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Kategorie: Media. Culture.

20. und 21. November 2021: Vegan Planet Wien im MAK (mit GEWINNSPIEL!)

Save the date! Am 20. und 21. November 2021 findet Österreichs größte vegane Messe endlich wieder statt: Die Vegan Planet öffnet im Wiener MAK ihre Tore. Die beliebte Messe für…

Save the date! Am 20. und 21. November 2021 findet Österreichs größte vegane Messe endlich wieder statt: Die Vegan Planet öffnet im Wiener MAK ihre Tore. Die beliebte Messe für pflanzlichen Lebensstil lässt die Herzen aller BesucherInnen höher schlagen, egal ob schon vegan lebend oder mit (erstem) Interesse am nachhaltigen Lifestyle. Beim Flanieren durch die Gänge entdeckt ihr die neuesten Trends – köstliche, nachhaltige Snacks, Süßes wie Herzhaftes, Street Food und Getränke, Naturkosmetik und faire Kleidung. Für alle, die lieber offline statt online kaufen bietet die Messe auch eine optimale Möglichkeit, das eine oder andere Weihnachtsgeschenk zu ergattern.

Wie jedes Jahr gibt es spannende Vorträge, inspirierende Kochshows und lehrreiche Workshops! Mit dabei unter anderem: Ernährungsexperte Niko Rittenau, veganer Käseexperte Anderson Silva Santos “Cashewbert” und Autorin Anna-Lena Klapp. Nicht verpassen: Auch unsere Experten-Autorin Doris hält einen Vortrag, am 20. November um 17:15 spricht sie über „Tierethik und Psychoanalyse – Wie und warum sich Menschen unbewusst und effektiv vor moralischem Fortschritt schützen“.

Welche Marken, Food-Stände und weitere Aussteller euch unter anderem auf der Vegan Planet erwarten könnt ihr auf der Website zur Vegan Planet sehen. Welche davon ihr nicht verpassen solltet? Die Antwort darauf ist ganz einfach: Keinen einzigen davon! Nehmt euch so viel Zeit wir möglich, denn erfahrungsgemäß gibt es immer mehr zu Bestaunen, Verkosten und Plaudern sodass die Zeit nie ganz ausreicht.

Wie immer mein Profi-Tipp: Auf keinen Fall mit vollem Bauch kommen! Es gibt so unglaublich viele unterschiedlichen Sachen zu (ver)kosten, dass es unmöglich ist, alles zu probieren. Ihr könnt ohne Probleme einen ganzen Tag von Frühstück bis zum finalen Absacker auf der Messe verbringen und werdet nicht eine Sekunde Hunger verspüren – im Gegenteil.

WIN WIN WIN!!! Auf dem The bird’s new nest Instagram-Account könnt ihr unter dem Beitrag zur Vegan Planet zwei Tageskarten gewinnen.

Ihr wart noch nie auf einer Vegan Planet? Wenn ihr wissen wollt, was euch dort erwartet, könnt ihr euch unsere Messeberichte hier ansehen: Vegan Planet 2014, Vegan Planet 2015, Vegan Planet 2016 und Vegan Planet 2017.

 

Vegan Planet 2021

MAK – Museum für Angewandte Kunst
Weiskirchnerstraße 3
1010 Wien

Samstag, der 20. November 2021 von 10 bis 19 Uhr
Sonntag, der 21. November 2021 von 10 bis 18 Uhr

Tagesticket: 15 Euro, Vorverkauf: 13,50 Euro
Ermäßigtes Tagesticket für MitgliederInnen der Veganen Gesellschaft Österreich: 10 Euro, Vorverkauf: 9 Euro

Sollte die Messe aufgrund von COVID-19-Präventionsmaßnahmen behördlich abgesagt werden, gibt es eine Geld-zurück-Garantie!

 

Alle Informationen zum Event findet ihr auf der Vegan Planet-Homepage.

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Gesellschaftskritische Comics und Graphic Novels von weiblichen Künstlern

In diesem Artikel möchte ich den Fokus auf gesellschaftskritische Comics und Graphic Novels legen, die von weiblichen Künstlern kreiert wurden. Drei dieser Werke möchte ich euch heute vorstellen: „Wie gut,…

In diesem Artikel möchte ich den Fokus auf gesellschaftskritische Comics und Graphic Novels legen, die von weiblichen Künstlern kreiert wurden. Drei dieser Werke möchte ich euch heute vorstellen:

„Wie gut, dass wir darüber geredet haben“ von Julia Bernhard

Der 2019 erschienene Comic „Wie gut, dass wir darüber geredet haben“ ist das Debüt von Julia Bernhard und strotzt schon im Titel nur so vor Ironie und Zynismus. Die reduzierte Farbpalette der gezeichneten Panels aus lachsrot und sumpfgrün fällt als erstes auf, als nächstes, dass viele Szenen aus dem (körperlichen) Blickwinkel der Protagonistin zu sehen sind. „Wir“ sprechen also mit unserer Oma beim Kuchenessen, mit unseren Dates oder unserer französischen Bulldogge. Dieses Stilmittel sorgt dafür, dass sich die Lesenden sehr involviert und persönlich angesprochen fühlen.

So erleben wir unangenehme Gespräche mit der Familie, der intoleranten Oma oder auch Männern, die sich bloß nicht binden wollen. Die Protagonistin wird mit Weltbildern, Anforderungen und Erwartungen konfrontiert, versucht sich teilweise daraus zu befreien oder das Gegenüber nicht vor den Kopf zu stoßen. Leider wehrt sie sich aber auch nicht so deutlich und nimmt – meist sehr passiv – alles auf, ohne Grenzen zu setzen oder ihre Meinung klar und deutlich auszusprechen.

Es geht also um die Generation Mitte Zwanzig, um Sorgen und merkwürdige Situationen, um Freundinnen, die sich über ihren Partner beschweren und unzufrieden sind, aber dann doch beim kleinsten Zuneigungskrümel dahinschmelzen; um die groteske Welt in einer Kreativagentur, Gespräche mit Pflanzen und Hunden aber auch der Clash zwischen modernen Ideen von Beziehung und Partnerschaft – „Alles ist möglich!“ – und traditionellen Werten, (Un-)Verbindlichkeit und Freiheit.

Viele Situationen sind in der Kommunikation ungenügend, Missverständnisse und unterschiedliche Realitäten prallen so lange aufeinander, bis diese der Protagonistin, von Depression und Selbstzweifel geplagt, über den Kopf wächst und sie sich im wahrsten Sinne des Wortes zurückzieht.

Die Message, die ich mitnehme: Letztendlich könnte es allen besser gehen, wenn man versucht das Gegenüber aufrichtig zu verstehen und nicht alles toleriert. Und: moderne und offene Weltanschauungen sind bei weitem noch nicht Standard.

„Der Ursprung der Liebe“ von Liv Strömquist

An ein ähnliches Thema wie im Comic zuvor macht sich Liv Strömquist in „Der Ursprung der Liebe“, sie untersucht nämlich was genau Liebe eigentlich ist und was eigentlich unser Bild von Beziehungen und Partnerschaften ausmacht.

Es geht darum, wie Mann und Frau über Gefühle sprechen, welche Unterschiede Sozialisation zwischen Mann und Frau entstehen lässt und wie das unsere Beziehungsgestaltung beeinflusst. Wir treffen hier wie in allen Comics von ihr auf viele bekannte Persönlichkeiten, von Tim Allen bis Ronald Reagan, von Prinzessin Diana zu Britney Spears.

Die Autorin beleuchtet, wie das Konzept Beziehung entstand und aus welchen Beweggründen man früher bis heute eine Beziehung einging. Und warum bleiben eigentlich viele in ihrer ungesunden Beziehung hängen? Was haben Religion und Rituale mit Liebe zu tun? Wie weit darf Liebe gehen? Wer legt Grenzen und Bedingungen für Liebesbeziehungen und Partnerschaften fest?

Liv Strömquist schafft es, diese für uns eigentlich selbstverständlichen Dinge so zu hinterfragen, dass man nach der ersten Verwunderung auch Freiheit verspürt, die Dinge selbst so zu entscheiden wie man es für richtig hält. Sprich, sie klärt auf und schafft damit Handlungsspielraum und die Möglichkeit, seine Entscheidungen und sein Verhalten in Tradition und Strukturen zu überdenken. Es geht aber auch um Macht, Manipulation, unerfüllte Bedürfnisse und die verbreitete Vorstellung, eine Beziehung kann uns von allen Ängsten befreien und sei das ultimative Ziel im Leben.

Inhaltlich regt sie dazu an zu hinterfragen, mit wie viel Integrität man seine Liebesbeziehungen lebt und erläutert, wie diese Sichtweisen auf Beziehungen und Werte in einer Partnerschaft über die Jahre entstanden sind. Welche Phänomene in Liebe und Romantik sind allgemeingültig? Wo gibt es historische und kulturelle Unterschiede? Strömquist analysiert gerne mal bis ins Groteske und schafft es, danach wieder alles in einen Rahmen zu rücken und überlässt uns schließlich unserem eigenen Urteil.

Ihre überspitzten, lebendigen Charakterzeichnungen und die kleinen Nebenkommentare hinterlassen die Lesenden mit neuen Blickwinkeln, ohne erhobenen Zeigefinger oder Dogma. Sie nimmt sich an den richtigen Stellen auch selbst nicht zu ernst und stellt offene Fragen: Was bedeutet denn jetzt eigentlich Liebe?

„Ich fühl’s nicht“ von Liv Strömquist

Im neuesten Werk „Ich fühl’s nicht“ der bekannten schwedischen Comickünstlerin geht es wieder um die Liebe. Aber dieses Mal etwas anders. Es geht noch mehr um das eigene Selbstbild, um Leidenschaft und was Liebe in unserer konsumorientierten Gesellschaft bedeutet. Wie zeigen wir uns in unseren Verhaltensweisen in der aktuellen Zeit? Sind andere nur dazu da, um sich selbst zu spiegeln und zu erweitern?

Sie stellt Theorien anhand vorhandener Forschung und Fakten auf; untersucht, warum sich manche beispielsweise nicht binden wollen oder können, warum zu viel Auswahl und Möglichkeit uns hindert, tiefer zu fühlen und die Überoptimierung uns nicht glücklicher machen wird, auch was die Partnersuche angeht. Was macht die moderne Partnersuche und dutzendfache Auswahl mit uns? Laut Strömquist nimmt beispielsweise die Rationalität bei der Partnerwahl inzwischen eine wichtigere Stellung ein, als die emotionale Komponente.

Sie beschreibt, wie Definitionen von Männlichkeit und Weiblichkeit unser Konzept von Bindung und Beziehung tief beeinflusst. Die Autorin zeigt, warum man so ist wie man ist, wenn man sich verliebt und wie sich Liebe in einer Beziehung oder Partnerschaft auch verändern kann.  Sie thematisiert zum Beispiel das Dilemma der bedingungslosen Liebe vieler Frauen, die sich selbst aufgeben und die Gefahr „durch Gedankendressur und Selbst-Empowerment“ genauso liebesunfähig zu werden. Kann man zu tief lieben? Wie dauerhaft ist Liebe?

Besonders interessant: Unser Streben nach Einzigartigkeit verschließt uns den Weg zu tieferer Liebesfähigkeit. Denn, so erklärt sie frei nach Erich Fromm, häufig üben wir uns nicht in der Kunst des Liebens, sondern fokussieren uns oft nur darauf, wie wir geliebt werden können.

Wie immer stellt sie aktuelle, aber auch historisch ältere philosophische, soziologische oder auch psychologische Thesen nebeneinander und schließt daraus Fragen, (unerwartete) Schlüsse und weitere (teilweise verblüffende) Theorien. Dabei kommen die wissenschaftlichen Persönlichkeiten oftmals selbst zu Wort, so zum Beispiel die Soziologie-Professorin Eva Illouz. Uns begegnen hier jedoch auch Figuren wie Der Kleine Prinz, Lord Byron oder Beyoncé.

Immer gibt sie auch die jeweilige Quelle an und lässt sowohl Philosophen als auch ausgedachte Charaktere aus allen Zeiten selbst zu Wort kommen. Gekonnt bündelt sie Witz und viel Stoff zum Nachdenken zu einem lehrreichen aber auch sehr unterhaltsamen und etwas anarchischen Sachcomic.

Eine große Empfehlung meinerseits für alle Strömquist-Bände. Ihre Werke hinterlassen immer eine Mischung aus augenöffnenden Momenten, Verwunderung (manchmal auch Schrecken) und lassen einen sich selbst und die Welt, wie sie ist, hinterfragen.

Im Herbst dieses Jahres erscheint übrigens ihr nächstes Werk.

Vielen Dank an den avant-verlag für die Rezensionsexemplare!

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Vom Chaos zu Kreativität – Workflow für Kreative

Vor einigen Jahren habe ich den unabhängigen und bunten Selfpublishing-Verlag Microcosm Publishing aus Portland entdeckt. Ich stieß damals auf deren vielversprechende Webseite, da ich auf der Suche nach Zines war…

Vor einigen Jahren habe ich den unabhängigen und bunten Selfpublishing-Verlag Microcosm Publishing aus Portland entdeckt. Ich stieß damals auf deren vielversprechende Webseite, da ich auf der Suche nach Zines war und einige der damals (und heute) bekanntesten Zinesters dort ihre Hefte vertrieben. Zines sind kleine Hefte, meist über persönliche Themen, die oft starken DIY-Charakter aufweisen und eigenhändig publiziert werden.

Seither verfolge ich immer wieder über Social Media, wie der Verlag mit größtem Selbstbewusstsein und einer tollen diversen Kreativität ansprechende Bücher und Hefte zu großen und kleinen Themen anbietet. Von Feminismus über DIY-Projekte und Empowerment, aber auch politischer Aktivismus und psychologische Themen, bietet der Verlag eine inspirierende Auswahl. Vor kurzem habe ich aus dem großen Sortiment einige Rezensionsexemplare bekommen, die ich euch nun nach und nach vorstellen möchte.

Zunächst das Buch „From Chaos to Creativity“ von Jessie Kwak, das vor allem für Kunstschaffende einen Weg finden will, sich eine Struktur und einen Workflow aufzubauen. Dabei meint die Autorin, dass Produktivität nicht „Abhaken von Aufgaben“ bedeutet. Sie setzt jedoch Planung als Eckstein für alle Projekte, egal wie unterschiedlich diese sind. Kreative Arbeit folgt dabei aber selten einer bestimmten Logik, analytisches Vorgehen trifft oft nicht auf künstlerische Projekte und Prozesse zu.

Im Grunde geht es zunächst einmal darum, sein Chaos zu zähmen und mehr Überblick zu bekommen. So stellt sie zunächst drei größere Bereiche vor. Das sind zuerst einmal alle „Sammelplätze“ wie beispielsweise Mails, Notizen-App oder Journal für Ideen, Aufträge und Aufgaben, dann den Zeitplan („Schedule“) und als letztes organisierendes Element, die „Projektordner“, in denen man dann bestenfalls jeweils an einem Ort alles zu einem Thema sammelt.

Beim Planungsprozess soll man zum Start alle „Sammelplätze“ sichten und Ziele formulieren. Denn neurologisch gesehen, ist das Gehirn meist mit dem Kurzzeitgedächtnis beschäftigt, was Prioritäten angeht – da übersieht man dann leicht mal das große Ganze. Aus den „Inboxen“ kann man beispielsweise alles nach zeitlichen Kriterien sammeln – Wann muss es erledigt sein? – oder auch nach einzelnen Aufgaben und Projekten sortieren. Hierbei hilft es, sich seinen eigenen Zielen und der Dringlichkeit und Wichtigkeit der Aufgaben bewusst zu werden.

In den Projektordnern, die man dann anlegt, kann man wiederum temporäre To Do-Listen anlegen, um den Auftrag oder das Projekt in einzelne Schritte zu untergliedern. Hierbei kommen dann auch Tools für Erinnerungen oder andere digitale Helfer zum Einsatz. Ein Kernelement dieser Vorgehensweise ist der Kalender, in diesen sollen eher Aktionen und Termine als nur die Deadline eingetragen werden, von der aus man dann rückwärts zum aktuellen Zeitpunkt plant.

Das Buch beinhaltet auch jede Menge Tipps, wie man seinen Arbeitsalltag im Detail gestalten kann – von Arbeitseinheiten bis zu der Frage, wie viel Energie man in einzelne Projekte und dem hin- und herwechseln derer investieren kann. Das ganze Kreativitätssystem soll individuell für unterschiedliche Menschen nützlich sein, dabei helfen weiterführende Hinweise am Ende.

Das ist nur ein grober Überblick über die Kreativitätsstrategie „From Choas to Creativity“ – ich habe mich sehr angesprochen gefühlt, da sie viele Dinge aufgreift, die Kreativschaffende beschäftigen und auf diese Eigenheiten geht sie wissend ein. Das dazugehörige Arbeitsheft zum 2019 erschienenen Buch, „From Chaos to Creativity – Workbook“, fasst die Quintessenz des 192 Seiten langen Buches als Arbeitsschritte zusammen. Das Workbook umfasst daher auch nur 32 Seiten.

Das Heft möchte ebenfalls eine Hilfestellung für alle sein, die im kreativen Bereich arbeiten. Im Prinzip geht es darum, Ziele und Prioritäten festzulegen, aber auch darauf zu achten, wann man welche kreativen Tätigkeiten am besten ausführt. Es geht darum, eine Art für sich passenden Workflow zu schaffen, mit dem man sein kreatives Arbeitsleben ein Stück weit professionalisieren und strukturieren kann. Neben vielen Fragen, die die eigenen Handlungen hinterfragen und analysieren sollen, stellt die Autorin auch einige Zeitmanagementmethoden vor, die in einfacher Form mit in das eigene „Produktivitätssystem“ einfließen können, so zum Beispiel das Eisenhower Quadrat, das nach „dringend“ und „wichtig“ sortiert.

Nach einigen Überlegungen und Fragen soll man dann als Hauptaufgabe zwei Wochen ein Logbuch chronologisch nach Uhrzeit führen, um dieses anschließend dahingehend auszuwerten, inwiefern man seine ideale Vorstellung eines Arbeitslebens tatsächlich einfließen lassen kann. Dazu gibt euch das Heft viele Fragen an die Hand. Sehr nützlich fand ich hierbei die Liste, in der man aufschreiben sollte, wie man sich in die Stimmung eines kreativen Mindsets bringen kann, aber auch welche Pflichten man recht schnell erledigen und welche Aufträge oder Tätigkeiten man überhaupt nicht mehr annehmen möchte.

Zu guter Letzt findet man noch Tipps, wie man Ablenkungen vermeiden und Probleme beim Prozess des Findens eines passenden Workflows lösen kann. Besonders schön: Sie berücksichtigt, dass auch das Träumen und Gedanken frei laufen lassen zur Arbeit von Kreativen dazugehört.

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Betty Boob – No Body is Perfect

Comics sind für viele LeserInnen eine willkommene Abwechslung zu textlastigen Büchern. Viele Comics oder Graphic Novels sind schon über die Bildsprache aussagekräftig. Aber so ganz ohne Text, geht das denn,…

Comics sind für viele LeserInnen eine willkommene Abwechslung zu textlastigen Büchern. Viele Comics oder Graphic Novels sind schon über die Bildsprache aussagekräftig. Aber so ganz ohne Text, geht das denn, vor allem bei schwierigeren Themen? Dass Bilder ausreichend sein können und wie so oft weniger mehr ist, beweist das mitreißende Werk von Véro Cazot und Julie Rocheleau, „Betty Boob“, dem der französische Buchhandelspreis für Comics „Prix de la BD Fnac“ verliehen wurde.

Der über 170 Seiten starke Band erschien 2018 im Splitter Verlag und behandelt ein äußerst schwieriges Thema: der Verlust von Brüsten durch Brustkrebs. Elisabeth verliert durch Chemotherapie nicht nur ihre Haare sondern auch eine Brust. Ihr Partner kann nicht damit umgehen und verlässt sie. Viel schlimmer kann es in diesem Moment kaum kommen. Sie fühlt sich nicht attraktiv und kämpft um ein neues Selbstbewusstsein und eine neue Identität.

In grotesken, aber visuell starken Bildern erzählt der Comic die Hindernisse, mit denen die Protagonistin zu kämpfen hat. Sie selbst geht zunächst immer selbstsicherer mit sich und ihrem Körper um, dennoch verliert sie ihren Job und erfährt viel Ablehnung und auch angewiderte Reaktionen.

Der Comic führt – mal mehr, mal weniger abstrus – und in Animationsfilm-Art vor Augen, wie sehr unsere Aufmerksamkeit auf Äußerlichkeiten liegt. Das Ganze erscheint stellenweise sehr absurd und irreal, aber dennoch emotional mitreißend. Die Farbgebung spricht stark für sich, manche Panels sind beispielsweise grün (wie Ekel) oder auch zartviolett, wenn es um Sinnlichkeit geht.

Elisabeth trifft schließlich durch Zufall auf schwimmendes Burlesque-Theater und lernt eine besondere Gemeinschaft kennen, in der niemand perfekt ist und jede/r mit seinen (körperlichen) Schwächen kokettiert und diese elegant und sexy zur Schau stellt. Das Publikum ist jedes mal aufs Neue fasziniert von der rauschenden Darstellung der SchaustellerInnen, die Burlesque und Cabarét vereinen. Körperlichkeit wird hier nicht nur akzeptiert, sondern gelebt.

Sie verliebt sich sofort in die Vorstellungen und wagt sich schließlich auch auf die Bühne – Betty Boob ist geboren! Elisabeth erhält einen Vertrag und wird in die bunte und verrückte Truppe aufgenommen. So gewinnt sie langsam neue Stärke und beginnt ein völlig neues Leben.

Betty Boob“ ist ein starkes Plädoyer für Selbstliebe und ein Werk das beinahe ohne Worte zeigt, wie wichtig es ist, eine akzeptierende und wohlwollende Community um sich zu haben.

Vielen Dank an den Splitter-Verlag für das Rezensionsexemplar!

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Herz aus Stein – eine Fabel über das Fühlen

Ein Mädchen mit einem Artischockenherz und ein Junge, der nichts fühlt? Diese seltsame Konstellation ergibt eine traurige, aber atmosphärische Fabel mit einem kleinen Funken Hoffnung. Wir lernen in „Herz aus…

Ein Mädchen mit einem Artischockenherz und ein Junge, der nichts fühlt? Diese seltsame Konstellation ergibt eine traurige, aber atmosphärische Fabel mit einem kleinen Funken Hoffnung.

Wir lernen in „Herz aus Stein“ einen kleinen Jungen kennen, der in einer düsteren Umgebung aufwächst. Er hat zudem ein Handicap: Er hat kaum einen Herzschlag! Die Eltern sind sehr betrübt und er wächst einsam und traurig auf. Zur selben Zeit lebt nicht unweit von ihm ein liebreizendes, warmherziges Mädchen, das stets Glück ausstrahlt und in dessen Nähe jeder in ihrem Umfeld gerne verweilt.

Es kommt wie es kommen muss, eines Tages stoßen die beiden aufeinander. Das Mädchen ist sofort Feuer und Flamme für den Unbekannten und will ihm ihre Liebe schenken. Sie übergibt ihm einen Teil ihres Herzens, ein Artischockenblatt. Doch er versteht nicht, was dies bedeutet und verschmäht das Geschenk.

Ein anderer Junge sieht währenddessen die innere und äußere Schönheit und Anmut des Mädchens. Er hat ein Herz aus Gold und möchte gerne auf sie acht geben. Sie hat aber nur Augen für den grummeligen, deprimierten Jungen, der nicht versteht, warum sie seine Nähe sucht und der nicht schätzt, dass sie ihm wieder und wieder Blätter ihres Artischocken-Herzens schenkt.

Irgendwann begreift das Mädchen, dass ihre Mühe vergebens ist und ihre Zuneigung nicht erwidert wird. Sie wird traurig als sie sieht, dass sie nur noch zwei kleine Blättchen ihres Herzens in sich trägt. Die Geschichte nimmt eine Wendung, die noch nicht verraten sei, nur so viel: Sie erhält ihr Herz zusammengefügt wieder zurück und erlebt eine Überraschung.

Was an dieser kurzen Fabel besonders hervor sticht, sind die unterschiedlich intensiven Farben, die den Jungen und das Mädchen bildlich trennen. Das Mädchen in ihrem Umfeld ist bunt, weich und sanft gemalt, die restliche Umgebung und der Junge in grau und schwarz, trostlos und verloren. Beide Welten haben jedoch ihren Reiz und ihre eigene Ästhetik. Eine weitere Besonderheit ist die poetische Sprache, die Panels sprechen großflächig und intensiv für sich. Es gibt keine umrahmenden Elemente der gesagten Worte, sie begleiten den Betrachtungsprozess wie nebenbei, der Text fällt aber durch Reimschema und gehobenere Sprache auf.

Die Illustrationen sind – im wahrsten Sinne des Wortes – das Herzstück des Hardcover-Comics. Der Stil ist verspielt, fantastisch und organisch. Viele Elemente sind nur angedeutet, sodass die Atmosphäre an eine Traumwelt erinnert, was den symbolischen Charakter der Fabel noch unterstreicht. Lasst euch von diesem bildgewaltigen Comic mitreißen und berühren!

Vielen Dank an den Splitter-Verlag für das Rezensionsexemplar!

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Willkommen im Wunderland! Die entsetzliche Angst der Epiphanie Schreck

Angst ist ein Thema, das nicht nur in Zeiten von Pandemien aktuell ist. Zusammen mit Schlagwörtern wie mentale Gesundheit und Achtsamkeit hält es immer mehr Einzug in die Medien und…

Angst ist ein Thema, das nicht nur in Zeiten von Pandemien aktuell ist. Zusammen mit Schlagwörtern wie mentale Gesundheit und Achtsamkeit hält es immer mehr Einzug in die Medien und wird nicht mehr nur als privates Thema mit Nahe stehenden besprochen. Mich interessiert vor allem der künstlerische Umgang mit Angst – in Comics, Büchern und Illustration. Séverine Gauthier (Geschichte) und Clément Lefèvre (Zeichnungen und Farben) haben gemeinsam ein elementares Werk über die Angst erschaffen. Ich war beim Lesen durchgängig begeistert, aber fangen wir von vorne an.

Der Comicband „Die entsetzliche Angst der Epiphanie Schreck“ handelt von einem jungen Mädchen, das schon seit es denken kann ihre Angst im Gepäck mit sich herumschleppt. Ihre Angst ist ein überdimensionaler Schatten, der sie immer wieder verschlingt, bedrückt und verfolgt. Eines Tages drängt sie die Angst in den Wald, in diesem begegnet sie einem seltsamen Männchen, das gerne Fragen beantwortet. Doch auch dieser kann ihr nicht richtig weiterhelfen und ist ebenfalls auf der Suche, aber nach etwas anderem, etwas das er verloren hat.

Sie trifft auf ihrem Weg durch den Wald auf so allerlei merkwürdige Gestalten, von denen sie sich immer ein wenig Erkenntnis mitnehmen kann. Alle versuchen, ihr auf ihre eigene Weise zu helfen, doch letztlich muss sie selbst lernen, mit dem Schatten umzugehen. Und so beginnt sie sich, holprig und mit viel Mühe, mit ihrer Angst auseinanderzusetzen.

Es ist immer eine große Herausforderung, solche komplexen und schwierigen Themen für Kinder, aber auch Erwachsene, umzusetzen. Epiphanie wird als eine für ihr Alter schon sehr reife Person dargestellt, die aber auch sehr unter ihrer Angst leidet. Den beiden AutorInnen ist es gelungen, eine authentische Fabel über eine allgegenwärtige Emotion zu erschaffen.

Wer selbst mit dem Thema Angststörung oder Panikattacken zu kämpfen hat, kann hier einiges für sich mitnehmen, fühlt sich verstanden und kann vieles sehr gut nachempfinden. Für Menschen, die mit der pathologischen Form der Angst noch wenig Anknüpfungspunkte hatten, ist der Band ein guter Einstieg in dieses Thema.

Die Atmosphäre im Comic erinnert etwas an Alice im Wunderland, wir tauchen in eine nicht näher beleuchtete, fantastische Welt ein, die Szenen wechseln ohne große Erklärung, die Charaktere sind teilweise grotesk und merkwürdig. Wir erfahren wenig Hintergründe zu Epiphanie selbst, aber lernen viel über ihre Gedanken und ihr Innenleben.

So manche Kreatur und die träumerischen Elemente in den Panels, wie zum Beispiel ein Zirkus der Kuriositäten, erinnern etwas an Filme von Studio Ghibli. Ein besonderes Highlight waren für mich die Extraseiten am Ende, ein Handbuch für Phobiker mit witzigen abstrusen Phobien und einem kleinen Brettspiel. Neben der Geschichte machen die Farbgestaltung, der Illustrationsstil und die Ausgewogenheit zwischen Text und Bild den Comic zu einem besonderen und außergewöhnlichen Erlebnis. Folgt Epiphanie in ihre Welt und erlebt, wie sie auf ihrer Suche nach Antworten an Stärke und Lebensmut gewinnt!

Vielen Dank an den Splitter Verlag für das Rezensionsexemplar!

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Von unten – Comic über Arbeit und Punk in Schweden

„Von unten“ ist ein autobiographischer Comic (200 Seiten, erschienen 2019 im avant-verlag) aus der Hochburg der feministischen Comicszene in Schweden. Daria Bogdanska berichtet darin von Krisen in den Zwanzigern junger…

Von unten“ ist ein autobiographischer Comic (200 Seiten, erschienen 2019 im avant-verlag) aus der Hochburg der feministischen Comicszene in Schweden. Daria Bogdanska berichtet darin von Krisen in den Zwanzigern junger Leute, aber vor allem von prekären Arbeitsverhältnissen in Schweden, insbesondere für MigrantInnen. Vieles davon hat sie selbst erlebt, kann also sehr authentisch von ihrem sehr holprigen und frustrierenden Anfang in Malmö berichten.

Zu Beginn reist sie von Warschau nach Schweden, um die Kunsthochschule besuchen zu können. Doch so einfach ist das alles nicht… Um sich finanziell über Wasser zu halten, geht die junge Frau auf Jobsuche. Leichter gesagt als getan.

Sie erlebt die Bandbreite an Schwierigkeiten der Arbeitssuchen und der Ausbeutung von Arbeitskräften: Einmal stehen große bürokratische Hürden im Weg, um überhaupt eine Arbeitserlaubnis zu erhalten, ein andermal wird ihr der Lohn nicht ausgezahlt. Schließlich gerät sie durch Bekannte an einen vertrauenserweckenden Ladenbesitzer eines indischen Restaurants, wo sie zu jobben beginnt.

Es sind nicht nur sprachliche Barrieren, die Daria dort bewältigen muss. Sehr schnell erfährt sie auch, dass keinerlei Transparenz oder Klarheit bezüglich der Löhne, aber auch den Arbeitsbedingungen herrscht. Ihr wird klar, dass sie in ein Raster aus strukturellem Rassismus hineingeraten ist. Sie erlebt ein unausgesprochenes Klassensystem, in dem sich der Lohn nach der Herkunft der Mitarbeitenden richtet und in dem es keine Arbeitsverträge gibt.

Doch da sind auch gute Momente, sie lernt schnell Menschen auf ihrer Wellenlänge kennen und wird immer wieder von Freunden unterstützt. Sie bekommt Zugang zur Musik- und Punkszene. Sie realisiert, dass die Schere zwischen arm und reich besonders gravierend ist: „Manche müssen arbeiten, damit andere feiern können“. Auch wenn sie in einer Art „Multikulti-Subkultur-Linke-Hipster-Blase“ lebt, empfindet sie sich feststeckend in einem System einer modernen Sklaverei.

Wie viele in ihrem Alter leidet sie unter der ständigen Unsicherheit der Zustände, ihr Wunsch nach mehr Sicherheit und weniger provisorischer Lebensumstände wächst. Sie tritt einer Gewerkschaft bei, um sich über ihre Arbeitsrechte zu informieren. Schwarzarbeit ist in Malmö keine Seltenheit. Sie wird aktiv und sammelt Informationen, ohne dass es ihr Chef erfährt, trifft sich mit einer Reporterin und versucht etwas an der prekären Lage zu ändern.

Es macht alles nicht besser, dass sie auch noch emotionale Zerrissenheit spürt, da ihr Freund noch zuhause ist, sie sich aber in einen Musiker in Malmö verliebt. Aber Daria ist fest entschlossen, etwas am real existierenden Hamsterrad der Ausbeutung zu ändern. Wie ihr das gelingt könnt ihr in diesem spannenden und sehr realitätsnahen Comic nachlesen!

Die grafische Gestaltung ist in ihrer Einfachheit sehr ansprechend, einen Einblick in den Grafik-Stil und den Comic bekommt ihr in dieser Leseprobe von „Von unten“.

Vielen Dank an den avant-verlag für das Rezensionsexemplar!

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Debüt zum Nachdenken: „Die unverhoffte Genesung der Schildkröte“

Wahrheit oder Intrige? Diese beiden Stichworte lassen auf eine spannende Geschichte hoffen. Schon das Thema Wahrheit an sich ist in Zeiten von Fake News und Skandalen wie dem Fall Claas…

Wahrheit oder Intrige? Diese beiden Stichworte lassen auf eine spannende Geschichte hoffen. Schon das Thema Wahrheit an sich ist in Zeiten von Fake News und Skandalen wie dem Fall Claas Relotius ein vielschichtiges Konstrukt. Der aus Stuttgart stammende Autor Marc Bensch hat sich in seinem Debüt-Roman „Die unverhoffte Genesung der Schildkröte“ somit ein komplexes Thema vorgenommen. Lasst uns in die Geschichte eintauchen und merkt euch gut, wer wer ist, in diesem oftmals verwirrenden Spiel rund um Identität, Wahrheit und Selbstbestimmung.

Die durchgehend männlichen Protagonisten haben neben ihren Namen auch verkürzte Bezeichnungen: der Schnüffler, der Lächler, der Schmierfink, der Intrigant. Wir machen Bekanntschaft mit einem gesichtsgelähmten Herr von Kornweg, der von den Ärzten aufgegeben wurde, er muss sich nun mit einem Dauerlächeln abfinden. Dann der Intrigant mit falschem Namen, der sich in eine Firma einschleicht, um sich zu rächen; der sein ganz eigenes Spiel mit den MitarbeiterInnen spielt. Außerdem ist da noch der sehr von sich selbst überzeugte Journalist Paul Gram, der sich die prekärsten Stories eigentlich nur ausdenkt und mit der Wahrheit spielt, und nicht ahnt wie nah er an diese herankommt. Zuletzt haben wir noch einen vom Leben enttäuschten Privatdetektiv, der stets eine mehr oder weniger stark schwelende Rebellion gegen seinen Vater, einem reichen Firmenboss, führt.

Und dann ist da noch der Erzähler der Geschichte, der sich schon von Beginn an unvermittelt an uns als Lesende wendet. Der Erzähler gibt vorerst nur hier und da einen Kommentar ab, doch je tiefer wir in die Geschichte eintauchen, desto persönlicher wird dieser und zieht uns immer mehr in die Geschehnisse hinein. Wir denken mehr über die Charaktere nach, welchen Eindruck sie auf uns machen und erfahren immer mehr, wie alle miteinander verknüpft sind.

Der Autor zeichnet die Entwicklungen der Protagonisten durch das punktuelle Einflechten ihrer Vorgeschichte ziemlich genau nach. Wir können somit Beweggründe besser verstehen, können uns auch ein wenig mit ihnen identifizieren, obwohl sie sonst eher negativ dargestellt sind – zumindest in meinen Augen. Jeder der Charaktere verfolgt sein eigenes, meist egoistisches Interesse, jeder bringt eher unsympathische Wesenszüge mit, aber doch erscheinen die Personen menschlich, nachvollziehbarer in ihren Handlungen, indem wir ihre persönliche Wahrheit kennen.

Dann wird es schwieriger, der Handlung zu folgen, es mischen sich gefälschte Namen, Intrigen, gegenseitiges Aushorchen und wechselseitige Interessen wild durcheinander. Das Verwechselspiel nimmt seinen Lauf. Bis sich plötzlich der Erzähler wieder meldet, nachdem ein geheimes Treffen – durch mehrere der vier Personen arrangiert – völlig aus dem Ruder läuft. Er bittet uns um Hilfe, eben weil sich einige der Charaktere nun völlig ungeplant verhalten und er die Kontrolle über sie verloren hat. Lest selbst, wie es für die Protagonisten weitergeht, nachdem sie völlig den Boden unter den Füßen verloren haben und welche Auswirkungen es hat, wenn man sich fragen muss, ob man der aktive Gestalter seines Lebens ist oder nur begrenzt Möglichkeiten hat, dieses zu verändern…

Meiner Meinung nach wurde das Buch erst so richtig spannend, als die vier Protagonisten zunächst verloren schienen. Als die ganzen Intrigen ans Licht kommen und sich die Geschichte zu einer Art Krimi entwickelt. Mir fiel es längere Zeit schwer, die Personen auseinander zu halten, weil sie für mich alle sehr ähnlich wirkten. Stellenweise waren mir die Geschehnisse auch dadurch zu verwirrend – was auch einen Teil der Dynamik des Buches ausmacht. Das Ende ist nicht ganz so einfach zu verstehen, es bleiben definitiv Fragen offen.

Bild: Verena

Letztendlich zeigt dieses Erstlingswerk aber, dass wir unsere Wahrheit in großen Teilen selbst erschaffen. Das kann zum einen erschreckend sein, zum anderen sieht jeder von uns die Welt anders. Dies kann man, anders als die Protagonisten, auch kreativ und zum gemeinsamen Nutzen einsetzen. Es zeigt aber auch, wie unmöglich es ist, eine ultimative Wahrheit zu finden. „Die unverhoffte Genesung der Schildkröte“ ist ein ungewöhnlicher und besonderer Debütroman, der zum Nachdenken anregt und definitiv in Erinnerung bleibt.

Vielen Dank an Marc und den Carpathia Verlag für das Rezensionsexemplar!

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KUNST HALLT NACH: Schau dir diese Vulva an!

Faltig und kraftvoll befreit sich das weibliche Genital von patriarchalen Bewertungsstrategien. Ein Festival für die Vulva. Berühmteste Vulva der Kunstgeschichte Die wohl berühmteste Vulva der Kunstgeschichte hinterließ Maler Gustave Courbet…

Faltig und kraftvoll befreit sich das weibliche Genital von patriarchalen Bewertungsstrategien. Ein Festival für die Vulva.

Berühmteste Vulva der Kunstgeschichte

Die wohl berühmteste Vulva der Kunstgeschichte hinterließ Maler Gustave Courbet im Werk „Der Ursprung der Welt“. Er, der männliche Künstler, eröffnet den geschockten Betrachter*innen von damals (s)einen Blick auf die intime Zone eines weiblichen Körpers. Zu sehen ist der Unterleib einer am Rücken liegenden, nackten Frau. Der seitlich abgelegte Schenkel eröffnet den Blick auf die dunkel behaarte Vulva. Die äußeren Vulvalippen (1) sind leicht gerötet, der kleine Spalt lässt das Innenliegende und eine zarte Erregung erahnen. Skandalös im Jahr 1866.

Gut 150 Jahre später – weniger skandalös, aber durchaus provokativ – widmet die Galerie „Die Schöne“ der Vulva ein eigenes Festival: Das Vulva Festival „Look at this Vulva! Ein unverschämter Blick“.

Im Fokus der Gruppenausstellung steht nicht der männliche, häufig sexualisierende Blick, sondern die Auseinandersetzung mit dieser omnipräsenten und dennoch tabuisierten Körperzone der Frau*. Grafisch abgebildet, bildhauerisch geformt, wortreich besprochen, interessiert betrachtet oder ganz konkret in künstlerische Aktionen mit einbezogen.

Olja Grubic, Flower Bouquet, Foto: Jacqueline Korber

Vulvische Eröffnung

Sie steckte sich eine kleine Kunststoffvase in die Vagina und arrangierte darin einen Blumenstrauß. Mit der Performance Flower Bouquet eröffnete die Künstlerin Olja Grubic das Vulva Festival.

Mit nacktem, nach oben gestreckten Unterleib und geöffneten Beinen lag die Künstlerin am Rücken, ihre Füße stützte sie an einem Fensterbrett ab. Nachdem sie in ihre Vagina ein kleines Gefäß einführte, steckte sie nach und nach Grashalme und eine rote Orchidee hinein. Sie arrangierte einen Blumenstrauß und band einen kleine Masche um die Stängel, womit der Vorgang abgeschlossen war. Danach hob sie den Blumenstrauß aus der kleinen Kunststoffvase und entfernte auch diese selbst aus der Körperöffnung zwischen ihren Schenkeln. Grubic verbeugte sich und übergab den Blumenstrauß an die Veranstalterin Nina Fountedakis.

Olja Grubic, Flower Bouquet, Foto: Jacqueline Korber

Grubics Performance erinnert daran, dass der weibliche Unterleib ein Ort ist, an dem Neues entsteht, die Vagina eine Verbindung zwischen Außen und Innen schafft. In ihren Zeichnungen still life zeigt die Künstlerin grafisch minimalistisch dargestellte Vulven in schwarz weiß, die fleischlich und lebendig wirken. Nicht nur klassisch phallische Obst und Gemüsesorten, wie Bananen oder Gurken stecken in den Vaginas, auch Wassermelonenstücke oder mehrere Karotten gleichzeitig.

Olja Grubic, Still Life, Foto: Jacqueline Korber

Zwischen Klitoris und Penis

Stefanie Grübls Kleinplastiken zeigen „realistisch geformte Genitalmodelle aus Gips-Modelliermasse“. In den bunten Objekten, lässt die Künstlerin Grauzonen kategorischer Geschlechterdefinition plastisch in Erscheinung treten. Ihre plastischen Darstellungen von „vielfältige Vulven, erigierte und nicht-erigierte Penisse sowie intergeschlechtlichen Genitalien“ dienen auch als Anschaungsmaterialien in der sexualpädagogischen Arbeit.

Vielfältige Vulven und Penisse

Stefanie Grübl, Vielma, Foto: Jacqueline Korber

„Vielfalt sicht- und begreifbar machen“ lautet das Motto von vielma. In der Galerie der Schöne zeigte Grübl auch einen Vulva, die sich aufgrund der Geburt eines Kindes verändert hat. Auf dem Zettelchen beschreibt sie in klassischer wissenschaftlicher Manier, was das Modell zeigt: Vulvamodell mit Dammnaht (Darstellung einer Geburtsverletzung) / VULVA with PERINEAL SUTURE.

Vulvamodell

Stefanie Grübl, Vielma, Vulva mit Dammnaht, Foto: Jacqueline Korber

Vulva Vulva an der Wand

Wie vielfältig Frau-Sein aussehen kann, zeigt Jacqueline Korber im Werk Ich bin nicht so schön wie du, ich bin so schön wie ich. Die Installation aus schwarz/weiß Fotografien zeigt nackte Frauenkörper unterschiedlichen Alters und in verschiedenen Formen. „Das Vergleichen und Bewerten führt hier nicht zur Abwertung des eigenen oder anderen, sondern zur liebevollen Wertschätzung von beidem.“(2) An unsichtbaren Fäden hingen je zwei aneinander geklebte Fotografien von der Decke der Galerie und drehten sich in den Luftzügen, die von Bewegungen der Betrachter*innen erzeugt wurden.

Jacqueline Korber, ich bin nicht so schön wie du, ich bin so schön wie ich, Foto: Jacqueline Korber

Zwischen den weißen Pobackenabdrücken funkelt ein goldener Vulvaabdruck. „Mit ihren Fingern strich sie die goldene Farbe auf ihre Vulvalippen und setzte sich aufs Leinen“, erzählt Jacqueline Korber über die Entstehung des Werks Footprints of Joy „die Farbe Gold steht für Wertvolles und besonders Ehrwürdiges“.

Jacqueline Korber, Footprints of Joy, Foto: Jacqueline Korber

Soviel Vulva und kein Porno

Den Besucher*innen bot das Vulva Festival ein vielseitiges Programm zur wertschätzenden Auseinandersetzung mit dem weiblichen Genital. Kunst von zeitgenössischen Künstler*innen eröffneten neue Denk-, Sichtweisen und Wahrnehmungsweisen. Empowerment auf vielen Ebenen. Viva la Vulva!

Alle Infos zum Vulva-Festival 2019

Konzept und Organisation: Nina Fountedakis
25. – 29.6.2019 in der Galerie Die Schöne, Wien

(1) Es wird bewusst das Wort Vulvalippen anstatt „Schamlippen“ gebraucht. Zum Thema Viva la Vulva – Endlich Schluss mit Scham! sprach FRO-Redakteurin Astrid Dober  in der Radiosendung FROzine auf Radio FRO.

(2) Victoria Windtner, Texte zu den Werken im Portfolio Jacqueline Korber, 2019

(3) Weitere Kolumne zum Thema: Vulva Vulva! Das geniale Genital als Kunstobjekt gegen das Schubladen-Denken

3 Kommentare zu KUNST HALLT NACH: Schau dir diese Vulva an!

No more Bullshit! Das Handbuch gegen sexistische Stammtischweisheiten.

Es passiert so nebenbei im Alltag, da fallen Sätze wie „Ihr seid nur Frauen im Büro? Na da ist dann wohl Zickenkrieg angesagt.“. Oder Bekannte machen sexistische Witze, auf die…

Es passiert so nebenbei im Alltag, da fallen Sätze wie „Ihr seid nur Frauen im Büro? Na da ist dann wohl Zickenkrieg angesagt.“. Oder Bekannte machen sexistische Witze, auf die man abwehrend reagiert und darauf nur ein „Verstehst du keinen Spaß?“ entgegen geschleudert bekommt. Das kommt euch möglicherweise bekannt vor. Genauso wie Behauptungen, die als Fakten oder Wahrheiten präsentiert werden, wie dass Frauen zu emotional für Führungspositionen wären und deshalb für solche nicht geeignet sind.

In all diesen Situationen ist cleveres Argumentieren und eine schlagfertige Reaktion nötig. Hierfür greift euch „No more Bullshit!“ unter die Arme. Das Handbuch gegen sexistische Stammtischweisheiten wie solche, die ihr weiter oben gelesen habt, hat ein engagiertes Frauenkollektiv namens Sorority verfasst, und enthält viele unterschiedliche weibliche Stimmen aus den Bereichen Wissenschaft, Musik, Kunst, Wirtschaft und einigen mehr.

Im Buch könnt ihr für viele typische Sprüche ein entsprechendes Kapitel finden, euch Fakten und Meinungen dazu durchlesen und gute Argumentationentipps aneignen. Ihr habt euch schon immer gefragt, ob eine Frauenquote eine sinnvolle Lösung ist? Oder warum Feminismus nicht Humanismus heißen kann? Diese und viele weitere Fragen thematisiert „No more Bullshit!“ sehr kurzweilig in knappen Kapiteln, teils humorvoll, teils mit prägnanten Tipps zum jeweiligen Thema.

Das Buch ist in zwei Teile aufgeteilt, zunächst gibt es euch eine Übersicht zu Gesprächsdynamiken und Kommunikation bei aufeinander prallenden Meinungen. Kontern will geübt sein, daher gibt euch das Werk einige Basics an die Hand, wie beispielsweise Gesprächstaktiken funktionieren oder auch welche Macht Sprache haben kann. Im zweiten Teil geht es direkt zur Sache mit Sprüchen zum Pay Gap, vermuteten Eigenschaften bei Frauen (Stereotypen) oder auch zur Diskriminierung von Männern. Die Mischung aus Studien, Statistiken und Merkkästen gemeinsam mit einem übersichtlichen, einheitlichen Layout macht das Lesen flüssig und on point, Geistesblitze und erhellende Momente bleiben hier nicht aus.

Mir fehlen lediglich die Quellenangaben der jeweiligen Studien als Anhang im Buch, AutorInnen dieser werden genannt, jedoch gibt es beispielsweise keine Fußzeilen. Zudem sind mir manche Aussagen zu allgemein oder zu vage formuliert, sprich in meinen Augen nicht ausreichend im Buch belegt. Hier gilt aber auch wieder: Wissen wird manchmal auch einfach nur dadurch produziert, Meinungen von vielen Personen einzuholen (oder Statistiken zu erheben), was nicht per se unwissenschaftlich ist, sondern tatsächlich eine Wahrheit darstellt… dazu aber mehr im Buch!

Insgesamt fasst „No more Bullshit!“ sehr bekannte Aussagen und wichtige Themen kurzweilig und interessant zusammen, daher eine große Empfehlung von mir! Auch wenn man manche Fakten oder Tatsachen schon einmal gehört hat, ist das Buch ist für AnfängerInnen und Fortgeschrittene im Feminismus aber auch im (Argumentations-)Kampf gegen Sexismus gleichermaßen geeignet. Los geht’s!

Vielen Dank an den Verlag Kremayr & Scheriau für das Rezensionsexemplar!

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