Gastbeitrag von Johannes Klaus von Reisedepeschen

Ich bin ein großer Fan von Erinnerungen. Selbst die unbequemste zwölfstündige Busfahrt wird nach einer kleinen Weile zu einem amüsanten Abenteuer, das man nicht missen will. Die einsamen Tage am Meer verklären sich zu einer inspirierenden Auszeit. Die Ananas wird zu einer Ananas, wie man sie zu Hause ja gar nicht kennt!

Einiges, was die Reiserei ausmacht, passiert erst dann, wenn wir es daraus machen. All das Durchschnittliche fällt mehr und mehr hinten über, und schließlich bleiben nur die Highlights stehen – und die Reinfälle. Alles (Be)merkenswerte eben. 

Diese Höhepunkte – die sogar auch ich meistens erinnere – sind mir aber gar nicht das Wichtige beim Reisen. Genauso wie ein Besuch des Taj Mahal oder die Wanderung in einer dramatischen Landschaft schätze ich die Tage im Straßencafé, wo eigentlich nichts passiert. Oder ein Gespräch über Gott und die Welt mit einem interessanten Menschen. Oder sogar einen Tag, den ich im Zimmer verbringe, schreibe, und nur zum Essen hinausgehe. Da ist kein Paradies. Zumindest nicht dann, wenn ich gerade da bin. Vielleicht ist es kurz weg, aufs Klo oder so, als es mich gesehen hat.

Die Postkartenmotive beispielsweise, die wir so gerne auf Facebook und Co verteilen, sind selten eine ansatzweise Abbildung der Realität. Die ist meistens viel komplexer als perfektes Licht und ein fotogener Himmel. Vielleicht ist alles andere als der vermeintliche Traumstrand gerade sogar richtig Scheiße. Aber sogar der Selbstbeschiss funktioniert: Wenn wir nur etwas Zeit verstreichen lassen, glauben wir irgendwann selbst an unsere Story vom Paradies. Es gibt die perfekten Momente. Wo alles stimmt. Sie sind selten, und deshalb so herausragend. Doch meistens kann man sie nicht festhalten. Auf keinem Foto, selbst für eine unterhaltsame Geschichte taugen sie oft nicht. Und sie sind nicht der Grund, weshalb ich das Reisen liebe.

Am Ende bleiben oft nur die hübschen, bekannten Motive, um der Welt zu zeigen, wie toll es ist in einer fremden Welt aufzuwachen und sie für sich zu erobern. Schade eigentlich.