Es ist der Film, welcher uns in andere Welten gleiten lässt, aber auch die Institution Kino, welche uns erlaubt diesen Moment zu genießen. Es ist ein “Ort, der Publikum hat” aber auch einer, der mit Hilfe der Initiative #diagonaledenktweiter viel fortschrittlicher und vor allem nachhaltiger agieren kann.

Seit bereits 20 Jahren schreibt Graz einmal im Jahr Filmgeschichte. Wie viele Geschichten so hat auch die Diagonale, das Festival des österreichischen Films, viele unterschiedliche Wurzeln zu einem großen Ganzen zusammengeführt. Alles begann mit den österreichischen Filmtagen und führte schlussendlich zum “Querschnitt des österreichischen Filmschaffens”. Die Diagonale hat sich dem österreichischen Film verschrieben und entwickelt deshalb laufend neue Strukturen um das österreichische Kino groß heraus zu bringen und vielleicht den einen oder anderem Besucher “gegen den Strich zu bürsten.” Unterschiedliche Ecken und Enden, Anfänge und Historien, sowie andere “Stories” können auf der Diagonale erforscht werden.

Der österreichische Film ist im Ausland als “feel-bad cinema” verschrieen. Jedoch sollten die Facetten dieser Filmwerke nicht unterschätzt werden und eher als dunkelbunte Darstellung der Realität oder Fiktion gesehen werden. Die Co-Intendanten Sebastian Höglinger und Peter Schernhuber wollen auf dem Bestehenden aufbauen und so an einem Rädchen nach dem anderen drehen, damit sich Kleinigkeiten zum Besseren wandeln. Rote Fäden sollen das Programm zusammen halten und ein Netzwerk für Jung und Alt schaffen. Das Festival stellt sogar ein Refugeekontingent bereit, um den sozialen Raum Kino jedem zugänglich zu machen.

Um etwas zu bewegen und zu verbessern wurde die #diagonaledenktweiter Initiative ins Leben gerufen. Dieses Interview soll aufzeigen, was die Initiative sein soll und welche Rolle sie auf keinen Fall einnehmen darf.

Sebastian Hoeglinger & Peter Schernhuber im Interview; credits: Lukas Maul

Sebastian Hoeglinger und Peter Schernhuber im Interview. Bild: Lukas Maul

Corinna: Wo soll #kinodenktweiter hinführen? 

Da muss man etwas früher einhaken. Die Diagonale hat vor einigen Jahren schon die Initiative “diagonale goes green” ins Leben gerufen. Da ging es sehr stark darum im nachhaltigen und ökologischen Sinn zu agieren und einfach einmal die Festivalgestaltung zu hinterfragen – auch im Hinblick auf ökologische Aspekte. Dabei ging es vorwiegend darum regionale Lebensmittel ins Programm aufzunehmen, ganz bewusst auch Dinge zu reduzieren, die so nicht notwendig sind und nur Müll produzieren beispielsweise das Merchandising und so weiter.

Damit war die Diagonale damals sehr früh dran, sehr in einer PionierInnen-Rolle und wie immer das bei solchen Nachhaltigkeitsinitiativen ist, muss man sie auch überprüfen und schauen was sie eigentlich bringen oder eben nicht! Inwiefern gibt es Benefits für alle Beteiligten? Läuft man schon längst Gefahr, Greenwashing zu betreiben? Ist es nur noch ein ideologisches Vorhaben – ist ja auch ganz oft der Fall.

Und das war bei uns dann der Grund, warum wir diese Initiative als wichtigen Impuls übernommen haben. Wir haben diese hinterfragt und daraus #diagonaledenktweiter gemacht. Einfach weil es uns wichtig war, auch die soziale Komponente mit hinein zu bringen. Das beginnt dann bei den Produktionsbedingungen für die Merchandiseprodukte geht aber auch über in Fragen der Festivalgestaltung. So auch die gerechte Entlohnung im Rahmen des Möglichen. Zusammengefasst kann man sagen: #diagonaledenktweiter legt verstärkt einen Blick auf die sozialen Aspekte im Rahmen eines Festivals.

Wofür soll diese Initiative stehen?

Was es nicht sein soll ist ganz klar – es soll keine Fahne sein, die wir voran tragen und es kann auch nicht sein oder beziehungsweise finden wir das immer bedauernswert, wenn solche Initiativen Inhaltliches dominieren. Die Diagonale ist ein Filmfestival, in dem Fall das Festival des österreichischen Films und im Zentrum stehen die Filme und bei diesen Filmen gibt es (mit der Ausnahme der historischen Specials) keinerlei inhaltliche Vorgaben, wird es auch in Zukunft nicht geben und würde auch keinen Sinn machen. Das aber wiederum heißt nicht, dass solche Filme nicht im Programm sind, denn der österreichische Film ist ein sehr kritischer und da gibt es immer wieder Filme, die diese Themen aufgreifen. Wenn ich jetzt an die aktuelle Jahresproduktion denke, dann wäre Bauer unser beispielsweise so ein Film.

Das Gartenbaukino hat zu unserer Freude unsere Aktivitäten beobachtet und beschlossen, in Wien in ihrem Kino das Bewusstsein für Nachhaltigkeit zu steigern. Die Frage war, ob sie das Label übernehmen können von #diagonaledenktweiter zu #kinodenktweiter, was uns natürlich sehr freute. Dabei haben wir uns auch zusammengesetzt und geschaut wo es Synergien gibt, wo kann man zusammenarbeiten, wo kann man Erfahrungen austauschen und ich glaube dieser Erfahrungsaustausch ist ein wichtiger Teil des Ganzen.

UNTITLED - der Eröffnungsfilm; credits Filmladen Lotus Film

UNTITLED – der Eröffnungsfilm. Bild: Filmladen Lotus Film

Das Wissen soll über traditionelles Handwerk sowie auch kreatives Potential weitergeben werden. Wie können wir uns das vorstellen?

Es soll weniger über Film auf der Leinwand als eher an der Arbeit am Festival statt finden. Beim Handwerk geht es darum, dass unsere Marketing- und Sponsoringabteilung ganz bewusst mit Betrieben aus der Steiermark und im besonderen in Graz zusammen arbeitet. Dazu muss man sagen, dass die Diagonale seit 20 Jahren in Graz statt findet. Und auch in dem Sinne ist Graz der bestmögliche Standort, weil es dort einfach wahnsinnig viele junge und alte, kreative und traditionellere Handwerksbetriebe gibt, die diese Zusammenarbeit ermöglichen. Ich meine jetzt nicht das Handwerk im klassischen Sinn, sondern das beginnt bei den Produzenten unserer Apfelchips, die dann für den Signature-Drink bei der Bar am Abend relevant sind und hört auf bei den Festivaltaschen, die von einem Unternehmen in Graz gemacht werden und in Slowenien zum Teil genäht werden. Aber alles quasi so, dass es nachvollziehbar ist und dass es sich am Schluss in dieses Gesamtkonzept einfügt.

Beim anderen Aspekt geht es sehr stark um den unprätentiösen Austausch miteinander. Also wirklich den Wissenstransfer als gelebte Chance zu sehen. Festivals in Österreich sind im internationalen Vergleich doch nicht allzu groß, das heißt man ist gut beraten hier sehr viel auf Wissenstransfer zu setzen, auf Teamwork, auf Zusammenarbeit. Auf all diese Dinge, die man jetzt in der New Economy mit spektakulären Worten beschreibt, die aber hier in der Kulturszene eigentlich schon längst üblich sind, aus einer Notwendigkeit heraus. Diese Dinge nicht nur aus einem Zwang heraus zu tun, sondern aktiv das Potential darin zu entdecken, das ist glaube ich damit gemeint.

Ein Punkt zum Beispiel wäre, dass die Diagonale nicht das ganze Team über das ganze Jahr hinweg beschäftigen kann, deshalb gibt es innerhalb der Festivals in Österreich einen Durchlauf, einen Transfer – einen “positiven Braintrain”, wenn man so will – Leute die bei einem Festival arbeiten, dann beim nächsten dabei sind und so weiter. Diese gegenseitige Solidarität ist letztlich auch Grundvoraussetzung um Festivals, wie sie in Österreich aufgestellt sind, stattfinden zu lassen.

Vielen Dank für das Interview!