Am nächsten Tag besuchen wir in Santiago die Morgenmesse. Auf dem pompösen goldenen Altar dominiert die große sitzende Steinfigur des heiligen Jakobus. Die Ornamente der alten Figur sind kaum sichtbar, da sie von einem silbernen, mit Edelsteinen verzierten, Kragen verdeckt sind. Den ganzen Tag strömen Menschen hinter dem Altar die Treppe hinauf und hinunter und legen ihre Hände auf die Schultern der Figur. Auch während der Messfeiern. Man sieht die Menschen kaum, sondern nur immer wieder ihre Hände. Unter dem Altar kann man den silbernen Schrein mit den Reliquien des Heiligen besuchen.
In den nächsten drei Tagen bummeln wir durch Santiagos Gassen, genießen in einer Bar gute Tapas – da sehen wir, was es zu essen gibt und quälen uns nicht mit der spanischen Speisekarte -, und beim Italiener das Essen. Die spanische Küche mit den eintönigen Pilgermenüs haben wir, wie fast alle Pilger, im wahrsten Sinne des Wortes satt. Für mich als Vegetarier war es noch schwieriger etwas Ordentliches zu essen. Sin carne, sin pescado, sin athuna…
Immer wieder gehen wir in die Kathedrale und ich fühle mich in einer kleinen Marienkapelle, in der auch das Jesuskind von Prag zu Hause ist, wohl. Ruhig und meditativ ist es in der Kommunionskapelle. Am dritten Tag nehmen wir an der täglichen Pilgermesse um zwölf Uhr teil. Die Kirche ist überfüllt. Man bekommt auch 15 Minuten vor Beginn nur noch einen Stehplatz. Er herrscht eine ständige Unruhe. Touristen wandern während der Messe herum und fotografieren während der Kommunion. Und natürlich immer wieder sichtbar die Hände auf den Schultern der Jakobusfigur am Hochaltar. Einzig allein die wunderschöne Stimme einer Nonne des Benediktinerklosters läßt ein wenig andächtige Stimmung aufkommen. Eben diese Nonnen besuchen wir dann auch am Abend im benachbarten Kloster und nehmen an einer Vesper mit dem einzigartigen schönen Gesang der rund 40 Nonnen teil. Dafür hat es sich gelohnt 800 Kilometer zu gehen.