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Autor: Doris

Menschen, die die Welt verbessern: Auf einen Tee mit Andreas Vojta

Im zweiten Artikel meiner Serie „Menschen, die die Welt verbessern“, stelle ich euch Andreas Vojta vor – ein Mann, der in mehrerlei Hinsicht hervorragend ist. Aber lest selbst… Auf einen…

Im zweiten Artikel meiner Serie „Menschen, die die Welt verbessern“, stelle ich euch Andreas Vojta vor – ein Mann, der in mehrerlei Hinsicht hervorragend ist. Aber lest selbst…

Auf einen Tee mit Andreas Vojta, dem schnellsten Mann Österreichs

Bild: Doris

Es ist ein später Nachmittag an einem windigen Mittwoch im Februar 2020, an dem ich hier auf der Mariahilfer Straße stehe und beobachte, wie sich Andreas mit einer Frau und ihrem Kind schon einige Minuten lang über die Bilder unterhält, die auf den Bildschirmen des heutigen „Cube of Truth“ gezeigt werden. Ich und andere Passant*innen sehen eine betäubungslose Kastration von Ferkeln, sehen, wie Kälber und Schweine in Schlachthöfen getötet werden. Es ist nicht einfach, sich diese Bilder anzusehen. Ich spreche mit den Aktiven von „Anonymous for the Voiceless“ über die Übelkeit, die in mir hochkommt, wenn ich mir diese Videos ansehe.

Andreas, noch immer im Gespräch, ist nicht nur Profisportler, 36-facher Staatsmeister im Mittel- beziehungsweise Langstreckenlauf, sondern auch Aktivist bei „Anonymous for the Voiceless“. Zum Veganismus ist Andreas gekommen, weil er sich in den letzten Jahren vermehrt mit den Themen Umwelt- und Tierschutz sowie Nachhaltigkeit auseinandergesetzt hat. So wurde für ihn klar, dass individuelle Kaufentscheidungen immer auch einer Stimmabgabe bei einer Wahl gleichen. Diese Reflexionen bringen allerlei Fragen mit sich: Was sind meine Werte? Was ist mir wichtig? Wie soll diese Welt aussehen, wenn es nach mir geht? Was möchte ich unterstützen, was nicht?

Und so kam bei Andreas ein Prozess in Gang, der ihn zuerst zum Vegetarier und dann zum Veganer werden ließ. Bei dieser Veränderung ging es ihm nicht darum, seine sportliche Leistung zu verbessern, und doch bemerkte er bald nach der Umstellung positive Effekte in dieser Hinsicht. Vor allem, dass er schneller regeneriert und der Körper nach dem Essen nicht so belastet ist. Das und vieles anderes verrät mir Andreas vor der Demo bei einer Tasse Tee:

Doris: Hi Andreas, kannst du mir mal ein bisschen was über dich erzählen?

Bild: Wilhelm Lilge

Andreas: Ja, ich fang mal ganz vorne an. Ich bin Andreas Vojta, bin quasi Profi-Läufer kann man sagen, also ich renn hauptberuflich im Kreis, sag ich immer gern. Ich hab schon als Jugendlicher im Sportunterricht die anderen in meiner Klasse ohne Probleme überrunden können, und so bin ich zum Laufsport gekommen, den ich nun schon viele Jahre als Leistungssportler betreibe.

Wie kann ich mir dein Trainingspensum ungefähr vorstellen?

Ich mach halt Mittel-/Langstreckenlauf, früher mehr 1500 Meter, jetzt mehr Fokus auf 5.000 Meter, also das ist dann schon Langstrecke in der Bahn-Leichtathletik, und ja, die reine Trainingszeit ist nicht so viel. Ich sag mal acht, neun, zehn Stunden ist jetzt wirklich die Zeit, wo man läuft, also neun bis zwölf Einheiten pro Woche. In meinem Fall vom Umfang her so 120 bis 150 Kilometer.

Und wie geht’s dir da mit der Belastung? Also das muss der Körper ja auch aushalten.

Ja, natürlich, ein wichtiger Punkt ist halt, unabhängig von der Ernährung, Regeneration – Erholung für den Körper, das ist eigentlich der Schlüssel; dass man nach einer Belastung eine Entlastung hat, und entsprechend sich da wieder neu und im Optimalfall stärker aufbaut.

Wie war das bei dir mit der Umstellung auf vegan?

Das war im Mai 2018. Also ich war im Prinzip eineinhalb, zwei Jahre vegetarisch, seit 2016, und dann jetzt nicht ganz zwei Jahre vegan. Und ja, im Nachhinein betrachtet, das Beste wahrscheinlich, was ich je gemacht hab. Ich bin eigentlich von Haus aus mit der Einstellung reingegangen: Nährstoffe (ohne mich viel damit beschäftigt zu haben) sind da und da gleich, und wenn ich die hab, dann kann ich meine Leistung bringen. Daraufhin hab ich mich natürlich schon noch sehr viel eingehender mit dem Thema Ernährung auseinandergesetzt. Sich mit dem Thema genauer zu beschäftigen, ist aber eigentlich für jeden zu empfehlen, nicht nur für Spitzensportler.

Welche Veränderungen hast du nach der Ernährungsumstellung bemerkt?

Was ich im Allgemeinen merke, und was man wahrscheinlich von vielen Leuten hört – unabhängig, ob Sportler oder nicht –, die vegan sind: ich regeneriere recht gut, ich fühle mich einfach viel schneller frisch. Als ich noch nicht vegan war, hab ich mich nach dem Mittagessen und dem Vormittagstraining oft schlapp gefühlt. Das hat sich jetzt mit der veganen Ernährung deutlich verbessert. Also da merkt man schon, der Körper ist einfach schneller wieder da und das hilft natürlich, ich kann besser trainieren, ich bin frischer in den Wettkämpfen. Es ist halt so im Spitzensport, wenn du ein halbes Prozent rausholen kannst, kann das einen Riesenunterschied machen, wenn ich auf 5.000 Meter fünf Sekunden schneller renne, das kann ein Unterschied zwischen Olympia-Teilnahme und irgendwo Mitläufer sein.

Wie bist du dann zum Tierrechtsaktivismus gekommen?

Bild: Doris

Wenn man sich damit beschäftigt und einem das wichtig ist, merkt man einfach, okay, selbst was zu tun und bei anderen wegzuschauen, das geht irgendwie nicht, genauso wie bei anderen Dingen, die ich als Ungerechtigkeit erachten würde. Wenn irgendjemand seinen Hund auf der Straße schlägt, würde ich auch nicht weitergehen, sondern sagen: „Hey, was machst du da?“ So bin ich dann zu „Anonymous for the Voiceless“ gekommen. Das Konzept hat mir einfach gefallen. Man zeigt auf der Straße den Leuten den Alltag beziehungsweise die Realität in der Tierindustrie. Wenn die Leute interessiert sind, bleiben sie stehen, und fragen vielleicht selber aktiv nach, dann informiert man sie darüber. Außerdem lernt man coole Leute kennen, was auch wichtig ist, gerade, wenn man vegan lebt, weil vielleicht im eigenen Freundes- oder Familienkreis (noch) nicht so viele vegan sind. Neben dieser Art von Street-Aktivismus versuche ich auch, über meine Präsenz als Sportler auf das Thema aufmerksam zu machen.

Vielen Dank für das spannende Interview und deinen Einsatz für die gute Sache! Alles Gute!

 

Dieses Interview haben wir noch in der Zeit vor Covid-19 geführt. Danach hat sich auch für Andreas die Saisonplanung natürlich radikal verändert. Er ließ sich dadurch aber nicht beirren, denn auch in Punkto Mentaltraining ist er top und geht seinen Weg entschieden und selbstbewusst weiter. Aktuell (November 2021) hat er seinen 45. (!!) Staatsmeistertitel gewonnen. Mehr Informationen über Andreas, seinen Trainingsalltag, und seine sportlichen Erfolge findet ihr auf seinen Webpräsenzen:

Facebook-Seite von Andreas Vojta
YouTube-Channel von Andreas Vojta

Mein erster Beitrag zur Serie „Menschen, die die Welt verbessern“ dreht sich um Silvia und die (zeitgemäße) Arbeit.

Kennt ihr Menschen, die die Welt verbessern und die auf The bird’s new nest vorgestellt werden sollten? Ich freue mich auf eure Tipps und Vorschläge!

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Menschen, die die Welt verbessern: Silvia und die (zeitgemäße) Arbeit

– „Tätigkeiten (…) mit Widmung (machen), sodass wir wirklich Platz darin haben.“ – In dieser Artikel-Serie auf The bird’s new nest möchte ich über Menschen schreiben, die mich besonders inspirieren,…

– „Tätigkeiten (…) mit Widmung (machen), sodass wir wirklich Platz darin haben.“ –

In dieser Artikel-Serie auf The bird’s new nest möchte ich über Menschen schreiben, die mich besonders inspirieren, weil sie die Welt auf ihre eigene Art und Weise verbessern. Weil sie andere Wege gehen, weil sie ihre eigenen Wege gehen. Wege, die sich für sie Sinn-voll anfühlen, auch wenn sie anstrengend, da wenig ausgetreten, sein mögen. Ich möchte über jene Menschen schreiben, die gegen den Strom schwimmen, die sich trauen, anders zu sein. Die Vorreiter*innen, Vorbilder sind. Die uns zeigen, was man mit einem Leben bewirken kann. Die optimistisch sind, die ihre Energie für Dinge einsetzen, die anderen dienen.

Einer dieser Menschen ist Silvia. Silvia ist eine Frau, die wahrnimmt, wie unser kapitalistisches Arbeits- und Gesellschaftssystem Menschen zermürben kann. Wie es Menschen und ihre Arbeitskraft im Sinne der Profitmaximierung unterjocht. Silvia ist eine Frau, die verstanden hat, dass es Zeit ist, anders zu denken, anders zu handeln und anders zu leben. Die den Mut und den Eigensinn hat, dies auch zu tun. Die die Weisheit hat, zu spüren, wie wichtig es ist, ihr Leben nach ihren Werten, ihren Talenten und ihren Fähigkeiten auszurichten. Zu ahnen, was sie durch ihr (Anders-)Sein beiträgt. Zu leben, wie es sich für sie stimmig anfühlt. Auch wenn dies bedeutet, dass ihr Weg, den sie beschreitet, ein anderer ist. Ein Weg, auf dem sie so manche Hürden erwarten. Auf dem sie immer wieder anhält, sich umblickt, es wagt, inne zu halten, bis sich ein neuer Wegweiser auftut.

Silvia ist ein Schreiberling, eine Querdenkende, ein Naturmensch, ein Pferdemensch. Ihr literarisches Talent wird zum Beispiel in einem wissenschaftlichen Beitrag – der sich übrigens wie ein Kurzroman liest – in einem Forschungsband deutlich, den ich mir von ihr zum Lesen ausborgen durfte. Sie lebt ihre besondere Fähigkeit, sich mit der Natur zu verbinden. Diese Fähigkeit behält sie nicht nur für sich – obwohl es sie des Öfteren auch alleine in die Natur, auf die Berge hinaufzieht –, sondern teilt sie auch mit anderen, wenn sie zum Beispiel im Rahmen der „Waldläuferbande“ Kindern spielerisch Wälder und Natur näherbringt, oder auf Wildniscamps, wo es möglich wird, zu erleben, wie es ist, mit und in der Natur zu sein – mit ihren Kreisläufen, ihren Witterungen, wo auch mal im Regen getollt wird, wo Erde gefühlt wird.

Gemeinsam mit anderen schafft Silvia Orte des Wohlbefindens, der Verbundenheit; wie in dem Frauenkreis, den sie im ihrem Wohnort organisiert. Auch im regionalen Foodcoop ist sie aktiv, um regionale Lebensmittelversorgung zu unterstützen. Den Rasen vor dem Haus, in dem sie wohnt, hat sie zu einem bunten Garten transformiert, der vielen Menschen leckeres und gesundes Obst und Gemüse spendet und für Insekten, Vögel und andere Tiere wie Igel und Schlangen ein nahrhaftes Zuhause geworden ist.

Silvia lebt ein Leben, das sich nicht in normative Formen pressen lässt. Sie steigt aus dem kapitalistischem Hamsterrad aus – beziehungsweise ist sie in selbiges nie wirklich eingestiegen –, das unsere Umwelt verbraucht und Wälder zu Geldscheinen konvertiert, um sich selbst zu leben und um eine Vorbotin und -denkerin für Neues zu sein. Dazu arbeitet sie mit anderen Anders-Denker*innen im „Institut für zeitgemäße Arbeit“ zusammen. Es handelt sich dabei um einen „Think-Feel-Do-Tank“, dessen ungewöhnlicher Name bewusst gewählt wurde. In diesem Institut soll eben nicht nur intellektuell reflektiert werden. Man soll auch ins Handeln, ins Fühlen kommen. Jeder kann dabei mitmachen, zum Beispiel beim vom Institut veranstalteten Wanderseminar „WanderZeit“, das übrigens bald wieder im Wienerwald stattfinden soll.

Das Institut für zeitgemäße Arbeit stellt uns die Frage: „Was und wie arbeitest du, wenn für dein Auskommen gesorgt ist?“, und ruft uns somit auf zu reflektieren, was unsere eigenen Werte sind, abgetrennt von dem, was uns das kapitalistische System verkaufen will, unabhängig davon, wie unser Leben von plutokratischen Scheindemokratien beeinflusst wird, losgelöst davon, wie parteiische Medien auf uns einwirken wollen. Es lädt uns zu dem Gedankenexperiment ein, dass ein bedingungsloses Grundeinkommen, das vielerorts prophezeit wird, jetzt bereits da sei. Dass es uns bereits möglich ist, frei zu wählen, wie wir unsere Lebenszeit verwenden wollen.

In ihren Blog-Beiträgen lässt uns Silvia ein Stück weit in ihre (Er)Lebenswelt blicken. Um ihr (Er)Leben ein Stück weit mit uns zu teilen, beschreibt sie darin mutig Auszüge aus ihren Erfahrungen und reflektiert diese in ihrem gesellschaftlichen Kontext. Silvia betont den Wert alltäglicher Reproduktionsarbeit, die in unserem System geringgeschätzt wird, für die Qualität unseres Seins jedoch essentiell ist: „Das heißt, mir, mit und für die Menschen in meinem Umfeld einen Alltag gestalten, so dass wir uns darin wohlfühlen. Die Dinge wie Kochen, Waschen, Putzen, Zeit miteinander verbringen, sich gegenseitig in emotionalen Prozessen begleiten, Essen, et cetera. Einfach das Leben wahrnehmen. Tätigkeiten nicht nur „schnell schnell“ machen, sondern mit Widmung, sodass wir wirklich Platz darin haben.“

Silvia beschreibt etwas, das sich auch in buddhistischer Achtsamkeit wiederfindet. Eine Praxis, die der Schnelligkeit unserer westlichen Welt, dem Leistungsdruck, all dem, das uns überfordert und auf Dauer auslaugt und krank macht, eine „Widmung“ entgegenstellt. Ein „Zeit-Nehmen“. Was ist das für ein Luxus geworden, in unserer Gesellschaft, dass jemand Zeit und Energie für einen hat? Wie schwer ist es für uns, die Karriereleiter, an die wir uns klammern, los zu lassen, uns auf die Erde zu setzen, durch Wälder zu wandern, in Bergseen und -flüssen zu baden, und zu reflektieren, was wirklich wichtig ist im Leben? Was für eine Kraft kostet es, sich nicht zu bemühen, sich einzufügen in das System, und sich stattdessen zu fragen: „Tut es gut, was ich mache? – Mir, und anderen?“

Kennt ihr Menschen, die die Welt verbessern und die auf The bird’s new nest vorgestellt werden sollten? Ich freue mich auf eure Tipps und Vorschläge!

 

Weiterführende Links
Weißengruber, Silvia. (2015) „Arbeit und Kritik: Versuche alternativer Lebenspraktiken im Neoliberalismus“, Marburg: Jonas Verlag.
Gespräch mit Silvia: „Über das Verständnis von Arbeit: Alternativen zur klassischen Erwerbsarbeit. Mit Silvia Weißengruber. Kulturanthropologische Gespräche #3
Institut für zeitgemäße Arbeit

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