In Hospital de Orbigo imponiert die besonders lange, alte Brücke. Wir machen, wie viele Pilger, den Fehler und gehen nach dem Ort den linken kürzeren Weg, der an einer stark befahrenen Straße entlang führt. Der Rechte wäre schöner gewesen und es lohnt sich immer wieder, wenn möglich, die Straßen zu vermeiden. Diese muss man sowieso oft und lange ertragen.
In Astorga kommen wir gerade zu einer Messe in der Kirche neben den römischen Ausgrabungen zurecht. Am Altar befindet sich eine Marienikone, die mich als Angehörige der Ostkirche (griech. kath.) besonders anspricht. An diesem Ort denke ich intensiv an eine schwer erkrankte Freundin und auch an meine Mutter und ihre Verbundenheit zu ihrer ukrainischen Heimat. Vor dem Rathaus warten wir in den Arkaden den ärgsten Regenguß ab. Die Kathedrale ist schon geschlossen, wie die meisten Kirchen auf dem Weg verschlossen sind. Die versprochenen Kerzen kann ich nur ganz selten anzünden. Zudem gibt es vorwiegend nur die Möglichkeit mit einer Spende elektrische Lichter zum Leuchten zu bringen. Nach Astorga erleben wir gepflegte Dörfer und der angenehme Weg führt abseits der Straßen durch eine hügelige Landschaft mit hohen gelben Ginster- und violetten bis pinkfarbenen und weißen Erikabüschen. Wunderschön!
In Rabanal del Camino haben deutsche Benediktinermönche aus St. Ottilien 2001 das Kloster San Salvador gegründet. Wir nehmen in einer sehr renovierungsbedürftigen Kirche mit vielen Pilgern an einem stimmungsvollen Abendgebet teil. Um 21:30 gibt es dort täglich den Pilgersegen. Den Aufstieg zum berühmten Cruz de Ferro auf der Hochebene des Monte Irago genießen wir bei herrlichem Sonnenschein, nachdem der Nebel sich verzogen hat. Sehr, sehr viele Menschen, Radfahrer, Fuß- und Buspilger, drängen sich an diesem Platz und legen ihre Steine nieder. Ich bereue es nach kurzer Zeit, hier in diesem Trubel, meinen Stein, der wie eine Marienfigur aussieht und den ich direkt vor mir auf dem Weg stehend gefunden habe, hingelegt zu haben. Wenig später, auf einem Hügel abseits vom Weg, finden wir einen schöneren, menschenleeren Platz mit einem herrlichen Blick in die Landschaft. Konrad findet wieder eine “Marienfigur” für mich und wir legen dort nochmals unsere Steine ab. Ich tröste mich damit, dass meine “Figur” am Cruz de Ferro ja auch immer wieder ruhige Zeiten erlebt.
Im angeblich größten aktiven Kloster Spaniens in Samos feiern wir eine, etwas steife, Pfingstmesse mit. Auch dort wird der heilige Jakobus wie überall in Spanien als Maurentöter dargestellt. Ebenso treten andere Figuren mit dem Fuß auf abgetrennte Köpfe. Die Botschaft der Versöhnung bleibt da ziemlich auf der Strecke. Ich versuche mich von diesem negativen Eindruck nicht zu sehr belasten zu lassen. Es sind die Menschen dieser Zeit, die diese Geschichten erfunden haben und die damit und mit dem unermesslichen Prunk, wie er ganz besonders in Burgos zu sehen ist, die wahre Botschaft Christi überdecken. Viele Eindrücke stimmen sehr nachdenklich.