fest: Von 1. bis 12. November bin ich dann mal offline – es steht nämlich ein 10-Tages-Vipassana-Kurs an. Meditieren, schweigen, komplett bei mir sein. Ich habe die Meditationsform bereits 2009 in Österreich kennen gelernt, bin schon zehn Tage gesessen und möchte es jetzt dort nochmals machen, wo die Bewegung rund um S.N. Goenka ihren Anfang genommen hat. Und das Dhamma Sikhara, Himachal Vipassana Center im Himalaya-Gebirge ist angeblich eines der schönsten Zentren in Indien. Ob ich deshalb die Lichter-Feierlichkeiten rund um Diwali versäume, das in diesem Jahr am 3. November zelebriert wird, das werden wir noch sehen.

17 Kommentare zu Indien: Chaos ist meine Art der Planung…

Ekohiiki – Etwas Gutes tun

Ein Gastbeitrag von Steven, der auf funkloch.me über Nachhaltigkeit, das Reisen und spannende Projekte schreibt, die mit beidem zu tun haben oder ihn einfach interessieren. Privat ist er gerne ein…

Ein Gastbeitrag von Steven, der auf funkloch.me über Nachhaltigkeit, das Reisen und spannende Projekte schreibt, die mit beidem zu tun haben oder ihn einfach interessieren. Privat ist er gerne ein Träumer, der nach seiner dreieinhalb jährigen Tätigkeit in einer Berliner Werbeagentur am liebsten permanent reisender Hubschrauberpilot, Restauranttester und Schwimmlehrer werden möchte. Um nichts zu verpassen, könnt ihr auf seiner Facebook-Seite vorbeischauen.

Es war einer dieser Momente, in denen ich die rosa-rote Blümchenwelt um mich herum vergaß, an der Gutherzigkeit der Menschheit zweifelte und nicht glauben konnte, was vor mehr als 68 Jahren geschehen war. Obwohl ich die Geschichte dieser Stadt gut kannte, war ich zutiefst gerührt und vergrub mein Gesicht in Unverständnis.

Ich war in Hiroshima und saß mehrere Stunden der Atombombenkuppel gegenüber. Am 6. August 1945 um 8.16 Uhr Ortszeit detonierte hier mit einer unheimlichen Zerstörungsgewalt in 600 Meter Höhe die amerikanische Atombombe Little Boy. Es war der weltweit erste Einsatz einer Atomwaffe. Little Boy zerstörte innerhalb von Sekunden 80 Prozent der Innenstadt und löschte 90.000 bis 166.000 Menschenleben aus.

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Heute ist Hiroshima ein Ort des Friedens, der seine Botschaft in die ganze Welt sendet. In den Folgejahren entstand auf der Fläche des Hypozentrums der Peace Memorial Park. Der Park gedenkt der Opfer, klärt auf und mahnt. Im Herzen des Parks befindet sich das Peace Memorial Museum. Es lässt die grausame Vergangenheit hautnah nacherleben.

Um eine Wiederholung des Schreckens vom 6. August zu verhindern, schreibt der Bürgermeister der Stadt Hiroshima nach jedem Test von Atomwaffen einen Protestbrief an das jeweilige Staatsoberhaupt. 604 Protestbriefe wurden nach 1945 versendet. Von den letzten zehn Briefen waren neun an Barack Obama und einer an Kim Jong Un adressiert.

Den Frieden in die Welt zu tragen und etwas Gutes zu tun hat sich fortan tief im Denken der Stadt verankert. Sie ist geprägt von den Narben der Vergangenheit. Im ganzen Stadtgebiet weisen Gedenktafeln auf das Leben vor Little Boy hin und ermutigen als Zeitzeuge die Kunde in die Welt zu tragen.

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Von all den Impressionen am Ort des Geschehens hatte ich ein mulmiges Gefühl im Magen, sodass ich ganz verdrängt hatte zu Mittag zu essen. Erst jetzt machte sich der Hunger bemerkbar.

Kurz vor der Restaurantsuche machte ich einen letzten Halt auf der Parktoilette. Hier traf ich einen alten Japaner, der seine Kleidung im Waschbecken wusch. Er war sehr dürr, hatte langes graues Haar und machte trotz seiner Obdachlosigkeit einen gepflegten Eindruck. Er grüßte mit einem herzlichen Kombanwa (jap. für Guten Abend) , ließ das Wasser im einzigen Waschbecken ab und machte Platz, sodass ich mir die Hände waschen konnte. Ich grüßte ebenfalls, bedankte mich und zog weiter.

Nach etwa zehn Metern machte ich kehrt. Er staunte, als ich nur Sekunden später wieder vor ihm stand. Ich fragte ihn, ob er heute schon etwas gegessen hat. Er schüttelt langsam und nachdenklich den Kopf.

Ich nahm mein Portemonnaie und gab ihm 1.000 Yen. Erst auf mein Drängen hin nahm er es an und wünschte mir eine gute Nacht. Der Betrag in Yen entspricht etwa acht Euro. Das ist nicht viel, jedoch würden davon sicher ein paar Mahlzeiten rausspringen. Ich freute mich, etwas vermeintlich Gutes getan zu haben.

Auf der Suche nach einem Restaurant schlenderte ich durch die Straßen Hiroshimas und entdeckte das perfekte Restaurant: Ein Grill hatte mich neugierig gemacht. Ich trat näher und entdeckte eine kleine Broschüre mit der Aufschrift „Welcome Ekohiiki. This is Hiroshima.“.

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Schon auf der ersten Innenseite der Broschüre hatte mich das Ekohiiki überzeugt: Sämtliche Zutaten stammen ausschließlich aus der Region um Hiroshima! Wow, hier musste ich einfach bleiben, denn bisher kam mir Japan zwar qualitativ hochwertig, aber keinesfalls nachhaltig vor!

Ich wurde, wie immer, auf freundlichste Art und Weise herein gebeten und sofort mit Fragen über meine Herkunft gelöchert. Während die beiden Köche mein Abendessen zubereiteten, folgten weitere Fragen vom Kellner. In diesem Punkt ist Japan kurios. Entweder sind die Japaner total schüchtern und bekommen keinen Ton heraus oder sie sind extrem neugierig und fragen dich Löcher in den Bauch. Zweiteres ist mir natürlich viel lieber. Und irgendwie machte das auch Spaß, denn ich konnte Gegenfragen stellen und so auch mal hinter die Kulissen dieses spannenden Landes schauen.

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Das Essen wurde vor meinen Augen zubereitet und war himmlisch. Ich liebe die japanische Küche. Die Japaner haben meiner Meinung nach eine ganz besondere Beziehung zu Lebensmitteln. Sie gehen viel behutsamer mit ihnen um und bereiten sie mit der gleichen Liebe und Sorgfalt zu, mit der sie die Speisen auch verputzen.

Fleisch ist in Japan beispielsweise extrem teuer, was ich als „Kein-Fleisch-Esser“ absolut unterstütze, damit eine gewisse Wertschöpfung erfolgt. Spätestens durch den Blick auf das eigene Budget erfolgt das Umdenken zum geringen Fleischkonsum. Davon sind wir in Deutschland mit 500 Gramm Hack für 99 Cent leider noch lange entfernt…

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Kurz nachdem ich bis auf das letzte Reiskörnchen alles vertilgt hatte nahm ich eine Karte von Hiroshima sowie mein Telefon und einen Stift aus meiner Tasche, um bei einem weiteren Sake den folgenden Tag zu planen. Als ich gerade in den Busfahrplan vertieft war tauchte Hitoshi wieder neben mir auf. Wir verbrachten noch eine weitere tolle Stunde mit Sake und kulturellem Austausch, bis ich die Rechnung bestellte. Mein Trinkgeld nahmen sie natürlich nicht an und deuteten stattdessen auf die kleine Broschüre. Ekohiiki heißt „Etwas Gutes tun“. Sie haben es gerne gemacht, aus dem Herzen heraus.

Und so schloss sich der Kreis zwischen dem Mann auf der Toilette, dem Ekohiiki und mir.

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Alaskische Marktgeschichten

“Moose flavored dog treats” – Hundeleckerlis, die nach Elch schmecken!? Echt jetzt!? Die ältere Dame hinter dem Markttisch hat meinen zweifelnden Blick offensichtlich gemerkt. “Ja, natürlich”, erklärt sie mir und…

“Moose flavored dog treats” – Hundeleckerlis, die nach Elch schmecken!? Echt jetzt!? Die ältere Dame hinter dem Markttisch hat meinen zweifelnden Blick offensichtlich gemerkt. “Ja, natürlich”, erklärt sie mir und amüsiert sich dabei offenbar königlich über mein Staunen, “das mache ich sogar selbst.” Eine etwas umständliche, gefühlte 10minütige Erklärung des Wie´s folgt: Eine, die ich als Vegetarierin lieber gar nicht gehört hätte. Von Elchhaut ist die Rede, die im Wasser aufgelöst wird, um ihren Geschmack abzugeben. Und davon, dass das Hundefutter dann in diesem Wasser gekocht wird. Oder so. Brrr, nichts für etwas empfindliche Seelen wie mich.

Doch dass hier in Alaska jeder auf die Jagd oder zum Angeln geht und selbst langjährige VegetarierInnen damit beginnen, Tiere zu töten, zu häuten, zu verarbeiten und zu verspeisen, daran habe ich mich nach einigen Tagen im US-Bundesstaat gewöhnt. Der Respekt und die Wertschätzung der Natur gegenüber, mit denen das geschieht, lassen alles selbstverständlich, ja fast schon notwendig wirken.

Sind wir nicht alle Jäger?! Foto: Doris

Sind wir nicht alle Jäger?! Foto: Doris

Naja, und sollte ich jemals Hundefutter mit Elch-Geschmack herstellen wollen, weiß ich jetzt auch, wie es geht…

Am Bauernmarkt wird selbst ein Regentag bunt. Foto: Doris

Am Bauernmarkt wird selbst ein Regentag bunt. Foto: Doris

Gespräche wie diese entstehen auf dem Bauernmarkt von Fairbanks, der an diesem Donnerstag nachmittags überraschend belebt und gut besucht ist. Die Frage, ob denn in Alaska niemand etwas zu tun hat, die stelle ich lieber gar nicht. Dem ist natürlich nicht so.

MarketenderInnen bieten ihre Waren feil. Foto: Doris

MarketenderInnen bieten ihre Waren feil. Foto: Doris

“Am Samstag geht die Caribou-Jagd (Anm.: Caribou steht für Ren, die nordamerikanische Bezeichnung für das Tier) los”, berichtet ein Herr, den “meine” Marketenderin freundlich gegrüßt hat. Hier in Alaska scheint jeder jeden zu kennen, und unter den rund 31.500 Einwohnern von Fairbanks, der zweitgrößten Stadt des Staates, ist das nicht anders. Vierzehn Tage dürfen sie in dem Gebiet jagen, das der Herr zu seinem Revier erkoren hat. Er selbst bleibt “nur” eine Woche vor Ort – und freut sich schon sehr auf den Genuss. Denn neben der Jagd steht eben dieser im Vordergrund: “Wir haben einen Whirlpool bei der Hütte”, erzählt er mir von seiner Männerrunde – und ich bin nicht überrascht, scheinen doch Whirlpools in Alaska verkauft zu werden wie warme Semmeln, wie wir bei der State Fair gesehen haben -, “außerdem haben wir viele Leckereien dabei: Selbst gemachte Lachspastete, Rentierwurst…” Er verschluckt sich beinah am Wasser, das in seinem Mund zusammenläuft.

Büffel, Rentier, Elch-Wurst... all das wird auch auf dem Markt angeboten. Foto: Doris

Büffel-, Rentier-, Elch-Wurst… all das wird auch auf dem Markt angeboten. Foto: Doris

Ich verabschiede mich und widme mich lieber dem Riesen-Kohl, der mit seinen 18 Pfund wohl nur zu “durchschnittlichem” Gemüse zählt. Hier in Alaska wächst alles in Übergrößen. Faszinierend sind auch die selbst gebastelten Weihnachtsbaum-Gehänge aus Bären-, Robben- und Hasenfell, Honig-, Marmelade- und andere Mischungen in Gefäßen mit Bärenform oder Ohrringe aus Mammut-Zähnen.

Riesen-Cabbage: Wobei, mit 18 Pfund ist er noch erträglich klein. Foto: Doris

Riesen-Cabbage: Wobei, mit 18 Pfund ist er noch erträglich klein. Foto: Doris

Wer sich einmal durch Alaska kosten möchte oder noch Souvenirs und Mitbringsel für seine Lieben möchte, der ist hier am Markt genau richtig! Wer einmal mit Einheimischen ins Gespräch kommen möchte, ebenfalls – nicht nur über die Jagd. Und wer Märkte liebt, so wie ich, sowieso <3

In Alaska kommt man an Blueberries kaum vorbei. Foto: Doris

In Alaska kommt man an Blueberries kaum vorbei. Foto: Doris

Schöner, bunter Markt. Foto: Doris

Schöner, bunter Markt. Foto: Doris

Bäriges ist in Alaska überall. Foto: Doris

Bäriges ist in Alaska überall. Foto: Doris

Alles ist Plus-Size in Alaska, auch das heiß geliebte Popcorn. Foto: Doris

Alles ist Plus-Size in Alaska, auch das heiß geliebte Popcorn. Foto: Doris

Bauernmarkt Fairbanks
Tanana Valley Farmer´s Market
jeden Mittwoch (11.00 – 16.00 Uhr), Samstag (9.00 – 16.00 Uhr) und Sonntag (11.00 – 16.00 Uhr)
2013 noch bis 22. September 2013

Offenlegung: Herzlichen Dank an Condor für die Unterstützung bei den Flügen, an Airbnb und Best Western für Übernachtungs-Gutscheine sowie an die Regionen Anchorage und Fairbanks für den Support.

 

Andere Garanten für Marktgeschichten in den USA: 

Hawaii Hilo Farmers Market
Mittwoch & Samstag von 6.00 bis 16.00 Uhr
kleinere Version: Montag, Dienstag, Donnerstag, Freitag, Sonntag: 7.00 bis 16.00 Uhr
Auf einem der Stände gibt es auch meinen Lieblings-Papaya-Salat >> hier geht´s zum Rezept!

Auf meinem Stammmarkt in Hilo gab es günstiges Obst und kleine Snacks. Foto: Doris

Auf meinem Stammmarkt in Hilo gab es günstiges Obst und kleine Snacks. Foto: Doris

SPACE Farmers Market im Puna District, Hawaii
jeden 2. Samstag, 8.00 bis 12.30 Uhr

Pike Place Farmers Market, Seattle
Der Markt hat 362 Tage im Jahr rund 19,5 Stunden offen (geschlossen: Thanksgiving, Christmas & New Year’s Day)
Breakfast: 6 am
Fresh Produce & Fish: 7 am
Official Market Bell: 9 am
Merchant Hours: 10 am – 6 pm
Restaurants & Bars Last Call: 1:30 am

Das "Wahrzeichen" vom Pike Place Market. Foto: Doris

Das „Wahrzeichen“ vom Pike Place Market. Foto: Doris

Olympia Farmers Market
Offen Donnerstag bis Sonntag 10.00 bis 15.00 Uhr

Es gibt nicht nur Essen (wie Schokolade), sondern auch Sprüche und vieles mehr auf dem Farmers Market. Foto: Doris

Es gibt nicht nur Essen (wie Schokolade), sondern auch Sprüche und vieles mehr auf dem Farmers Market. Foto: Doris

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Reisender oder Tourist: Warum Dabeisein eben NICHT alles ist

Zuhause ist es doch am Schönsten. Ein Spruch, den ich im Normalfall nicht unbedingt unterschreiben würde. Im Moment tue ich es doch. Und zwar doppelt und dreifach. Ein paar Tage…

Zuhause ist es doch am Schönsten.

Ein Spruch, den ich im Normalfall nicht unbedingt unterschreiben würde. Im Moment tue ich es doch. Und zwar doppelt und dreifach.

Ein paar Tage Belgien, ein Wochenende in Riga, auf Kurzvisite in Zürich, dann mal eben auf die Alp, Wandertage in Tirol – und einen halben Tag später schon im Flieger nach Alaska sitzen. Mit Zwischenstopp in Seattle, wohlgemerkt. Und das waren bloß die letzten fünf Wochen! In diesem Sommer war ich öfters unterwegs als zuhause. Meine Freunde haben sich kaum noch gemeldet, wohl wissentlich, dass ich ohnehin nicht im Lande wäre. Mein Zimmer habe ich nur betreten, um den Koffer hinein zu stellen und den Rucksack heraus zu nehmen. In meiner Wohnung hat es sich der Staub so richtig gemütlich gemacht, weil ich noch nicht einmal dazu gekommen bin, die Putzfrau anzurufen. Und und und.

Kann man zu viel reisen? Seit dem Sommer weiß ich: Ja, man kann. So sehr ich das Unterwegssein liebe, Hochmomente noch und nöcher hatte, so viele großartige Leute wieder gesehen oder erst kennen gelernt habe, es läuft auf eines hinauf: Ich habe mich übernommen. Schlicht und einfach.

Und doch bin ich sehr froh, diese Grenzerfahrung – andere springen Bungee, ich betreibe Extreme-”Reising” – gemacht zu haben. Mir ist nämlich einiges klar geworden. Einiges, das mir zwar schon bewusst war, das ich aber im Übermut des Reisen-Könnens verdrängt habe. Einiges, das ich mit euch teilen und das ich vor allem für meine zukünftigen Reisen beachten möchte. Ich hab es mir versprochen!

“Wie magst du deine Reisen?”, Dustin hat mir diese Frage per Email gestellt. Er ist einer, den mein Reisepartner Ingo und ich gleich am ersten Tag in Alaska “aufgegabelt” und in den Nationalpark Denali mitgenommen haben. Er ist einer, der schon überall war und noch überall hin möchte. Er ist einer, der mich versteht. “Die meisten meiner Reisen sind, wie ich sie möchte.”, erkläre ich ihm: “Spontan, abenteuerlich, Reisen, auf denen ich vieles erlebe – auch den Alltag, auf denen ich Leute treffe, auf denen positive Überraschungen Platz haben und auf denen ich im Fluss bin und beobachte, wie der Zauber funktioniert.”. Genau, all das ist Reisen für mich.

Dustin sucht auch das Erleben und Erspüren auf Reisen. Ein Grund, warum er mich versteht. Foto: Doris

Dustin sucht auch das Erleben und Erspüren auf Reisen. Ein Grund, warum er mich versteht.

Und wenn nichts davon passiert? Dann fühle ich mich als Tourist, nicht als Reisende. Dann war ich nur dabei, nicht mittendrin. Dann habe ich sicher mindestens einen dieser Faktoren außer Acht gelassen:

1. Ich will (er)leben

Ein Land zu erkunden, das besteht für mich nicht nur aus Autofahren und Foto-Stopps machen. Es heißt für mich auch nicht, am Pool des Hotels zu liegen – so schön dieser auch ist. Ich will raus. Nein, falsch, ich will rein: In die Kultur, unter Menschen, ins Leben. Ich will Berge erklettern und den Fels spüren, nicht nur aus der Ferne bestaunen. Ich will die Sonne mit Yoga begrüßen, nicht nur zuschauen, wie es andere tun. Ich will das Gericht selbst probieren und dann wieder ausspucken (!), nicht nur hören, wie grauenvoll es denn schmecke. Ich will alles versuchen und lieber das Scheitern riskieren, als es gar nicht erst zu tun!

 Ich will alles ausprobieren, riskiere lieber und scheitere (wie in diesem Fall), als es gar nicht zu versuchen. Foto: Conny de Beauclair

Ich will alles ausprobieren, riskiere lieber und scheitere (wie in diesem Fall), als es gar nicht zu versuchen. Foto: Conny de Beauclair

2. Tausche Kamera gegen Herz

Klingt superkitschig, ich weiß, aber ich kann es nicht besser benennen. Ich war lange Foto-Verweigererin: Bin drei Monate lang durch Australien gereist und habe jetzt vielleicht 15 Bilder davon; ganze Beziehungen existieren nicht – zumindest nicht auf Film, in meiner Erinnerung dafür umso stärker. Klar ist das schade und jetzt habe ich auch meist die Kamera oder ein Handy in der Hand, um ein Erlebnis zu dokumentieren. Doch möchte ich eines nicht vergessen: Das Wichtigere ist das Erlebnis selbst, das Gefühl dazu und die Erfahrung, die wir machen. Da verzichte ich lieber auf das perfekte Foto und tauche ein in den Moment – davon habe ich auf längere Sicht mehr. Und jeder andere auch.

3. Freiheit für den Flow

Ich finde Menschen, die ihre Pläne einhalten, bewundernswert. Solche, die Hotelzimmer buchen und dann auch genau zum angegebenen Zeitpunkt dort sind. Immer. Solche, die Routen für Roadtrips fünf Monate im Vorhinein planen – und vor Ort nicht davon abweichen. Wunderbar. Ich bin keine davon! Ich brauche Freiheit: Freiheit, um meine schon vorhandenen Pläne zu ändern, von ihnen abzuweichen, um in den Fluss zu kommen. Für viele ist das anstrengend, weil ungeplanter, chaotischer. Stimmt alles. Und doch ist es für mich das, was mich das Reisen genießen lässt. Denn immer dann, wenn ich in diesem Flow bin und darauf vertraue, geschehen die Wunder. Dann öffnen sich Türen, die normalerweise verschlossen sind. Dann finden Begegnungen mit Menschen statt, dann passieren die Überraschungen, dann entstehen Geschichten.

Lass dich treiben, genieß den Flow und schau, was passiert. Foto: Doris

Lass dich treiben, genieß den Flow und schau, was passiert.

4. Vorbereitung ist alles

Mag sich jetzt wie ein Widerspruch zu Punkt 2 anhören, ist es aber ganz und gar nicht. Ich liebe es, in einem Land spannende Projekte zu entdecken, mit ähnlich tickenden Menschen in Kontakt zu treten, vielleicht Gesprächspartner zu finden. Was ich dafür brauche? Zeit im Vorfeld. Und die habe ich mir zum Beispiel bei dem Hin- und Hergehopse im Sommer nicht geleistet. Ein Fehler: Dann entdeckt man das interessante Projekt nämlich erst vor Ort – blöderweise dann, wenn die Verantwortlichen Urlaub haben. Oder ich habe schon das Zugticket für die Weiterreise gekauft, ausgerechnet für den Tag, an dem ich die Outdoor-Trekking-Tour machen könnte. Tja, ich lerne (hoffentlich) aus Fehlern!

5. Die Länge ist doch wichtig

Besser gesagt: Für mich ist das schnelle und kurze Reisen nichts. Heute hier, morgen dort und übermorgen wieder fort? Nein, danke! Ich hab es getan, gerade auch jetzt im Sommer. Kurztrips von ein paar Tagen sind großartig, aber sie befriedigen meine Reiseansprüche nicht. Deshalb: Lieber länger und weniger (Länder, Regionen) als kürzer und mehr unterwegs sein.

Das Motto werde ich mir zu Herzen nehmen - gesehen im 25hours Hotel in Zürich. Foto: Doris

Das Motto werde ich mir zu Herzen nehmen – gesehen im 25hours Hotel in Zürich.

6. Pufferzeiten

Mitternacht: Ankunft in Wien. Am nächsten Mittag: Abreise aus Wien. Ich habe mir in diesem Sommer kaum Pufferzeiten gegönnt, hatte oft nur einen halben Tag zuhause, bevor ich wieder weitergezogen bin. Wie wichtig aber gerade diese Zeiten dazwischen sind, ist mir dadurch erst klar geworden. Nicht nur, um ein bisschen zuhause zu sein, sondern vor allem, um die Erlebnisse zu verarbeiten. Um die angesprochene Planung und Einstimmung auf das nächste Ziel zu haben. Um einfach nicht nur mit dem Körper, sondern auch mit dem Geist anzukommen und wieder reisefertig zu werden.

7. M… wie Menschen

Ich bin vielleicht eine Kulturbanausin, mag sein. Aber ich lerne ein Land lieber über Menschen als über Museen (oder sonstige Sehenswürdigkeiten) kennen. Letztere sind nämlich ein Stückchen austauschbar. Erstere ganz und gar nicht. Nicht umsonst entstehen meine liebsten Geschichten aus Begegnungen, nicht umsonst bleiben diese mir am meisten in Erinnerung und nicht umsonst prägen diese meine Reisen am meisten.

Für mich sind es immer die Begegnungen, die eine Reise zu etwas Besonderem machen. Foto: Doris

Für mich sind es immer die Begegnungen, die eine Reise zu etwas Besonderem machen.

So, jetzt kennt ihr meine Vorlieben. Bitte erinnert mich daran, sollte ich sie mal wieder vergessen und euch von anderen Reise-Plänen erzählen! Bitte, danke!

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Lust auf Obstsalat mit Fisch?

„Denk‘ einfach an einen Thunfisch-Salat mit Beeren statt Sellerie,“, meint Debbie, während sie tief Luft holt und die letzten Schritte bergauf in Angriff nimmt, „das hört sich einfach besser an als…

„Denk‘ einfach an einen Thunfisch-Salat mit Beeren statt Sellerie,“, meint Debbie, während sie tief Luft holt und die letzten Schritte bergauf in Angriff nimmt, „das hört sich einfach besser an als Obstsalat mit Fisch.“ Gut, dass sie meine zweifelnd gerunzelte Stirn erst gar nicht sieht. Hört sich das wirklich besser an? Noch hat sie mich nicht überzeugt.

Aber interessiert bin ich auf jeden Fall, erzählt mir die 56-Jährige, die sich in Anchorage als mein Last-Minute-CouchSurfing-Gastgeber und wahrer Glücksgriff entpuppt hat, doch von einem typischen Gericht in Alaska. Einem, das man auf keiner Speisekarte findet.

Strahlend blauer Himmel an meinem ersten Tag in Alaska. Foto: Doris

Strahlend blauer Himmel an meinem ersten Tag in Alaska.

„Wir nennen es etwas Gemischtes – und man kennt es auch als Eskimoeis.„, erklärt mir Senar – nachdem ich vergessen habe, nach ihrem Namen zu fragen, benenne ich sie einfach nach der Inuit-Göttin der See, der Seetiere und der Unterwelt. Senar ist gerade wie viele andere Eskimo-Frauen, -Männer und -Kinder dabei, im Chugach State Park die Schwarzen Krähebeeren zu pflücken. Nicht wie wir mit der Hand, sondern mit einem speziellen Apparat werden die kleinen Beeren aus den Boden hohen Sträuchern gesammelt und leichter aus dem Dickicht gelöst. Ganze Tage sind die Familien im Einsatz, um einen Vorrat für den Winter anzulegen. Auch Senar ist schon seit 11 Uhr vormittags gemeinsam mit ihrem Mann und ihrer Enkelin (dass die Frau Großmutter ist, hätte ich nie und nimmer vermutet) auf den Beinen. „In diesem Jahr sind wir zum ersten Mal hier.“, meint sie, während sie weiter ihre Arbeit tut – die Eimer müssen schließlich gefüllt werden. Es ist auch ein perfekter Tag dafür: Ich habe nämlich unglaubliches Glück und Alaska hat mich bei strahlend blauem Himmel, Sonnenschein und Temperaturen begrüßt, die sich meine Lieben in Österreich beim herbstlichen Nieselwetter offenbar nur erträumen können.

Ein spezieller Apparat macht das Beeren-Pflücken einfacher. Foto: Doris

Ein spezieller Apparat macht das Beeren-Pflücken einfacher.

Genau das schöne Wetter war ein Grund, warum mich Debbie gleich zu einer Wanderung nach Flattop Mountain östlich von Anchorage mitgenommen hat. Das, und um ihren inneren Schweinehund ein bisschen zu überlisten und wieder in Form zu kommen. Mir solls recht sein: Ich genieße die gemächliche Bergauf-Wanderung, die an diesem herrlichen Samstag nicht nur wir, sondern der Menschenmenge nach zu urteilen ganz Anchorage auf sich genommen hat. Nach der Tageswanderung in Mount Rainier, Washington, mit meiner Sportskanonen-Freundin Mari – seitdem sie untrainiert den Marathon in unter vier Stunden gelaufen ist, nenne ich sie nur noch „die Maschine“ – kann ich etwas Ruhe und Gemütlichkeit gut gebrauchen!

Ganz Anchorage genießt den blauen Himmel und die angenehmen Temperaturen. Soviel Sommer gibt es nicht. Foto: Doris

Ganz Anchorage genießt den blauen Himmel und die angenehmen Temperaturen.

Außerdem ist die zweistündige Rundwanderung eine gute Gelegenheit, mehr über Alaska, die Kultur und vor allem auch die Ureinwohner, die Eskimos, zu erfahren. Deb ist genau die Richtige dafür, arbeitet sie doch für den Staat von Alaska und bringt seit über 20 Jahren fließendes Wasser in die zahlreichen, noch immer abgelegenen, nur mit dem Flugzeug erreichbaren Dörfer der Eskimos. Wie gern ich sie bei einem ihrer monatlichen Business-Trips begleitet hätte, brauche ich wohl nicht zu sagen. Dummerweise ist der Nächste erst Mitte September wieder dran, und da bin ich schon zurück in Österreich.

Überall werden Krähenbeeren gepflückt. Foto: Doris

Überall werden Krähenbeeren gepflückt.

„Wirklich gut schmeckt es nicht.“, weiß Debbie dementsprechend auch von zahlreichen Kostproben dieses „Eskimo-Eises“ bei ihren Besuchen in den Dörfern zu berichten. Früher wurde das Ganze aus Rentierfett oder Talg, Robbenöl, Fisch, frischem Schnee und den im Sommer gepflückten Beeren  zubereitet. Viel geändert hat sich am Rezept bis heute nicht – nur Robbenöl wird kaum noch eingesetzt. Zugegeben, verlockend klingt für mich anders…

Krähenbeeren, eine Zutat für Akutaq. Foto: Doris

Blau-, Cran- und eben auch Krähenbeeren sind Zutaten für Akutaq.

Geändert hat sich auch nichts daran, dass man das Eskimo-Eis bis heute nirgendwo kaufen, geschweige denn in einem Lokal bestellen kann. Davon darf ich mich auch gleich am nächsten Tag überzeugen: Nicht einmal bei der State Fair – dem Volks-, Erntedank- und Was-weiß-ich-noch-alles-Fest, das für zwei Wochen das kleine Städtchen Palmer eine Stunde nördlich von Anchorage zur Feier-Hochburg werden lässt – findet man von diesem „Fisch-Obstsalat“ eine Spur. Alles gibt es – von Rentier- bis Lachswurst, von Büffel- oder Husky(!)-Burger -, bloß kein Eskimo-Eis…

Auch die zwei essen kein Eskimoeis. Foto: Doris

Auch die zwei essen kein Eskimo-Eis bei der State Fair.

Wer es doch probieren will, der findet im Internet eine moderne Version des Rezepts – ob ich es zuhause nachzukochen versuche? Irgendwie glaube ich hat sich bei mir die Lust auf Obstsalat mit Fisch nicht ganz entwickelt. Aber wer weiß, vielleicht kommt das ja nach weiteren zehn Tagen hier in Alaska noch…*

* Ja, ich bin noch immer Vegetarierin und esse keinen Fisch. Für Alaska habe ich mir die Ausnahme gestattet, doch Frischgefangenes zu mir zu nehmen, sollte es keine Alternativen geben. Bisher war es aber noch nicht nötig – und nachdem ich das riesige Gemüse (samt lila Blumenkohl = Karfiol) gesehen habe, glaube ich auch, dass ich ganz gut ohne Fisch auskommen werde.

Lila Blumenkohl gefällig? Foto: Doris

Lila Blumenkohl gefällig?

 

Offenlegung: Herzlichen Dank an Condor für die Unterstützung bei den Flügen, an Airbnb und Best Western für Übernachtungs-Gutscheine sowie an die Regionen Anchorage und Fairbanks für den Support.

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Neun Zürcher Sommer-Spartipps: (Fast) gratis, aber nicht umsonst

“Zürich ist sooo schön, aber soooo unglaublich teuer.” Wie oft habe ich diese Aussage schon gehört? Sie stimmt ja auch: Wer nach Zürich reist, muss schon eine dicken Geldbörse einstecken…

“Zürich ist sooo schön, aber soooo unglaublich teuer.” Wie oft habe ich diese Aussage schon gehört? Sie stimmt ja auch: Wer nach Zürich reist, muss schon eine dicken Geldbörse einstecken und damit rechnen, für uns Euro-NutzerInnen horrende Preise zu zahlen. Ein Mittagessen um 20 CHF (das sind umgerechnet rund 18 Euro) ist beinahe ein Schnäppchen, für eine Tageskarte für die Verkehrsbetriebe berappt man 8,40 CHF und in Sachen Alkohol kommt man – wie ich festgestellt habe – mit Bier meist noch am Besten davon.

Nachdem ich aber – nicht zuletzt wegen meiner vielen Sommerreisen – nicht gerade Lust darauf hatte, noch mehr Geld auszugeben, habe ich mich auf die Suche nach einigen Gratis- oder sagen wir besser Fast-Gratis-Möglichkeiten begeben. Unterstützt durch meine lokalen Freunde, versteht sich. Und siehe da: Es gibt einiges, das Zürich auch für die schmäleren Börsen bietet.

Hier sind meine Spartipps – und auch die sind gratis, aber sicher nicht umsonst.

1. Wasser

Nach Zürich eine leere, wieder befüllbare Flasche mitzunehmen (oder einen Vapur-Beutel, den ich nach vielem Ausprobieren absolut empfehlen kann), lohnt allemal. Überall gibt es Brunnen und Hähne, bei denen man sich einfach Wasser nachfüllen kann. Verdursten ausgeschlossen.

2. Züri rollt

“Gratis Veloverleih” – und das in Zürich! Die Integrationsinitiative “Züri rollt” bietet an sieben Standorten, in der ganzen Stadt verteilt, brandneue, gut gewartete Fahrräder an. Für einen Einsatz von 20 CHF kann man diese dann auch tatsächlich kostenfrei nutzen, vorausgesetzt, man gibt sie bis spätestens 21.30 Uhr des selben Tages zurück. Wer sie – wie ich – über Nacht behalten möchte, zahlt 10 CHF Euro pro Tag. Durchaus eine lohnende Investition, mit der man außerdem neben dem Umwelt- noch einen sozialen Beitrag leistet. Denn “Züri rollt” beschäftigt Asylsuchende und Stellenlose der Stadt.

3. Bäckeranlage

Es gibt einige Grünwiesen in Zürich, auf denen man einfach den Tag vertrödeln kann. Die Bäckeranlage ist allerdings speziell und besonders angesagt: Auf dieser Grünfläche am Ende der Lokal-Meile Langstraße ist immer etwas los. Da picknicken untertags die Familien, üben sich Alt- und Neu-Hippies im Jonglieren und trinken Freundesgruppen schon einmal ein oder zwei oder drei Bier miteinander. Wenn es dann noch ein Gratis-Konzert gibt, ist kaum mehr ein Plätzchen im Grün zu finden. Getränke nimmt man entweder mit oder holt sie im Lokal mitten auf der Anlage, wo man übrigens auch kostenlos aufs – überraschend saubere – WC gehen kann.

4. Kafi Duzis

Eine meiner Lieblings-Entdeckungen in Zürich. Im Szeneviertel Zürich West öffnet den ganzen Sommer lang an einem Sonntag im Monat das Kafi Duzis seine Pforten und lässt Alt, Jung, Junggebliebene, schlicht alle, hinein in den Privat-Garten. Bei diesem “Performance Venue” gibt es Gratis-Livemusik, supergünstige Getränke, hausgemachte Burger oder Couscous-Salat um 6 CHF.

Hier sind wir - im Duzis. Couscoussalat um 6 CHF. Foto: Doris

Hier sind wir – im Duzis. Couscoussalat um 6 CHF.

Zur Nachspeise darf man sich an Melonen, Torten oder Marshmallows bedienen oder holt sich vom “Eismann” ein cremiges Dessert à 2 CHF. Und wer noch Lust hat, stöbert ein bisschen durch den Flohmarkt.

Kafi Duzis, eines meiner Highlights in Zürich. Foto: Doris

Kafi Duzis, eines meiner Highlights in diesem Zürcher Sommer.

5. Oberer Letten

Zürich oder vielmehr die Zürcher sind im Sommer wirklich gesegnet. Da können sie sich nicht nur im Zürcher See gratis abkühlen, sondern auch an der Limmat. Besonders nett fand ich die Anlage Oberer Letten, wo es kostenlose Dusch-, Umkleide-, WC- und Depot-Anlagen und außerdem jede Menge Liegefläche für die Badenden gibt. Dann geht man ein Stückchen vor, schmeißt sich in den kühlen Fluss und lässt sich zum Ausgangspunkt zurücktreiben – echt fein!

Oberer Letten - reinspringen ins kühle Nass & dann in der Sonne trocknen. Foto: Doris

Oberer Letten – reinspringen ins kühle Nass und dann in der Sonne trocknen.

6. Rote Fabrik/Sommerkino

Auch im Kulturzentrum Rote Fabrik gibt es gerade im Sommer einige Events, die (beinah) gratis sind. Das Sommer-Open-Air-Kino ist so eine Veranstaltungsreihe, bei der nur nach einer Kollekte, also einer freiwilligen Spende, gefragt wird. Wer dann außerdem noch eigene Getränke mitnimmt, der kommt wirklich recht günstig davon.

Die Rote Fabrik verlangt meist Eintritt, im Sommerkino aber bloß Kollekte. Foto: Doris

Die Rote Fabrik verlangt meist Eintritt, im Sommerkino aber bloß Kollekte.

7. Flohmarkt am Helvetiaplatz

Es ist angeblich der älteste Flohmarkt von Zürich, sicher aber einer der größten. Und am Helvetiaplatz kann man wirklich noch Schnäppchen finden. Dort verkaufen nämlich Privatleute und Profi-Markttandler ihr Hab und Gut. Jeden Samstag bis ca. 17 Uhr.

Am Flohmarkt findet man gute Schnäppchen, auch in Zürich. Foto: Doris

Am Flohmarkt findet man gute Schnäppchen, auch in Zürich.

8. Haus Hiltl

“Man kann hier herkommen, sich gratis Wasser holen, kostenlos das WiFi nutzen und Zeit verbringen.”, empfängt uns Rolf Hiltl in seinem Haus. Es ist das weltweit älteste vegetarische Restaurant (seit 1898) – und natürlich musste ich es deshalb besuchen. Leider fand zur Zeit kein Kochkurs statt, ich hätte gerne einen besucht, auch wenn dieser ganz und gar nicht gratis ist. Ebenso wenig wie das restliche Angebot des Gourmet-Hauses, das neben Restaurant und Kochschule Bar, Club, Laden und den ersten vegetarischen Metzger der Schweiz umfasst.

Mahlzeit im Hiltl! Foto: Doris

Mahlzeit im Hiltl!

Doch wie gesagt: Wer wirklich nur das Ambiente genießen möchte, der kann bei Wasser und WiFi ins Hiltl schnuppern. Ich garantiere aber für nichts: Wer dann nämlich einen Blick auf das großartige Buffet wirft, wird wohl schwach werden. Geldbörse hin oder her…

9. CouchSurfing oder AirBnb

Ihr könnt es kaum mehr lesen, oder? Ich weiß, ich promote CouchSurfing und dessen großen, kostenpflichtigen Bruder ganz schön, aber ich bin nun einmal ein Fan davon. Wer nicht das Glück hat, so wie ich bei Freunden unterzukommen, sollte gerade in teureren Städten wie Zürich einen Blick auf die Plattformen werfen. Man kann nur gewinnen: Neue Freunde zum Beispiel – und mehr Geld für die vielen anderen Aktivitäten in Zürich…

Abhängen an der Roten Fabrik. Was wäre ein Sommer ohne? Foto: Doris

Mit alten und neuen Freunden abhängen an der Roten Fabrik. Was wäre ein Sommer ohne?

9 Kommentare zu Neun Zürcher Sommer-Spartipps: (Fast) gratis, aber nicht umsonst

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