Empfehlungen für kritische Leseratten: Saubere Diamanten?

Diesen Monat behandle ich mit meinem Buchtipp „Saubere Diamanten – Der Kampf gegen schmutzige Geschäfte mit Blutdiamanten am Beispiel Sierra Leones“ ein sehr brisantes Thema. Das besagte Buch, herausgegeben von „Brot für Welt“, erzählt von den Verstrickungen von Kriegsakteuren im internationalen Diamantenhandel. In den Ländern Afrikas – hier eben explizit in Sierra Leone – werden um die wertvollen Bodenschätze dieses Kontinents Kriege geführt.

Um Unklarheiten zu vermeiden, beginne ich mit einer kurzen Begriffserklärung: Konflikt- oder Blutdiamanten stammen aus Gebieten, die von Truppen kontrolliert werden, die die Regierung des betreffenden Landes bekämpfen. Der Handel mit besagten Gütern läuft außerhalb der regulären staatlichen Kontrollen und ist in der Regel mit Gewalt (Stichwort: Kindersoldaten, Kinderarbeit) verbunden. Der Begriff Blutdiamanten soll den Zusammenhang zwischen dem Handel mit Diamanten und den Kriegen veranschaulichen, die mit dem Erlös aus dem Handel aufrecht gehalten werden. Illegale Diamanten sind alle Diamanten, die aus dem nicht staatlich registrierten Handel stammen, also Schmuggelware. Sie werden aus den Abbaugebieten gestohlen, außer Landes geschmuggelt und dann in den offiziellen Handel eingeschleust. Schätzungen gehen davon aus, dass etwa 20 Prozent der Rohdiamantenproduktion eines Jahres als illegale Diamanten in den Handel einfließen. Im Jahr 2000 betrug der Wert dieser geschmuggelten Diamanten rund 1,5 Milliarden Euro. Allerdings sind nicht alle illegalen Diamanten Blutdiamanten, man schätzt den Anteil zwischen vier (Europäische Union) und bis zu 20 Prozent (Menschenrechtsorganisationen).

Nur schwer vorstellbar ist die Tatsache, dass neben Sierra Leone oder Angola auch die Demokratische Republik Kongo arme Länder sind, obwohl doch ihr Boden reich an begehrten Rohstoffen ist. Diamanten, Gold und Öl wurden ihnen zum Verhängnis, denn jeder will es haben und Kriege werden auf dem Rücken und zum Leidwesen der Zivilbevölkerung ausgetragen. Es erhärtet sich der Verdacht, dass für bestimmte Gruppen Krieg ein sehr profitables Geschäft ist. Durch die Inbesitznahme von Diamanten finanzieren so unter anderem Rebellengruppen ihre Waffen. Mittlerweile gibt es dafür bereits den Begriff der „politischen Ökonomie des Krieges“ (Philippe Le Billon). Hierbei ist der Prozess gemeint, durch den bewaffnete Konflikte aufrechterhalten und Gewalt organisiert wird, um Macht, Reichtum und Armut zu schaffen (!) und zu verteilen. Aufgrund einer Studie der Weltbank wurde herausgefunden, dass die wahren Ursachen von Bürgerkriegen viel häufiger wertvolle Rohstoffe sind als die oft zitieren „politischen, ethnischen oder religiösen“ Spannungen.

Bis in die jüngste Vergangenheit wurde der Frage nach der Herkunft der begehrten Steine nur wenig Beachtung geschenkt. Dass diese auch nicht leicht zu beantworten ist, zeigt sich anhand der verschleierten und in die Irre führenden Begriffe Herkunfts- und Ursprungsland. Während ersteres das Land ist, in dem die Ware zuletzt importiert wurde, gibt erst der zweite Begriff Aufschluss über das Land, in dem der Stein abgebaut wurde. Somit geben auch Importstatistiken keine befriedigende Auskunft. So absurd das auch klingen mag, dass man das Ursprungsland nicht herausfinden kann, so klar wird es anhand von folgendem Beispiel: „Die Schweiz ist ein gutes Beispiel für die bisher üblichen Handelspraktiken. Hier gibt es so genannte zollfreie Freilager, die als Zwischenlager fungieren und nicht in offizielle Import-Statistiken der Schweiz aufgenommen werden. Die Diamanten werden hier in der Regel neu sortiert beziehungsweise zusammengestellt, das heißt, Diamanten unterschiedlicher Herkunft werden vermischt und anschließend exportiert.“

Neben all diesen Gräueltaten, die durch diese reinen Steine entstehen, erfährt der Leser auch, was hinter der Idee des Kimberley-Prozesses steckt und warum dieses Abkommen auch gerne als zahnloser Tiger bezeichnet wird. Des Weiteren findet man im Anhang neben einem ausführlichen Literaturverzeichnis einige Seiten mit wissenswerten Informationen über Diamanten, Auszüge aus Dokumenten der UN-Resolution und des Kimberley-Prozesses und eine Begriffserklärung.
Meines Erachtens bietet sich dieses Buch für alle jene Personen an, die gerne über den Tellerrand schauen. Es ist sehr aufschlussreich, über die Machenschaften zu erfahren, die in unserer Welt hinter vorgehaltener Hand passieren. Das Thema der Konfliktdiamanten ist hier nur stellvertretend für viele andere.