Für den freien Zeichner und Illustrator Bruno Haberzettl ist es eine Selbstverständlichkeit, seine zeitgenössische Satire gesellschaftsrelevanten Themen zu widmen. Nachhaltigkeit spielt in einigen seiner Werken eine große Rolle – ich habe mit ihm…
Für den freien Zeichner und Illustrator Bruno Haberzettl ist es eine Selbstverständlichkeit, seine zeitgenössische Satire gesellschaftsrelevanten Themen zu widmen. Nachhaltigkeit spielt in einigen seiner Werken eine große Rolle – ich habe mit ihm darüber gesprochen.
Es ist Ihnen, nach eigenen Angaben, ein Bedürfnis den AkteurInnen und ProtagonistInnen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft „die Masken herunterzureißen“ und deren „wahres Gesicht zu offenbaren“. Was wollen Sie sichtbar machen?
Bruno Haberzettl: Mir scheint es äußerst wichtig, dass sich WählerInnen, KonsumentInnen und ArbeitnehmerInnen nicht vom Glanz der Oberflächlichkeit beeindrucken lassen, der von Politik und Wirtschaft so großzügig und höchst professionell versprüht wird. Es ist doch bezeichnend, dass EntscheidungsträgerInnen in führenden Positionen nicht selten SoziopathInnen sind. Solange diese schneidig und telegen daherkommen, verzeiht die gleichgültige Öffentlichkeit ihre Charakterschwächen.
Welche Bedeutung hat das Thema Umweltschutz für Sie? Mit „Naturlieb Ja! – Aber. Wirtschaftswachstum um jeden Preis“ wird dem Thema in Ihrem neuen Buch »Brunos nackte Tatsachen« (Ueberreuter, 2014) ein ganzes Kapitel gewidmet.
Bruno Haberzettl: Das Thema Umwelt- und Naturschutz sollte oberste Priorität haben. Unser Wirtschaftssystem, basierend auf ewigem Wirtschaftswachstum, führt uns geradewegs in die Katastrophe. Wir opfern dafür ein natürliches System, das sich in Millionen von Jahren entwickelt und sich durch seine Dynamik und unendlichen Vernetzungen bis heute bewährt hat. Alles, was für uns existentiell wichtig ist, leiten wir davon ab. Was nützt uns unser Pseudowohlstand, wenn wir zum Beispiel kein sauberes Trinkwasser mehr haben? Die Zerstörung der Natur für wirtschaftliche Interessen hat sich als das schlechteste Geschäft aller Zeiten herausgestellt. Die daraus resultierenden Naturkatastrophen ziehen – auch bei uns – Reparaturzahlungen in Milliardenhöhe mit sich. Dagegen ist die Umweg-Rentabilität erhalten gebliebener Naturräume unbezahlbar!
Was mich besonders ärgert: Die Politik setzt komplett auf ein kapitalistisches Wirtschaftssystem, dass die Naturzerstörung vorantreibt und sogar noch beschleunigt. Ein System, dass auf Autopilot dahin rast, ist natürlich leicht zu verwalten. Und kommt Kritik, wird reflexartig mit Drohungen und Verängstigungen zu Arbeitslosigkeit etc. reagiert – dann kuscht die Masse wieder. Derartige „SystemidiotInnen“ als PolitikerInnen brauchen wir aber nicht, sondern wir brauchen Schach spielende VisionärInnen, die ein paar Züge vorausdenken können.
Mit welcher Intention zeichneten Sie im Kapitel „Tief über Europa. Die EU steckt in der Pubertät.“ zum Transatlantischen Freihandelsabkommen TTIP?
Bruno Haberzettl: Die EU wäre grundsätzlich eine brillante Idee. Wäre sie, wie so laut gepriesen, eine Wertegemeinschaft. Der einzige Wert um den es aber zu gehen scheint, ist das Geld und damit verbunden, die egoistischen wirtschaftlichen Interessen der einzelnen Mitglieder. So gesehen ist die EU über ihren Gründungsgedanken nie hinausgewachsen. Die massiven Bestrebungen zur Liberalisierung des Welthandels wie zum Beispiel TTIP gehen genau in diese Richtung. Soziale Marktwirtschaft, Eigenbestimmung und Naturschutz gehen dabei schön langsam flöten.
Wie könnte diese Werteverschiebung aufgehalten und verändert werden?
Bruno Haberzettl: Einer Gesellschaft, die sich aus Überzeugung einer Verkleinerung und Verlangsamung ausspricht und zwar wider aller technischen Möglichkeiten, wäre ein riesiger Entwicklungsschritt gelungen. Für uns EuropäerInnen vielleicht der größte in unserer Geschichte, da wir dadurch erstmals auf den Weg der Nachhaltigkeit kommen würden.
Ein Werk, das ursprünglich in Ihrem Buch „Brunos Jagdfieber“ (Ueberreuter, 2013) erschienen ist führt mich zur Frage: Wie nachhaltig ist die Jagd?
Bruno Haberzettl: Die Jagd ist, laut Prof. Josef Reichholf (Zoologe, Ökologe und Evolutionsbiologe), nach der industriellen Landwirtschaft der zweitgrößte Artenfeind! Ökologisch gesehen, löst sie keine Probleme, wie ihre ProtagonistInnen geifernd uns immer wieder einzureden versuchen, sondern sie verursacht diese Probleme vielmehr. Was mich so abstößt, ist die Präpotenz und Aggression, mit der JägerInnen, wider besseren Wissens, ihr bedenkliches Hobby dem Rest der Gesellschaft aufzwingen. Die Jagd ist im negativen Sinn nachhaltig. Sie schafft einen kranken Zustand im natürlichen Gefüge und hält diesen zum Nutzen von FreizeitmörderInnen aufrecht!
Wie verbringen Sie Ihre Freizeit?
Bruno Haberzettl: Wofür ich mir immer Zeit nehme, sind meine Aktivitäten im Garten und in der Natur. Dazu gehören verschiedene Maßnahmen zur Re-Naturierung. Ich beschäftige mich seit 25 Jahren mit Amphibienschutz und der Anlage von verschiedenen dynamischen Laichgewässern. Mit Leidenschaft lege ich auch Trockensteinmauern verbunden mit Sandflächen für Reptilien. Auch Vogel- und Insektenschutz sind mir wichtig. All diese Maßnahmen gewinnen für mich immer mehr an Bedeutung.
Vielen Dank für das Gespräch, die aufschlussreichen Antworten und ihr persönliches Engagement!
In jeder Sonntagsausgabe der österreichischen Tageszeitung »Krone« ist eine Karikatur von Bruno Haberzettl zu finden, in seinen Büchern kommt ihr in den vollen Genuss seiner witzigen und tiefgründigen Satire zu zeitgenössischen Themen.
Bruno Haberzettl »Brunos nackte Tatsachen«
Carl Ueberreuter Verlag, Wien 2014
Hardcover, 160 Seite mit farbigen Abbildungen
ISBN: 978-3-8000-7597-3
Meine Rezension zum Buch: Humor ist … | »Brunos nackte Tatsachen« von Bruno Haberzettl
Bruno Haberzettl »Brunos Jagdfieber«
Carl Ueberreuter Verlag, Wien 2013
Hardcover, 96 Seiten mit farbigen Abbildungen
ISBN: 978-3-8000-7566-9