„Wenn der erste Schneefall kommt, dann drehen wir Tinerfeños (Anmerkung: so heißen die Einwohner Teneriffas) durch.“ Die in Deutschland geborene Spanierin Rosalia plaudert gleich fünf Minuten nach unserem Kennenlernen aus dem Nähkästchen, „Dann schnappen wir unsere Kinder, stecken sie in Decken gehüllt ins Auto und fahren hinauf zum Teide. Und nachdem das alle tun, gibt es enormen Stau, und die Fahrt dauert statt einer gleich mal drei Stunden. Oben angekommen machen wir dann ein Foto im Schnee und nehmen die Gummimatten aus den Autos, um auf ihnen den Berg hinunter zu rutschen.“ Ein Festbrauch, auf den man die letzten zwei Jahre verzichten mussten – es gab auf Teneriffa keinen Schnee.
„Alles auf Teneriffa dreht sich um den Teide und besteht aus Lava,“, erklärt mir die studierte Biologin, die uns heute als Guide des Unternehmens El Cardon durch ihre Heimat führt , „auch wir Menschen und Tiere, schließlich ernähren wir uns ja von diesem Boden.“ Wie sehr das ganze Inselleben von den 200 bis 300 Vulkanen – und vor allem vom Teide, dem mit 3.718 Meter höchsten Berg Spaniens, beeinflusst ist, das wird schon in den wenigen Tagen auf der größten der kanarischen Eiländer klar. Die Menschen baden in Lavapools an den Wegesrändern, die schwarzen Sandstrände erinnern mich an Hawaii und mit jedem Foto erwischt man einen Krater. Und nein, Teneriffa ist nicht aus dem Teide hervorgegangen – auch das erfahren wir gleich am ersten Tag (nicht nur einmal).
Nicht alles, was im Lava-Programm, das 2009 als Plan „Teneriffa, Vulkane des Lebens“ für den Tourismus entwickelt worden ist, geboten wird, ist tatsächlich so heiß wie gedacht. Andere Aktivitäten hingegen sind richtige Knaller! Nicht, dass ich alles testen konnte, dafür reichten die fünf Tage bei weitem nicht aus – leider. Doch ich habe einiges erlebt: Was man bei einem Teneriffa-Besuch ruhig auslassen und was man keinesfalls versäumen darf? Bitteschön, hier ist meine ganz persönliche Hotlist!
Lau
Hotel Parador Canadas del Teide im Nationalpark Teide: Das Hotel im Besitz der staatlichen Kette ist der „Platzhirsch“ im 19 Hektar großen Nationalpark. So schön das alte Gebäude aus dem 19. Jahrhundert ist, so wenig bemüht sich das Personal vor Ort um die Gäste. Lieblos serviertes Essen und lange Wartezeiten gehören zum Programm, schade! Am beeindruckendsten ist da noch das Eis in Vulkanform, wobei das Äußere eher besticht als das zu stark gefrorene Innere.
Alternative: Wer trotzdem hier im Nationalpark übernachten möchte, für den ist vielleicht die Hütte Altavista auf dem Teide empfehlenswert. Ich habe sie mir für das nächste Mal vorgemerkt!
Warm
Wandern im Nationalpark Teide: Rund die Hälfte der Insel Teneriffa ist Naturschutzgebiet, natürlich auch der Nationalpark Teide. Derzeit befinden sich darin 35 Wanderwege, zwei weitere werden gerade geschaffen – wer also rund um den bekanntesten Vulkan der Insel nicht wandern oder zumindest spazieren geht, ist selber schuld. Nachdem die Wege gut beschriftet sind, ist das Verirren kein Thema – nur wer wirklich tief in die Materie der Vulkane eintauchen möchte, der kann sich einen Führer nehmen – wir hatten Lola von Gaiatours. Weniger gut ist die Information darüber, was im Naturschutzgebiet, das in vier Zonen abgestuft ist, erlaubt bzw. verboten ist. Wer auf Nummer sicher gehen und alles richtig machen möchte, der hält sich an die Regel: Nichts angreifen, nichts verändern – denn die Natur ist empfindlich.
Achtung: Die Höhe von 2.000 bis 3.718 Meter macht gehörig zu schaffen. Das heißt, das Gehen und die Atmung werden schwerer, einige von uns hatten Kopfweh, dazu noch die drückende Hitze, wenn man untertags draußen ist. Unterschätzt also nicht das Gebirge (samt Lava): Bringt im Sommer guten Kopfschutz mit. Im Winter braucht ihr dafür warme Klamotten, auch Handschuhe und thermische Unterwäsche, gerade wenn ihr hinauf auf den Gipfel wollt.
Sterneschauen im Nationalpark wird von Discoverexperience angeboten (siehe Titelbild) – und nachdem es im Nationalpark gleich zu Beginn des bekannten Wanderwegs Nr. 3 stattfindet, kann man die Aktivität wohl zum Lava-Programm zählen. Klingt recht romantisch – und wer schon immer einmal sein Sternbild oder den großen Bären erkennen wollte, der sollte sich die Tour nicht entgehen lassen.
Achtung: Das Beste kommt zum Schluss! Und es ist ratsam, Spanisch zu sprechen oder zumindest zu verstehen, denn leider war unser Guide zwar sehr bemüht, sein Englisch ließ aber zu wünschen übrig.
Noch mehr Astronomie (und den gleichen Guide) gibt es übrigens im Observatorium des Teide mit dem größten Sonnenteleskop Europas. Gratis-Führungen werden dort in den Monaten April bis Dezember täglich um 10.00 und 12.00 Uhr angeboten.
Lavapools, zum Beispiel bei Garachica: Überall auf der Insel finden sich Lavapools, die natürlich geformten Naturfreibäder im Teneriffa-Stil, die nicht nur Touristen, sondern auch Einheimische anlocken. Vor allem im Sommer, wenn es wie bei meinem Besuch „Warnung Orange“ gibt und Hitzen bis zu 40 Grad ausgerufen werden! Bei konstanten Wassertemperaturen zwischen 18 und 23 Grad sind sie sogar für Kalt-Vermeider wie mich wunderbar!
Heiss
Cueva de Viento: 18,5 Kilometer sind bisher von Cueva de Viento, der bekanntesten Lavahöhle Teneriffas vermessen. Damit ist sie die fünftlängste der Welt – die vier davor sind alle auf Hawaii zu finden (ja ja, der kleine Konkurrenzkampf ist hier überall zu spüren, vor allem weil nur 120 Meter fehlen, um die Hawaiianer zu überholen). 200 Meter davon sind wiederum für den Tourismus freigegeben – für Besucher, die die 107 Spezien und fünf, nein, bald sieben einzigartigen Wesensarten respektieren. „Hier gibt es keine Beleuchtung, keine Musik.“, macht der Führer der deutschen Gruppe, Dragan mit unverkennbarem Augsburger Dialekt, gleich zu Beginn klar. Die Tour ist keine reine Höhlentour, sondern möchte den Sinn und Blickwinkel auf Teneriffa ändern – darum gibt es neben dem geologischen Teil auch viele Infos zu Kultur, Botanik und natürlich zur Lava. Und viele Showeinlagen: Vom Begleithund Chiqui, der mit Leckerlis gefüttert wird, bis hin zu eigenen Caving-Touren; bei den Führungen werden Kinder als Höhlenforscher und „Kontrolleure“ der Erwachsenen besser eingebunden. Das Gefühl, dass die Verantwortlichen hier mitgedacht und für alles gesorgt haben, lässt mich in den ganzen 2,5 Stunden der Tour nicht los. Die Professionalität ist genauso wenig zu übersehen wie die Leidenschaft des Führers Dragan, nein, des ganzen Teams. Oder wo würde sonst die Ehefrau des Guides einspringen, um – nach einer Ausbildung, versteht sich – ab und an ebenfalls Führungen zu machen?
Offen ist die Höhle Dienstag bis Samstag von 9.00 bis 16.00 Uhr. Im Sommer finden bis zu sechs Führungen statt. Achtung: Anmeldung vorab ist dringend notwendig. Es gibt Touren auf Spanisch, Englisch, Deutsch, Französisch und Russisch. Extra-Touren für Blinde und Rollstuhlfahrer sind ebenfalls möglich.
Restaurant Bodegón Patamero: Wie Touristen hier ins Bergdorf Las Lagunetas und somit zum versteckten Bodegón Patamero finden sollen, ist und bleibt mir ein Rätsel. Wenn sie es aber tun, dann können sie von Glück sprechen: Das kleine Restaurant serviert köstliches Essen und reagiert sogar auf Unvorhergesehenes wie vegetarische Gäste souverän. Es gab Salat – aber nicht irgendeinen, sondern einen liebevoll Zubereiteten mit ausgezeichnetem Dressing, von dem wir nicht genug bekommen konnten. Achja, und die regionalen Produkte wie Wein, aber auch Gemüse und Obst (besonders empfehlenswert: Bananen oder Maracujas!) werden natürlich ebenfalls vom Lava-Boden beeinflusst, das muss ich wohl nicht extra erwähnen, oder?
Die beiden Hotties auf meiner Hotlist werden übrigens auch von Rosalia und El Cardon wärmstens empfohlen. Und die kann ich wiederum nur ans Herz legen: Das Unternehmen wurde vor 13 Jahren gegründet, um arbeitslose Jugendliche in Sachen Umwelt zu erziehen. Was mit Wanderungen für Einheimische begonnen hat, hat sich vor rund sieben Jahren auf Kultur- und Lavawanderungen für Touristen spezialisiert – die Tinerfeños sind mittlerweile mit dem Wandervirus erfolgreich angesteckt. Das Gute bei El Cardon: Es geht nicht nur ums Wandern, sondern um ganz viel Kultur – da werden Treffen mit Einheimischen in der Lavaschlucht von Masca arrangiert oder uns gezeigt, wie man den Salto de Pastor (den Hirtensprung) macht. Eine Methode, die die Hirten früher gebraucht haben, um den Herden über die Lavaberge nachlaufen zu können und etwas, das jetzt als Sport betrachtet wird, um die alte Tradition zu bewahren.
Und es werden natürlich ganz viele Geschichten erzählt, wie die von der alljährlichen Schnee-Pilgerfahrt auf den Vulkan Teide…
Ja, wo Teneriffa draufsteht ist eben Lava drin. Oder warte mal, war es nicht etwa doch umgekehrt?
Offenlegung: Danke an Condor, GCE und Turismo de Tenerife für die Einladung. Die Meinungen und Ansichten in der Geschichte bleiben meine eigenen.