Im Mai war ich mit meinem Freund CJ etwas über zwei Wochen auf Urlaub im sonnigen Kalifornien. Während ich diesen Artikel schreibe und in den Erinnerungen von der tollen Reise schwelge, lächle ich. Da CJ vor Jahren in San Jose in der Nähe von San Francisco gelebt und gearbeitet hat, wollten wir zuerst ein paar Tage mit seinen Freunden in San Francisco und der Bay Area verbringen, und anschließend in den Norden fahren. Als ich ihn damals besucht habe, haben wir den Süden Kaliforniens bereist und ich hätte nicht gedacht, dass der Norden des Bundesstaates noch so viele Überraschungen bereithält beziehungsweise so anders ist. Vor allem die Vielfalt der Landschaft und Natur hat mich fasziniert – von schroffen Felsküsten mit schier endlosen Stränden, bis zu riesengroßen Redwood-Bäumen, und Seen auf über 2.000 Meter Höhe. Auch aus kulinarischer Sicht war der Urlaub im wahrsten Sinne des Wortes eine Reise wert, so gut habe ich selten zuvor vegan gespeist.
Mich hat beeindruckt, wie einfach es in Kalifornien ist, sich vegan zu ernähren, wie viele spezielle, rein pflanzliche Restaurants es gibt, aber auch wie in „ganz normalen“ Lokalen Rücksicht auf Sonderwünsche genommen wird. Normalerweise ernähre ich mich im Urlaub und auch im Alltag außerhalb meiner eigenen vier Wände der Einfachheit halber nicht streng vegan, sondern bin mit vegetarischem Essen, falls es sonst nichts gibt, zufrieden. In Kalifornien sind mir jedoch problemlos zwei fast vegane Urlaubswochen gelungen. Wieso fast? Ich habe nicht bei allen Lebensmitteln nachgefragt, ob sie wirklich rein pflanzlich sind (zum Beispiel Brot, Weine, und ähnliches), sondern darauf geachtet, möglichst keine offensichtlichen Milchprodukte oder Eier zu essen.
Bevor ich euch auf die Reise durch Nordkalifornien mitnehme, möchte ich noch ein paar allgemeine Eindrücke von Kalifornien in Bezug auf Nachhaltigkeit mit euch teilen. Ich beschreibe die Aspekte, die mir am meisten aufgefallen sind. Vielleicht wart ihr auch schon dort und habt etwas anderes erlebt, oder auch die gleichen Dinge anders wahrgenommen – schreibt mir doch, am Ende des Artikels gibt es die Möglichkeit zu kommentieren.
In Kalifornien ist es einfach, sich gesund zu ernähren:
– Es gibt zumindest in größeren Städten viele vegane und vegetarische Lokale und oft sind auch in anderen Restaurants Speisen gekennzeichnet, welche vegan oder glutenfrei sind. Davon abgesehen reagieren Kellner auf Nachfragen generell sehr freundlich und kompetent und fragen gerne in der Küche nach, wenn sie selbst nicht auskunftsfähig sind.
– Mir sind viele Bio-Supermärkte, Farmer’s markets und sonstige Stände aufgefallen, an denen frische, lokale Lebensmittel verkauft werden.
– Die Auswahl an speziellen Lebensmitteln in Supermärkten, wie zum Beispiel Chia-Gels, Getränke mit Chia, verschiedenste Pflanzenmilch-Varianten, vegane Käsesorten, Rohkost-Müsliriegel und dergleichen übertrifft jeden deutschen und österreichischen Bio-Markt bei weitem.
– In den Lokalen, in denen es keine Soda-Fountains (siehe unten) gibt, bekommt man immer Leitungswasser mit den fast schon obligatorischen Eiswürfeln serviert – hier wird auch fleißig nachgeschenkt. Das Getränkeangebot in den veganen Restaurants bietet generell weniger Limonaden und dergleichen, sondern oftmals selbstgemachte Eistees, frische Obst- und Gemüsesäfte und Smoothies.
Mindestens genau so einfach ist es jedoch, sich ungesund zu ernähren:
– Vor jeder noch so kleinen Ortschaft findet man eine Vielzahl von Fast-Food-Ketten (davon sind McDonalds, Burger King und Pizza Hut nur die bei uns bekanntesten).
– Die Packungsgrößen der Produkte können extreme Dimensionen annehmen, besonders gestaunt habe ich über eine kiloschwere Philadelphia-Packung, die ein Freund CJs zu Hause hatte (Anmerkung: Er lebt zu zweit und nicht in einer Großfamilie).
– Die Auswahl an süßen, günstigen Backwaren im Supermarkt ist für mich weniger verlockend als erschreckend, so zum Beispiel eine 1,3 Kilo Packung (mehr oder weniger) frisch gebackener Chocolate-Chip-Cookies, die mit einem Preis von fünf US-Dollar beworben wird.
– Sogar Medikamente gibt es in Riesenpackungen – und zwar in Supermärkten – einfach zu kaufen. Aber wer braucht wirklich eine 100 Stück Packung Paracetamol?
– In einigen Lokalen gibt es sogenannte Soda-Fountains, an denen man sich seinen Softdrink so oft man will nachfüllen kann, wobei der größte Becher schon mehr als einen Liter fasst. Ich gehe davon aus, dass die wenigsten zwischen Cola und den anderen üblichen Verdächtigen Wasser auswählen.
Abgesehen von größeren Städten wie San Francisco und Sacramento benötigt man leider immer ein Auto. Vergesst auch nicht, dass ihr für Amerika ein Visum benötigt – hier könnt ihr ein ESTA für die USA beantragen. Genau genommen gibt ein einen Unterschied zwischen einem Visum und einer ESTA bei einer Einreise in die USA, genaueres über den Prozess betreffend Visum und ESTA für eine Reise in die USA findet ihr unter dem Link. So kommt ihr sicher in das Land der unbegrenzten Möglichkeiten! Leicht übertrieben gesagt hatte ich den Eindruck, dass sich der öffentliche Verkehr fast schon auf Schulbusse beschränkt. So wird oft davon ausgegangen, dass jeder zumindest ein Auto besitzt und dieses ständig verwendet. Für Fußgänger sind die meisten Ortschaften jedenfalls nicht optimiert, manchmal gibt es keine Gehsteige. Die meisten Straßen, die bei uns Nebenstraßen wären, oder maximal einspurig, sind in Amerika oft mehrspurig in jede Richtung. Infolgedessen wird sehr viel Platz für Straßen verwendet und als Fußgänger muss man bei Kreuzungen einiges an Distanz zurücklegen, schon alleine um über die Straße zu kommen. Aber es gibt in Städten auch oft Wege zum Spazierengehen und Laufen, zum Beispiel schön am Meer oder an Flüssen gelegen, allerdings benötigt man unter Umständen ein Auto, um diese zu erreichen. Ich habe während des Urlaubs öfters mit CJ die Laufschuhe angezogen, um so die grüneren Stadtteile und größeren Parks zu erkunden.
Beim Thema Müllvermeidung und Plastik finde ich positiv, dass man in manchen Supermärkten und auch sonstigen Geschäften nicht automatisch eine Plastiktüte erhält, sondern gefragt wird, ob man eine benötigt und es auch öfters Papiertüten gibt. Leider sieht das beim Frühstück in normalen Motels oder Hotels anders aus, hier ist oft alles – sprich Teller, Besteck, Becher – aus Plastik oder Styropor. Die Marmeladen, Erdnussbutter und was es sonst noch so alles gibt, sind in kleinen Plastikbehältnissen, von denen man mehrere benötigt – hier wären grössere zur Selbstbedienung sinnvoll. Wie riesig der Müllsack schon nach einem Frühstück bei einem Hotel ist, kann man sich vorstellen. Mir hat das Herz geblutet und es ist mir wie ein Tropfen auf dem heißen Stein erschienen, wenn ich einen Bagel auf einer Serviette, statt eines Plastiktellers transportiert habe.
Jetzt geht es aber zu meiner Reise durch Nordkalifornien. Ich werde die schönsten Eindrücke und Fotos mit euch teilen sowie auch den kulinarischen Aspekt mit einbeziehen, das heißt, die veganen Speisen, die den Urlaub zur Genuss-Reise werden ließen. Abseits dieser besonders leckeren Mahlzeiten (einige davon lassen sich ohne weiteres nachkochen, lasst einfach der Phantasie freien Lauf, auch ohne Rezept!), haben wir selbstverständlich mehr gegessen. Der vegane Anteil an Speisen beim Frühstück bestand in den meisten Unterkünften aus Toastbrot oder Bagels mit Marmelade, Erdnussbutter, Oatmeal mit heißem Wasser zubereitet (so eine Art Haferbrei, den es in verschiedensten Varianten, zum Beispiel auch mit Zimt und Gewürzen, gab) und etwas Obst. Mahlzeiten, die in Kalifornien leicht zu finden sind, und auch in veganen Varianten erhältlich, sind diverse Salate, sowie asiatische Speisen (Maki mit Gemüsefüllung, Nudelsuppen mit Gemüse, Veggie Curries), Pasta beim Italiener, vegane Burger, mexikanische Burritos (Weizenfladen mit Bohnenmus, Reis und Gemüse, Avocadomus und vielen scharfen Jalapenos) und für zwischendurch viel Obst, verschiedenste Nüsse und Müsliriegel (wie die echt leckeren, veganen Clif Bars).
An den ersten Tagen haben wir in San Francisco einige von CJs Freunden getroffen und sind einfach durch die Stadt spaziert, haben die Sonne genossen und so nebenbei die klassischen touristischen Sehenswürdigkeiten angesehen. Besonders beeindruckend fand ich einen morgendlichen Lauf zuerst die Marina entlang (die Seelöwen beim Fishermen’s wharf zeigten sich in der Früh abseits der Touristenmassen noch sehr aktiv und verspielt und lieferten uns eine richtige Show) und dann weiter über Crissy Field bis ans andere Ende der Golden Gate Bridge und zurück. Richtig schöne Ausblicke haben sich da aufgetan und mit dem leichten Wind wurde es auch beim Laufen nicht zu heiß.
Kulinarisch hat San Francisco jede Menge zu bieten, da viele Menschen unterschiedlichster Nationalitäten in der Stadt leben, und so gibt es viele asiatische, vegetarische und vegane Lokale. Wir haben in einem veganen bolivianischen Lokal namens Pena Pachamama gegessen. Die Besonderheit hier ist, dass es – abgesehen vom Essen (vegane Bio-Gerichte, teilweise als Rohkost) – abends verschiedene Tanz-Vorführungen gibt. Leider kann ich euch nicht berichten wie diese sind, an dem Tag hatten wir schon frühzeitig Hunger und haben nur unser Essen genossen. Als Vorspeise bestellten wir Yuca Frita (frittierte Yucca) mit einer Cashew-Sauce, als Hauptspeisen hatten wir Bolivian Stew (einen bolivianischen Eintopf mit Quinoa und Bohnen), sowie Picante de Yuca (ein Gericht mit Yuca, Bohnen, Quinoa und frittierten Kohlchips mit veganem Käse). Alles war sehr lecker und wir haben es nicht zu den Nachspeisen geschafft, da wir schon satt waren.
Fast noch mehr vegane Optionen, zumindest auf kleinerem Raum, gibt es in Berkeley, einer Studentenstadt in der Bay Area ganz in der Nähe von San Francisco. Hier ist uns die Auswahl des Lokals zum Mittagessen so richtig schwer gefallen, da es an einer einzigen Straße gelegen schon fünf verschiedene vegane Restaurants gab. Unsere Wahl fiel dann auf ein veganes Lokal namens Herbivore – „the earthly grill“, das auch zwei Filialen in San Francisco hat und verschiedenste Salate, Sandwiches, sowie Speisen vor allem vom Grill anbietet. Bei dem schönen Wetter hatte ich darauf am meisten Appetit. Ich bestellte das „Orange pepper chicken“ auf Quinoa mit Veggie Huhnstückchen und Gemüse vom Grill mit einer leckeren Orangensauce. CJ hatte die Tagessuppe und ein Sandwich mit gegrilltem Gemüse. Beide Speisen waren so lecker, dass wir darüber hergefallen sind.
Unseren ersten Zwischenstopp haben wir in Napa und Sonoma Valley zur Weinverkostung gemacht. In den Tälern gibt es über 100 große und kleine Winzer, bei einigen kann man ohne Anmeldung einfach vorbeischauen und los geht es mit dem „Tasting“. Leider ist das bei den größeren Weingütern eine sehr kommerzielle, automatisierte Angelegenheit. Bei den kleineren ist das schon besser, dort kann man direkt mit den Winzern sprechen. Ich finde es total nett, zwischen den Weingütern herumzufahren – CJ hat sich als Fahrer geopfert – und die malerische Landschaft mit den Weingärten zu genießen, und immer wieder ein bisschen Wein zu trinken. Es gibt zwar organisierte Weintouren, doch ist hierfür eine Anmeldung nötig und wir hätten den Besuch vorausplanen müssen. Ein kleiner Tipp: Es ist möglich die Weinprobe zu teilen. Das haben CJ und ich auch gemacht, ich hätte es viel zu schade gefunden guten Wein wegzuschütten. Insgesamt hat mir unser zweiter Tag Weinverkosten im Sonoma Valley besser gefallen, da es hier viel mehr kleinere Weingüter gibt als in Napa, weniger Besucher, und man dadurch mit den Weinexperten besser ins Gespräch kommt. Und eines sind die Kalifornier definitiv, egal ob mit oder ohne Wein: Kommunikativ.
Als nächstes geht es weiter nach Point Reyes zum Leuchtturm, davon aber näheres in der Fortsetzung meines Reiseberichtes!