„Glück ist Liebe, nichts anderes. Wer lieben kann, ist glücklich.“ So klar hat selten jemand formuliert, worin er das größte Glück sieht. Diese Worte stammen aus der Feder des deutschen Schriftstellers Hermann Hesse, der mit seinen Gedanken über die Liebe und das Leben ganze Generationen fesselt. In meinem ersten Kolumnenbeitrag habe ich euch die Geschichte meiner lieben Freundin Thea erzählt, die auf ein erfülltes Leben mit ihrem geliebten Mann zurückblicken und in glücklichen Erinnerungen schwelgen durfte. Ich frage mich oft, was das Geheimnis einer so langen, innigen Verbindung ist. Sind es ähnliche Wertvorstellungen oder gemeinsame Ziele? Sind es geteilte Leidenschaften oder gleiche Meinungen? Oder sind es die Unterschiedlichkeiten, die Differenzen, die zwei Menschen so dauerhaft und eng aneinander binden? Ist es vielleicht eine Kombination aus alledem? Ich werde vermutlich nie eine abschließende Antwort auf diese Frage finden. Manchmal aber habe ich das Gefühl, einen kurzen Blick auf des Rätsels Lösung erhaschen zu können.

Wenn ich meine Eltern sehe, die seit mehr als 30 Jahren verheiratet sind, wie sie füreinander da sind und sich gegenseitig in allen Lebenslagen unterstützen, wird mir vieles klar. Sie könnten unterschiedlicher nicht sein und finden doch immer wieder Gemeinsamkeiten. Einen Spaziergang in der Natur, ein gemeinsamer Ausflug in die Stadt, eine Tasse Kaffee im Garten. Sie lachen miteinander, teilen ihre Leben und lassen dem anderen doch genug Raum für sich selbst. Sie begegnen sich mit größtem Respekt und Liebe im Herzen. Die Liebe nicht nur im Herzen, sondern auch in den Augen sehe ich bei meinem Bruder und seiner Freundin. Sie bauen gerade ihr erstes eigenes Nest, erkunden gemeinsam die Welt und lassen ihre Umwelt im Glanz ihrer jungen Liebe erstrahlen. Bei anderen Paaren in meinem Bekannten- und Freundeskreis sehe ich wilde Diskussionen und stürmische Versöhnungen, Leidenschaft in allen möglichen und unmöglichen Situationen des gemeinsamen Lebens. Ich kenne Ehepaare, die getrennte Wohnungen haben und ihre Verabredungen genießen wie frisch verliebte Teenager. Andere leben zusammen und verbringen jede freie Minute miteinander. Manchen reicht das Sonntagsfrühstück im Kaffeehaus nebenan. Andere bereisen zusammen die ganze Welt, klettern auf Berge, übernachten in Wäldern und schreiben gemeinsam Geschichte. So unterschiedlich alle diese Paare sind, so gleich sind sie doch, wenn es um die Liebe geht. Ihre Augen strahlen, wenn sie einander betrachten. Nach außen vermitteln sie alle die gleiche Botschaft: Wir gehören zusammen, wir sind eins.

Ganz besonders deutlich wird diese Botschaft, wenn sich zwei Liebende gegenüber stehen und sich vor ihren Familien und Freunden versprechen, ihre Zukunft in liebevoller Verbundenheit miteinander zu verbringen. In solchen Momenten ist die Luft von Liebe getränkt, das Glück spürbar. Das Glück der Brautleute, ihre andere Hälfte gefunden zu haben. Das Glück der Familien, ihre Kinder in gute und liebende Hände übergeben zu können und an deren Strahlen teilhaben zu dürfen. Das Glück der Freunde, eine Liebesgeschichte so nahe mitzuerleben. Ich durfte all diese wunderbaren Aspekte von Glück und Liebe vor wenigen Wochen erfahren, als meine älteste Freundin von ihrem Mann zum Altar geführt wurde. Diese zwei Menschen haben unter viel Applaus, Jubel und Lachen der Welt mitgeteilt, dass sie ihre Leben miteinander verknüpfen wollen, dass sie eins sind. Dass sie eins sind und es immer bleiben wollen. 

„Seid verschwenderisch mit der Liebe.“, sagte der Prediger bei der Trauung der beiden. Seid verschwenderisch, denn wo viel Liebe ist, wird viel Glück sein. Seid verschwenderisch, seid laut. Ruft eure Liebe in die Welt hinaus, damit sie sich ausbreitet und auch in den letzten Winkel kriecht. Macht kein Geheimnis aus eurem Glück, posaunt es hinaus und erfreut euch daran. Es ist ansteckend, durch das Teilen wird es immer größer und mächtiger. Und selbst der traurigste Mensch wird irgendwann ein Lächeln im Gesicht spüren, sein Herz öffnen und an die vielen liebevollen Momente denken, die er in seinem Leben schon erfahren durfte und noch erfahren wird. Und dann ist er glücklich. 

Geliebt zu werden macht glücklich, selbst zu lieben nicht weniger. Hermann Hesse hat es auf den Punkt gebracht. Also geht raus und werft mit Liebe um euch. Küsst und umarmt die Menschen, die ihr im Herzen tragt. Sagt ihnen, dass ihr sie liebt. Nicht nur einmal, sondern immer dann, wenn es euch in den Sinn kommt. Auch das sehe ich bei meinen Eltern. Sie versichern sich ihre Liebe jeden Tag aufs Neue. Denn man kann den Menschen gar nicht oft genug sagen, dass sie etwas Besonderes sind.