Der Begriff „Nachhaltigkeit“ ist in aller Munde. Aber was verbirgt sich eigentlich für eine Geschichte dahinter? Ich bin der sprachwissenschaftlichen Bedeutung auf den Grund gegangen. Alle Wege führen in die Forstwirtschaft. Und zwar die Forstwirtschaft um die Jahrhundertwende zum 17. Jahrhundert. Hans Carl von Carlowitz schrieb mit dem Werk „Sylvicultura oeconomica, oder haußwirthliche Nachricht und Naturmäßige Anweisung zur wilden Baum-Zucht“ im Jahr 1713 Nachhaltigkeitsgeschichte, denn er verwendete den Begriff zum ersten Mal.

Noch heute gibt der Duden (Deutsches Universalwörterbuch, 7. Auflage von 2011) Aufschluss über den forstwirtschaftlichen Ursprung in seiner Begriffserklärung. Denn neben der ersten Option „längere Zeit anhaltende Wirkung“ bezieht sich das Nachschlagewerk auch auf von Carlowitz und definiert Nachhaltigkeit als ein „forstwirtschaftliches Prinzip, nach dem nicht mehr Holz gefällt werden darf, als jeweils nachwachsen kann“. Erweitert wurde der Begriff um eine zusätzliche Nuance, denn man erhob ihn allgemein zu einem „ökologischen Prinzip, nach dem nicht mehr verbraucht werden darf, als jeweils nachwachsen, sich regenerieren, künftig bereitgestellt werden kann“.

Rückhalt für Notzeiten

Ursprünglich ist das Adjektiv „nachhaltig“ eine Ableitung vom veralteten deutschen Wort „Nachhalt“. Dies steht für etwas, das man für Notzeiten zurück behält, für einen Rückhalt. Das berühmte Grimm’sche Wörterbuch gibt im siebten Band aus dem Jahre 1889 verschiedene Beispiele aus der Literatur, in denen der Begriff verwendet worden ist. „In jenen Tagen des Festes hab’ ich mich, wie ich nicht läugnen will, männlicher benommen als kräfte nachhielten“, schrieb ein gewisser Herr „Göthe“ demnach einst an Zelter; „wie leicht geht barschaft ohne nachhalt zugrunde“, heißt es bei Benzel-Sternau dort; „er schien nunmehr zum ersten mal zu merken, dasz er äuszerer hülfsmittel bedürfe, um nachhaltig zu wirken“, wird Gotthelf andernorts zitiert.

Der Brockhaus von 2006 (21. Auflage) geht in seinem Band 19 sehr viel ausführlicher auf den ökologischen Aspekt ein. Eine ganze Seite widmet das Werk dem Begriff der „nachhaltigen Entwicklung“. Hier tauchen vor allem zwei Wörter immer wieder auf: „dauerhaft“ und „gerecht“. Im Kern geht es also immer wieder darum, ein Gleichgewicht zu schaffen, das die Ressourcen dauerhaft schont, so dass eine fortlaufende Nutzung gewährleistet ist. Lebenschancen nachfolgender Generationen sollten hierdurch nicht gefährdet, sondern im Gegenteil geschützt werden. Ebenfalls im Brockhaus zu finden sind Beispiele in der Anwendung des Nachhaltigkeitsprinzips im allgemeinen globalen Zivilisationsprozess sowie auch die Anmerkung, dass das Wort „Nachhaltigkeit“ in seiner zu ungenauen Bedeutung auch kritisiert werde. Der Begriff an sich ist demnach zu unklar gefasst, so dass er Angriffsfläche bietet, steht da zu lesen. Mir persönlich scheint, dass vor allem der Aspekt der Gerechtigkeit bisweilen aus dem Blick gerät.

Vielseitigkeit

Doch was das Nachschlagewerk als eine mögliche Angriffsfläche definiert, sehe ich ebenso als Stärke an. Entscheidend ist eben der Kontext, in dem der Begriff eine Rolle spielt. Schwammigkeit und Vielseitigkeit sind vielleicht einfach nur zwei Seiten einer Medaille. Mein heißgeliebtes Synonymlexikon Woxikon jedenfalls hat gleich einen ganzen Korb an alternativen Wortbedeutungen für „nachhaltig“ parat. Zumindest sprachlich können wir da aus dem Vollen schöpfen. Hier nur eine Auswahl: tiefgreifend, effektiv, dauernd, gravierend, sichtbar, einschneidend, wirksam, eindrucksvoll, stet, auffallend, beträchtlich, erheblich,… und vieles mehr!