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Kategorie: Grün im großen weißen Norden

Grün im großen weißen Norden – Niagarafälle und mein (Zwischen-) Fazit

Ende Juli bin ich von meinem halbjährigen Aufenthalt in Kanada wieder nach Europa zurück gekehrt. Da sich mit meiner Rückkehr gleichzeitig auch viele andere Aspekte in meinem Leben verändert haben,…

Ende Juli bin ich von meinem halbjährigen Aufenthalt in Kanada wieder nach Europa zurück gekehrt. Da sich mit meiner Rückkehr gleichzeitig auch viele andere Aspekte in meinem Leben verändert haben, hat sich mein Fazit zu Kanada etwas verzögert. Es hat mich zunächst ein wenig geärgert, hat mir aber den Raum zur Reflexion gegeben. Außerdem kann ich die kalten Herbsttage nun mit warmen Sommerbildern auffrischen.

An meinen letzten Tagen habe ich die Niagarafälle, London in Ontario und Niagara on the Lake besucht. Ich habe zusammen mit Freunden ein Auto gemietet und wir sind frühmorgens zu Niagara on the Lake aufgebrochen. In dem idyllischen Ferienort angekommen, saßen wir zunächst am ruhigen See, auf dem die Morgensonne glitzerte, und haben unser mitgebrachtes Frühstücksporridge genossen.

London Ontario

Niagara on the Lake ist ein friedliches Nest, das nördlich der Niagarafälle liegt und ein typischer Ferienort zu sein scheint. Wir erkundeten die Straßen und Grünanlagen ausgiebig, bevor wir uns weiter zum nächsten Halt aufmachten – die Niagarafälle. Ich hatte nicht allzu viel erwartet, da mir bereits berichtet worden war, dass die Fälle sehr touristisch sind. Dennoch war ich von der Lieblosigkeit des Ortes etwas geschockt. Kalte Betonbauten, leerstehende Geschäfte und nur wenig Grün waren zu sehen, als wir aus dem Auto stiegen. Aber wir haben uns nicht lange im Ort aufgehalten und sind gleich zu den Fällen gelaufen, die leider auch direkt an einer vierspurigen Straße liegen.

Die Fälle selbst waren aber einzigartig beeindruckend. Der Wasserdampf sprühte bis zu uns hoch und fiel als sanfter Regen auf uns hinunter. Das Geräusch, das die schieren Wassermengen verursachten, hatte ich so noch nie gehört. Niagara bedeutet in der Sprache der Ureinwohner „donnerndes Wasser“. Es war ein wunderschönes Naturspektakel, selbst wenn um die Fälle herum nicht sehr viel Natur gewahrt wurde. Die breite Fläche von Wasser, die auf einmal von einer Höhe über 58 Meter auf eine tiefere Höhe verlagert wird, war wirklich atemberaubend.

Wir setzten uns auf die Wiese neben den Fällen und picknickten wieder, dieses Mal ein Chili con Soja zum Mittagessen. Schließlich ging es weiter nach London in Ontario, wo wir über Nacht blieben und im Garten einer meiner Freunde frischen Knoblauch, Radieschen und Rhabarber ernteten. Diese Leckereien wurden im Abendessen und im nächsten Frühstück verarbeitet. Bittersüß waren diese Tage, denn sie waren wunderschön, aber es waren meine letzten.

Wenn ich an Toronto zurück denke, ist meine erste Regung, dass ich die Stadt vermisse. Nicht nur, weil ich hier wunderbare Menschen getroffen habe und mich dort zu Hause gefühlt habe, auch weil mir die zahlreichen Parks in der Stadt gefallen haben, die Potluck-Kultur und der alternative Flair, die vielen veganen Restaurants zu unglaublich günstigen Preisen, die lokalen Märkte, meine biologische Food-Coop und die Möglichkeit in „bulk“ ohne Verpackungen einzukaufen.

Kensington-Market

Die Potlucks haben mir besonders gut gefallen. Das Konzept funktioniert so, dass man sich gemeinsam zu einem Picknick, auf einem Festival oder bei jemanden zu Hause trifft und jeder bringt etwas zu essen mit. So ist kostengünstig auf einmal ein leckeres Buffet gezaubert und man lernt oft neue Rezepte und Gerichte kennen.

Ich war in Toronto auf veganen Potlucks, DIY workshops, einer Demonstration, auf gratis Musikfestivals und einem Outdoor-Yoga-Festival. Ich lag am Strand, war im Lake Ontario schwimmen und auf ihm segeln. Ich habe über Pflanzensamenbanken zur Artenvielfalterhaltung gelernt, über die Sprossenzucht, biologischen Gartenanbau und Food-Coops. Mein grüner Horizont hat sich in Toronto auf jeden Fall erweitert.

YogaFestival

Natürlich gibt es in Kanada auch Schattenseiten. Besonders die Genehmigung von genmanipulierten Nahrungsmitteln und der Hormonbehandlung von Tieren empfinde ich als extremes Defizit, auch wenn ich damit durch meine vegane Ernährung und den Einkauf bei meiner Food-Coop weitestgehend persönlich nicht in Berührung gekommen bin. Auch habe ich das Gefühl, dass die Take-out- und To-go-Kultur in Kanada noch stärker verbreitet war, als in Deutschland.

Ist Kanada also grüner als Europa? In manchen Aspekten ja, in anderen nein, aber schlussendlich kommt es darauf an, was man selbst daraus macht.

Ich habe mich während meines Aufenthalt in das Land und die Stadt verliebt und freue mich darauf, im nächsten Jahr die Nationalparks dort zu erkunden und endlich einen Kolibri zu sehen. Eventuell gehe ich nämlich zurück.

Toronto

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Grün im großen weißen Norden – Fauna und Flora

Bereits in der Abizeitung wurde ich zum „Öko der Stufe“ gewählt. Irgendwie war das ein Image, das ich schon sehr früh an mir haften hatte, obwohl ich mich erst seit…

Bereits in der Abizeitung wurde ich zum „Öko der Stufe“ gewählt. Irgendwie war das ein Image, das ich schon sehr früh an mir haften hatte, obwohl ich mich erst seit einigen Jahren wirklich verstärkt mit Nachhaltigkeit auseinandersetze. Heute ist mein Öko-Dasein eigentlich kaum mehr zu verbergen, aber im Gegensatz zu damals schäme ich mich dafür auch nicht mehr. Für mich ist es kein Problem mehr, wenn mich die Leute als „Öko“ oder „treehugging Hippie“ bezeichnen. Irgendwie ist es für mich sogar ein Kompliment. Denn diese Werte sind mir wichtig. Und eben genau dieser „treehugging“-Aspekt, oder auf Deutsch „das Baumknutschen“, gehört für mich ganz integral zu meinem Erleben von Nachhaltigkeit.

Das bedeutet nicht, dass ich tatsächlich Bäume knutsche (wobei, umarmt werden sie doch hin und wieder), sondern vielmehr im übertragenen Sinne, dass ich die Natur unglaublich liebe und wertschätze. Ich finde es immer wieder faszinierend, die Schönheit dieses Planeten zu erleben und mich eins mit ihm zu fühlen. Dieses Erleben ist auch ein Stück Achtsamkeit. Wenn ich einen Vogel über das Gras hüpfen sehe, wenn ich anmutige Berghänge oder Knospen erblühen sehe, dann weiß ich jedes Mal, dass das Leben schön ist und dass ich diesen Planeten und seine Lebewesen schützen möchte.

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Bevor ich nach Kanada gegangen bin, war ich deshalb natürlich sehr neugierig auf die Fauna und Flora, auf die ich treffen würde. Leider muss ich sagen, dass ich bisher noch in keinem Nationalpark war und keinen Bären oder Elch getroffen habe. Ich musste feststellen, dass man die Parks ohne Auto quasi kaum erreichen kann. Ein Bus fährt nur sehr selten und passt dann überhaupt nicht in meine Arbeitswoche hinein. Aber bislang habe ich die Hoffnung nicht aufgegeben, doch noch in die große Wildnis auszureißen.

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Bis dahin erkunde ich die kleineren Naturgebiete, die um und in Toronto liegen. Auf den kleinen Ausflügen habe ich die Schönheit dieser Erde getroffen. Am meisten freue ich mich natürlich über die Tiere, die es bei uns nicht oder kaum gibt. So habe ich mich bereits zweimal wie ein kleines Kind gefreut, als auf einmal ein Waschbär vor mir auf den Bürgersteig hopste. Ein weiterer Favorit sind die kleinen Streifenhörnchen, die ich im High Park getroffen habe.

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Eichhörnchen gibt es bei uns zwar auch, aber nicht in diesem Ausmaß. Ich sehe hier jeden einzelnen Tag mindestens fünf Eichhörnchen. Hier in Kanada sind sie schwarz oder braun und etwas größer als bei uns.

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Für die Kanadier sind sie wohl ähnlich wie Tauben, aber ich freue mich jedes Mal immer noch unglaublich über die putzigen kleinen Tiere, die mir einen Moment des Tages versüßen. Auch interessante Vögel gibt es hier, die ich nicht kenne. Unter anderem habe ich eine kleine Art des Spechts gesehen.

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In einigen Gebieten, in denen ich unterwegs war, gibt es Koyoten, aber leider habe ich bisher noch keinen zu Gesicht bekommen.

Aber nicht nur über die Tiere, sondern auch über die Natur generell freue ich mich. Letztes Wochenende habe ich eine zweistündige Fahrradtour durch die kleinen Bachtäler von Toronto zu den Scarborough Bluffs gemacht. Die Bluffs sind ein 14 Kilometer langer Klippenstreifen, der sich am östlichen Rand der Greater Toronto Area entlang zieht. Als ich dort am Abhang stand, hatte ich das Gefühl, ich wäre am Meer.

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Einige weitere Bilder, die ich bei meinen Ausflügen geschossen habe, möchte ich an dieser Stelle ohne viele Worte mit euch teilen, und hoffe, dass ihr mit mir die Schönheit unserer Welt spüren könnt. Genießt ihr die Natur um euch herum auch so sehr? Wo seht ihr die Schönheit in diesem Planeten?

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Grün im großen weißen Norden – Wychwood Farmer’s Market

Ich habe ein Ritual. Jeden Samstagmorgen stehe ich auf und laufe mit einer Freundin etwa 15 Minuten zum Wochenmarkt. Der Whychwood Farmer’s Market in Toronto hat sein Zuhause in einer…

Ich habe ein Ritual. Jeden Samstagmorgen stehe ich auf und laufe mit einer Freundin etwa 15 Minuten zum Wochenmarkt. Der Whychwood Farmer’s Market in Toronto hat sein Zuhause in einer alten Straßenbahnhalle, die heute für unterschiedliche Gemeinschaftsprojekte genutzt wird. Eines davon ist der Markt. Ein weiteres Projekt ist ein Gemeinschaftsgarten, der sich draußen neben der Halle befindet. Der Ertrag aus diesem Projekt wird unter anderem auf dem Wychwood Markt verkauft.

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Wenn wir die Halle betreten sind wir umgeben von brummendem Leben. An den beiden gegenüberliegenden Enden der Halle spielen jede Woche unterschiedliche Musiker. Ob Gitarre, Kontrabass, Hang, Geige oder Trommel – ich habe schon vieles gesehen. Große Kinderaugen blicken fasziniert auf die Instrumente oder tanzen zu der Musik. Doch die Instrumente sind nicht die einzigen Geräusche in dem emsigen Bienenstock. Man hört die Leute lachen und plaudern, hört Tofu in der Pfanne brutzeln oder den Blender einen neuen Smoothie zubereiten. Die Halle ist gefüllt mit Leben.

Für mich ist der Markt eine der besten Möglichkeiten einzukaufen. Die Produkte, die angeboten werden, sind regional und saisonal, ein Großteil biologisch. Zusätzlich ist der Einkauf dort aber auch einfach unglaublich persönlich. Jede Woche treffe ich dort dieselben Menschen und weiß, dass sie das Gemüse mit angebaut haben. Es ist eine ganz andere Begegnung mit meinen Lebensmitteln im Vergleich zur unpersönlichen Massenware im Supermarkt.

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Aber neben Grünkohl, gelben Möhren und Pastinaken gibt es hier auch fertige Speisen. Drei Backstände verkaufen Brot und Brötchen, weitere bieten Desserts an. Besonders schön ist, dass es dabei eine große vegane und rohköstliche Auswahl gibt. Außerdem werden grüne Smoothies, selbst eingelegtes Gemüse oder selbst gemachtes Apfelkompott, Kichererbsen-Tempeh und andere Leckereien angeboten. Der Markt ist also nicht nur zum Einkaufen von Gemüse, sondern auch zum Essen geeignet. Selbst wenn ich manchmal nicht viel kaufe, ist der Besuch jedes Mal ein schönes Erlebnis, weil die Atmosphäre dort so lebhaft und positiv ist. Jeden Besuch beim Wychwood Market runde ich mit einem glutenfreien und veganen Blueberry-Streusel Mini-Muffin ab. Der schmeckt wirklich magisch gut und ich nehme mir jedes Mal vor, das Geheimnis in meiner eigenen Küche zu lüften.

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Zufrieden laufen wir wieder nach Hause und freuen uns darüber, dass seit dieser Woche der Frühling auch endlich bei uns angekommen ist. Eine kleine Fahrradtour zum See beweist: Auch dieser ist mittlerweile aufgetaut.

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Grün im großen weißen Norden: Anhaltende Kälte und Erfahrung mit Meetup

Als wollte Kanada mir zeigen wie kalt es hier sein kann, gibt der Winter das Land nicht für den Frühling frei, sondern hält es weiterhin mit kalten Temperaturen in seinem…

Als wollte Kanada mir zeigen wie kalt es hier sein kann, gibt der Winter das Land nicht für den Frühling frei, sondern hält es weiterhin mit kalten Temperaturen in seinem eisernen Griff. Noch immer sind Schal, Mütze und Handschuhe oberste Pflicht, wenn ich das Haus verlasse; immer noch muss ich mich mindestens dreimal am Tag eincremen und habe trotzdem trockene Haut; und noch immer warten wir alle sehnlich auf die Knospen an den Ästen und stabile Plusgrade. Mittlerweile haben auch die Kanadier genug von der Kälte und jeder, den ich treffe, erzählt mir, dass der Winter hier noch nie so lange angedauert hat. Bei diesen Temperaturen spielt sich das Leben nach wie vor hauptsächlich drinnen ab. Doch das bedeutet nicht, dass man alleine zu Hause hocken muss. Ich habe in der letzten Zeit verschiedenste Dinge erlebt. Eines davon war ein Meetup Treffen.

Meetup ist eine globale Plattform, die Menschen die Möglichkeit bietet, sich zu vernetzen. Doch dabei geht es nicht um eine rein digitale Vernetzung, wie beispielsweise bei Facebook, Twitter und anderen sozialen Medien. Meetup möchte echte menschliche Begegnungen fördern und den Zusammenhalt von örtlichen Gemeinden stärken. In insgesamt 196 Ländern gibt es Meetup Gruppen zu allen möglichen Interessenbereichen. Man kann per Suchfunktion nach interessanten Gruppen stöbern oder ganz einfach eine eigene erstellen. Die Leiter einer Gruppe erstellen Termine für Treffen, beispielsweise gemeinsame Restaurantbesuche, Leseabende oder Ausflüge. Per Mausklick kann man sich eintragen und so Teil des nächsten Treffens werden.

Ich hatte vor meinem Aufenthalt in Kanada noch nie von Meetup gehört, obwohl diese Gruppen auch in vielen deutschen Städten existieren. Als ich vor einiger Zeit darauf stieß, machte ich mich gleich auf die Suche nach potenziell interessanten Gruppen. Es erschien mir eine gute Möglichkeit, Leute und neue Seiten der Stadt kennen zu lernen sowie sich über Themen auszutauschen, die mich interessieren. Ich suchte mir ein paar Gruppen zu den Themen vegane Lebensweise, Nachhaltigkeit, Meditation und gesunder Lebensstil und habe mich für einige Treffen eingetragen. Letzte Woche war ich bei meinem ersten Treffen der Gruppe Healthy Lifestyle. Der Treffpunkt war fresh, eine kleine vegetarische Restaurantkette mit vielen veganen Gerichten. Wir waren insgesamt zu siebt und studierten begeistert die leckere und vor allem größtenteils sehr gesunde Speisekarte. Das Essen war gut und ein Gesprächsthema reihte sich an das nächste.

MeetUp

Ich fand es schön, mich mit Fremden zu treffen, die dennoch alle ein gemeinsames Interesse haben. Ich habe sehr verschiedene Menschen kennen gelernt und Gespräche über gesundes Essen, Ernährungsweisen, Reisen, das Gesundheitswesen, biologischen Gartenanbau und über Fahrradfahren und die Relevanz von Helmen, Lebensmittelverschwendung und Unterschiede zwischen Europa und Kanada geführt. Nicht zuletzt hat auch das leckere Essen seinen Teil zu einem runden und bereichernden Abend beigetragen.

Morgen gehe ich zu einem veganen Brunch-Meetup einer anderen Gruppe. Auch darauf freue ich mich schon. Ich denke, dass beides einen Reiz haben kann. Es ist schön, interessante Gespräche mit fremden Menschen zu führen. Genauso schön stelle ich es mir aber vor, sich öfter mit der gleichen Gruppe zu treffen und eventuell sogar kleine Projekte auf die Beine zu stellen oder einfach nur eine entspannte Zeit miteinander zu verbringen. Man wagt sich also trotz der andauernden Kälte nach draußen; auch wenn sich diese Dinge zunächst noch vorwiegend drinnen abspielen. Aber der Frühling kommt bestimmt.

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Grün im großen weißen Norden: Einkaufen und Essen gehen

Wenn man für einige Zeit an einem Ort gelebt hat, weiß man, wo man seine Naturkosmetik und seine Lebensmittel herbekommt. Man kennt die Bio-Märkte, die veganen Restaurants, Aktivistengruppen und Foodshare-Möglichkeiten…

Wenn man für einige Zeit an einem Ort gelebt hat, weiß man, wo man seine Naturkosmetik und seine Lebensmittel herbekommt. Man kennt die Bio-Märkte, die veganen Restaurants, Aktivistengruppen und Foodshare-Möglichkeiten in seiner Gegend und weiß, wo es gute Secondhand-Läden oder ökologische Kleidung gibt. So war es auch für mich. Ich hatte mir eine kleine grüne Karte in meinem Kopf gebastelt. Doch mit meinem Umzug nach Toronto stand ich wieder vor einer Tabula Rasa. Ich wusste nicht, wie die Supermärkte und Einkaufsmöglichkeiten hier aussehen und wie verbreitet biologische und vegane Produkte sind. Zumal ist die Stadt so riesig, dass man sich nicht einfach schnell einen Überblick verschaffen kann.

Wie bin ich also vorgegangen? Zuallererst habe ich mir die gewöhnlichen Supermärkte angesehen. Das sind hier in Kanada vor allem No Frills und Loblaws. Ich hatte bereits erwartet, dass in Amerika alles etwas größer sein würde. Aber ich war dennoch beeindruckt, wie riesig die Supermärkte hier sind. Besonders geschockt war ich über die Obst- und Gemüseabteilung. Dort gibt es Erdbeeren, Heidelbeeren, Wassermelonen und anderes Sommerobst in Hülle und Fülle. Ich weiß, dass in Deutschland auch oft außer-saisonales Obst angeboten wird, doch hier scheint es wesentlich extremer. Man bekommt das Gefühl, als sei es ganz normal, dass man jetzt Erdbeeren kaufen kann. Das vegane sowie Bio-Angebot im „kleineren“ Supermarkt No Frills geht gegen Null. Loblaws bietet hingegen mehr an. Generell bin ich aber kein Freund großer Supermarktketten und so recherchiere ich nach Bioläden und Biomärkten. Ich suche gezielt nach einer Lebensmittelkooperative und stoße auf Karma Co-op.

Karma ist der Zusammenschluss vieler einzelner Personen zum gemeinsamen Einkaufen. Die Kooperative ist nicht auf wirtschaftlichen Gewinn aus und wird durch ihre Mitglieder geführt. Dafür, dass man seinen Teil zur Kooperative beiträgt, indem man zwei Stunden im Monat arbeitet, kann man dort relativ günstig einkaufen. Karma kauft seine Produkte direkt von Bauern und achtet auf ein regionales, biologisches, Gentechnik-freies Angebot. Letzterer Punkt ist hier viel relevanter als in Europa, denn Gentechnik ist hier erlaubt. Das Tolle ist, dass sie viele Produkte aus Großpackungen direkt verkaufen. Man kann sich ein Glas mitbringen und beispielsweise sein Olivenöl aus dem großen Container abfüllen. Auf diese Weise wird sehr viel Müll vermieden, was ich super finde. Außerdem bietet Karma auch Naturkosmetik und viele vegane Produkte an. Im Bezug auf Lebensmittel bin ich also sehr gut ausgestattet. Da der Laden etwas weiter weg ist, versuche ich mich mit einem Wocheneinkauf auszustatten.

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Doch wie ist es mit Restaurants oder Second-Hand-Läden? Generell gehe ich nicht sehr oft essen, aber ab und zu ist es eben doch ganz nett. Deshalb wühle ich mich erneut durch das Internet auf der Suche nach veganen Restaurants. Ich stelle mit einem strahlenden Gesicht fest, dass es hier sehr viele vegetarische und vegane Restaurants gibt. So viele, dass ich fast Lust bekomme, sie alle auszuprobieren. Von Feel Good Guru habe ich ja bereits in meinem ersten Kolumnenbeitrag berichtet. Bisher war ich nur dort und in einem anderen Restaurant, welches auch sehr lecker war. Ich habe das Gefühl, dass die vegane Küche in Toronto generell Wert auf einen hohen Rohkostanteil und gesunde Zutaten legt. Das sagt mir sehr zu und ich bin gespannt noch andere Restaurants auszuprobieren. Auch bei meiner Suche nach Second-Hand-Läden oder biologischer Kleidung hilft mir das Internet weiter. Nachhaltige Mode scheint in Kanada, obgleich vorhanden, nicht ganz so verbreitet zu sein wie in Deutschland. Allerdings habe ich einen Second-Hand-Laden bei mir in der Nähe gefunden, bei dem ich mir gleich noch ein wenig Winterkleidung gekauft habe.

Langsam strecke ich also meine Fühler aus und bastle mir wieder meine kleine grüne Karte. Diesmal allerdings nicht nur im Kopf, denn dafür ist mir Toronto zu groß und ich zu wenig vertraut mit der Umgebung. Deshalb habe ich auf meiner Stadtkarte alle wichtigen Anlaufstellen markiert. Eine kleine Internetrecherche ist eine große Hilfe um sich schnell in einer Stadt zurecht zu finden. Dennoch lasse ich mich auch gerne treiben und erkunde ohne Kartenmaterial. Auf diese Weise habe ich schon einige schöne Orte gefunden.

Bereitet ihr euch auch auf einen Aufenthalt in einer neuen Stadt durch Recherche vor? Was sind eure Erfahrungen nach einem Umzug? Lebt ihr euch schnell ein?

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Grün im großen weißen Norden: Kalter Winter und warme Schokoladenerlebnisse

Kanada hatte es mir für den Anfang leicht gemacht. Die ersten beiden Tage meines Aufenthalts waren sehr mild, doch dann hatte der Winter meine Eingewöhnungsphase für lang genug befunden und…

Kanada hatte es mir für den Anfang leicht gemacht. Die ersten beiden Tage meines Aufenthalts waren sehr mild, doch dann hatte der Winter meine Eingewöhnungsphase für lang genug befunden und blies mit kräftigen Stößen Kälte und Schnee in das Land. Wenn es draußen schneit, ist das Fortkommen kaum möglich. Ich laufe konstant auf 20 cm platt getretenem Schnee und habe somit einen völlig unebenen Boden unter den Füßen. Zudem bläst einem mit etwas Pech der Schnee mitten ins Gesicht, sodass man nur nach unten schauen und hoffen kann, dass der Wind bald seine Richtung ändert.

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Genauso sahen die nächsten Tage meiner ersten Woche aus, aber stur wie ich bin, wollte ich trotzdem die Stadt erkunden. Gewappnet mit einem bis zur Nase hoch gezogenem Schal, Handschuhen und einer warmen Mütze zog ich los und erkundete die Straßen. In all seiner Härte ist der Winter auch wunderschön und lässt einen vor lauter zarter Anmut manchmal bloß staunen. Ich finde, Schnee bringt irgendwie jedes Mal wieder das Kind in einem zum Vorschein. Geht euch das auch so?

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Natürlich hatte ich mir ein paar interessante Anlaufstellen heraus gesucht, doch über die schönsten Dinge stolpert man meistens per Zufall. So erging es mir auch mit ChocoSol, ein kleiner unscheinbarer Laden, der mir das beste Schokoladenerlebnis meines Lebens bescheren sollte. ChocoSol ist ein kleiner handwerklicher Schokoladenbetrieb, der einen ganz besonderen sozialen Handel betreibt und Nachhaltigkeit sowie Qualität auf eine sehr hohe Stufe stellt. ChocoSol erhält den Kakao sowie verschiedene Gewürze direkt von Ureinheimischen des Urwaldes Selva Lacandona und den Bergen in Süd-Mexiko. Einer der Unternehmer von ChocoSol, Michael Sacco, hatte dort für eine Weile lang mit den Einheimischen zusammen gearbeitet und über den Kakaoanbau und dessen Weiterverarbeitung gelernt. In dieser Zeit entstand die Idee für ChocoSol. Der heutige Handel basiert also nicht nur auf geschäftlichen Interessen, sondern auf reziproken Beziehungen des gegenseitigen Lernens und vor allem Freundschaft.

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Im Schatten des Urwalds wird der Kakao angebaut und zwar in einer symbiotischen Beziehung zu anderen Pflanzen, die auch für die Schokolade verwendet werden. Die Valentinsschokolade, die man beispielsweise momentan kaufen kann, enthält Kakao, Vanille und Annatto. Der Annattostrauch (auch Lippenstiftbaum genannt) spendet den Kakaobohnen Schatten und der Kakao wiederum bietet der Vanille eine Gelegenheit zum Klettern (eventuell habe ich die Funktionen der Pflanzen vertauscht). So sind die drei Zutaten nicht nur im fertigen Produkt, sondern bereits während ihres Wachstums in perfekter Symbiose.

Die gesamte Herstellung findet in dem kleinen Laden in Toronto statt. Der Prozess von der Kakaobohne und anderen natürlichen Zutaten bis hin zur fertigen Schokolade dauert in etwa zweieinhalb Tage. Das Chocolatier-Team von ChocoSol verwendet traditionelle Verarbeitungstechniken für die Kakaobohnen. So kann man in der Küche beispielsweise ein Stein-Mahlwerk sehen. ChocoSol setzt auf Lokalität, möglichst geringe Verarbeitung, natürliche Zutaten, verschiedene Arten von Kakaobohnen und traditionelle Methoden. So ist die Schokolade auch zu 100% vegan.

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Das Produkt, das dabei herauskommt, ist einzigartig gut. Ich muss ungelogen sagen, dass es die beste Schokolade ist, die ich je gekostet habe. Durch das Verarbeitungsverfahren kann man die Konsistenz der Zutaten erkennen. Sie hat etwas erdiges, natürliches. Der Geschmack ist voll, rund und wirklich unbeschreiblich gut. Neben der oben beschriebenen Geschmacksrichtung gibt es auch Schokolade mit Chili, eine mit Hanf, eine mit Kokos und sogar eine hundertprozentige Schokolade, die aber trotzdem eine Tafel ist.

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Der letzte Aspekt, der ChocoSol für mich zu einem besonderen Unternehmen macht ist der Gedanke der Nachhaltigkeit. Die Firma führt eine Zero-Waste Politik und möchte ihren Müll damit nahe bei Null halten. Die Kunden werden dazu eingeladen, selbst Behälter mitzunehmen, in die die Schokolade gepackt werden kann. Die Schalen der Kakaobohnen werden zum einem als sehr leckerer Tee verkauft, zum anderen dienen sie als äußerst effektiver Dünger im Garten. Alle anderen Pflanzenreste, die anfallen, wie etwa Minze, Chili und Kokos werden zusammen gemischt und auf dem Garagendach wieder angebaut oder an freudige Gärtner weitergegeben. Natürlich muss man den Kakao hierher transportieren, was unweigerlich mit CO2-Emissionen einhergeht. Aber vielleicht können wir Kakao in Maßen genießen.

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ChocoSol hat auf jeden Fall etwas von dem magischen Maya-Geist, der ihrer Schokolade innewohnt. In dem Laden geht es nicht um Kommerz, sondern um das Zelebrieren einer Gottesfrucht, die von den Azteken als heilig erachtet wurde. Und mir? Mir spendet die edle Schokolade in dieser kalten Zeit innere Wärme. Und ich bin inspiriert von der Arbeitsweise und wünsche mir, dass sich solche Unternehmensideen weiter verbreiten in unserer Welt. Beim nächsten Mal berichte ich euch von einer Food-Coop, von der ich jetzt ein Teil bin.

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Grün im großen weißen Norden

Ankunft, Shopping-Unlust und Feel Good Guru Und auf einmal stehe ich da. Soweit entfernt von zu Hause wie noch nie zuvor, verwirrt durch den Jetlag und mit einem schlechten Gewissen…

Ankunft, Shopping-Unlust und Feel Good Guru

Und auf einmal stehe ich da. Soweit entfernt von zu Hause wie noch nie zuvor, verwirrt durch den Jetlag und mit einem schlechten Gewissen wegen der Emissionen der Flugreise. Zielort Toronto erreicht. Hier werde ich also die nächsten sechs Monate verbringen. Ich hieve meinen schweren Koffer in den Bus, nachdem ich zuvor planlos am Flughafen nach der Haltestelle gesucht hatte. Erleichtert lasse ich mich auf den Sitz fallen und bin froh, bald angekommen zu sein. Die ersten Tage darf ich bei einer Freundin unterkommen, bis ich ein Zimmer gefunden habe. Als ich bei ihr eintreffe, möchte ich eigentlich nur noch ins Bett. Es ist erst 21 Uhr, aber nach deutscher Zeit drei Uhr morgens. Die ersten Stunden kann ich gut schlafen, doch ab vier Uhr morgens liege ich wach. Und während ich so da liege, denke ich darüber nach, wie mein Leben hier wohl werden wird. Ich denke an all die grünen Ecken, die ich in Toronto erkunden möchte. Die veganen Restaurants, von denen ich gelesen habe. Die biologische Food Coop, die Meditation, Community Gardening, biologische Märkte. Vor meiner Ankunft habe ich recherchiert, wo ich überall hin möchte. Als es fünf Uhr ist und ich immer noch nicht einschlafen kann, stehe ich auf. Der Jetlag wird sich über die nächsten Tage schon ausschleichen.

Der erste Tag startet und meine Freundin hat mir angeboten, dass wir gemeinsam über die Queen Street schlendern. Dort solle es viele kleine Läden geben, sagt sie. Ich stimme zu und wir laufen los. Zum Glück ist das Wetter derzeit sehr mild. Es sind bloß minus fünf Grad. Doch das soll sich in den nächsten Tagen ändern. Bis zur Queen Street laufen wir etwa eineinhalb Stunden. Als wir angekommen sind, zieht mich meine Freundin von Laden zu Laden. Ich hatte kleine alternative, lokale, vielleicht auch Second-Hand-Läden erwartet. Stattdessen handelt es sich um Kleiderläden, die teilweise relativ teure Designermode verkaufen. Ich stelle fest, wie wenig Reiz das „Shopping“ auf mich ausübt. Obwohl viele Sachen stark reduziert sind, habe ich keine Intention irgendetwas zu kaufen. Seit ich eine konsumreduzierende und nachhaltige Einstellung habe, hat sich irgendwie einiges geändert. Früher hätte ich neugierig in den Läden gewühlt und sicherlich etwas gekauft oder wäre zumindest in Versuchung geraten. Heute sehe ich die ganzen Ressourcen, die für dieses Kleidungsstück verwendet wurden, die Pestizide und Chemikalien, die unmenschlichen Produktionsumstände und die fehlende Notwendigkeit für noch einen weiteren Pullover. Ja, vielleicht werde ich im Laufe meines Aufenthalts noch etwas brauchen. Ich bin ja bloß mit einem Koffer nach Kanada gekommen und werde ein halbes Jahr hier verbringen. Aber wenn sich das herausstellt habe ich mir vorgenommen, nach einem Second-Hand Laden zu suchen oder nach einem Geschäft, das Bio-Kleidung verkauft. Trotzdem genieße ich den Tag. Die Sonne scheint, es macht mir nichts aus auf meine Freundin zu warten, ich erkunde die neue Umgebung und freue mich einfach, dass ich den Tag gemütlich verbringen kann.

Irgendwann entdecke ich auf der Straße dann doch einen Liebling. Es geht allerdings nicht um Kleidung, sondern um Essen. Als wir Feel Good Guru betreten, fühle ich mich sofort aufgehoben und verstanden. Schon der Untertitel hat mich voll und ganz überzeugt: „Hyper-local super-awesome organic plant-powered food“. Feel Good Guru ist ein veganes Imbisslokal, das seine Zutaten teils selbst im Garten und sogar im Lokal anbaut, und teils von lokalen Bauern bezieht. Das Unternehmen möchte so wenig Wasser und Müll wie möglich verbrauchen. Alle Zutaten sind biologisch und die Speisekarte ist weitestgehend rohköstlich, sehr grün und sehr gesund. Kurz gesagt also genau das Essen, das ich jeden Tag essen möchte. Neben unterschiedlichsten grünen Smoothies gibt es viele Salate, Gemüse-Spaghetti, Sprossen im Mangold-Wrap, rohköstliche Falafel, roh-vegane Desserts und vieles mehr. Ich bin hellauf begeistert und kann mich kaum entscheiden, weil einfach die gesamte Speisekarte gut klingt.

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Letztendlich wähle ich das Avocado-„Käse“-Sandwich. Klingt erst einmal nicht so gesund, oder? Tatsächlich besteht das Brot allerdings aus getrockneten Tomaten und Sprossen. Ich bin hin und weg. So etwas möchte ich auch machen können. Ich nehme mir vor, hierfür auf jeden Fall ein Rezept heraus zu finden. Aber wahrscheinlich benötigt man dafür ein Dörrgerät, womit man Essen schonend trocknen kann, welches mir hier natürlich nicht zur Verfügung steht. Gefüllt ist das leckere Sprossenbrot mit Avocado, Cashewcreme, Tomaten, Salat, Sprossen und veganem, selbst gemachten, Senf. Es schmeckt wie ein Gedicht. Sitzgelegenheiten gibt es leider insgesamt nur vier, aber wir haben Glück und schauen direkt auf den verschneiten Park gegenüber, in dem sich vier schwarze Eichhörnchen tummeln. Gurkenwasser gibt es gratis dazu. Mein erster Tag in Toronto hat gleich mit einer tollen Entdeckung angefangen. Ich freue mich über die nächsten Teile meines Abenteuers im großen weißen Norden. Bei meinen nächsten grünen Erlebnissen in Kanada entführe ich euch unter anderem in einen eiskalten Winter und zum besten Schokoladengenuss, den ich je hatte.

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