Sind wir schon da? Sind wir schon da? Sind wir schon da? Seit ein paar Tagen liegt uns Co-Blogger Flo schon mit dieser Frage in den Ohren. Gefühlt ist das zumindest so. Am vierten Tag unserer Reise steht nämlich etwas auf dem Programm, das er bei seiner ersten Indien-Reise notgedrungen auslassen musste: Die „Porno-Tempel“ von Khajuraho im Bundesstaat Madhya Pradesh, deren Steinbilder angeblich dem Kamasutra Konkurrenz machen.

Ein Ziel, das mich ja nun nicht wirklich begeistern kann. Wie denn auch, haben wir doch wohl den Höhepunkt in Sachen Tempelbesichtigung schon erlebt? Und dann noch diese Frohbotschaft: Wir kommen in einem etwas abgelegen Ressort unter. Das wäre ja kein Problem, ABER: Von Internet keine Spur. Dass ich das erst zwei Stunden vor der Ankunft erfahre, macht die Sache nicht besser.

“Wo liegt denn das Sarai at Toria nochmal?”, selbst unser indischer Shanti Travel Fahrer muss auf der holprigen, vom Regen durchweichten Sandstraße nach dem Weg zu unserem Übernachtungsort fragen. Die Abbiegung ist aber auch wirklich nicht zu sehen. Ein paar Meter geht es weiter ins Nirgendwo bis unser Auto plötzlich Halt macht: Ein gepflegter Inder in weißem Hemd und Jeans winkt uns zu. Aha, wir sind also angekommen.

Satai at Toria bei Sonnenuntergang. Foto: Doris

Satai at Toria bei Sonnenuntergang.

Der Inder, der vielleicht in meinem Alter ist, begrüßt uns freundlich und überschwänglich auf Englisch. Das dienstbeflissene Personal reißt uns das Gepäck förmlich aus der Hand. Wir verabreden uns für morgen früh mit dem Fahrer. Alles wie immer also. Bis jetzt.

Wir nähern uns langsam unserem Zuhause für die nächsten paar Tage. Foto: Doris

Wir nähern uns langsam unserem Zuhause für die nächsten paar Tage.

Statt den üblichen großen, weit aufschwingenden Flügeltüren, die zur Hotellobby führen, sehen wir nämlich… nichts. Okay, das ist so nicht richtig: Vor uns liegt ein vom Regen durchweichter Erdpfad, der über eine etwas wackelig aussehende Hängebrücke führt. An deren anderem Ende ist die Vegetation wie auf Knopfdruck anders. Wo zuvor noch dichtes Gebüsch zu sehen war, stehen jetzt lange, üppig grüne Grashalme für uns Spalier. Und in der Ferne erhaschen wir auf der einen Seite schon den ersten Blick auf ein paar Lehmhäuser, auf der anderen Seite fließt der Ken Fluss. Bei dem Anblick ist meine getrübte Stimmung gleich wieder verflogen, sie hat in dieser Umgebung einfach keine Chance – und überhaupt, wer braucht in diesem Paradies schon Internet?

Das Haupthaus des Sarai at Toria liegt vor uns. Foto: Doris

Das Haupthaus des Sarai at Toria liegt vor uns.

“Da drüben ist das Panna Tiger Reserve.”, zeigt Dr. Raghunandan Singh Chundawat auf die gegenüberliegende Seite des Flusses, während wir an einem der vielen Kaffees der nächsten Tage schlürfen. Der große, grauhaarige Inder hat uns im Hauptgebäude in Empfang genommen, das mit seiner auf allen Seiten offenen Struktur, dem dunklen Holz und Strohdach mehr an Safari-Lodges in Afrika erinnert, oder zumindest stelle ich mir diese so vor.

Empfangshalle und Wohnzimmer für uns. Foto: Doris

Empfangshalle und Wohnzimmer für uns.

Genauso wie das Service, kaum haben wir uns nämlich in den bereit stehenden Couches niedergelassen, werden wir auch schon umsorgt: Tee, Kaffee, Wasser sowieso – wir sind gar nicht so schnell mit Bestellen und Wünschen, da ist das Geforderte bereits vor unserer Nase. Ein fast schon erschreckend perfekter Rundum-Service, an den wir uns die nächsten paar Tage noch gewöhnen werden.

Das Haupthaus erinnert irgendwie an eine Safari in Afrika. Foto. Doris

Das Haupthaus erinnert irgendwie an eine Safari in Afrika.

Vier Jahre ist es her, dass der Biologe Raghunandan und die Wildnis-Fotografin Joanna Van Gruisen am Eingang des Panna Nationalparks sechs Lehm-Häuser nach alter, lokaler Tradition erbauen haben lassen. Bambus, Ziegeln, Lehm, Stein, Gräser – alles, was verarbeitet wurde, stammt aus der näheren Umgebung. Einem “low carbon footprint” zuliebe: “Durch das Projekt wollen wir sanft aufzeigen, dass man Luxus und Komfort genießen und dennoch erd-freundlich bleiben kann.”, heißt es im Prospekt, das in den Cottages aufliegt. Das bedeutet unter anderem, Solar-Energie zu nutzen und mit Bio-Gas zu kochen. Das heißt aber noch etwas mehr.

An den nächsten Lodges wird seit längerem gebaut. Foto: Doris

An den nächsten Lodges wird seit längerem gebaut.

“Ich wollte nicht mehr mit den Geldern von Exxon und anderen ähnlichen Firmen forschen,”, erklärt Raghunandan, der selbst über zehn Jahre mit den Tigern gearbeitet hat, ,“ich wollte den Menschen direkt helfen.” So unterstützt er die ehrenamtlichen Guides des nahen Tiger Reservats mit Schulungen, die Mitarbeiter des Ressorts kommen aus den umgebenden Communities, handgemachte Seife von Frauen der ländlichen Umgebung liegt im Badezimmer, in den Räumen stehen Thermoskannen mit gefiltertem Wasser statt Plastikflaschen bereit – statt groß mit Labels wie „Eco-Lodge“ Werbung zu machen, setzt man im Sarai at Toria offenbar lieber auf Taten.

Florian & Michaela vor "ihrem" Zuhause. Foto: Doris

Florian und Michaela vor „ihrem“ Zuhause.

My bed is my castle. Foto: Doris

My bed is my castle.

Smarte Lösungen warten überall - wie die Thermoskanne mit gefiltertem Wasser. Foto: Doris

Smarte Lösungen warten überall – wie die Thermoskanne mit gefiltertem Wasser.

Apropos Tun: Unternehmen kann man in der Umgebung des Sarai at Toria so einiges, nicht erst wenn ab Mitte Oktober die Hauptattraktion des Nationalparks, das Panna Tiger Reserve wieder öffnet. Man kann zum Beispiel zu den Raneh-Wasserfällen fahren, mit einem der Guides vom Satai at Toria einen Village Walk machen oder die berühmte Bootstour auf dem Ken Fluss unternehmen, bei der man Krokodile und weiteres Getier sehen kann, die wir aber wegen der starken, noch immer andauernden Regenfälle und des hohen Wasserstands diesmal leider auslassen mussten.

Und wem das noch nicht genug Action ist, der kann es ja unserem Tourguide David gleich tun: Der hat in seiner Lodge im Sarai at Toria eine Maus entdeckt, sie in einem Mutanfall in die Ecke gedrängt, in die Hand nehmen und hinaustragen wollen. Der Widerstand der indischen Maus war aber größer: Sie hat ihn einfach in die Hand gebissen – und sich dann wieder in „ihre“ Lodge verkrochen. Sie war schließlich schon früher da als er!

Ach, und die Porno-Tempel? Nett waren sie, und ja, man sieht tatsächlich einige anzügliche Stellungen. Zumindest wenn man so genau schaut wie Florian…

Es gibt im Nationalpark eine günstigere Unterkunft als das Sarai at Toria, das auch deshalb die Luxus-Schiene fährt, um keine Konkurrenz zu schaffen. Exklusiv ist sie jedenfalls – noch -, denn anders als vieles sonst kennt sie der Lonely Planet offenbar nicht! Preise: Im Doppelzimmer 13.740 Indian Rupees (ca. 190 Euro) pro Lodge und Nacht (inkl. Steuern, Frühstück, Mittag- und Abendessen, sämtliche nicht-alkoholische Getränke und andere Services des Hauses)

Offenlegung: Ich war 14 Tage mit Shanti Travel auf Blogtrip. Herzlichen Dank für die Einladung! Die Meinungen und Ansichten in der Geschichte bleiben meine eigenen.