„Am Wochenende ist der Wanderweg zum Popradske See richtig überfüllt.“, erzählt mir Kathrin Noll, die deutsche Hotel-Managerin des Grand Hotel Kempinski beim Abendessen. Gut, dass Montag war. Noch besser, dass es ein Montag in der Nebensaison war. Und an so einem Montag zwischen Sommer und Winter, wenn die HitzetouristInnen nicht mehr und die SkifahrerInnen noch nicht in der Hohen Tatra weilen, lässt sich ein sonst von Gästen überrannter Wanderweg in herrlicher Ruhe auskosten. Am besten bei strahlendem Herbstwetter!

Genau das habe ich gemacht: Eine Stunde dauert der Marsch vom Tschirmer See bis zum Popradske See, genauso lang wieder retour. Und wer nicht – wie die Meisten, denen wir begegnen – die Bahn dorthin nehmen möchte, um dann auf der asphaltierten Straße zu gehen, der kann in unsere Fußstapfen treten und den Waldpfad nehmen. Aber macht euch keine Hoffnungen: In der Sommerzeit ist auch dieser Weg kein Geheimtipp, ist er doch wirklich einfach und für jederman zu schaffen. Heute aber, ja, heute sind wir dort (fast) allein.

Wir? Ja, wir, denn auch wenn selbst ich es nicht geschafft hätte, mich auf dem genial beschilderten Wanderweg zu verirren, habe ich dennoch eine Begleitung. Die Beste überhaupt. Wer könnte nämlich geeigneter sein, die Liebe zur Region zu vermitteln als einer, der einen “großen Spaß” dabei empfindet, drei Jahre als Sherpa tagein, tagaus 80 Kilogramm schwere Vorräte zu den abgeschiedenen Hütten in die Berge zu tragen? Genau so einer ist Peter, der in der Hohen Tatra aufgewachsen und zutiefst verwurzelt ist. Er ist Concierge im Kempinski – und manchmal nimmt er Gäste in die Berge mit, während der Dienstzeit, versteht sich.

Und das sieht dann so aus:

Wir haben Glück: Noch hat der symbolische Friedhof, der an alle in den Bergen Gefallenen erinnert, offen. Bis Ende November ist das so, bis er wegen des Schnees gesperrt ist. Die bunten Holzkreuze und die Lage zwischen den Felsen machen ihn in jedem Fall zu etwas Besonderem:

Da liegt er dann vor uns, der Popradske See samt seiner zwei Hütten. Schon jetzt ist er an manchen Stellen mit einer hauchdünnen Eisschicht bedeckt. Im Winter wird er komplett zufrieren, zur Freude der Einheimischen, die den See zum Eislaufplatz umfunktionieren. Natürlich nicht offiziell, schließlich ist die unsichere Eisschicht schon unter einigen eingebrochen, wie mir Peter erzählt.

Die Hütte sieht nur von außen und unter blauem Himmel so einladend aus. Drinnen ist die Buffet-Kantine eher abschreckend und erinnert an Unterkünfte bei Schulsportwochen – ein Grund, warum wir das Mittagessen am See sein lassen.

Ich verzichte übrigens auch darauf zu testen, wie es ist, wie ein Sherpa kiloweise Material zur noch einmal zwei Stunden entfernten und somit nächsten Hütte zu tragen. Das Angebot besteht: Am Wegesrand stehen Tragen herum, die Gäste mit fünf bis zehn Kilogramm beladen dürfen und nach der Ablieferung des Materials bei der Hütte zur Belohnung eine Tasse Tee bekommen.

Nein, danke, auf diesen „Spaß“ kann ich verzichten – ich genieße lieber die Wanderung retour…

 

Offenlegung: Ich war aus beruflichen Gründen Gast im Grand Hotel Kempinski in der Hohen Tatra. Herzlichen Dank für die Einladung! Die Meinungen und Ansichten in den Geschichten bleiben die meinen.