Schon im ersten Teil habe ich von alternativen und ökologischen Übernachtungskonzepten gesprochen. Heute gibt es noch mehr davon – und ich habe natürlich nicht alle Unterkünfte in Wien „abgeklappert“, hat doch die Stadt die höchste Umweltzeichendichte der Welt. Ich habe mir lieber die Schmankerl ausgesucht – und stelle Euch in diesem Post noch drei weitere Möglichkeiten, als nachhaltig Reisende(r) in meiner Wahl-Heimatstadt zu schlafen. Alles Hotels, in denen ich auch meine besten Freunde unterbringen würde – vorausgesetzt, meine Couch ist besetzt.
5. Boutique Hotel Stadthalle: Einer muss der Erste sein
„Willkommen im weltweit 1. Stadthotel mit Null-Energie-Bilanz„, begrüßt das Boutique Hotel Stadthalle seine Gäste und BesucherInnen wie mich. Dass es sich um eben solches handelt, das ist schon beim Eingang kaum zu übersehen: Die Außenwand – noch grau – wird in Kürze auch mit Pflanzen begrünt werden, bei der Tür prangen die vielen Gütesiegel – von Umweltzeichen bis Fair Trade – an der Wand, die Pflanzenklimaschutzfassade, die in Zusammenarbeit mit der BOKU (Wiener Universität für Bodenkultur) betrieben wird, steht seit wenigen Wochen ebenfalls wieder im Eingangsbereich.
„Am Anfang stand der Beschluss von der Besitzerin, Frau Reitterer, ein Passivhaus ans alte Hotel zu bauen“, erklärt mir Monika Haas vom Boutiquehotel – dass es so etwas im Hotellerie-Bereich weltweit noch nicht gegeben hat, das hat man erst später festgestellt. Wegen „das ist unmöglich“-Kommentaren aufzugeben, das war keine Option und so wurde nicht nur ein 6-stöckiges Passivhaus errichtet, sondern auch eine Grundwasserwärmepumpe und eine Photovoltaikanlage installiert, eine Solaranlage aufs Dach gebaut, E-Scooter für Hotelgäste angeschafft und – natürlich – regionale, biologische Lebensmittel am Frühstücksbuffet eingeführt. Das sind nur ein paar der Eckdaten, bloß die geplanten Windrädern zur Stromgewinnung gibt es – noch – nicht. Nicht, weil es technisch nicht möglich wäre, sondern weil ein Nachbar Einspruch erhoben hat. Aufgeben – Ihr könnt es Euch denken – ist aber auch hier keine Option.
„Wir sind Stück für Stück gewachsen“, so Haas, „und die Gäste fordern es auch ein, wie wir anhand der Zufriedenheits-Fragebögen merken.“ Dabei kommen nicht alle, weil es sich um ein Haus mit Null-Energiebilanz – „es geht sich knapp aus“ – handelt. Manche merken es erst, wenn sie die grünen Aufkleber in ihren Zimmern vorfinden: „No Minibar“ heißt es da zum Beispiel auf einem, ein Commitment gegen einen erhöhten CO2-Ausstoß, der den fehlenden Punkt auf die 4-Sterne-Kategorie kostet. Es ist eine bewusste Entscheidung.
Statt Mini-Bar gibt es etwas – meiner Meinung nach – viel Besseres: Den Ausblick auf ein (im Sommer vermutlich schön lilafarbenes) Lavendeldach zum Beispiel und so viele Sträucher sowie Bäume im Garten, Weinreben an den Hauswänden, dass der Leitspruch „Wohnen mitten im Grünen mitten in der Stadt“ nicht treffender sein könnte. Und wer sich noch ein Stück vom Stadthotel mitnehmen möchte, der findet in der Vitrine im Eingangsbereich handgemachte Souvenirs – wie wäre es zum Beispiel mit Lavendelherzen oder einer Lavendel-Schoko-Torte, na!?
Boutique Hotel Stadthalle: Hackengasse 20, 1050 Wien, ab € 128,- pro Nacht, http://www.hotelstadthalle.at/
6. Urbanauts: Das horizontale Hotel im „Grätzel“
Dass man und vor allem was man aus leerstehenden Gassenlokalen so alles machen kann, das beweisen seit 2011 die Urbanauts. Anders als in Städten wie London darf man in Wien nämlich bisher in ehemaligen Geschäftsräumlichkeiten nicht wohnen – leider. Also haben die Architekten Theresia Kohlmayr, Jonathan Luther und Christian Knapp mit einer ehemaligen Schneiderei das Pilotprojekt „horizontales Hotel“ gestartet. Nein, nicht, was Ihr denkt: Im leerstehenden Raum im Erdgeschoß wurden Bad und WC eingebaut, die Wände zur Straße mit Schalldämmung vor Lärm geschützt, die großen Auslagenfenster mit verdunkelten Gläsern abgeschirmt – ein 25 qm großes Hotelzimmer mit Mini-Bar, Internet und Co. entstand. An die Vergangenheit erinnern nicht nur der Name „Die Schneiderin“, sondern auch eine große Foto-Wand gestaltet durch die Künstlerin Sue Sellinger und handgemachte Hosen sowie T-Shirts, die Gäste anprobieren und dann gern bei den Urbanauts kaufen können.
„Wir haben versucht, die vertikal angeordnete Hotelstruktur horizontal ins Grätzel (= Viertel) auszulagern“, erklärt Theresia, die selbst Erfahrung in der Hotellerie mitbringt. Heißt: Statt Frühstück oder Wellness-Bereich im Hotel selbst, empfiehlt Urbanauts „fellows“ in der Umgebung – ein Kaffeehaus in der Straße, die Bar ums Eck, das Hammam in der Nachbarschaft. Damit die leicht erreicht werden können, stehen vor dem Haus zwei Fahrräder – Vespas können als „Extra“ angemietet werden.
Über Empfehlung funktioniert auch die Bewerbung der Urbanauts, an deren Konzept andere Städte ebenfalls Interesse haben. Bisher erfolgt eine Buchung nur über die Website – eine Erweiterung auf andere Plattformen ist angedacht und vermutlich auch notwendig, wenn die nächsten Hotelzimmer nach dem gleichen Konzept aufsperren: Noch im Juli werden die jeweils 35qm großen „Galerist“ und „Künstler“ öffnen, im September ist „Der Schlosser“ an der Reihe.
Urbanauts: Favoritenstraße 17/ G3-5, 1040 Wien (geplante Home-Base in der Belvederegasse 26, 1040 Wien – Eröffnung 2014), ab € 120,- pro Nacht, http://www.urbanauts.at/
7. Hotel Der Wilhelmshof: Ganzheitlich vom Dach bis zur Garage
Wer mit einem der Trés-Hombres befreundet ist und deren fair transportierten Rum verkauft, der kann nur sympathisch sein. Wer noch dazu seit 2008 die größte Solaranlage der Wiener Hotellerie im Einsatz hat oder durch so „Kleinigkeiten“ wie eine Haus gemachte (vom Vater „gebastelte“) Heizungsregelung 20% der Kosten sowie jede Menge Energie spart, punktet gleich noch einmal – bei mir zumindest. Roman Mayrhofer, Geschäftsführer und mit seinem Bruder Eigentümer des Familienbetriebs „Der Wilhemshof“ macht mir bei seiner Hausführung klar, dass der Anspruch der „Ganzheitlichkeit“ im 4-Sterne-Hotel nicht (nur) auf dem Papier zu finden, sondern seine Einstellung ist.
„Bei jeder Entscheidung muss man auch die ökologischen Kriterien heranziehen“, erklärt er und ist überzeugt: „Im Hintergrund kann man so viel machen“ – vor allem, wenn einem die Immobilie gehört, wie das beim Wilhelmshof seit Generationen der (Ideal)Fall ist. „Energie ist dabei der größte Hebel“, meint Mayrhofer und ist stolz, dass 45% der Energiebedarfs über die Solaranlage gewonnen wird. Es ist auch ein wirtschaftlicher Erfolg, der ohne das unternehmerische Risiko im Vorfeld aber nicht möglich wäre – schließlich investiert man gerade bei für den Gast unsichtbaren Dingen anfangs enorm.
Ein „plakatives Thema“ wie die Solaranlage ist wichtig für die Kommunikation, aber nicht das Einzige, was den Wilhelmshof besonders – anders – macht. Ganz offensichtlich ist da vor allem die Kunst: Der österreichische Künstler TyWaltinger hat aus dem Hotel – Schritt für Schritt – ein Kunsthotel gestaltet. „Eines, in dem den Gast die Kunst aber nicht überfährt“, wie Mayrhofer wichtig ist zu zeigen – und tatsächlich ist sie in einigen Räumen nur ganz dezent merkbar. In anderen dafür stärker, nie aber aufdringlich. Das Konzept zieht sich übrigens bis zur Garage (!) durch, und TyWaltinger arbeitet selbst stark mit natürlichen Farbpigmenten und den Kräften der Natur zusammen – ganzheitlich eben!
Hotel Wilhelmshof: Kleine Stadtgutgasse 4, 1020 Wien, ab € 120,- pro Nacht, http://www.derwilhelmshof.com
Weitere Tipps zu einem alternativen, nachhaltigen Wien-Besuch habe ich für einfachbewusst.de geschrieben >> http://www.einfachbewusst.de/2013/04/nachhaltiges-reisen-wien-und-darmstadt/