In einer Zeit der Banken- und Wirtschaftskrisen, Staatsinsolvenzen, Hilfspakete zur Rettung ganzer Staatswirtschaftssysteme sowie eines Impulses zum „Rette-sich-wer-kann“ stellt sich die Frage, ob es in jener Zeit passend ist, nachhaltigen und fairen Konsum beziehungsweise Handel zu thematisieren. Wohin uns dieses Wirtschaftssystem auch führen mag, ich bin überzeugt davon, dass immer mehr Menschen zu einem ökologisch sowie moralisch vernünftigeren Konsum tendieren, um so ihren ganz persönlichen Beitrag zum Klimaschutz, nachhaltigem Umdenken und dem Teilen mit den Schwächeren zu leisten.

Dies mag leicht klingen, erweist sich in der Praxis jedoch oft als kompliziert; es gibt keine Modelle von vorbildlichem Verhalten, keine simplen Richtlinien, an die man sich halten kann, um ganz einfach und sicher moralisch und ökologisch korrekt zu handeln. Trotz allem ist ein Umschwung spürbar, beispielsweise bezüglich des sogenannten fairen Handels. Produkte, die mit einem Fairtrade-Siegel versehen sind, versprechen fair gehandelte Lebensmittel sowie Handwerksprodukte, das heißt, dass die Produzenten eben jener Produkte in höherem Maße von diesen profitieren und dass ökologische Mindeststandards eingehalten werden.

Fairtrade: Idealismus oder realitätsnah?

Im Anbetracht der Tatsache, dass 850 Millionen Menschen von der Welternährungskrise bedroht sind, diese jedoch vor allem in jenen Entwicklungsländern leben, aus welchen die Industriestaaten viele ihrer Lebensmittel beziehen, braucht es keine großen geistigen Verrenkungen, um festzustellen, dass definitiv etwas falsch läuft. Die Gründe hierfür sind mannigfaltig. Ein Grund mag sein, dass Kleinbauern aus Entwicklungsländern zumeist einen so geringen Anteil am Profit durch ihre produzierten Artikel erhalten, dass ihnen eine humane Existenz schlichtweg nicht möglich ist.

Die Fairtrade-Organisationen treten diesem Problem entgegen, indem sie Produzenten und Plantagen unterstützen. Fairer Handel bedeutet in diesem Sinne faire Preise, sodass Produzenten sowie Plantagen auf Grundlage ihrer Tätigkeit existenzfähig sind und bleiben. Des Weiteren bedeutet fairer Handel, dass auf die Produkte eine Prämie erhoben wird, damit Kooperativen notwendige Bildungseinrichtungen und Infrastruktur finanzieren können, sowie die Einhaltung von Standards bezüglich ökologischer Bewirtschaftung. So sind nicht nur 75 Prozent aller Fairtrade-Artikel mit einem Bio-Siegel versehen, 98,7 Prozent aller Fairtrade-Artikel werden sogar auf klimafreundlichere Weise als mit dem Flugzeug transportiert, nämlich auf dem Schiffsweg. Dieses Konzept des fairen Handels ist nicht nur ein idealistisches Konzept, sondern auch wirtschaftlich rentabel: Zwischen den Jahren 2003 und 2008 stieg der Umsatz durch fair gehandelte Produkte um 170 Prozent. Diese Zahlen lassen hoffen, dass ein tatsächliches Umdenken und ein Umschwung zu klügerem Kaufverhalten im Gange ist. Fair gehandelte sowie ökologisch nachhaltige Produkte stehen also für eine – vielleicht kleine, aber dennoch existente – Verbesserung der geltenden Ausbeutung von Kleinproduzenten in Entwicklungsländern sowie für nachhaltigere und somit umweltfreundlichere Produktion von Lebensmitteln.

Kritik am fairen Handel

Nichtsdestotrotz geriet Fairtrade in der Vergangenheit in die Schussbahn einiger Kritiker. Auch der Regisseur Donatien Lemaître steht in seiner Dokumentation „Der faire Handel auf dem Prüfstand“, ausgestrahlt auf Arte, dem Konzept Fairtrade kritisch gegenüber.

Fairtrade-Teeplantage

Bild: FonthipWard / pixabay.com

Laut Lemaître ist vor allem problematisch, dass Wander- sowie Leiharbeiter, welche zuweilen als Arbeitskräfte auf Plantagen eingesetzt werden, nicht ausreichend durch fairen Handel geschützt sind und weiterhin unter inhumanen Arbeitsbedingungen sowie einer Vergütung am absoluten Existenzminimum zu leiden haben. Zwar wird Wander- und Leiharbeitern ein Mitbestimmungsrecht eingeräumt und es besteht die Möglichkeit, sie als Arbeitervertreter zu wählen, jedoch ist man auch in der Politik betroffener Länder, wie beispielsweise der Dominikanischen Republik, wo derzeit etwa 700.000 Wanderarbeiter beschäftigt sind, bisher zu keiner Lösung dieses Problems gekommen.

Des Weiteren kritisiert der Regisseur, dass auch durch fairen Handel die Armut in den Produktionsländern nicht aus dem Weg geräumt werden kann. Dieses ist allerdings aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten: Gleichwohl die Lebenssituation im Vergleich zu jener, welche unseren europäischen Standard darstellt, natürlich nicht standhalten kann, hat sie sich aber im Vergleich zur Situation jener Kleinbauern, die nicht vom fairen Handel profitieren, oder auch ihrer eigenen Ausgangssituation, deutlich verbessert.

Ist Fairtrade zukunftsträchtig?

Unbeschadet der vorangegangenen Kritikpunkte komme ich zu dem Fazit, dass Fairtrade unbedingt zu empfehlen ist! Nicht nur, dass durch das Wirken der Fairtrade-Organisationen eine sehr viel höhere Transparenz in das Geschehen von der Produktion bis zum Export gelangt ist, sodass man nun in der Lage ist, nachzuvollziehen, woher das Produkt, welches ich kaufe, stammt und wie es in den Laden gekommen ist, in dem ich es gekauft habe; das Konzept Fairtrade vertritt vor allem eine Entwicklung zum Besseren. So sollte man den fairen Handel eben auch als Entwicklungsmodell betrachten: Kritikpunkte sind selbstverständlich vorhanden, so ist es bei allen Dingen, und es schadet auch nicht, diese genau zu betrachten. Wichtig ist, dass die Fairtrade-Organisationen sich dieser Kritik annehmen, indem sie sich eingehend damit beschäftigen, Lösungen für oben genannte Probleme zu suchen.

Wem also wichtig ist, möglichst nachhaltig und fair zu konsumieren, sollte nicht darauf verzichten, auf Fairtrade-Produkte zurückzugreifen.