Zugegeben, ich habe in meinem Leben erst wenige wirklich rohköstliche Rezepte ausprobiert, abgesehen von Rohkost-Gemüseplatten oder ähnlichem, allen voran eine leckere Limetten-Avocado-Torte. An deren Geschmack sich leider die Geister schieden. Den einen schmeckte es und sie meinten, das sei ja mal etwas ganz Besonderes, die anderen wiederum ließen sich von der exotischen Zusammenstellung der Zutaten etwas abschrecken und fanden die Torte nicht ganz so lecker.

Ja, Rohkost ist für viele Menschen erst einmal ungewohnt, aber es lassen sich auf diese Weise viele tolle Gerichte zubereiten, die man wohl sonst nie ausprobiert hätte. Aus diesem Grund habe ich habe mir für euch das Buch „Rohessenz – 180 köstliche Rezepte für ein Leben mit ungegarter Kost“ angesehen, in dem ausgewählte Rezepte der „Haute Cuisine“ der Rohkost zusammengestellt wurden.

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Das Buch, das aufgrund seines Umfangs und ansprechendem Designs besser Werk genannt werden sollte, startet mit Erklärungen der Autoren zum Thema Rohkost. Die beiden frankokanadischen Köche erläutern ihre Ernährungsphilosophie – vegan, bio, regional – und stellen auch ihr eigenes Restaurant „Crudessence“ im kanadischen Montreal vor. Im Anschluss folgen ansprechende Übersichtsseiten zu Lebensmitteln und ihren Besonderheiten.

Eine gut ausgestattete Rohkost-Küche benötigt diverse Geräte, viele der schmackhaften Gerichte verlangen zum Beispiel Dörrautomaten, Entsafter und oder leistungsstarke Mixer. Alles Geräte, die ich leider noch nicht besitze. Nichts desto trotz lassen sich durchaus auch ohne grössere Ausstattung viele der Rezepte umsetzen.

Der Rezeptteil beginnt mit Getränken und enthält Leckereien wie den „Smoothie Macao“ mit Maca, Kokosöl und Banane – diese lassen sich auch mit einem simplen Standmixer, so wie ich einen besitze, zubereiten. Weiter geht es mit Suppen, die alle sehr einfach und unkompliziert herzustellen sind. Von Gazpacho bis Champignon-Cremesuppe sind viele gute Basics zu finden. Es folgen diverse Salate – was darf es sein, vielleicht Caesar Salad oder Waldorfsalat?

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Wie bei Rohkost üblich, gibt es keine Rezepte mit Kartoffeln, Reis, Brot oder Nudeln. Nichts wird gegart, weizen- und stärkehaltige Lebensmittel sind tabu. Selbst Croutons werden aus Samen, Nüssen und Gemüse selber hergestellt. Habt ihr schon einmal aus Paranüssen und Kokosbutter Feta gemacht? Ja, auch „Käse“ wird selbst gemacht. Die erste Regel des Rohköstlers lautet daher: Habe immer Nüsse im Haus. Die zweite Regel: Plane Einweichzeiten ein.

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Ein weiterer wichtiger Begriff ist die Fermentierung, also das Gären. Damit lässt sich zum Beispiel Kefir, Kombucha oder Sauerkraut herstellen. Für mich völliges Neuland, das ich unbedingt betreten möchte. Genauso wie dörren, was aber ohne Dörrautomat schwierig sein könnte. Beiden Verarbeitungsarten wird ein ganzes Kapitel mit Grundrezepten gewidmet. Im Dörr-Kapitel lassen sich dann auch teigartige Dinge wie Pizzaboden, Tortillas, Cracker und Brot herstellen. Danach folgt ein grösserer Bereich zu „Appetithappen“ (Vorspeisen) und auf diese die Hauptspeisen: Ich begegne Quiches, Lasagne aus Zucchini und Macadamia-Ricotta oder Burger mit Gemüsefrikadellen – leider erscheint mir dieses Kapitel etwas dürftig, hier hätte ich mir eine grössere Auswahl an Rezepten gewünscht.

Langsam stoße ich auch auf die ersten mir unbekannten Zutaten: Chipotle-Schoten? Soja-Lecithin? Irisch Moos? Fairerweise muss man dazu sagen, dass alle weiteren Zutaten recht einfach zu bekommen sind. Zuguter letzt das Schmankerl des Buches: Desserts. Von Keksen bis Torten über Kuchen, Tiramisu und Pralinen finden sich jede Menge Süßigkeiten – hier habe ich am meisten Lust sofort loszulegen!

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Zum Aufbau der Rezepte: Die Zutatenlisten sind nicht so lang, wie man sich das als Rohkost-unerfahrene Person vielleicht denken würde. Bei jedem Rezept sind Zubereitungszeit, eventuelle Wartezeiten und Portionengrössen angegeben. Außerdem extrem praktisch: Welche Ausrüstung für das jeweilige Rezept benötigt wird.

Rohessenz – 180 köstliche Rezepte für ein Leben mit ungegarter Kost“ glänzt mit hervorragenden Fotografien, durchdachten Rezeptangaben und einem farbigen, aber sehr cleanen und übersichtlichen Layout. Ein paar Seitenzahlenverweise sind in den Rezepten falsch angegeben, aber das kann mit dem Blick auf das große Ganze vernachlässigt werden. Wirklich erstaunlich ist übrigens der Preis dieses Werkes, mit knapp unter 20 Euro hält man ein Buch in Händen, das sich leicht auf den doppelten Wert schätzen lässt. „Rohessenz“ ist sowohl für interessierte Anfänger als auch erfahrene Rohköstler ein wertvoller Schatz an Rezepten, die neue Geschmackserlebnisse bieten und dazu inspirieren sich mit dem Thema Rohkost ausführlicher auseinander zu setzen.