Leben ohne Plastik – wie soll das denn gehen? Diese Frage wurde mir in den vergangenen Jahren ziemlich oft gestellt. Denn seit Anfang 2013 versuche ich ohne Plastikverpackungen auszukommen. Das klappt nicht immer, aber immer öfter – und genau davon soll meine Kolumne handeln.

Ihr fragt euch, wie man auf so etwas kommt? Fangen wir einmal ganz von vorne an: Von Bananen in Plastikfolie und einzeln verpackten Chipstüten bis hin zu kostenlosen Plastiktüten, der Verpackungswahnsinn ist mir immer schon sauer aufgestoßen. Mein zugegeben etwas fauler Kompromiss: Die schlimmsten Auswüchse zu vermeiden und brav mit Jutebeutel einkaufen zu gehen, sonst aber nicht weiter über mein Handeln nachzudenken. Plastikverpackungen komplett zu vermeiden wäre mir nie in den Sinn gekommen – bis ich Werner Bootes Film Plastic Planet und eine Dokumentation über die österreichische Familie Krautwaschl und ihr Leben ohne Plastik sah.

Argumente gegen Plastik gibt und gab es immer schon viele – erinnert ihr euch an die „Jute statt Plastik“-Bewegung in den Siebzigern? -, aber selten wurden sie mir so deutlich vor Augen geführt wie in Plastic Planet. Die für mich wichtigsten Auswirkungen auf Umwelt und Mensch habe ich hier zusammengefasst:

Plastik verursacht Müll – egal wie man es drehen und wenden will. Selbst wenn man seinen Plastikmüll brav trennt, wird er nie komplett recycelt. In Deutschland und Österreich liegt die Recyclingquote zwar vergleichsweise hoch, doch selbst hierzulande werden laut Angaben der Europäischen Umweltagentur nur 62 beziehungsweise 63 Prozent recycelt – im Rest der EU ist es noch deutlich weniger. Trotz aller Recyclingbemühungen gelangt auch in unseren Gefilden immer noch genug Müll in die Umwelt – und genau damit beginnt das größte Problem: Plastik braucht einfach elendig lange um sich vollständig zu zersetzen. Als besonders schockierendes Beispiel führt einem das zum Beispiel der „Great Pacific Garbage Patch“ vor Augen, ein gigantischer Müllteppich im Nordpazifik. Die einzelnen Plastik-Bestandteile dieses Teppichs werden zum größten Teil von Land über die Flüsse hier hin gespült – viele legale und illegale Mülldeponien liegen in unmittelbarer Nähe zu Flüssen. Die Größe des „Great Pacific Garbage Patch“ wird auf einen Umfang von 700.000 bis 15.000.000 Quadratkilometer geschätzt. Man muss fast fragen: Wen wundert es, wenn zum Beispiel selbst eine kleine Plastikflasche bereits sage und schreibe 400 Jahre benötigt, um abgebaut zu werden? Plastiktüten, Netze und andere Kunststoffartikel kommen auf eine ähnlich lange Zeit und stellen eine große Gefahr für Meerestiere dar, die sich in ihnen verfangen und dort qualvoll verenden können.

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Bild: Thue / wikipedia.org

Besonders problematisch ist dabei, dass sich das Plastik in allerkleinste Nanopartikel auflöst – das so genannte Mikroplastik. Vor diesen winzigen Plastikteilen, die im Übrigen auch in Kosmetika und Zahnpasta zu finden sind, gibt es kein Entrinnen, noch nicht einmal Kläranlagen bekommen die Mini-Teilchen aus dem Wasser gefischt. Letztendlich landen sie in den Mägen von Vögeln oder Meerestieren, die daran auf schmerzhafte Weise verenden können – und finden dann durch den Verzehr von Fisch und Meeresfrüchten indirekt auch wieder den Weg in die Mägen der Menschen.

Noch ein wichtiger Punkt dürfte uns zu denken geben: Die vielen Zusatzstoffe im Plastik wirken toxisch auf Umwelt und Mensch. Sie lassen sich praktisch im Blut jedes Einzelnen von uns nachweisen und wirken ähnlich wie Hormone, weshalb sie das natürliche Hormonsystem empfindlich stören können. Unfruchtbarkeit, Übergewicht und sogar Krebs werden damit in Verbindung gebracht. Sind das fürs Erste genug Argumente?

Nachdem ich mich zum ersten Mal so bewusst mit diesen Fakten auseinandergesetzt hatte, war ich erschüttert. Viele Dinge hatten mir insgeheim gedämmert, aber selten hatte ich mein eigenes Verhalten so stark damit in Verbindung gebracht. Umso mehr beeindruckte es mich, mit welchem Tatendrang die besagte Familie Krautwaschl Plastik aus ihrem Alltag verdrängte. Auf einmal wusste ich: Es geht auch ohne Plastik. Am nächsten Tag ging ich in den Supermarkt, sah all die „liebevoll“ verpackten Dinge und ich wusste: Mir reicht’s!

So startete mein Projekt: Sechseinhalb Wochen wollte ich in der Fastenzeit auf Plastikverpackungen verzichten. Dafür gibt es „in Fachkreisen“ sogar schon einen Begriff: Plastikfasten. Die Resonanz meines Umfeldes war enorm. Auf all die neugierigen Fragen aus allen Ecken der Welt wollte ich unbedingt ausführlich antworten – und so entstand mein englischsprachiger Blog ingloriousplastics. Hier berichte ich über meine Erfahrungen, teile Tipps, Tricks sowie Koch- und Backrezepte.

Wie ihr seht: Das Plastikfasten hat mein Leben nachhaltig verändert. Das Thema hat mich auch nach dem „Fastenbrechen“ weiter beschäftigt und nach einer kurzzeitigen Rückkehr in alte Muster war ich mir sicher, ich möchte auch weiterhin so plastiklos wie möglich leben. Um meine Erfahrungen und Tipps noch stärker zu teilen und um euch einen ganz persönlichen Einblick in meinen chaotischen Alltag zu geben, möchte ich euch in meiner Kolumne „Mein (fast) plastikfreies Leben“ mit auf die Reise nehmen. Vielleicht wollt ihr in diesem Jahr auch einmal Plastikfasten? Könntet ihr euch das vorstellen?

Ich freue mich schon auf eure Kommentare!