Keine Plastiktüte, bitte! oder: Wie ich lernte, freundlich Nein zu sagen und dabei eine Diskussion in Gang zu setzen.

Jahrelang war ich es zwar gewohnt, meinen Jutebeutel für den Einkauf im Supermarkt zu benutzen, alle anderen Plastiktüten waren für mich aber in Ordnung. Ich nutzte sie als Mülltüten, machte mir wenig Gedanken und verdrängte das Problem in meinem Schrank voller Plastiktüten – auch wenn ich stets mehr Mülltüten als Müll hatte.

Mit dem „Plastikfasten“ setzte ein Umdenken bei mir ein. Zum ersten Mal ging ich in ein Buchgeschäft, ohne es mit einer Plastiktüte zu verlassen. (Ja, ich erkläre mich für schuldig. Ich bin besessen von Buchläden und sollte aus eigenem Schutz von ihnen fern gehalten werden.) Die Verkäuferin war so schnell, dass sie mir meine neueste literarische Errungenschaft in eine Tüte gepackt hatte, bevor ich etwas dagegen sagen konnte. Etwas zögerlich holte ich meinen Jutebeutel hervor und bat sie, das Buch heraus zu nehmen. Ich erklärte ihr, dass ich gerade „plastikfasten“ würde und die Tüte daher nicht annehmen könnte – ihre Reaktion: Unverständnis. „Aber dann wird das Buch doch nass“, entgegnete sie mir fast ein wenig vorwurfsvoll. Ich zeigte ihr wortlos meinen tropfenden Regenschirm, sie zuckte etwas beleidigt mit den Schultern und ich verließ den Laden mit hochroter Birne.

Diese Situation sollte sich in der Zukunft noch einige Male wiederholen. Meist sind die Verkäufer so routiniert und schnell, dass man sie bitten muss, die Ware wieder aus der Tüte zu nehmen. Das mache ich mittlerweile zum Glück, ohne dass es mir peinlich ist. Am Anfang versuchte ich noch, Leute von meiner Idee zu überzeugen und erzählte ihnen sofort und ungefragt, dass ich versuchen würde, ohne Plastik auszukommen. Damit traf ich zwar oft auf tolle Reaktionen, genauso häufig aber auch auf Unverständnis – gerade bei Personen, die sich eben noch nicht so sehr mit dem Thema Plastikmüll auseinandergesetzt haben. Vielleicht klingt „Plastikfasten“ für den einen oder anderen etwas zu extrem, vielleicht schwingt für sie auch der erhobene Zeigefinger mit – ich weiß es nicht. Was mir jedoch bewusst wurde: Man lässt die Verkäufer mit einem Fragezeichen im Gesicht, im schlimmsten Falle sogar mit dem Gefühl, unfreundlich behandelt worden zu sein, im Laden stehen. Genau das wollte ich verhindern.

Wie bei den Plastikbestandteilen in Einmachglasdeckeln, einem Thema meines letzten Kolumnenbeitrags, komme ich daher auch diesmal zu einem eher pragmatischen Schluss. Ich sage einfach: „Nein, danke. Ich habe schon so schrecklich viele Plastiktüten zu Hause.“ Aus irgendeinem Grund scheint diese Aussage ein wahrer Eisbrecher zu sein. Fast immer entgegnen mir die Verkäufer, dass es ihnen genauso geht. Oft schließt sich daran sogar eine wirklich konstruktive Diskussion an.

Das ist auch mein Tipp an alle, die es mir gleich tun wollen. Wenn man selber ohne Plastik auskommen will, setzt man sich selbstverständlich sehr damit auseinander und denkt viel daran. In dem ganzen Eifer will man seine Überzeugung natürlich an andere weitergeben – man muss nur sehr aufpassen, dass man nicht zu übereifrig daher kommt, sonst wird die Diskussion oft bereits im Keim erstickt. Ein vorsichtiges Herantasten über ein recht unverfängliches Thema wie „Wir haben viel zu viele Plastiktüten zu Hause.“ funktioniert oft besser als den Leuten ins Gesicht zu sagen „Ich lebe ohne Plastik“.

Wie seht ihr das, ist es euch auch schon einmal so gegangen, zum Beispiel auch bei den Themen Vegetarismus und Veganismus? Würdet ihr genauso handeln oder bevorzugt ihr eine offensivere Herangehensweise?