Bling! „Kellertour morgen, 23. März findet statt. 19 Uhr Haupteingang Stephansdom. Dauer: ca. zwei bis zweieinhalb Stunden. Beste Grüße, Peter van der Unterwelt“. Die SMS kam unvorbereitet. Unverhofft. Schließlich hatten wir – gleichnamiger Herr der Unterwelt und ich – seit ungefähr sechs Monaten Kontakt. Genauso lange haben wir versucht, einen gemeinsamen Termin zu finden, an dem ich ihn ins unterirdische Wien begleiten kann. Jedesmal aber, wenn ich in „meiner“ Stadt war, wurde die Tour aufgrund zu geringer Teilnehmeranzahl abgesagt. Und jedesmal, wenn genügend Leute aufgetrieben waren, war ich garantiert nicht in Wien. Aber jetzt…

Dabei bin ich schon einmal hinab gestiegen, in die Kanalisation – damals, im Sommer.

Am Wienfluss befindet sich das längste Kanalisationssystem der Welt. Foto: Doris

Am Wienfluss befindet sich das längste Kanalisationssystem der Welt.

Wir waren eindeutig nicht die Ersten, die sich nach unten getraut haben - spätestens jetzt ist das klar. Foto: Doris

Wir waren eindeutig nicht die Ersten, die sich nach unten getraut haben – spätestens jetzt ist das klar.

Lauf, lauf! Wenn dich die Führer der offiziellen 3.-Mann-Tour entdecken, drohen die mit Polizei:. Foto: Doris

Lauf, lauf! Wenn dich die Führer der offiziellen Dritter-Mann-Tour entdecken, drohen die mit Polizei.

... so geschehen, denn die 3. Mann-Tour ist da drinnen gewesen. Foto: Doris

So geschehen, denn die Dritter-Mann-Tour ist da drinnen gewesen.

Ein Licht am Ende des Tunnels. Foto: Doris

Ein Licht am Ende des Tunnels.

... herausgekommen sind wir wie die früheren Fackeltouren auch am Naschmarkt. Foto: Doris

Herausgekommen sind wir wie die früheren Fackeltouren auch am Naschmarkt.

Schaut gar nicht so schlimm aus, oder?! Es täuscht. Natürlich bin ich auch wieder einmal hingefallen... im Dreck. Foto: Doris

Schaut gar nicht so schlimm aus, oder? Es täuscht. Natürlich bin ich auch wieder einmal hingefallen… in den Dreck.

Auch wenn wir weder von Ratten attackiert noch von Wasserfluten überwältigt wurden, vor Nachahmung sei natürlich gewarnt, schließlich ist das Abtauchen in die Wiener Unterwelt nicht ganz legal. „Jeder Andere darf da unten herumgehen, nur wenn sie mich entdecken, dann passiert etwas.“, erklärt uns zwar Peter van der Unterwelt später frustriert, aber ob ich das glauben soll?

INoch oberirdisch erklärt Peter uns 21 die Unterwelt. Foto: Doris

Noch oberirdisch erklärt Peter uns 21 TeilnehmerInnen die Unterwelt.

Dabei war vor einigen Jahren noch alles ganz anders: Damals als Peter, ein ehemaliger bautechnischer Zeichner, seine Liebe zum unterirdischen Wien entdeckt und Zigtausende durch den Wienflusstunnel, das europaweit größte unterirdische Areal inmitten einer Metropole, geführt hat. Die Fackeltouren haben ab dem Jahr 1998 für Aufsehen gesorgt – US-amerikanische Manager haben sich genauso von „Larry Hime“, wie sich Peter damals gern in Anlehnung an den Film „Der dritte Mann“ genannt hat, herum führen lassen wie unzählige Partygäste die unterirdische Feste mit spektakulären Feuershows und Co zelebriert haben. Bis zu 450 Personen wurden jeden Donnerstag und Samstag durch die Kanalisation geführt und erhielten den Beweis, dass Wien auch unterirdisch durchaus etwas zu bieten hat. Acht Jahre lang. Alles völlig legal, bis…

Alte Schilder und Beschriftungen in den Kellner geben Zeugnis alter Zeit. Foto: Doris

Alte Schilder und Beschriftungen in den Kellern geben Zeugnis alter Zeit.

Ja, bis ein seltsamer Krieg begonnen hat. Der zwischen der Stadt Wien nämlich und Peter Ryborz sowie seinem Unterwelt-Verein. Davon will ich aber gar nicht erzählen, schließlich kann man genug auf der Website darüber lesen – und auch wer die Kellertour macht, wird darüber – gewollt oder ungewollt – so einiges erfahren. Schließlich kämpft Peter weiter. Unbeirrt. Statt auf Fackeltouren durch die Kanalsysteme bringt er jetzt eben Interessierte – meist, wie in unserer Gruppe, sind es WienerInnen – in zwei versteckte Keller, wie sie unter jedem Wiener Innenstadthaus zu finden sind und Zeugnis vergangener Zeit darlegen. Bis 1952 waren die Häuser durch die Keller miteinander verbunden, Bunker und Schutzwege führten von einem Gebäude zum nächsten. Heute bleiben davon bloß alte Gemäuer, verbleichte Beschriftungen, veraltete Feuerlöscher… und natürlich Peters Geschichten.

Bücher, CDs, die Website - Peter informiert gern über "seine" Unterwelt. Foto: Doris

Bücher, CDs, die Website – Peter informiert gern über „seine“ Unterwelt.

Die wird er weiter erzählen – genauso wie die von den Fackeltouren. Jede Kellerführung endet mit einer rund 30-minütigen Rückschau auf die „gute alte Zeit“, in der das unterirdische Wien weltweit zu Ruhm gekommen ist.  Und auch wenn die actionreichen Kanaltouren – samt olfaktorischem Erleben – den geschichtlich informativen Kellertouren weichen mussten, bleibt Peter der Unterwelt in jedem Fall erhalten. Die nächsten Ideen und Projekte sind schon in Planung und so einige Male im Jahr besichtigt der Verein auch die alten Tunnel. Alles im Zuge der Recherche und Prüfung natürlich. Wer Peter und seine Untermänner auf diesen Erkundungstouren „unterstützen“ möchte, schreibe ein Mail: buero@unterwelt.at

 

Eine Kellertour „Keller & Co“, die in unserem Fall von 19 bis 21.30 Uhr gedauert hat, kostet 15 Euro (inkl. Rattenschnaps). Sie findet normalerweise Donnerstags und Samstags statt, Treffpunkt vor dem Stephansdom. Nähere Infos und Termine unter: unterwelt.at Anmeldung erforderlich!

Das Buch von Peter Rybarz und Co, „Unter Wien. Auf den Spuren des Dritten Mannes durch Kanäle, Grüfte und Kasematten“, ist seit Jahren vergriffen. Manchmal ergattert man ein Buch auf ebay, ZVAB.deAbeBooks.deJustbooks.de oder Booklooker.de