Heute geht es in meinen Rezensionen um Bücher, die sich unter anderem um die verrückte Welt des weiblichen Aussehens drehen. Besser gesagt: was weiblich gelesene Personen alles aushalten – Tag für Tag. Und wie abstrus diese Welt der Weiblichkeit eigentlich ist.

Ganz konkret sichtbar wird das in Lisa Frühbeis‚ herrlich lustigen Cartoons rund um die Geschlechterverhältnisse im Sammelband „Busengewunder“. Hier finden wir bereits veröffentlichte Kurzcomics in einem Buch.

In diesem sind alltägliche Situationen so authentisch und gut beobachtet, dass man einfach nur schmunzeln kann. So geht es um das Tragen von BHs oder um den Drang anderer Personen, immer den Körper oder das Aussehen von Frauen bewerten zu müssen. Ob bei der Körperbehaarung oder dem Outfit, das getragen wird. Wer hat da eigentlich das Recht, mitzureden? Und warum gibt es zum Beispiel in Mainstream-Videogames keine coole weibliche Heldin, die nicht vorrangig durch ihr Aussehen auffallen soll?

Die aberwitzige Protagonistin nimmt sich jedoch auch selbst nicht zu ernst und hat sich an manchen Stellen schon abgefunden mit den merkwürdigen Situationen, denen sie ausgesetzt ist. Egal ob beim Einkaufen, in Beziehungen oder gesellschaftliche Normen: Frühbeis zeigt mit ihrer Grimassen ziehenden Protagonistin auf, wo diese auf skurrile Ansichten trifft, wo Weiblichkeit und vermeintliche „Frauenthemen“ in Absurdität abdriften. Und es geht auch um gesellschaftliche Zustände, vom Gender Pay Gap bis zu Privilegien. Großartige Cartoons, deren Szenarien einem größtenteils sehr bekannt vorkommen.

Liv Strömquist steigt in ihrem aktuellsten Werk in ein ähnliches Thema ein. Wir kennen sie bereits als scharfe Beobachterin der Gesellschaft und von ihrer Mischung aus wissenschaftlichen Theorien und Fakten mit eigenen Analysen und humorvollen Darstellungen.

In „Im Spiegelsaal“ ist ebenfalls der besessene Umgang mit Frauen, ihrem Aussehen und den Auswirkungen zu erkennen. Sie beleuchtet aber noch mehr den zusätzlichen Einfluss von Bildern, Social Media und den Schönheitswahn.

So nennt sie als Beispiel dessen den Medien-Star Kylie Jenner und sie fragt sich, warum so viele Personen sich auf sie fixieren und so sein wollen wie sie. Wenn es nur um den Anblick von Schönheit ginge, was sie ja wohl für manche verkörpert, dann ginge es ja nur um die Ästhetik, die wir wie bei einem Gemälde bewundern – warum aber fühlen sich dann viele beim Anblick von „perfekten“ Gesichtern selbst minderwertig?

Mithilfe von historischen Geschehnissen, philosophischen, soziologischen und psychologischen Theorien versucht sie Erklärungen für verschiedenste gesellschaftliche Phänomene zu finden. Es geht um verdrehte Vorbilder, um die Suche nach Orientierung und wie stark das Aussehen mit „liebenswert“ gleichgesetzt wird. Natürlich spricht sie auch sich wandelnde Schönheitskulte an, die je nach Zeitgeist völlig unterschiedlich und teils willkürlich ausfallen können.

Sie geht der Ursache auf den Grund, wozu wir Selfies machen, was wir überhaupt schön finden und wie unsere sehr bildliche Welt auch unser Denken verändert. Letztendlich macht sie uns klar, dass uns das materielle Bild von uns auch irgendwann beherrschen kann und uns von uns selbst entfremdet. In dieser heiter-erschreckenden Reise durch das Buch treffen wir wie immer auch auf bekannte Persönlichkeiten, so unter anderem auf Sissi, Susan Sontag, Hartmut Rosa oder auch Marilyn Monroe.

Wie immer ist Strömquists Werk keine super leichte Lektüre, auch nicht immer sofort total nachvollziehbar – manches kann man kritisch hinterfragen oder muss man mehrmals lesen. Aber die aufgestellten Zusammenhänge und die scharfe Beobachtungsgabe zeigen uns vieles auf, das uns bekannt vorkommt und Erkenntnisse bringt. Vor allem, dass wir gut sind wie wir sind und uns unabhängig machen können, von gesellschaftlichen Ansichten auf Weiblichkeit, Schönheit und Selbstwert.

Vielen Dank an Carlsen und den avant-verlag für die Rezensionsexemplare!