Ich möchte etwas bewegen! Den Gedanken kennt wohl jeder Reisende, der schon einmal in Asien, Latein- oder Südamerika beziehungsweise Afrika unterwegs war. Manchmal ist man schier sprach- und bewegungslos angesichts unzähliger Menschen, die in Indien nackt auf der Straße schlafen. Man fühlt sich machtlos, wenn man Leute im Müll wühlen sieht – und weiß, dass sie noch Glück haben, Essbares zu finden. Man hat Mitleid mit Kindern, die sich in Bergdörfern mit fünfzig anderen in eine Schulklasse zwängen und nicht einmal ein Heft zum Schreiben besitzen. „Man“ – ich spreche hier von mir, mit den Gefühlen und Gedanken bin ich aber offenbar nicht alleine: Nicht umsonst gibt es zahlreiche Websites und Anbieter, die sich auf die Vermittlung von Hilfseinsätzen, Freiwilligenarbeit und sonstigen Sozialprogrammen spezialisiert haben. Meist gegen Geld.

travel2change ist anders. Das zeigt schon die Gründungsgeschichte: Der Vorarlberger Thomas Kohler hat die Organisation ins Leben gerufen, nachdem er selbst im Surfurlaub auf Mauritius damit konfrontiert war, dass die lokale Jugend auf Grund mangelnder Ausrüstung und Ressourcen keine Erfahrungen wie er als Reisender machen konnte. Obwohl sie im Paradies leben, konnten sie dies nicht auf die gleiche Weise erleben und genießen wie ökonomisch besser gestellte Reisende. Diese Ungleichheit hat ihn letztlich motiviert, vor Ort einen direkten Austausch zu initiieren; nachdem das Problem aber nicht nur auf Mauritius besteht, hat er die Plattform ins Leben gerufen, um die Situation weltweit zu verbessern.

Ich habe Gründer Thomas Kohler und Sina Hillger, Community Manager von Travel2Change interviewt: 

Doris: Ich kann mich noch an die erste Begegnung mit euch erinnern. Da hattet ihr einen Wettbewerb gestartet, bei dem Leute sinnstiftende Reiseideen vorschlagen sollten. Der Sieger erhielt Unterstützung, das Projekt umzusetzen. Was hat sich seither getan? 

Im Wesentlichen hat sich an der Idee nichts geändert. Allerdings haben wir die Positionierung laufend aufgrund der gemachten Erfahrungen angepasst. Wir wollen Reisende und die lokale Bevölkerung rund um sinnvolle Reiseerlebnisse zusammenbringen. Die lokale Bevölkerung (Non-Profit-Organisationen oder Einzelpersonen) bieten Reisenden die Möglichkeit, bei sinnstiftenden Erlebnissen teilzunehmen. Diese travel2change Erlebnisse sollen für die lokale Bevölkerung Nutzen stiften. Zusätzlich zu den Wettbewerben soll unsere Plattform die laufende Vernetzung von Reisenden und der lokalen Bevölkerung rund um travel2change Erlebnisse fördern.

Wie bei unserem Start, gibt es nach wie vor die Wettbewerbe auf der Plattform www.travel2change.org. Mit den Wettbewerben sammeln wir Ideen und inspirierende Projekte wie Reisende in Zusammenarbeit mit der Lokalbevölkerung gemeinsam etwas Sinnstiftendes erleben und erschaffen können. Momentan ist der Fokus auf der Sports, Hawaii und der Atlantic Rainforest Challenge.

Für Reisende ist euer Projekt kostenlos: Wie wird die Arbeit finanziert? Woher kommt das Geld?

Wir stellen die Plattform kostenlos für jeden bereit. Wir sind kein Reiseveranstalter und in die Organisation, die Koordination einer Reise sowie der sinnstiftenden Zusammenarbeit der Reisenden und Lokalbevölkerung nicht involviert. Dies geschieht eigeninitiativ. Unser Team arbeitet auf freiwilliger Basis. Wenn wir einen Wettbewerb ausschreiben, werden anfallende Kosten vom Sponsor gedeckt und Gewinne bereitgestellt.

Soviel ich weiß, arbeitet ihr mit Sponsoring-Partnern zusammen, nach welchen Kriterien sucht ihr die aus?

Grundsätzlich haben wir keine festen Kriterien, nach denen Sponsoring-Partner ausgewählt werden. Uns ist wichtig, dass der Partner ähnliche Werte vertritt und die Ziele übereinstimmen. Zum Beispiel wird der Wettbewerb für den Atlantischen Regenwald von „Sudden Rush Guarana“ unterstützt, weil das Produkt die Region in Brasilien fördert.

Foto: Hanno Mackowitch

Wie bestimmt ihr, welche Programme und Projekte ihr unterstützt?

Wir unterstützen jede Idee, die keine ethischen oder moralischen Kontroversen mit sich zieht. Auf Grund der großen Unterschiede ist es auch schwer möglich zu sagen, welches Reiseerlebnis besser ist als andere. Solange gewährleistet ist, dass ein gewinnbringender (und damit ist nicht zwangsläufig ökonomischer Gewinn gemeint!) Austausch von Reisenden und der Lokalbevölkerung stattfindet, bekommen die Initiatoren unsere Unterstützung im Sinne von Marketing und Nutzung unseres Netzwerks.

Wenn jemand mit travel2change eine Reise antritt, was ist eure Dienstleistung? Wie unterstützt ihr die Reisenden bei ihren travel2changes?

Wir stellen die Plattform auf der sich Reisende informieren, inspirieren lassen und austauschen können. Weiterhin können sie dort mit lokalen Organisationen in der Zieldestination in Kontakt treten, um an bestehenden Projekten mitzuwirken.

Sina, du bist Community Manager: Wie sieht deine Arbeit aus?

Als Community Manager bin ich zum einen Ansprechpartnerin für jeden, der sich auf travel2change anmeldet. Dabei gibt es technische, inhaltliche und auch persönliche Fragen. 95 Prozent des Kontakts geschieht per Mail; es kommt aber auch vor, dass ich Gespräche via Skype führe, zum Beispiel um travel2change näher zu erläutern oder Feedback zu Ideen zu geben.

Das Team. Foto: Travel2Change

Wenn du dir ein sinnvolles Reiseprojekt aussuchen könntest: Was würdest du am liebsten tun, wohin würde es dich verschlagen und warum?

Da ich bereits ein Jahr lang in Indien in der Stadt-Slumentwicklung im Bereich Sanitärversorgung tätig war, reizt mich der asiatische Raum sehr. Als Reisende würde ich aber keine Großstadt als Ziel wählen, weil ich Erholung in der Natur finde. Ich könnte mir sehr gut vorstellen, in einer Auffangstation für Orang Utans in Borneo oder Sumatra mitzuwirken.

Hatte schon einmal jemand, der eine Challenge gewonnen hatte, ein Problem? Wie wurde es gelöst?

Während unserer ersten Challenge – der Water Challenge in Zusammenarbeit mit Kuoni Reisen – hätte ein Projekt besser funktionieren können. Der Projektleiter der kenianischen Organisation war weniger am Projekt als am Projektbudget interessiert, so dass wir Kürzungen vorgenommen haben, weil die ausgemachten Aktivitäten und Ziele nicht erreicht wurden.

Aufgrund fehlenden Budgets sind wir bei der Koordination der Projekte lediglich unterstützend tätig. Unsere Leistung an Challenge Gewinner besteht eigentlich nur in der Übermittlung des Gewinns; jegliche Organisation und Koordination mit den lokalen Kontaktpersonen geschieht selbstinitiativ und darum sind wir in Probleme und deren Lösung nicht zwangsläufig involviert. Natürlich stehen wir aber in Kontakt mit unseren Gewinnern und freuen uns über Updates und Feedback aus ihrer Arbeit.

Die Frage: Heute in fünf Jahren – wo seid ihr mit travel2change?

Eine Vision ist, dass wir in allen Ländern der Welt durch lokale Organisationen vertreten sind, die travel2change experiences anbieten und so Reisenden ermöglichen, das Land und seine Umstände authentischer zu erleben und im Gegenzug durch deren Motivation, Wissen und Einsatzbereitschaft zu profitieren.

Wer sich für travel2change weiter interessiert oder an einer der Challenges teilnehmen möchte, wirft am besten einen Blick auf die Website: www.travel2change.org