„Bei all unseren Erlebnissen geht es um Beziehungen.“ Als Christian Hlade, Gründer des steirischen Wanderreiseveranstalters Weltweitwandern, mit diesen  Worten unser gemeinsames Wochenende einläutet, spricht er nicht nur von seinem Kerngeschäft, dem Reisen. Um Beziehungen drehen sich auch die nächsten drei Tage hier im kärntnerischen Knappenberg.

Die Guides "aufgefädelt". Foto: Doris

Neben Christian sitzen Abdellah und Abdelmalek aus Marokko, Sonam Sherpa aus Nepal und Tsewang aus dem indischen Ladakh aufgefädelt wie die Zinnsoldaten auf ihren Stühlen. Alle vier haben eines gemeinsam: Als Fremden- und Bergführer für das CSR zertifizierte Weltweitwandern führen sie Reisende, Interessierte, Wanderer durch ihre Heimat und bauen Brücken zwischen den Gästen und Einheimischen. Die letzten Wochen wurde der Spieß umgedreht: Die vier waren zu Gast in Österreich.

Bespaßung, darin sind die marokkanischen Guides Experten. Foto: Doris

Seit Jahren laden der ehemalige Architekt Hlade und sein Team die Weltweitwandern-Guides von der Mongolei über Madeira bis Madagaskar zu Schulungs- und Trainings-Zwecken nach Europa. Hier verbessern die Männer und Frauen nicht nur ihr Deutsch, um die Touren in ihren Ländern professioneller durchführen zu können; sie werden auch auf den Grazer Schlossberg geführt und hören klassische Musik, hier werden Apfelstrudel auf ihre Teller geladen und sie können auf Wandertouren braune Ferkel fotografieren. Kurz: Sie werden selbst zu Touristen und treten in Beziehung mit dem Weltweitwander-Team in Österreich, mit ehemaligen Gästen, die zu Freunden geworden sind, mit Interessierten, mit der Kultur derjenigen, denen sie später ihr Land näher bringen.

Weltweitwandern und JUFA verbindet (einiges). Foto: Doris

„Unsere Gäste werden zu Einheimischen auf Zeit,“, beschreibt Christian Hlade die Philosophie seines Unternehmens, das er vor rund 15 Jahren gegründet hat, „weil Reisen das ist, was ich richtig gut kann.“ Dass es dabei nicht um eine „Dauer-Bespaßung“ durch die einheimischen Reiseführer geht, sondern um das Miteinander, das wird er nicht müde zu betonen: „Weltweitwandern ist keine Busrundreise, wir sind ein Team. Alles passiert miteinander.“ Was er nicht sagt – nicht zu sagen braucht – das spürt man ohnehin in jeder Bewegung, jeder non-verbalen Interaktion: Inder oder Österreicher,  Guide oder Gast, Chef oder Angestellter – man begegnet sich auf einer Ebene. Die Basis von allem sind der gegenseitige Respekt und das Wissen, dass ein gleichwertiger Austausch passiert, dass Lernen in beide Richtungen geschieht.

Und Juuump: Christian mitten unter den "Jungs". Foto: Doris

Was für die Trekking-Tour durch den Norden Tansanias oder für die Wanderung in Nepal gilt, das gilt auch für die (Schulungs-)Besuche der Guides in Österreich. Da diesmal gleich vier Reiseführer aus allen Ecken der Welt in Österreich zu Gast sind, hat Weltweitwandern Gäste, Interessierte, ehemalige und zukünftige Kunden zu einem Treffen- und Austausch-Wochenende nach Knappenberg eingeladen. Gekommen sind über 40 Menschen, bunt gemischt, alt und jung, erfahrene und weniger erfahrene Reisende aus Österreich und Deutschland. Ich bin eine davon.

Gemeinsames Abendessen. Foto: Doris

Getrieben sind wir alle wohl vor allem von einem: Von unserer Neugier – auf die Guides aus Marokko oder Ladakh, auf die Dia-Vorträge zu den Ländern, die zwei Abende lang auf uns warten, auf die Wanderung in der ehemaligen Heimat des Dalai Lama-Weggefährten Heinrich Harrer. Angezogen sind wir aber wohl auch von dem Ort des Geschehens: Der vor vierzehn Tagen eröffneten JUFA Knappenberg, ein Jugend- und Familien-Gästehaus, das hoch über der Bergbaugemeinde Hüttenberg in seinem Bau an Tibet erinnert und – laut Website – einen atemberaubenden Ausblick auf die Gipfel der Norischen Region bietet. Bei Letzteres hat man nicht zuviel versprochen, auch das Buffet mit frisch (schau-)gekochtem Wok-Gemüse, die Wellness-Landschaft und vor allem der rundum offene, mit asiatischen Lampions geschmückten und mit Tee-Samowaren ausgestattete „Sonnentor“-Raum können sich sehen lassen. Bloß auf den Tibetischen Kräutergarten und einige andere Details, die schon im Prospekt gezeigt werden, muss man noch bis zur offiziellen Eröffnung im Herbst warten.

Der Raum "Sonnengruß" lädt zu Teezeremonien oder einfach nur zum Meditieren ein. Foto: Doris

„Vor ein paar Wochen war hier noch Baustelle“, weiß der Ex-Architekt Hlade, der im Jahr 2000 in Ladakh, wo er seine Diplomarbeit geschrieben hatte, eine Schule baute. Er berichtet dabei nicht nur aus eigener fast 10-jähriger Erfahrung mit Bauprojekten, sondern aus direktem Wissen – handelt es sich beim Architekten des JUFA Hauses doch um Herwig Moosbrugger, seinen ehemaligen Architekten-Chef und Freund. Den hat der Familienvater mit Bildern aus Tibet sowie Bhutan beim Bau inspiriert und hat somit auch hier in Knappenberg seine Finger im Spiel.

Heinrich Harrer Museum. Foto: Doris

Es ist ein Haus der Verbindung – nicht nur der verschiedenen Kulturen. Es geht auch darum, die bis zu 152 Gäste mit den Einheimischen der 1.500 Einwohner-Gemeinde in Beziehung und Dialog zu bringen. Dafür sorgen nicht nur das für alle offen stehende Café- sowie Restaurant- und der Wellness-Bereich, die Kegelbahn im untersten Geschoß des Hauses ist bereits von einer örtlichen Seniorengruppe eingeweiht worden und soll ab sofort jeden Donnerstag bespielt werden.

Lingkor - farbenprächtige Stupas und Gebetspfade mitten in Österreich. Foto: Doris

Eine Philosophie, wie sie nicht besser zu Weltweitwandern passen könnte. Wie gesagt, es geht schließlich immer um Beziehungen!

 

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